Protocol of the Session on June 22, 2005

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Auch da haben Sie sich mit Kalauern aus der Affäre gezogen statt mit Sachkennt- nis!)

Damals, Herr Kollege Wenzel, haben Sie noch massiv gegen Wettbewerb gewettert, um das erst einmal festzuhalten.

Ich will noch einmal in Erinnerung rufen: Es gab eine EU-Beschleunigungsrichtlinie für den Binnenmarkt von Elektrizität und Erdgas. Diese sollte eigentlich bis zum 1. Juli 2004 umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat diese Entwicklung völlig verschlafen. Erst als ein Vertragsverletzungsverfahren der EU im Raume stand, hat die Bundesregierung am 28. Juli 2004 ein entsprechendes Gesetz in Umlauf gebracht. Wenn hier einer die fehlende Liberalisierung auf dem Markt zu verantworten hat, dann sind Sie es, weil Sie schlichtweg Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Ihr Mi- nister hat das zu Zeiten von Schwarz- Gelb verbrochen!)

- Frau Steiner, Ihr Kollege hat sich gerade zur Monopolisierung geäußert. Aber wir wollen uns auch noch einmal daran erinnern, dass es Ihre Bundesregierung war, die es zugelassen hat, dass E.ON Ruhrgas übernommen hat. Ich frage mich: Wo waren da denn eigentlich die Grünen? Wirtschaftspolitisch kann man von Ihnen ja nicht so viel erwarten. Wo waren die Grünen, als Staatssekretär Tacke trotz massiven Widerstands der Monopolkommission und des Kartellamts diese Fusion durchgepeitscht hat? Wirtschaftspolitisch haben Sie nicht gehandelt. Aber verbraucherschutzpolitisch im Interesse der Stromkunden hätte ich schon einiges mehr von Ihnen erwartet. Auch hier haben die Grünen wieder einmal versagt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Meinhold, noch einmal zu der Frage Klimaschutz. Im Rahmen der letzten Aktuellen Stunde - das ist etwas mehr als einen Monat, also noch nicht ganz so lange her - haben wir über eine aktuelle Anfrage meiner Bundestagsfraktion an die Bundesregierung geredet, wie sich denn die Bundesregierung die Energieversorgung nach 2022 vorstellt.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Die Antwort der Bundesregierung war: 20 % erneuerbare Energien - übrigens 2022 und nicht 2010, wie Sie eben ausgeführt haben - und 80 % fossile Brennstoffe. - Ich stelle hier nochmals fest:

Das ist definitiv der Abschied Ihrer Bundesregierung vom Klimaschutz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn hier also einer die Energiepolitik verschlafen hat und damit Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet, dann sind Sie es. Wenn Sie hier Kritik äußern, dann sollten Sie sich an Ihre eigene rotgrüne Nase fassen. Sie haben eben drei Tore hereinbekommen, zwei Eigentore geschossen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Jüttner, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler, der Energiemix ist nicht das Entscheidende, sondern das ist die Frage nach der Qualität der Energieeffizienz. Wenn Sie das mit einbeziehen, kommen Sie zu anderen Gesichtspunkten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Da Herr Gansäuer Nachfragen nicht zugelassen hat, möchte ich drei Bemerkungen machen, die das aufgreifen, was er gesagt hat.

Erstens. Es ist immer ein Problem, wenn man den anderen ihre Geschichte vorwirft. Herr Gansäuer, wir können das gerne so machen. Dann werden wir hier jeden Monat die Frage aufwerfen, wann die CDU endlich ihr Ahlener Programm von 1947 umsetzt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für Diejenigen, die es nicht wissen: Da geht es um die Sozialisierung der Schlüsselindustrien.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist selbstverständlich ein sehr wichtiger Vorstoß. Ich bin nicht sicher, ob wir uns dem anschließen würden, aber es wäre eine interessante Debatte.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Wis- sen Sie überhaupt, wo Ahlen ist? - Weitere Zurufe von der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Sie wissen nicht genau, was Sie wollen!)

Zweitens. Herr Gansäuer, Ihre Einschätzung, dass hohe Energiepreise für eine Wirtschaft per se schlecht seien, ist falsch. Fragen Sie fundierte Ökonomen. Sie werden Ihnen deutlich machen, dass die Länder mit hohen Energiepreisen in bestimmten Phasen die produktivste Ökonomie hatten. Ich sage das nur, damit sich so etwas nicht verfestigt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Drittens. Ich bin Ihrer Meinung, dass der Spiegel nicht Ihre Hauspostille ist. Aber der Artikel, den Sie zitiert haben, hat eine sehr interessante Begleitgeschichte. Da haben Spiegel-Redakteure nämlich einen umfangreichen Artikel geschrieben. Als dann der Spiegel am Montag ausgeliefert worden ist, stellten sie fest, dass zwar noch ihre Namen darunter und die ursprüngliche Überschrift darüber standen, dass die Chefredaktion diesen Artikel aber vehement umgeschrieben und ihm einen völlig anderen Geist gegeben hatte. Das führte übrigens zu dem Ergebnis, dass der Redakteur, der den Ursprungsartikel geschrieben hat, beim Spiegel aus diesem Grunde gekündigt hat. Sie können das Original gerne im Internet lesen. Dann werden Sie feststellen, dass Ihre Schlussfolgerung, die Sie daraus gezogen haben, in diesem Artikel überhaupt nicht vorhanden ist. Ein bisschen mehr Sorgfalt bei der Recherche, Herr Kollege!

(lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Minister Sander, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Energiepolitik muss in Berlin gemacht werden. Da Sie das in den letzten sieben Jahren nicht vollbracht haben, müssen wir in die Zukunft blicken und eine neue Energiepolitik konzipieren.

(Axel Plaue [SPD]: Eine alte!)

Dazu gehört ein technologieoffener Energiemix.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Janßen, wenn Sie in der Überschrift zur Aktuellen Stunde titulieren, Schwarz-Gelb gefährde Arbeitsplätze, dann muss man sagen: Sie vernichten Arbeitsplätze. Dazu muss ich jemanden zitieren, der das gut kann, heute allerdings nicht da ist: Das ist nämlich Herr Gabriel. Herr Gabriel sagt: Grüne hindern die SPD an der Schaffung von Arbeitsplätzen. Er sagte gegenüber der Welt am Sonntag vom 29. Mai:

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Was hat das mit Energie zu tun? Das ist doch Wahlkampfrhetorik!)

Die Grünen hätten die SPD daran gehindert, in Deutschland Stellen zu schaffen und zu erhalten. Das sagte Gabriel der Welt am Sonntag. Dies liege daran, dass die Grünen den Hang hätten, „Maßnahmen für Investitionen, Innovationen und Planung mit einer überbordenden Bürokratie zu befrachten“. Nur allein das reicht schon aus. Das ist bezeichnend für Ihre Energiepolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, bei den Sozialdemokraten gibt es einen zweiten Zeitzeugen. Das ist Herr Vahrenholt. Herr Vahrenholt ist kein Unbekannter, er ist immerhin der Vorstandsvorsitzende des Windkraftanlagenherstellers REpower. Herr Vahrenholt hat in einem Interview gesagt: Wir brauchen längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Er begründet das mit dem Wettbewerb, weil die erneuerbaren Energien bisher und auch in den nächsten acht bis zehn Jahren noch nicht wettbewerbsfähig sind. Deswegen brauchen wir die Nutzung der Kernenergie, damit wir am Industriestandort Deutschland überhaupt noch Arbeitsplätze schaffen und erhalten können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, man hat hier den Eindruck, dass die Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit sowohl bei den Grünen als auch bei den Sozialdemokraten das Vokabular ein bisschen in den Klassenkampf hineinzieht. Sie sprechen von Profiten, von Kartellen und dergleichen mehr.

(Zuruf von Walter Meinhold [SPD])

Mein lieber Herr Meinhold, Ihre Partei hat sieben Jahre lang in Berlin regiert und ist verantwortlich für diese Energiepolitik.

(Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Ich kann Ihnen aber versichern: Wir werden als Niedersächsische Landesregierung unsere Verantwortung für die erneuerbaren Energien weiter wahrnehmen, sowohl im Windenergie- als auch im Biomassebereich, zwei wesentlichen Bereichen, in denen in Niedersachsen Arbeitsplätze gesichert werden. Sie können sich darauf verlassen: Wenn wir das Erneuerbare-Energien-Gesetz verändern, dann werden wir das unter Berücksichtigung dieser Arbeitsplätze tun. Wir machen nämlich keine Politik, wie Sie sie betrieben haben, bei der es egal war, was dabei herauskommt, z. B. beim Dosenpfand, mit dem Sie Arbeitsplätze in Braunschweig und in Bad Münder vernichtet haben. Wir wissen um die Notwendigkeit der Sicherung dieser Arbeitsplätze. Dafür werden wir uns auch einsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Hirche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier ja keine theoretische Diskussion. Wir haben an der Küste die handfeste Diskussion, dass angekündigt worden ist, in Stade und Hamburg zwei Werke zu schließen. Wir haben Probleme an der Unterweser mit Xstrata. Wir diskutieren über eine Neuansiedlung von INEOS in Wilhelmshaven. Das sind alles energieintensive Betriebe, bei denen die Energiekosten über 30 % der Gesamtkosten, z. T. 38 % der Gesamtkosten, ausmachen, meine Damen und Herren.

Wir haben im Übrigen - das ist hier schon genannt worden -, in einem Fall einen Stromversorger, der auch im Ausland tätig ist, nämlich in Schweden, wo die Strompreise um mehr als 30 % niedriger sind als in Deutschland.

Meine Damen und Herren, aus dieser energieintensiven Industrie, insbesondere aus dem Chemieund Metallbereich, wird mir tagtäglich gesagt: Wenn ihr nicht dafür sorgt, dass die Energiepreise nach unten gehen, dann gehen die Arbeitplätze aus Deutschland weg. Das ist in dieser Situation die Tatsache.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Etwa 40 % des Strompreises in Deutschland sind durch staatliche Maßnahmen beeinflusst, meine Damen und Herren. Das ist mehr als der Anteil, um den der Strom in Deutschland teuerer ist als in benachbarten europäischen Länder.

(Zuruf von Thomas Oppermann [SPD])