Protocol of the Session on April 21, 2005

Zweitens. Für die Sprachförderung in Kindertagesstätten und Grundschulen wird ein integriertes Konzept entwickelt. Es verfolgt die Zielsetzungen: Verlängerung der vorschulischen Sprachförderung auf ein ganzes Jahr und Vorverlegung der Sprachstandsfeststellung. Der Einsatz und die Qualifizierung der dafür benötigten Fachkräfte - in der Regel Erzieherinnen - werden durch das Land finanziert.

Drittens. Fortführung der Sprachförderung in den Grundschulen.

Viertens. Sicherstellung der notwendigen Förderung für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in dem jetzigen Maße.

Fünftens. Förderung der Bildungs- und Sprachkursangebote für Eltern ohne ausreichende Deutschkenntnisse sowie intensive Werbe- und Unterstützungsmaßnahmen des Landes hierfür.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schlagen vor, dass sich der Kultusausschuss des Landtages im Rahmen einer Anhörung mit der Entwicklung eines gemeinsamen optimalen Konzeptes befasst. Wir möchten auch, dass die Ausländerkommission zur Mitberatung herangezogen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Finanzierung der intensivierten Sprachförderung im Kindergarten - das ist natürlich der hei

kelste Punkt - soll über einen stufenweisen Ausbau in ca. fünf Jahren mit einem sich jährlich steigernden Finanzeinsatz von maximal 6 Millionen Euro im Jahr erfolgen. In den ersten Jahren sind die Mittel zusätzlich bereitzustellen, mittelfristig aber aus einem Teil der Einnahmen aus der Abschaffung der Eigenheimzulage zu finanzieren. Daraus wird, wenn wir die Endstufe erreicht haben, das Land Niedersachsen Einnahmen in Höhe von 250 Millionen Euro zu erwarten haben. Wo wären diese Ausgaben besser angesetzt als in der untersten Stufe, bei den Grundlagen, in der Elementarbildung bei den Kindern?

Einsparungen bzw. Reduzierungen des maximalen Mittelansatzes ergeben sich in den nächsten Jahren aber auch daraus, dass - leider - weniger Kinder in die Kindergärten kommen, weil die Kinderzahl insgesamt zurückgeht, dass nach dem Eintreten der positiven Effekte einer optimierten Förderung in den Folgejahren immer weniger Kinder eine umfangreiche Förderung brauchen, dass weniger Schülerinnen und Schüler sitzen bleiben, weil sie in der frühkindlichen Phase stärker gefördert worden sind, dass mehr und bessere Abschlüsse und damit verbesserte Vermittlungschancen auf Lehrstellen und Arbeitsmarkt erreicht werden und dass nicht zuletzt kostenintensive Betreuungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche ohne Abschluss überflüssig werden.

All dies, so denke ich, Herr Klare, sollte zwischen den Fraktionen unstrittig sein; denn es geht darum, knappe Mittel möglichst effizient und nachhaltig einzusetzen, um den größtmöglichen Nutzen für unsere Kinder, für die soziale und die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes zu erreichen. In diesem Sinne hoffe ich auf konstruktive Beratungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächstes hat Herr Schwarz von der FDPFraktion das Wort.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Stimmen Sie zu!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wenzel sagte gerade: Stimmen Sie zu! - Ich gebe Ihnen Recht, in Ihrem Antrag stehen ja einige sinnvolle Dinge; darüber brauchen

wir uns gar nicht zu streiten. Zum Beispiel trifft zu, dass eine frühe Sprachförderung dazu beiträgt, die Bildungschancen insgesamt zu verbessern. Richtig ist auch, dass insbesondere Kinder aus zugewanderten Familien wie auch Kinder aus benachteiligten Familien einer besonderen und intensiven Sprachförderung bedürfen. Richtig ist, glaube ich, auch, wenn Sie, Frau Korter, sagen, dass man ganz besonders auch die demografische Entwicklung beobachten muss und nicht aus dem Auge verlieren darf.

Wenn man genau hinschaut, erkennt man aber, dass es nicht die Bildungsbenachteiligung ist, die zu dieser sozialen Ungerechtigkeit führt. Man muss wissen, dass die Probleme - insbesondere was die Migration betrifft - auch von außen zu uns hereingetragen werden. Häufig trägt eben das familiäre Umfeld dazu bei, dass die Verhältnisse so sind, wie sie eben sind. Ich bin der Meinung, dass die Schule nicht nur Reparaturbetrieb sein kann. Dieses Problem kann die Schule allein nicht lösen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir müssen uns an einer anderen Stelle einbringen. Es kann aber nicht angehen, dass wir Mittel investieren, gleichzeitig aber anderen die Möglichkeit nehmen, sich schulisch fortzuentwickeln. Das dürfte nicht der richtige Weg sein.

Frau Korter, eigentlich bin ich es gewohnt, dass Sie die haushaltspolitische Wirklichkeit in diesem Landtag sehr gerne ignorieren. Dass Sie uns jetzt aber noch das Angebot unterbreiten, 30 Millionen Euro über die Abschaffung der Eigenheimzulage zu finanzieren, ist schon ein bisschen heftig.

(Ina Korter [GRÜNE]: In Stufen!)

- Nein, nicht in Stufen. Nach Ihrem Antrag sollen es später jährlich 30 Millionen Euro sein. Diese Summe wollen Sie über die Abschaffung der Eigenheimzulage finanzieren. Ich sage Ihnen: Wenn der Bundesrat für die Abschaffung der Eigenheimzulage stimmen sollte, werden Sie in Schwierigkeiten geraten: Was Sie so alles über die Abschaffung der Eigenheimzulage finanzieren wollen, das ist schon horrend. Da haben Sie absolut keine Chance.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie werben auch für die Sprachförderkurse für Eltern. Dazu möchte Ihnen ganz gerne sagen: Das muss sich darauf beschränken, dass man Unter

stützung gewährt. Insgesamt kann der Staat solch einen Sprachförderkurs einfach nicht finanzieren. In allen Ländern ist es so, dass sich die Menschen selbst darum kümmern müssen, dass sie in ihrer Entwicklung voranschreiten. Da kann nicht immer nur der Staat eingreifen. - In diesem Punkt unterscheiden wir uns massiv.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie fordern diese Bildungsangebote vom Land. Aber Eltern sind mündige Menschen - mit ihren Rechten, aber eben auch mit ihren Verpflichtungen. Da kann nicht immer nur das Land zuständig sein. Wir stimmen zu, dass auf diesem Weg Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden sollen, keine Frage; da gibt es viele Möglichkeiten, die die öffentliche Hand anbieten kann. Aber ich denke, damit sind die Möglichkeiten dann auch erschöpft.

Ich möchte Ihnen aber gleichwohl einen kleinen Silberstreif am Horizont zeigen: Wir steigen in diese Debatte gerne ein, möchten dazu beitragen, dass alles, was der Kultusminister gebündelt und auf den Weg gebracht hat, untermauert wird und dass wir für die Zukunft zu Verbesserungen kommen. Aber wir haben auch Grenzen: Die finanziellen Ressourcen sind nicht unerschöpflich. Wir kennen die Ausgangspositionen.

In diesem Sinne: Schöner Antrag, und wir setzen auch etwas um, wenn wir die Kohle dafür haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Super Rede! Viel Substanz!)

Ich erteile dem Kollegen Robbert von der SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass wir diesen Tagesordnungspunkt erst im Ausschuss intensiv beraten, weil viele der Argumente, die man dazu vortragen müsste, mit denen identisch sind, die bereits heute Vormittag bei der Beratung des Tagesordnungspunktes 20 vorgetragen worden sind. Insofern hatte ich mir vorgenommen, mich möglichst kurz zu fassen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Ich will allerdings darauf hinweisen, dass der Begriff „kurz“ relativ ist.

(Heiterkeit)

Ich teile die Auffassung, die der Minister heute Morgen geäußert hat, dass der Rückgang der Rückstellungen von 19,9 % auf 17,7 % ein Erfolg der eingesetzten Sprachförderung ist. Diese Meinung teilen wir sicherlich alle in diesem Hause. Aber ich hielte es für völlig falsch, daraus die Konsequenz zu ziehen, dass wir dort nun weiter streichen könnten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ursula Körtner [CDU]: Lobt uns doch mal!)

Ich möchte die Argumente, die schon ausgetauscht worden sind, um eines ergänzen. Wir können nicht davon ausgehen, dass die Anzahl der Migrantenkinder bzw. -familien, die betreut werden müssen, abnehmen wird. Vielmehr wird die demografische Entwicklung in unserem Staat - auch die Frage der Stützung der sozialen Systeme - zu mehr Zuwanderung führen. Und deshalb werden auch diese Probleme bleiben.

Auf der anderen Seite möchte ich sagen: Im Gegensatz zu dem, was bisher ausgeführt worden ist - auch im Gegensatz zu dem, was der Minister ausgeführt hat -, halte ich es für falsch, wenn wir hier einen neuen besonderen Zweig der Sprachförderung auf Dauer installieren würden. Das war nicht das Ziel des Programms. Es ging um Sprachförderung für einige Jahre, weil die Einrichtungen zurzeit noch nicht über die notwendigen Kompetenzen dafür verfügen. Aber letztlich - das ist meine Forderung im Hinblick auf die Beratungen im Ausschuss - muss ein Kompetenztransfer stattfinden, und zwar von den besonders eingesetzten Kräften auf die basale Pädagogik. Dafür wiederum muss sich aber die basale Pädagogik in den Kindertagesstätten entsprechend verändern, damit wir auch die Kinder erreichen, die nicht das Merkmal „benachteiligte Familie“, „Migrantenfamilie“ oder ähnliches haben, sondern die unter Umständen - Herr Schwarz sprach das gerade an zwar unter ganz anderen Bedingungen, aber doch relativ gut aufgewachsen sind und trotzdem nicht über ausreichendes Sprachwissen verfügen.

Auch bin ich nicht damit einverstanden, in der Hauptsache die Grundschule heranzuziehen, und zwar nicht, weil sie kein „Reparaturbetrieb“ ist, wie Herr Schwarz ausführte, sondern weil kleine Kinder Sprachen anders erlernen, als wir das aus der Grundschule kennen. Kleine Kinder - das zeigen auch die Handreichungen, auf die der Minister heute Morgen hingewiesen hat - erlernen ihre Zweitsprache so wie ihre Erstsprache, verwenden in der Zweitsprache aber leider auch die Grammatik so wie in ihrer Erstsprache. Da kommen dann die bekannten, aus unserer Sicht fehlerhaften Satzbildungen heraus. Da müssen wir ansetzen. Der Spracherwerb der Kinder muss gestützt werden. Das ist kein Erlernen einer Fremdsprache in dem Sinne, wie wir das kennen. Die Situation in der Schule ist eine andere.

Wir müssen raus aus dem Thema Öffnung der Kindertageseinrichtungen für Eltern. Heute Morgen ist auf ein Modell hingewiesen worden. Es darf nicht bei Modellen bleiben. Ich bin überzeugt, dass wir den Erwerb der Zweitsprache bei Kindern nur dann stützen können, wenn wir auch das Elternhaus entsprechend stützen - das muss in der Schule natürlich fortgesetzt werden, aber hier geht es ja um den vorschulischen Bereich -, um diesen Kindern eine vernünftige und gerechte Bildungschance zu geben.

In den Diskussionen heute Morgen ist mir aufgefallen, dass wir, obwohl das Problem leicht begreifbar ist und obwohl die Erfolge zeigen, dass kluge Maßnahmen getroffen worden sind, uns sprachlich anscheinend doch nicht verständigen können; denn es ist viel aneinander vorbeigeredet worden. Daher wünsche ich mir für die Ausschussberatungen, dass wir die Probleme der Kinder und Familien in den Mittelpunkt stellen und alles Besserwisserische, alles Hinwegweisende, alle Bemerkungen nach dem Motto, der andere hat ja doch keine Ahnung, unterlassen, um sachgerecht zu einer vernünftigen Zielsetzung zu kommen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier finden überall Zweier-, Dreier-, Vierergespräche statt. Das ist ausgesprochen störend. Führen Sie diese doch bitte draußen! Dann kommen wir hier

schneller zum Schluss. Wir wollen schließlich fertig werden.

Frau Ernst, Sie haben das Wort. Bitte!

Nach dem Motto: Die Letzten beißen die Hunde.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So kurz war Ihre Rede ja nun nicht, Herr Robbert.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wenn Sie uns Freude machen, hören wir noch gerne zu! Insbesondere, wenn Sie uns zustimmen! - Zurufe von Ina Kor- ter [GRÜNE])

- Noch kürzer, Frau Korter? - Ich weiß nicht, ob ich das so kurz machen kann. Aber passen Sie auf, ich möchte zunächst ein Kompliment verteilen.

Selbstverständlich freuen wir uns auf die Diskussion im Ausschuss. Ich weiß, dass wir bei der von Ihnen angesprochenen Problematik in vielen Punkten einer Meinung sind. Deshalb habe ich mir sogar extra meine grüne Jacke angezogen.

(Heiterkeit)