Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was im Zusammenhang mit dieser Großen Anfrage geschieht, ist in der Tat etwas Besonderes. Zum ersten Mal findet am gleichen Tag in beiden Parlamenten der Bundesländer Bremen und Niedersachsen eine gleichartige Debatte zur Regionalentwicklung im Nordwesten statt. Es ist auch bemerkenswert, dass es überhaupt gelungen ist, dass die verschiedenen Fraktionen in beiden Parlamenten gemeinsam diese Große Anfrage gestellt haben. Das ist auch ein Resultat des Gremiums, das wir geschaffen haben, nämlich des Parlamentarischen Beirats der Regionalen Arbeitsgemeinschaft. Ich finde, dass es sich dadurch bewährt.
Seit vielen Jahren gibt es das Bestreben zwischen Niedersachsen und dem Bundesland Bremen, die Zusammenarbeit zu entwickeln und zu intensivieren. Die Gemeinsame Landesplanung BremenNiedersachsen ist als institutionalisierte Form dieser Zusammenarbeit seit 1963 Ausdruck dieses Versuches gewesen.
Wenn man ehrlich ist, muss man aber feststellen, dass trotz zahlreicher Tagungen und Kongresse, trotz vielfältiger Veröffentlichungen und vieler Reden sowie trotz einer ganzen Menge an durchaus richtigen und schönen Projekten, die für die Region wichtig sind, vor dem Hintergrund der europäischen Entwicklung gerade jetzt etwas mehr notwendig ist. Es ist leider Fakt, dass sich die von der
CDU/FDP-Landesregierung durchgesetzte Abschaffung der Bezirksregierungen dabei als ganz besonders schädlich und rückwärts gerichtet für die Region erweist.
Die Bezirksregierungen, insbesondere die Bezirksregierung Weser-Ems, haben sich immer als Bündelungsinstanzen regionaler Interessen gezeigt. Das fehlt nun. Dies wird in der Region doch durchaus zum Problem.
Die Regierungsvertretungen, Herr McAllister, ersetzen dies nicht hinreichend. Die Abschaffung der Bezirksregierung Weser-Ems führt eher zu einem Auseinanderdriften der verschiedenen Gebiete als zu einem Zusammenwachsen und ist daher im Sinne der Zusammenarbeit eindeutig kontraproduktiv.
In der Antwort auf die Große Anfrage seitens der Niedersächsischen Landesregierung und des Bremer Senats, für die auch ich mich namens der SPD-Fraktion ganz herzlich bedanke, wird deutlich, dass es eine Reihe von Punkten gibt, die gemeinsam entwickelt worden sind. Das betrifft z. B. die Fragen JadeWeserPort und Küstenautobahn, die eine entscheidende Bedeutung für die Region haben. Auch an diesen Projekten hat die Bezirksregierung Weser-Ems einen entscheidenden Anteil gehabt.
Allerdings sind einige Aspekte in der Antwort meiner Ansicht nach unzureichend dargestellt worden. Ich verweise z. B. auf den Bereich Verkehrsplanung und hier auf die Gründung des Verkehrsverbundes Bremen-Niedersachsen. Als an den Diskussionen, die insbesondere in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre stattfanden, direkt Beteiligter weiß ich, wie schwierig es gewesen ist, die Kirchturmpolitik auf beiden Seiten gerade bei diesem Thema zu überwinden. Es hat Jahre gedauert, die verschiedenen Landkreise und beteiligten Kommunen zu einem gemeinsamen Vorgehen in dieser Frage zu bewegen. Dies ist aber gelungen. Der Verkehrsverbund ist eine Erfolgsstory. Das wird in der Antwort leider nicht hinreichend verdeutlicht. Ich vermute, der Grund dafür ist, dass eigentlich mehr
erreichbar gewesen wäre, dass es aber von dieser Niedersächsischen Landesregierung nicht hinreichend unterstützt wird.
Die Entwicklung eines gut funktionierenden S-Bahn-Systems in der Region steht nach wie vor auf der Tagesordnung. Hierbei darf nicht länger gezögert werden. Die Bereitstellung entsprechenden Zugmaterials, der Ausbau der Strecken und der Neubau von Haltepunkten müssen massiv vorangetrieben werden. Die Niedersächsische Landesregierung ist gefordert, ihren Anteil daran zu realisieren.
So könnte beispielsweise eine Übertragung der Kompetenzen in Sachen Nahverkehr auf den Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen dabei hilfreich sein. Den entsprechenden kommunalen Einrichtungen den Mut zu geben, das auch zu wollen, wäre eine Aufgabe der Landesregierung. Ich vermisse den wirklichen Willen zur Unterstützung seitens dieser Landesregierung. Warum haben nur die Region Hannover und der Großraumverband Braunschweig eine solche Übertragung erhalten, nicht aber der Verkehrsverbund BremenNiedersachsen? Stärken Sie den beteiligten Kreisen und Städten den Rücken, damit eine solche Übertragung auch dort möglich ist. Dies würde in der Region einen Schritt nach vorne bedeuten.
Genauso wichtig ist natürlich auch die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Sektor. Hierfür hat die sozialdemokratisch geführte Landesregierung in den 90er-Jahren die Basis gelegt, z. B. mit der Gründung des schon erwähnten HanseWissenschaftskollegs in Delmenhorst. Auch die sich immer besser entwickelnde Kooperation zwischen der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg und der Universität Bremen ist ein weiterer Ausdruck dieser Zusammenarbeit.
Aber trotz vieler Erfolge, meine Damen und Herren, ist die Entwicklung einer gemeinsamen Regionalstrategie im Nordwesten gerade jetzt verstärkt notwendig. Globalisierung und europäischer Binnenmarkt sowie die erweiterte Europäische Union fordern nun einmal logischerweise eine engere Kooperation in größeren regionalen Einheiten. Daher ist der Austausch in vielen Bereichen - im wissenschaftlichen, im sozialen, im kulturellen und im wirtschaftlichen Bereich zu verdichten. Daher
müssen die politischen, die wirtschaftlichen und die gesellschaftlichen Akteure das gemeinsame Handeln im Interesse der Region zu ihrer verbindlichen Richtschnur machen.
Natürlich hat es in den letzten Jahren im Nordwesten auf den verschiedenen Ebenen bereits eine größere Anzahl kontinuierlich tätiger Abstimmungsorgane gegeben. Das ist vor allem auch die Regionale Arbeitsgemeinschaft BremenNiedersachsen. Man kann die Regionale Innovationsstrategie, die RIS, erwähnen, auch den Kommunalverbund Niedersachsen-Bremen und natürlich den Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen. Es hat bis heute jedoch an einem übergreifenden Zusammenhang gefehlt, der die Nordwestregion als Ganzes betont und damit eine identitätsstiftende Plattform wäre. Um dies voranzubringen, hat es durchaus zahlreiche weitere Initiativen gegeben. Ich erwähne an dieser Stelle einmal den eher im Hintergrund wirkenden Gesprächskreis Nordwest, aus dem die Initiative Nordwest entstanden ist, unterstützt vom Bremer Forum für europäische Regionalpolitik, hier initiiert von Professor Detlev Albers.
Inzwischen hat sich die Diskussion jedoch dynamisiert. Gerade in den letzten Wochen hat sich ein Zeitfenster geöffnet, bei dem es möglich ist, in der Zusammenarbeit in der Nordwestregion einen großen Schritt nach vorne zu machen. Dies kann durch die Bildung der Metropolregion Bremen/Oldenburg geschehen. Ein solcher Schritt ist jetzt möglich; denn, wie Herr Minister Ehlen dargestellt hat, Ende des Monats tagt die Konferenz der Minister für Raumordnung. Sie hat seit 1995 sieben europäische Metropolregionen in Deutschland benannt. Dies sind Hamburg, Berlin/Brandenburg, Rhein/Ruhr, Frankfurt, Stuttgart, München sowie das als potentielle Metropolregion aufgenommene Sachsendreieck Leipzig/Dresden/Chemnitz. Dieser Orientierungsrahmen soll in diesem Jahr auf der nächsten Sitzung Ende dieses Monats aktualisiert werden. Dort soll festgelegt werden, welche Metropolregionen noch hinzukommen sollen. Hier im Norden hat sich neben der Metropolregion Hamburg inzwischen auch die Region Hannover/Braunschweig/Göttingen entwickelt und konstituiert. Sie soll anerkannt werden. Dadurch ergibt sich, wenn man sich einmal die Landkarte anguckt, die Situation für Niedersachsen, dass sich die nördlichen Kreise unseres Landes in der Metropolregion Hamburg wiederfinden, dass sich das Gebiet um Hannover herum und der Südwesten in der Metropolregion Hannover/Braunschweig/Göttingen
befinden, dass aber der Rest des Landes, in dem nahezu ein Drittel der Bevölkerung lebt, sozusagen im Regen steht.
Vor diesem Hintergrund ist es umso notwendiger, dass sich die Gebiete, die sich im Wesentlichen im Nordwesten befinden, zusammenfinden und sich gemeinsam aufstellen. Daher ist in der Region, insbesondere im Bereich der Strukturkonferenz des ehemaligen Oldenburger Landes, die Diskussion inzwischen so weit, dass man sagt: Wir brauchen eine vernünftige Interessenvertretung sowohl gegenüber dem Land als auch im europäischen Rahmen. Ziel ist es, eine bessere Positionierung in der Förderkulisse in der Europäischen Union anzustreben und insgesamt gesehen eine Einbindung der Region in das Netz der nationalen europäischen Raumentwicklung zu realisieren. Außerdem ist es natürlich erstrebenswert, die anderen Strukturen, die es derzeit schon gibt und die im Rahmen der Zusammenarbeit entwickelt worden sind, zu koordinieren und zu bündeln.
Die inzwischen gewählten eingleisigen Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister in der Strukturkonferenz des Landes Oldenburg haben sich deswegen für eine gemeinsame Zusammenarbeit mit dem Land Bremen entschieden und wollen zusammen mit den Bremern eine „Metropolregion Bremen/Oldenburg“ im Nordwesten bilden. Die Formulierung „im Nordwesten“ zeigt dabei auf, dass es perspektivisch auch um den ganzen Nordwesten einschließlich Ostfriesland, des Emslandes, der Grafschaft und des Osnabrücker Raums geht.
Es ist gelungen, wie Minister Ehlen dargestellt hat, eine Resolution zu entwickeln, die sich für die Bildung dieser europäischen Metropolregion Bremen/Oldenburg im Nordwesten ausspricht. Diese ist am letzten Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt worden, unterstützt von 21 Unterschriften von 17 regionalen Organisationen und sechs Industrieund Handelskammern aus der Region.
Das finde ich auch bemerkenswert und gut. Es wäre fatal, die Chance, diese europäische Metropolregion jetzt zu bilden, verstreichen zu lassen, weil man möglicherweise auf Entwicklungen in den anderen Regionen des Nordwestens wartet. Wir müssen diese Chance jetzt ergreifen. Das Zeitfenster ist für uns nur jetzt da. Die Beantragung als Metropolregion bezieht sich natürlich zunächst
einmal auf den Kernraum der Regionalen Arbeitsgemeinschaft und angrenzende Bereiche. Das sind die Städte Bremen, Bremerhaven, Oldenburg, Delmenhorst, Wilhelmshaven; das sind die Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Cuxhaven, Diepholz, Friesland, Oldenburg, Osterholz, Vechta, Verden und Wesermarsch.
Aber diese Metropolregion wird mit Sicherheit auch in den gesamten Nordwesten ausstrahlen. Insofern ist dies natürlich auch die Chance und die Möglichkeit für Ostfriesland, für das Emsland, für die Grafschaft Bentheim und die Region Osnabrück, an diesem gemeinsamen Prozess sehr schnell teilzunehmen und gemeinsam mit der Metropolregion Bremen/Oldenburg eine Zukunft in Europa darzustellen.
Dann wird es auch möglich sein, in noch immer infrastrukturschwachen Regionen wie z. B. der Wesermarsch zu investieren, Maßnahmen zur Förderung zu ergreifen. Denn das ist ein Versäumnis dieser Landesregierung, die in keinem hinreichenden Maße dort so aktiv ist, wie es notwendig wäre.
Es ist notwendig, meine Damen und Herren, dass das Land Niedersachsen genauso wie das Land Bremen den Antrag auf Anerkennung einer Metropolregion Bremen/Oldenburg im Nordwesten in der Ministerkonferenz unterstützt. Ich freue mich, Herr Ehlen, dass Sie das tun wollen, dass Sie gesagt haben, dass Sie dafür eintreten. Es ist ebenfalls notwendig, dass diese Konferenz der Minister für Raumordnung dann aber auch diesen Beschluss fasst und Bremen/Oldenburg als Metropolregion anerkennt.
Wir müssen nach entsprechender Anerkennung aber auch darüber reden, wie die Metropolregion vernünftige und flexible Organisationsstrukturen erhält. Es bestehen bereits jetzt effektive Arbeitsstrukturen für die Metropolregion in Form der Regionalen Arbeitsgemeinschaft. Wie das in Zukunft konkret laufen soll, auch unter Hinzuziehung von Erfahrungen aus anderen Metropolregionen, wird zu entscheiden sein.
Eine Diskussion über ein so genanntes Metropolparlament ist sicherlich noch viel zu früh. Hier gilt, was Landrat Stötzel aus Diepholz als Vorsitzender der Regionalen Arbeitsgemeinschaft Bremen/Niedersachsen gesagt hat: Funktionierende Regionen in Europa, die sich erfolgreich vermarkten, zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht von Parlamenten und Verwaltungsgrenzen bestimmt
werden, sondern in den Köpfen der Menschen wirksam werden. Daher, meine Damen und Herren, stimme ich auch ausdrücklich meinem Oberbürgermeister Dietmar Schütz zu, der im Hinblick auf diese Metropolregion klar gesagt hat: Nur wenn wir uns gemeinsam aufstellen, profitieren wir von Synergieeffekten, können stark auftreten und uns weiterentwickeln, was allen zugute kommt.
Wenn dies gelingt, meine Damen und Herren, haben wir für die Region im Nordwesten unseres Landes, insgesamt gesehen, eine positive Entscheidung getroffen und können der Zukunft mit Hoffnung entgegensehen. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Forderungen nach mehr interkommunaler und regionaler Zusammenarbeit auch über die Ländergrenzen hinweg gehören seit langer Zeit zu den profilbildenden Inhalten grüner Strukturpolitik. Es ist eine jahrelange, zähe Diskussion, in der sich die großen Parteien häufig destruktiv gebärdeten und unendliches Beharrungsvermögen an den Tag legten, wobei dieses Beharrungsvermögen bei den Regierenden immer größer war als bei der Opposition, gleichgültig, ob Schwarz oder Rot am Ruder war.
Deshalb sehen wir es positiv, dass sich hier ein bisschen bewegt und dass versucht wird, durch diese parallele Inszenierung in Bremen und Niedersachsen die Absicht weiterer Zusammenarbeit zu signalisieren. Wir unterstützen auch das gemeinsame Bemühen, der Region Bremen/Oldenburg ebenso wie der Region Hannover/Braunschweig/Göttingen die Anerkennung als europäische Metropolregion zu verschaffen. Wir können uns also über das heutige Signal freuen.
Fortschritt betrifft. Letzten Endes waren es die Parlamentarier des RAG-Beirates und nicht die Landesregierungen, die diese Initiative umgesetzt haben. Immerhin wurde bereits im Juni 2002 auf der gemeinsamen Kabinettsitzung der Beschluss gefasst, eine gemeinsame Entwicklungsstrategie Nordwest zu erarbeiten. Von gebündelten Handlungsansätzen und einer strukturpolitischen Gesamtoffensive war die Rede. Meine Damen und Herren, davon sind wir meilenweit entfernt.
Für die Landesregierung galt weitgehend „Papier ist geduldig, und still ruht der See“. Ob durch diese Große Anfrage ein neuer Aktivitätsschub ausgelöst wird, erscheint mir eher fraglich.
Während die niedersächsische Antwort einen gewissen bemühten Fleiß erkennen lässt, kennzeichnet die Bremer Antwort, vorsichtig ausgedrückt, hanseatische Zurückhaltung, um nicht zu sagen demonstrative Introvertiertheit.
Dass sich dort wieder die Formel von Wahrung bremischer Interessen findet, verheißt meines Erachtens nichts Gutes. Auf der anderen Seite ist auch die Aussage der Niedersächsischen Landesregierung, die den INTRA-Prozess als vorläufig abgeschlossen bewertet, mehr als verräterisch. Sie verkennt oder verdrängt dabei bewusst, dass die Unterzeichnung des INTRA-Vertrages vor allem ein Startschuss und kein Schlusspunkt sein sollte.
Meine Damen und Herren, geredet und Papiere produziert haben wir sehr viel und sehr lange. Seit ca. 15 Jahren verfolge und begleite ich die regionalpolitischen Initiativen im Raum Bremen und Hamburg. Ich kann Ihnen sagen, die Echternacher Springprozession ist gar nichts dagegen. Es wird langsam Zeit, dass auch mal gehandelt und umgesetzt wird.