Meine Damen und Herren, mit dem alten Modell der SPD hat das nichts zu tun. Herr Jüttner, Sie haben seinerzeit versucht, die eigenverantwortliche Schule für sich zu reklamieren. Sie haben zwar auf Autonomie gesetzt, dabei aber keinerlei Rahmen vorgegeben.
Unsere Politik ist das nicht. Die eigenverantwortlichen Schulen erhalten zwar neue Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten, aber sie bleiben klar und unmissverständlich staatlich verantwortet. Es wird weiterhin staatliche Zielvorgaben geben: verbindliche Bildungsstandards und Kerninhalte, Überprüfungselemente - wie Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen - sowie das Instrument des Controllings, nämlich die Schulinspektion.
Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass die größere Freiheit und das Besinnen auf die eigenen Stärken zu mehr Qualität an unseren Schulen führen wird. Die klaren Zielvorgaben und die Überprüfungselemente stellen sicher, dass die Schülerinnen und Schüler dann, wenn sie die Schule verlassen, ganz bestimmte Inhalte kennen und bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzen. Damit wird der Schulabschluss zu einem Gütesiegel. Diesen Qualitätsstandard brauchen wir aber auch, damit die ausbildende Wirtschaft die Schülerinnen und Schüler annimmt.
Meine Damen und Herren, wir werden das vernünftig umsetzen. Wir werden den Schulen die notwendige Zeit lassen und ihnen die Möglichkeit geben, in den Dialog einzusteigen; spätestens am 15. und 16. Juni und auch noch darüber hinaus wird es weitere Gespräche geben.
Ich bin davon überzeugt: Wenn wir die großen Chancen unserer Schulreform nutzen und alles das, was wir uns vorgenommen haben, umsetzen, haben wir wirklich etwas zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler getan.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ambitionierte Projekte verlangen Vorarbeit, einen präzisen Plan, die Herbeiführung gesellschaftlicher Akzeptanz und vor allem Überzeugungsarbeit bei den Multiplikatoren.
Wir stellen fest: Herr Busemann steht alleine da. Beim Thema eigenverantwortliche Schule ist er inzwischen von allen Freunden verlassen, Herr Klare vielleicht ausgenommen.
Erstens: Herr Busemann, beim Thema Schulstrukturreform haben Sie unnötigerweise massiv Lehrerstunden gebunden, die nun an anderer Stelle fehlen.
Zweitens - und das ist die Konsequenz daraus -: Spätestens seit Februar dieses Jahres können Sie die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen nicht mehr hinreichend gewährleisten. Das hat sich durch unsere Telefonaktion in dieser Woche manifestiert.
Drittens - da scheint selbst Herr Klare einzuschwenken -: Herr Busemann blockiert die pädagogische Arbeit in den niedersächsischen Schulen durch unzählige Verordnungen, Erlasse, Projekte und Berichtspflichten, die er in den letzten zwei Jahren aufgebaut hat und die die Schulen nicht mehr zur Ruhe kommen lassen.
Und dann wundern Sie sich über die Skepsis in den Kollegien beim Thema eigenverantwortliche Schule! Ich wundere mich nicht darüber. Ich habe Verständnis für die breite Palette der Kritik, die sich
dort aufgetan hat. Zugegeben, einigen geht es vielleicht um die Aufrechterhaltung des Status quo. Aber ich glaube, den meisten brennt die Frage auf den Lippen, was auf sie zukommt. Das können sie nicht wissen, weil der Kultusminister das gegenwärtig völlig offen hält.
Die Bereitschaft, mehr Verantwortung zu übernehmen, ist in den Schulen vorhanden. Das zeigt beispielsweise das ProReKo-Projekt. In den Schulen ist auch die Erkenntnis vorhanden, dass man einen Personalkörper mit 80 000 Beschäftigten nicht top down organisieren kann und dass wir eine andere Unterrichtsqualität und andere Entscheidungsstrukturen entwickeln müssen. Auch das Interesse, mehr Eigenverantwortung, mehr Verantwortlichkeit zu übernehmen, ist mit Sicherheit vorhanden.
Aber, meine Damen und Herren, das setzt Klarheit in den Vorgaben und Planungssicherheit voraus. Beides ist faktisch gegenwärtig aber nicht gegeben. Herr Busemann fährt den notwendigen Paradigmenwechsel - Herr Klare, insofern stimme ich Ihnen zu - gegen die Wand. Das ist das Dilemma. Seine Vollmundigkeit produziert immer weitere Probleme.
Ich will es Ihnen anhand einiger Beispiele deutlich machen. Nehmen Sie einmal das Beispiel Schulverfassung. Herr Busemann lässt mehrere Modelle entwickeln, aber niemand in Niedersachsen weiß, welches Modell er präferiert. Vor diesem Hintergrund sind die Kollegien natürlich hochgradig verunsichert, welche Bedeutung die Schulleitung künftig noch haben werden, welchen Stellenwert Gesamtkonferenzen noch haben werden und ob weitere Gremien geschaffen werden. Ich nenne als Beispiel das Projekt mit der Bertelsmann Stiftung: Es war verabredet, dass sich 200 Schulen melden sollen. Herr Busemann hat den Eindruck erweckt: Klar, kein Problem. Wir haben ja über 3 000 Schulen. - Was ist praktisch passiert? Nur durch Druck der Schulträger im Landkreis Emsland, wo allein knapp 50 Schulen zu diesem Projekt verpflichtet worden sind, ist es gelungen, 130 Schulen zusammenzubekommen, meine Damen und Herren.
Die Frage, wie deren Arbeit in Zukunft aussehen wird, ist hoch problematisch. Die Leitungen der Bildungsregionen sind vakant. Es gibt auch überhaupt keine Entscheidung über eine begleitende Qualifizierung.
Ein anderes Beispiel ist das Thema Verwaltungspersonal: Weder die Schulen noch die Schulträger wissen, was auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren auf sie zukommt.
Beim Thema Schulinspektion erzählt Herr Busemann, bis 2009 seien alle Schulen besucht. Aufgrund der Personalentwicklung, die er selber veranlasst hat, ist aber klar, dass das unmöglich vor 2011 abgeschlossen werden kann.
Beratungs- und Unterstützungssysteme sind nicht angedacht. Der Landeshaushalt sieht keinen Euro dafür vor. Vor diesem Hintergrund hängt das alles in der Luft.
Beim Thema Schulaufsicht ist angedacht, knapp 200 Beschäftigte als Dienstleister an den Standort Lüneburg zu bringen. Die letzte Sitzung des Kultusausschusses hat gezeigt, dass es sich um virtuelle Versetzungen handelt.
Meine Damen und Herren, ein im Kern eigentlich vernünftiges Projekt wird so dilettantisch behandelt, dass man wirklich Gefahr läuft, sich für die nächsten Jahre aus einer Modernisierung des niedersächsischen Bildungswesens richtig zu verabschieden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jüttner hat von einer dilettantischer Vorgehensweise gesprochen. Ich kann mich noch erinnern, wie es bei der letzten SPDLandesregierung ausgesehen hat. Damals haben Sie in der Frage selbständige Schule kein Ruhmesblatt abgelegt. Auch das wurde übers Knie gebrochen. Das muss man einmal ganz klar sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine Schulstrukturreform auf den Weg gebracht, die unbestritten eine breite Unterstützung in der Bevölkerung gefunden hat. Es gibt in der Tat nicht die geringste Veranlassung, durch vorschnelles Handeln oder durch ein zu schnelles Vorgehen den Erfolg irgendwie aufs Spiel zu setzen. Vor diesem Hintergrund sage ich: Die eigenverantwortliche Schule ist ein liberales Kernanliegen.
Es gibt genügend Begründungen. Ich will einige Begründungen dafür nennen, insbesondere für Sie, Herr Meinhold. Ihnen fällt es ja besonders schwer zuzuhören.
Erstens. Schulen werden in die Lage versetzt, ein eigenes Profil bilden zu können. Das schafft Wettbewerb und damit auch nachhaltige Bildungsqualität.
Zweitens. Schulen erhalten dadurch die Möglichkeit, anhand von festgelegten Bildungszielen selbst zu entscheiden, wie sie denn diese Ziele erreichen.
Drittens. Lehrer, Eltern und Schüler haben vor Ort unmittelbar Einfluss auf ganz spezielle Bedürfnisse.
Wir brauchen aber von allen Beteiligten für diese Umsetzung die Bereitschaft zur Konsequenz und vor allen Dingen auch die Bereitschaft zu gegenseitigem Respekt und Vertrauen in eine in die Zukunft weisende Bildungspolitik. Auch Sie wollen das ja. Der Kultusminister hat sich der eigenverantwortlichen Schule angenommen und setzt die Einführung um. Das war bekanntlich eine Forderung der FDP bereits Anfang 2003 bei den Koalitionsgesprächen. Jetzt ist aber darauf zu achten, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Wir wollen, dass das Modell der eigenverantwortlichen Schule ein Erfolg wird.
Wir nehmen nicht nur zur Kenntnis, sondern auch ernst, dass Vorbehalte formuliert werden, obwohl die Eigenständigkeit überall gewünscht wird. Der Weg zur flächendeckenden eigenverantwortlichen Schule ist noch sehr lang. Um diesen Weg erfolgreich zu beschreiten, müssen Gründlichkeit und Besonnenheit vor Geschwindigkeit gestellt werden.
Wir Freie Demokraten gehen davon aus, dass dieser Weg gemeinsam mit den Schulen und auch mit den Verbänden beschritten wird. Es ist daher dringend erforderlich, dass Schulleiter und Lehrkräfte, Eltern und Schüler nicht das Gefühl bekommen dürfen, dass sie bei der Umsetzung alleine gelassen werden. Die Lehrkräfte, die Schulleiter, alle Beteiligten haben bei der Umsetzung der Schulstrukturreform Enormes geleistet. Sie haben sich für die Verbesserung der Bildungsqualität tatkräftig engagiert. Das müssen wir honorieren, indem wir die Beteiligten umfassend über unsere Ziele informieren und gemeinsam mit ihnen den Weg zu dieser Umsetzung suchen. Das können die Schulen wohl von uns erwarten.
Wir brauchen Unterstützungssysteme, ortsnah, schnell und unbürokratisch. Die Schulbehörde ist Dienstleister im positivsten Sinn, wenn sie ihre Schulen kennt und unterstützt. Man muss auf Evaluation ergebnisorientiert reagieren können. Die Rückmeldungen auf durchgeführte Inspektionen sind im Übrigen erfreulicherweise positiv.