Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Land sollte im Interesse der Hochschulen, aber auch der Bewerberinnen und Bewerber dafür sorgen, dass Aufwand und Nutzen der Verfahren in einem angemessenen Verhältnis stehen, und es sollte Transparenz gewährleisten. Erste Untersuchungen zu den Auswahlgesprächen und -verfahren zeigen, dass gerade bei den Auswahlgesprächen die Gefahr von Subjektivität und Willkür relativ groß ist. Fragen von tierlieben Hochschullehrern, ob Haustiere gehalten werden, sollen durchaus schon vorgekommen sein. Um diesen auch von den Studierenden und der LandesAsten-Konferenz vorgetragenen Befürchtungen zu begegnen, hat die SPD-Fraktion in ihren Änderungsantrag den Vorschlag der Hochschulen aufgenommen, strukturierte Auswahlgespräche vorzusehen.
Meine Damen und Herren, nun zu einem unserer ganz wesentlichen Ablehnungsgründe, den Gebühren. Im Dezember 2004 hat die Mehrheit dieses Hauses den Verwaltungskostenbeitrag für die Studierenden in Niedersachsen von 50 Euro auf 75 Euro angehoben - pro Semester wohlgemerkt. Das ist eine Steigerung um 50 %. Als Begründung für diese deutliche Mehrbelastung der Studierenden wurde angeführt, diese seien im Hinblick auf die äußerst angespannte Finanzlage an den Infrastrukturkosten des Studiums, also auch den Kosten für die Zulassung, zu beteiligen. So weit, so gut.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen Sie die Studierenden nun erneut zur Kasse bitten. Darüber hinaus stehlen Sie sich aus der Verantwortung, indem Sie die Hochschulen mit dem unbestrittenermaßen erhöhten Aufwand alleine lassen. Sie verlagern weitere Lasten auf die Schultern junger Menschen, die dann nicht nur für ihr Studium zahlen sollen, sondern schon abkassiert werden, bevor sie einen Studienplatz haben. Niedersachsen nimmt damit unter allen Bundesländern eine Sonderrolle ein. Bis auf Baden-Württemberg sind nirgendwo Gebühren vorgesehen, und dort sind sie auf 50 Euro gedeckelt.
Der Deutsche Hochschulverband und die Hochschulen haben erklärt, dass sie das Abwälzen der Kosten auf die Studierenden für einen deutlichen Standortnachteil Niedersachsens im Wettbewerb um die besten Köpfe halten. Daneben wirkt eine solche Gebühr hoch selektiv, wenn man berücksichtigt, dass im Normalfall eine Bewerbung nicht ausreicht und bei Kostendeckung sicherlich von mehr als 100 Euro auszugehen ist, wie die Universität Osnabrück errechnet hat. Die ebenfalls aufgrund der Notwendigkeit einer persönlichen Vorstellung anfallenden Kosten für Anreise und gegebenenfalls Übernachtung verstärken diesen Effekt noch.
Ein weiterer Punkt, der die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen massiv beeinträchtigen wird, ist die Tatsache, dass die Zulassungsbeschränkungen und die Zulassungszahlen für weiterführende Studiengänge zukünftig durch das Ministerium per Verordnung festgelegt werden. Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von Hochschulautonomie und -wettbewerb. Insbesondere in den Lehrprofilen und den Forschungsleistungen der weiterführenden Studiengänge zeigt sich das Profil einer Hochschule.
Wie wenig Vertrauen haben Sie eigentlich in die neuen Steuerungsinstrumente, die Ziel- und Leistungsvereinbarungen? Durch diese könnten die Interessen des Landes gemeinsam mit den Hochschulen ausreichend gesichert werden. An dieser Stelle sieht man übrigens, dass Sie, Herr Güntzler, es mit der Autonomie der Hochschulen nicht ernst meinen.
Die SPD-Fraktion sieht sich in dieser Frage nach der Anhörung einig mit allen Beteiligten, nämlich den Hochschulen. Das, was Sie hier vorhaben, ist eine Entmündigung der Hochschulen und nichts anderes.
Meine Damen und Herren, von der Veränderung der Hochschulzulassung in Niedersachsen hätte ein positives Signal ausgehen können. Diese Chance wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vertan. Sie haben noch die Möglichkeit, alles zum
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hauptzielsetzungen des vorliegenden Hochschulzulassungsgesetzes unterstützen wir; denn es ist sinnvoll, das Auswahlrecht von Hochschulen und Studierenden zu stärken. Sie aber, meine Damen und Herren von CDU und FDP, konterkarieren mit Ihren Gesetzesausführungen genau dieses Ziel. Sie bürden den Hochschulen neue Aufgaben auf, wollen aber nicht für die Kosten aufkommen, bitten daher die Studierenden zur Kasse und bemühen auch hierfür wieder als Kronzeugen die TU Braunschweig, die ausweislich der Anhörung keinesfalls Gebühren gefordert hat, sondern lediglich auf die Kostenproblematik aufmerksam machen wollte.
Meine Damen und Herren, das bildungspolitische Ziel dieser Landesregierung scheint zu lauten, die Zahl der Studierenden in Niedersachsen möglichst niedrig zu halten. Bereits mit dem HOK wurden massiv Studienplätze abgebaut. Nun wollen Sie nicht nur Studiengebühren vom ersten Semester an, sondern Sie wollen Studierende bereits vor Aufnahme in eine Hochschule ordentlich zur Kasse bitten. Das läuft klar gegen die Ziele des Wissenschaftsrates, der gefordert hat - ich darf zitieren -, die Situation des Hochschulzugangs in Deutschland maßgeblich zu verbessern, damit künftig so viele für ein Studium Befähigte wie möglich ein Studium aufnehmen. Nach Ihrem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wird dagegen häufig der Geldbeutel und weniger die Befähigung über die Wahl eines Studiengangs entscheiden.
Aber auch andere Empfehlungen der Hochschulen wurden von den Mehrheitsfraktionen ignoriert. Ich meine in diesem Zusammenhang vor allem die Festsetzung der Zulassungszahlen für MasterStudiengänge. Hier wird einmal so ganz nebenbei eine zentrale Frage bei der Umstellung auf Ba
chelor und Master geklärt, nämlich die Frage der Überleitung, ohne sich vorher auf eine grundsätzliche Klärung eingelassen zu haben. Im Gegenteil: Obwohl sich die Hochschulen mehrheitlich für inhaltliche Kriterien beim Zugang zu Master-Studiengängen in eigener Regie ausgesprochen haben, wollen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, die ansonsten doch so viel beschworene Autonomie der Hochschulen wieder einschränken.
Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Festsetzung der Zulassungsbeschränkungen und -zahlen per Verordnung. Ziel- und Leistungsvereinbarungen sind ein ausreichendes Instrument, um Studienplätze in möglichst großer Zahl sicherzustellen. Für meine Fraktion gilt hier die Richtschnur: Erfolgreichen Bachelor-Absolventen muss der Zugang zu einem Master-Studium möglich sein.
Meine Damen und Herren, neben der inhaltlichen Kritik an dem Gesetzentwurf bemängeln wir außerdem das Verfahren. Die Befassung mit diesem Gesetzentwurf hat den Namen „Beratung“ wahrlich nicht verdient. Der GBD hat an zentralen Punkten dieses Gesetzentwurfes erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. So wurden z. B. die Frage der Wartezeitquote, die Festlegung der anzuwendenden Auswahlkriterien und deren Rangverhältnis untereinander moniert. Trotzdem haben Sie, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktionen, sich darüber hinweggesetzt, obwohl auch das MWK die Bedenken an keiner Stelle überzeugend ausräumen konnte. Eine zweite Befassung des Ausschusses mit dem Gesetzentwurf haben Sie strikt abgelehnt nach dem Motto: Wir haben die Mehrheit. Was scheren uns juristische Bedenken? - Das heißt, Sie nehmen billigend in Kauf, dass das Gesetz in den genannten Punkten einer verfassungsrechtlichen Prüfung im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsstreites nicht standhalten könnte. Einem solchen Gesetzentwurf können wir unsere Zustimmung nur verwehren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Als wir am 26. Juni 2003 den Antrag zur Neuregelung der Hochschulzulassung beschlossen haben - gegen die Stimmen der SPD -, hat Minister Stratmann betont, wir würden so schnell wie möglich ein entsprechendes Gesetz beschließen. Dass es dann doch noch fast zwei Jahre bis jetzt gedauert hat, ist vor allem der Hinhalte- und Blockierungstaktik von Frau Bundesbildungsministerin Bulmahn zuzuschreiben.
Mit dem vorliegenden Gesetz geben wir den Hochschulen wirklich Autonomie in einem für sie entscheidenden Bereich, vielleicht dem wichtigsten überhaupt, nämlich bei der Auswahl ihrer Studierenden. Wir gehen damit aber auch ein gesellschaftliches Problem an, das offenbar immer größer wird. Trotz aller Rankings und anderer Bemühungen um Transparenz fällt es den Studierenden offenbar immer schwerer, sich für das richtige Studium zu entscheiden.
Die Untersuchung des HIS zeigt, dass der Anteil der Studienabbrecher in den letzten Jahren auf breiter Front gestiegen ist, an den Fachhochschulen ebenso wie an den Universitäten, in den Naturwissenschaften genauso wie in den Sprach- und Kulturwissenschaften. Bei den Letzteren machen
die Abbrecher mittlerweile fast die Hälfte aus. Das ist nicht nur ein gesamtwirtschaftlicher Schaden. Für sehr viele Abbrecher bedeuten die verlorenen Jahre auch ein bitteres persönliches Scheitern.
Deshalb ist es ganz wichtig, dass von vornherein festgestellt wird, ob Studienbewerber und Studienfach zueinander passen. Diese Feststellung sollen die Hochschulen in zulassungsbeschränkten Fächern künftig in eigener Verantwortung und nach eigenen Kriterien treffen. Der Ermessungsspielraum wird nur dadurch eingeschränkt, dass ein einziges Kriterium, nämlich die Durchschnittsnote des Abiturs, mindestens so viel zählen soll wie alle anderen Kriterien, z. B. Tests, Auswahlgespräche, Noten in relevanten Fächern und außerschulische Aktivitäten, zusammen.
Wir von der FDP hätten uns dieses Gesetz auch ohne diese obligatorische Betonung der Abiturnote vorstellen können. Private Hochschulen wie Witten-Herdecke oder die Bucerius Law School kommen sehr gut ohne solche Regelungen aus. Aber vielleicht ist es sogar klug, wenn man sich Raum für Verbesserungen in künftigen Legislaturperioden lässt.
Zur Wartezeitproblematik, auf die der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hingewiesen hat und die Sie, Frau Graschtat, sowie Sie, Frau Dr. Heinen-Kljajić, soeben aufgegriffen haben: Nach wie vor sollen 10 bis 25 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden. Das ist, gemessen an den Maßstäben eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1972, nach Meinung einiger vielleicht möglicherweise zu wenig. Wird hier aber tatsächlich der Grundsatz der Freiheit der Berufswahl bzw. des Studiums ausgehebelt? Einmal abgesehen davon, dass in künstlerischen Studiengängen schon jetzt Tests als K.o.-Kriterium bei der Zulassung eingesetzt werden, müssen wir uns doch fragen: Ist Zulassung nach Wartezeit heute noch angemessen? Allenthalben beklagen wir in Deutschland überlange Ausbildungszeiten und fordern einen früheren Start in den Beruf. Das ist ja das Hauptargument für die Bachelor- und MasterEinführung. Und dann soll es eine Prämie auf Abwarten geben? Die Grundsätze der 70er-Jahre passen heute einfach nicht mehr.
Es sollen die studieren, die geeignet sind. Frau Graschtat, Sie haben völlig Recht: die Besten, aber
Ja. - Wir wollen Chancengerechtigkeit im Bildungswesen, und deshalb kann die Quote nach Wartezeit gar nicht klein genug sein. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir vorab, dass ich mich bedanke und das gleichzeitig mit einer herzlichen Gratulation an Herrn Güntzler für seine „Jungfernrede“ verbinde, die er heute gehalten hat.
Ich kann nur sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben nicht nur hervorragende 91 direkt gewählte Abgeordnete, wir haben auch tolle Nachrücker! Das muss man an dieser Stelle feststellen.