Protocol of the Session on February 23, 2005

Dass Sie in dieser Frage der eigentliche Oppositionsführer waren, haben wir in diesen Tagen, in diesen Wochen und in diesen Monaten erlebt. Denn unser Herr Gabriel hat sich in dieser Frage wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Ganz im Gegenteil, durch die täglich neuen Erkenntnisse - ich erwähne hier nur seine Beratungsaktivität für VW wurde überdeutlich: Wenn es für jemanden eines Verhaltenskodex bedurft hätte,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Ihren habe ich eingehalten!)

so hätten wir ihn für den Ex-Ministerpräsidenten Gabriel gebraucht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Gabriel, Sie haben in Ihrer Zeit einen solchen Verhaltenskodex aber nicht aufgestellt. Im Gegenteil: Sie haben das als Eselei und politische Dummheit bezeichnet.

Anlass für den vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist die bundesweite Debatte gewesen, die Ministerpräsident Christian Wulff Anfang 2004 in der Talkrunde bei Frau Christiansen angestoßen hat, nämlich die Debatte über den Sinn und Unsinn von Beraterverträgen. Quer durch die Republik hat dies hohe Wellen geschlagen.

Die Vielzahl dieser Beraterverträge, die insbesondere mit der Firma Roland Berger abgeschlossen worden sind, und die Wahnsinnskosten für Niedersachsen wurden geschickt am Parlament vorbei geleitet. Die Vergabe wurde gestückelt. Der Landesrechnungshof hat deutlich darauf hingewiesen, was er von dieser Art und Weise der Vergabe gehalten hat.

Fazit der Februar-Debatte: Hier muss etwas geändert werden. Eine genaue Prüfung, ob und wann die Hinzuziehung externen Sachverstandes notwendig und angemessen ist, ist durchzuführen. Regierungshandeln darf sich nicht durch die Einschaltung von Gutachtern und Beratern aus der Verantwortung stehlen, fehlender Entscheidungsund Gestaltungswille darf nicht durch Gefälligkeits

gutachten ersetzt werden. Hier brauchen wir einen neuen Verhaltenskodex für Regierungsmitglieder und klare Vergaberichtlinien für Gutachten. Die Landesregierung hat am 1. Februar 2005 in diesem Fall Wort gehalten.

(Sigmar Gabriel [SPD]: In diesem Fall! - Wolfgang Jüttner [SPD]: In diesem Fall hat sie Wort gehalten!)

Sie hat einen Verhaltenskodex für die Vergabe von Gutachten und Beratungsdienstleistungen beschlossen. Meine Damen und Herren, das war neu für diesen Landtag, das war neu für diese Regierung. Sie haben erlebt, wie wichtig das war. Das, was wir hier in Niedersachsen von dieser Landesregierung bekommen haben, ist vorbildlich. Etwas Ähnliches gibt es nur noch in Schleswig-Holstein. Das ist Fakt.

(Beifall bei der CDU)

Wie das aufgenommen worden ist, zeigten ganz deutlich die Presseschlagzeilen: Endlich, Niedersachsen stoppt den Gutachterwahn. - So hat die Presse darauf reagiert, dass es diese Landesregierung anders gemacht hat.

Die Eckpunkte des Verhaltenskodex sind klar vorgegeben: Externe Vergaben nur dann, wenn Wissen und Kapazität bei der Verwaltung nicht oder nicht in ausreichender Weise vorhanden sind, Gutachtenvergabe in einem transparenten Verfahren, ausführliche Vergabevermerke, Trennung von Vorbereitung und tatsächlicher Auftragsvergabe, öffentliche Ausschreibung und Wirtschaftlichkeit. Dass wir dazu in Form eines Mustervertrages klare Vorgaben haben, sei hier nur kurz erwähnt.

Meine Damen und Herren, wir haben uns im Haushaltsausschuss ausführlich über die Höhe der Auftragssumme unterhalten, von der an Gutachten gemeldet werden müssen. Wir haben überhaupt kein Problem damit, uns in einem Jahr erneut darüber zu unterhalten, wie praktikabel dies mit einem Stellenwert von 50 000 Euro und 5 000 Euro für den Finanzminister ist. Gegebenenfalls sollte nachgesteuert werden.

Herr Wenzel, Sie haben im Haushaltsausschuss deutlich gemacht, dass Sie sich darüber gefreut haben, wie die CDU und die FDP dieses Thema angefasst haben, wie die CDU und die FDP damit umgegangen sind. Ich möchte das hier ganz kurz zitieren: Herr Althusmann, Sie haben Recht, das,

was Sie hier vorgelegt haben, verbessert den ursprünglichen Zustand deutlich.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Im Aus- schuss?)

- Das hat Herr Wenzel gesagt. Das ist ein dickes Lob gewesen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Im Aus- schuss? Frau Präsidentin, greifen Sie ein! - Heinrich Aller [SPD]: Was hast du ihm dafür gezahlt?)

Ich möchte hier Folgendes zusammenfassen: Bei der Vorbereitung, Ausschreibung und Vergabe von Gutachten werden zukünftig völlig andere Maßstäbe angelegt. Wir werden das sorgfältig beobachten.

Der Verhaltenskodex geht bei weitem über das hinaus, was in der Vergangenheit stets gegolten hat. Denn zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit ist ein so transparenter Überblick vorhanden gewesen.

Herr Möhrmann, auch Sie haben sich in die Diskussion eingebracht und geäußert, dass auch die SPD-Fraktion noch einen Vorschlag einbringen wolle. Haben Sie das getan, oder können wir noch darauf warten?

(Dieter Möhrmann [SPD]: Das haben wir getan, aber Sie lehnen das sowie- so ab!)

Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir von der SPDFraktion in dieser Frage keinen Vorschlag bekommen.

Der Antrag der Fraktion der Grünen hat sich - so leid es mir tut, Herr Wenzel - mittlerweile durch Regierungshandeln erledigt. Wir werden ihn weiterhin konstruktiv begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Möhrmann für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schönecke, entscheidend in dieser Debatte ist, ob der Anspruch, den Sie im

Februar 2004 hier im Parlament erhoben haben - sowohl der Anspruch, den Minister Möllring formuliert hat, als auch der Anspruch, den die beiden Regierungsfraktionen formuliert haben -, tatsächlich umgesetzt worden ist. Ich stelle fest, meine Damen und Herren: Sie bleiben weit hinter dem zurück, was Sie seinerzeit vollmundig erklärt haben. Deshalb, Frau Peters, verstehe ich auch Ihre Ausführungen nicht. Es muss für ein Parlament enttäuschend sein, wenn die Landesregierung in einer Frage, in der die Parlamentarier ganz deutlich Stellung bezogen haben - ich will gerne einräumen, Herr Schönecke, dass wir dabei nicht sonderlich gut weggekommen sind -, hinter der eigenen Stellungnahme und auch der Stellungnahme der die Regierung tragenden Fraktionen zurückbleibt. Mein Selbstverständnis als Parlamentarier ist ein anderes. In einem solchen Fall sage ich nicht: Die Landesregierung hat Verhaltensrichtlinien erlassen, und ich bin damit zufrieden. - Zumindest füge ich hinzu: Vielleicht waren unsere Anforderungen, die wir seinerzeit aus ganz bestimmten Gründen gegenüber der früheren Landesregierung erhoben haben, doch zu weitgehend. Ich hätte mir gewünscht, dass heute von Ihrer Seite so viel Offenheit möglich gewesen wäre.

Herr Möhrmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Althusmann?

Nein. Ich habe nur acht Minuten und komme sonst mit meiner Zeit nicht hin.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass das, was in der Plenarsitzung im Februar 2004 versucht worden ist, nämlich zu skandalisieren, dass von der alten Landesregierung Gutachtenaufträge, Fremdaufträge, Beraterverträge abgeschlossen worden sind, die gegen rechtliche Grundlagen verstoßen haben, nicht aufrechterhalten werden kann.

Herr Althusmann, ich erinnere mich noch an Ihre Pressemitteilung, in der Sie gemutmaßt haben, es sei Geld gezahlt worden, ohne dass dafür Leistungen erbracht worden sei. Ich erinnere mich auch, wie die Medien darüber berichtet haben. Zu all dem hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt: Es ist ganz anders gewesen. - Wie ist es denn gewesen? - Herr Finanzminister, Sie haben in der Februar-Debatte gesagt, dass Sie noch 141 Verträge gefunden hätten, die in der Antwort auf die

seinerzeitige Große Anfrage der CDU-Fraktion nicht aufgeführt gewesen seien.

Meine Damen und Herren, ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, was die Staatskanzlei - also Ihre eigene Regierung - am 5. Februar 2004 an die beteiligten Häuser geschrieben hat, um die Anfrage von Herrn Wenzel, um Ihre Dringliche Anfrage beantworten zu können. Darin heißt es: Die Fragen 1 bis 3 beziehen sich auf Gutachten, Studien und Berichte und Beraterverträge. Sie gehen über die seinerzeitige Große Anfrage der CDU-Fraktion hinaus. - Meine Damen und Herren, warum können Sie so etwas nicht zugeben? Wo ist das Problem, in einem Parlament zuzugeben, dass das, was bei der Antwort auf die Große Anfrage Grundlage war und was Grundlage der Anfrage an Herrn Möllring war, unterschiedlich ist. Ich kann das nicht nachvollziehen. Mir ist das unverständlich. Für mich bleibt nur übrig - das haben wir dann auch erlebt -, dass es Ihnen nicht um die Sache ging. Herr Schönecke, es ging gar nicht darum, irgendwelche Verhaltensregeln darzustellen, sondern es ging darum, einen Vorgang zu skandalisieren. Das ist Ihnen leider auch gelungen.

(David McAllister [CDU]: Immerhin etwas!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einmal ansehen, was es mit diesem Gutachten auf sich hatte und wie sich die Dinge in Wirklichkeit dargestellt haben. Herr Schönecke, bei einer Grundlage von 50 000 Euro hätte Herr Möllring im Februar letzten Jahres hier keinen zusätzlichen Vertrag nennen können. Auch in der Antwort auf die Große Anfrage hätte man nur 24 Aufträge an Dritte der Öffentlichkeit präsentieren dürfen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist doch Unsinn! Das stimmt doch gar nicht!)

So weit zu dem, womit Sie jetzt zufrieden sind.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein! Auf eine Anfrage hin kann das jederzeit beantwortet werden! Er muss es nur nicht veröffentlichen! Und es gibt eine Berichtspflicht an den Haushaltsaus- schuss!)

Meine Damen und Herren, es geht ja noch weiter.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein, nein, das stimmt so nicht!)

Hinzu kommt, dass wir dann gefragt haben - die Grünen haben ebenfalls danach gefragt -, wie es eigentlich nach dem Regierungswechsel war.

(Bernd Althusmann [CDU]: Schlimm! Das, was wir vorgefunden haben, war schlimm! - Zuruf von der CDU: Das war eine schöne Zeit!)

Was hat es eigentlich seitdem an Gutachten gegeben? Meine Damen und Herren, dazu kann ich Ihnen auch etwas vorlesen. In einem Schreiben der Staatskanzlei vom 22. Februar 2004 wird ausgeführt, dass auch hier zusätzliche Anforderungen zu stellen sind. Es stellt sich heraus, dass Herr Kollege Möllring, der damals gesagt hat, unter seiner Aegide habe es 174 Fremdbeauftragungen gegeben, nicht alles genannt hat und dass es 31 mehr waren. Das heißt, Sie haben im ersten Regierungsjahr, Herr Kollege Althusmann, schon 205 Aufträge an Dritte vergeben,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist un- erhört!)

um sich gutachterlich beraten zu lassen und irgendwelche anderen von Dritten eingeforderten Werkleistungen zu bekommen.

(David McAllister [CDU]: Woher ha- ben Sie die Unterlagen?)

- Das sind alles Unterlagen, Herr McAllister, die uns die Staatskanzlei zur Verfügung gestellt hat;

(David McAllister [CDU]: Offiziell?)