Frau Merk, es ist nun einmal nicht so, dass Frauenförderung heutzutage nur dann stattfindet, wenn eine Frauenbeauftragte quasi als Überraschungsgast an Sitzungen von Verwaltungsleitungen teilnimmt.
Es herrscht vielmehr ein ganz anderes Klima in der Gesellschaft. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist inzwischen in das Bewusstsein aller eingegangen.
Vielfältige Untersuchungen und Berechnungen, u. a. auch unseres Landesrechnungshofes, legen genau dar, dass es für ein Unternehmen und auch für die öffentliche Verwaltung sehr viel günstiger ist, Bedingungen für Frauen zu schaffen, die ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, als neue Mitarbeiter einzustellen und zu qualifizieren.
Weil diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Frau Helmhold, der eigentlich elementare Bereich bei der Frauenförderung ist,
(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Auf das Schlagwort habe ich gewartet! - Sigmar Gabriel [SPD]: Sie sind eine tolle liberale Partei!)
setzen wir an der Ursache an, Herr Gabriel, und nicht nur an Symptomen. Weil dies so ist, haben wir diesen Bereich zur zentralen Aufgabe gemacht
und jetzt auch im Gesetz festgeschrieben. Wir unterstützen unsere Frauenbeauftragten im Land auf allen Ebenen. Das tut man am besten - Herr Gabriel, das sage ich gern auch an denjenigen, der früher hier Verantwortung trug -, indem man mit gutem Beispiel vorangeht.
Wenn man mit gutem Beispiel vorangeht, werden andere es auch übernehmen wollen. Die Modelle, die wir inzwischen bei der Landesregierung umgesetzt haben, sind schon beispielhaft.
Das Sozialministerium ist zertifiziert als familienfreundlicher Betrieb. Es gibt dort Krabbelgruppen, Kinderbetreuung und eine Vielzahl von Heim- und Telearbeitsplätzen. Es ist ein Vorbild für alle Verwaltungen und auch für die Wirtschaft.
Das Innenministerium hat im letzten Jahr eine neue Telearbeitsverordnung für das gesamte Kabinett vorgelegt.
Diese Telearbeitsverordnung, Herr Gabriel, ist meines Erachtens ein Meilenstein für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gilt im gesamten Kabinett. Das ist ehrenwert.
So etwas sollten andere nachahmen. Wir werden alle Frauenbeauftragte in ihren Bemühungen unterstützen, solche Modelle zu kopieren.
Der in Ihrem Antrag geforderte Bericht über die Ausgestaltung der Arbeit der Frauenbeauftragten ist überflüssig, weil die einzelne Kommune künftig vor Ort selber prüfen und entscheiden kann, wie sie den Bereich Frauenförderung darstellt. Er ist auch deshalb überflüssig, weil die Frauenbeauftragten schon in der Vergangenheit ihrem Rat oder ihrem Kreistag regelmäßig Bericht erstattet haben. Das ist überall so. Wir haben diese Berichtspflicht in unserem Gesetzentwurf noch ausgeweitet. Wenn Sie die vorliegenden Berichte nachlesen, werden Sie feststellen, dass die Befürchtung, Frauenbeauftragte in den Kommunen würden wegbrechen, völlig illusorisch ist.
Danach, was wir bereits getan haben, indem wir mit gutem Beispiel vorangehen, kann ich abschließend nur eines sagen: Wir werden die Frauen und die Frauenförderung weiter unterstützen und Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man den Tenor dieser Debatte verfolgt - auch auf den Zuschauerrängen - und das Gelächter, die Häme und den Spott wahrnimmt, mit der eine Seite die andere beharkt, dann beginnt man zu ahnen, was die Ursache dafür ist, dass dieses Thema immer noch polarisiert ist, obwohl es doch ein gemeinsames Anliegen sein müsste.
Wir alle sind in den Inhalten und bei den Fragen, die in der Gleichstellungspolitik zu lösen sind, wohl gar nicht so weit auseinander. Es mag unterschiedliche Schwerpunkte geben, und niemand hier im Raum wird behaupten, dass wir z. B. das Problem der unterschiedlichen Bezahlung von Männern und Frauen hier und heute lösen können. Beim eigentlichen Streit in dieser Frage geht es um die Instrumente.
Ich meine, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, wenn sie sich für einen Moment zurücklehnen und über das Horrorszenario, das sie zeichnen, nachdenken, feststellen müssen, dass wir uns zunächst folgende Frage stellen müssen: Warum ist in den Kommunen die kommunale Frauenbeauftragte offensichtlich nicht so akzeptiert, wie Sie es angenommen haben?
Dann stellt sich aber auch die Frage: Warum haben Sie Ihr Gesetz von 1993 nicht früher evaluiert und überlegt, wie man die Akzeptanz erhöhen kann? - Wir alle sind uns doch gerade in anderen Rechtsgebieten einig, dass man Mentalitätswechsel nicht von oben vorschreiben kann, sondern dass sie von unten gelegt werden müssen. Deshalb bleibe ich nach wie vor bei meiner Überzeugung, dass die Verabschiedung dieses Gesetzes damals, in einer Zeit, in der die Gleichstellungspolitik in anderer Form diskutiert worden ist, sicherlich richtig gewesen sein mag. Aber das sture Festhalten an einer Form, ohne darauf zu hören, was auf kommunaler Ebene gesagt wird, bringt uns nicht weiter. Sie müssen beiden Seiten - Männern und Frauen - zugestehen, bei dieser Problematik mitzureden. Auch die Männer haben selbstverständlich ein Recht dazu. Das sollte man nicht einfach mit Häme und mit Lachen abtun. Wir müssen doch bereit sein, darüber nachzudenken, ob die Instrumente noch zeitgemäß sind.
Ich freue mich immer, dass Ihre Bundesfamilienministerin auf dem Gebiet schon ein ganzes Stück weiter ist. Ich freue mich auch, dass sie inzwischen das Thema Gleichstellung und demografischer Wandel genau in der Form aufgreift, dass es eine Chance hat, eine gelebte Veränderung - nämlich mit den Männern, mit den Frauen und vor allen Dingen mit den Kindern - zu bekommen;
denn hier scheiden sich die Geister, was die Themen Gleichstellung, Teilhabe am Arbeitsleben, an den Karrieremöglichkeiten und an Entscheidungsprozessen angeht.
Meine Damen und Herren, deshalb werden wir jetzt einen anderen Weg gehen. Das Gesetz wird kommen. Sie wissen, dass die Verankerung der
Frauenbeauftragten in der Entscheidungskraft einer Kommune liegt, wenn sie eine gewisse Größe nicht überschreitet. Damit nehmen wir die Kommunen in die Verantwortung, Rede und Antwort auf die Frage zu stehen: Wie haltet ihr es denn mit der Gleichstellungspolitik?
Wir belassen es auch im Benehmen der Kommunen, zu entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Es gibt nicht nur ein einziges Instrument in der Gleichstellungspolitik.
Meine Damen und Herren, auch das Land - ich hätte mich gefreut, wenn Sie auch dazu hier im Landtag einmal Stellung genommen hätten - ist bei den Themen demografischer Wandel und Gleichstellungspolitik gefordert. Es gilt, auch da Akzente zu setzen, anstatt das zu tun, was in der Vergangenheit eine Abgabe der Verantwortung war nach dem Motto: Wir schreiben die kommunale Frauenbeauftragte vor, womit unser Handlungsrahmen auch ausgefüllt ist.
Wir haben inzwischen andere Wege beschritten. Sie wissen, dass wir mit den Unternehmerverbänden in eine Offensive der familiengerechten Arbeitswelt gestartet sind. Sie wissen, dass wir mit großer Freude inzwischen das Programm für allein erziehende Sozialhilfeempfängerinnen in der dualen Ausbildung in Teilzeit verfolgen. Sie wissen, dass wir genau zu diesen Fragen einen KabinettsTÜV in der Gesetzgebung eingerichtet haben. Das heißt, wir als Land legen inzwischen sehr stark den Fokus darauf, was das Land in seiner Handlungshoheit bei dieser Frage - „Männer und Frauen mit Kindern“, „Gleichstellung“ - tun kann.
Lassen Sie mich abschließend sagen, meine Damen und Herren: Selbstverständlich werden wir bei diesem Thema nicht zusammenkommen; denn es gehört offensichtlich zur politischen Kultur, dass man sich auf der jeweiligen Seite festbeißt. Nichtsdestotrotz meine ich: Wenn wir dieses Thema mit Aufrichtigkeit angehen wollen, dann hat es keinen Zweck, in den alten Positionen zu verharren und den anderen immer zuzuschreiben, sie wären die schlechteren Menschen, ihnen zu unterstellen - ganz gleich, welche Seite -, sie würden die Gleichstellung von Männern und Frauen mit Si
cherheit niemals voranbringen. Ich meine, es ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Man muss jeder Gruppe, sowohl den Frauen als auch den Männern, aber auch jeder politischen Ebene zugestehen, dass sie ihre eigenen Instrumente dafür entwickelt. - Vielen Dank.
Für die SPD-Fraktion hat sich die Abgeordnete Merk zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr nach § 71 Abs. 2 der Geschäftsordnung drei Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rückwärtsgewandtheit, die ich dem Debattenbeitrag der Ministerin entnommen habe, aber auch dem von Herrn Bode, bei dem ich fragen muss, wo er einer Frauenbeauftragten jemals begegnet ist - ansonsten könnte man nicht so reden; „Überraschungsgast“ nennt er die Frauenbeauftragte und ihre Arbeit, meine Damen und Herren -, ist beschämend gegenüber den Frauenbeauftragten! Alle im Land werden zur Kenntnis nehmen, wie die FDP über die Frauenbeauftragten als Überraschungsgäste spricht. Es ist eine Schande, was hier abläuft!
Wenn die Ministerin und das ganze Kabinett die Stärkung des ländlichen Raumes als eines ihrer Kernelemente nennen, aber genau da, wo Frauenbeauftragte im ländlichen Raum tätig sind, total versagt, indem sie diese Position streicht, dann wissen wir, meine Damen und Herren: Was die Linke nicht will, macht offensichtlich die Rechte - und umgekehrt. Es ist der Innenminister, der die Frauenpolitik bestimmt, und offensichtlich nicht mehr diejenige, die sich gerade noch nebenbei „Frauenministerin“ nennt und das als eine Frage von Mehrgenerationenhäusern versteht. Das ist die Lage, das ist die Rückwärtsgewandtheit in diesem Lande!