Protocol of the Session on January 27, 2005

Nr. 2 ist - auch das halte ich für legitim - eine Lösung vor allen Dingen aus niedersächsischer Sicht. Die bundesweite Handelbarkeit hilft - das muss man ganz deutlich sagen - nur den starken unter den Milchbetrieben. Es ist sicherlich kein stabilisierendes Element. Sie beklagen ja in der Einleitung zu Ihrem Antrag, dass der Strukturwandel durch die EU-Reform beschleunigt wird. Sie werden bei diesem Punkt aber zugestehen müssen, dass Sie mit einer solchen Maßnahme den StrukturwandelTurbo einlegen würden, der das Ganze mindestens vervielfacht.

Eine flächendeckende Landwirtschaft ist für alle eine bundesweite, ja eine europaweite Forderung. Das lässt sich nicht allein auf Niedersachsen beziehen, so gerne ich niedersächsische Interessen vertreten möchte. Uns darf auch nicht egal sein, ob in Zukunft Kühe auf der Rhön oder auf der Alm stehen. Denken Sie auch daran, dass Sie z. B. bei der Zuckermarktordnung, für die die Kommission eine europaweite Handelbarkeit vorschlägt, eigentlich ganz anderer Meinung sind. Mich würde interessieren, wie Sie das miteinander vereinbaren.

Die Nr. 3 Ihres Antrages, also die Forderung nach entsprechenden Fördermaßnahmen, hat die größte Schnittmenge mit unserem Antrag. Aber auch hier werden Sie meiner Meinung sein: Sie ist sehr allgemein, sehr unkonkret gehalten. Wir stimmen dieser Forderung zu, aber lesen Sie zur Ausfüllung dieser Forderung bitte im Antrag der Grünen weiter. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne im Ausschuss darüber diskutieren können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort erteile, möchte ich noch eine kleine Veränderung in der Tagesordnung für heute bekannt geben. Es ist bereits gesagt worden, Tagesord

nungspunkt 31 ist auf morgen Vormittag verlegt worden. Jetzt kommen zusätzlich die Tagesordnungspunkte 30 und 32 dazu, also morgen früh werden wir unmittelbar nach den strittigen Eingaben dann mit dem Tagesordnungspunkt 30 fortfahren. So lautet die Verständigung zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern.

Nunmehr weiter in der Tagesordnung. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Johannßen. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Langspecht hat in seinem Redebeitrag die Situation der Milch erzeugenden landwirtschaftlichen Betriebe weitestgehend treffend dargestellt. Er hat auch darauf hingewiesen, dass sich der Milchauszahlungspreis in den letzten Monaten des vergangenen Jahres und aktuell besser entwickelt hat als vor einem dreiviertel oder einem Jahr. Damals hatte der Milchauszahlungspreis in Niedersachsen, aber auch bundesweit den absoluten Tiefpunkt erreicht. Von daher überrascht es mich ein bisschen, dass Sie diesen Antrag zu diesem Zeitpunkt einbringen und ihn nicht vor einem dreiviertel Jahr eingebracht haben, als Räte, Samtgemeinderäte, Kreistage in unserer Region Resolutionen zugunsten der Milch erzeugenden Betriebe verfasst und einvernehmlich beschlossen haben. Aber Ihre Attacke auf Frau Künast, auch in Sachen Agrardiesel, zeigt ja die Zielrichtung, auf die Sie hinauswollen.

(Zuruf von der CDU: Ja, Wettbewerb!)

Meine Damen und Herren, wie stellt sich die Situation der Milch verarbeitenden Betriebe in Niedersachsen und die des Marktes für Molkereiprodukte aktuell dar? - Der aktuelle Milchauszahlungspreis - Herr Langspecht, Sie haben das auch gesagt - in Höhe von 28 bis 30 Cent entspricht in etwa dem Auszahlungspreis, den die niedersächsischen Bauern vor der BSE-Krise in Deutschland erlöst hatten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Ja, wir sind froh über diesen Preis!)

Bedingt durch diese BSE-Krise vor drei oder vier Jahren änderte sich, leider nur kurzfristig, das Konsumverhalten der Verbraucher in der Bundesrepublik.

Herr Kollege Johannßen, können Sie uns allen einen Gefallen tun und das Mikrofon ein bisschen lauter stellen? - Diese Bitte wurde durch ein Signal aus Ihrer Fraktion an mich herangetragen.

(Zurufe von der SPD: Höher!)

Etwas höher!

Lauter kann ich es nicht stellen, Frau Präsidentin. Ich bin hier nicht der Techniker.

Wenn Sie es bitte ein bisschen höher stellen würden. - Danke schön!

Der Absatz von Milch und Molkereiprodukten stieg deutlich an. Das führte auch zu einem deutlich besseren Auszahlungspreis der deutschen Molkereien. Der günstige Euro/Dollar-Wechselkurs seinerzeit, der sich zwischenzeitlich bekanntermaßen gedreht hat, förderte zusätzlich den Export von Molkereiprodukten wie beispielsweise von Käse in außereuropäische Länder bzw. Länder des Dollarraums, aber auch in die ehemalige Sowjetunion. Diese Situation führte in der damaligen Zeit zu einem außerordentlich positiven Milchauszahlungspreis. Aufgrund dieser günstigen wirtschaftlichen Entwicklung für Milch erzeugende Betriebe haben zahlreiche Landwirte in die Ausweitung ihrer Milchproduktion investiert. Kauf oder Pachtung von Quoten zu hohen Preisen, Erweiterung von Ställen, Zukauf von Kühen und Anpachtung von Grünlandflächen bei steigenden Pachtpreisen waren für viele Landwirte in diesen Jahren logischerweise angesagt. Etliche haben dafür Fremdkapital benötigt. Bei den damaligen Milchauszahlungspreisen waren die Erlangung und die Bedienung dieser Bankkredite auch kein Problem.

Sie sprachen an, dass es 32 % Produktionskosten für Milch gäbe. Das ist aber nicht quer über die Branche zu betrachten. Das betrifft insbesondere die Betriebe, die damals Pachtverträge mit hohen Preisen und langfristigen Bindungen eingegangen sind und die auch Probleme haben mit der Fremdfinanzierung. Inzwischen haben sich die Auszahlungspreise wieder auf das Niveau von vor der

BSE-Krise eingependelt. Auch der Euro/DollarKurs ist nicht mehr Export stützend.

Eines der Hauptprobleme sind aber die drängenden Probleme der deutschen Molkereien. Diese haben der Marktmacht der Discounter wenig entgegenzusetzen. Solange sich die Molkereien nicht vernünftig aufstellen, wird es den Discountern gelingen, diese gegeneinander auszuspielen. Sie finden immer wieder einen Produzenten von Molkereiprodukten, der für billiges Geld hochwertige Produkte liefert - mit den bekannten Folgen für den Milchauszahlungspreis. Arla Foods und Campina machen uns aktuell vor, wie man zu einer vernünftigen Marktaufstellung kommt, um den Discountern etwas entgegenzusetzen.

(Zuruf von der CDU: Nur durch Grö- ße!)

Der Leiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Kiel, Herr Dr. Holger Thiele, den ich vor 14 Tagen in der Wingst hören durfte, geht davon aus, dass sich die Zahl der Produktionsstätten der deutschen Molkereien in den kommenden Jahren um etwa 52 % reduzieren wird. Wir beklagen dies zwar an den Standorten, an denen Produktionsstätten geschlossen werden - auch aktuell: ein Werk in meinem Heimatort, sogar in meiner Straße hat zugemacht -, aber letztendlich bleibt den Molkereien nichts anderes übrig.

Allein durch die Fusion von Arla Foods und Campina rechnet man mit einer Kostensenkung von 1,5 Cent und ist auch bereit, das den Anlieferern auszuzahlen. Das kann man natürlich nicht, wenn man weiterhin dem Druck der Discounter nicht gewachsen ist.

Meine Damen und Herren, wir müssen allerdings auch zu einem Mentalitätswechsel insbesondere bei den Verbrauchern kommen. Herr Langspecht, Sie haben gesagt - oder Herr Klein hat das gesagt -: Geiz darf nicht mehr geil sein, sondern Genuss muss geiler sein als Geiz.

(Beifall bei der SPD)

Der Appell des deutschen Bauernpräsidenten, Herrn Sonnleitner, am letzten Freitag auf der Grünen Woche, ist völlig richtig und gehört nachhaltig unterstützt.

Meine Damen und Herren, in Ihrem Entschließungsantrag fordern CDU und FDP, dass die 1999 nach langer Auseinandersetzung von der EU be

schlossene Erhöhung der Quoten um dreimal 0,5 %, also 1,5 %, ausgesetzt wird. Dies soll ab 2006 jeweils zu 0,5 % erfolgen. Ich fürchte - insofern haben Sie mich an Ihrer Seite -, dass diese Forderung kaum durchsetzbar ist. Herr Langspecht, Sie haben gesagt, dass dies voraussichtlich zu enormen Schwierigkeiten führen wird. Die Länder in der EU liegen mit ihren Forderungen weit auseinander. Frankreich fordert eine Kürzung der Quote um 1,5 %; andere Länder haben völlig andere Vorstellungen. Ich glaube, dass es schwierig wird, dies durchzusetzen und umzusetzen. Dafür brauchen wir Verbündete.

Die bundesweite Handelbarkeit der Milchquoten wäre für unsere Milchstandorte in den Grünlandbereichen von Vorteil. Dabei spreche ich natürlich für die niedersächsischen Betriebe. Hans-Jürgen Klein hat es bundesweit gesehen, aber wir tragen insbesondere für die niedersächsischen Betriebe Verantwortung. Die Handelbarkeit würde die Entwicklung zukunftsfähiger Betriebe durch günstigere Quotenkosten fördern und somit wirtschaftlich stark entlasten. Meine Damen und Herren, bei dieser Forderung haben Sie uns an Ihrer Seite.

Auch Ihr Vorschlag, dass die Modulationsmittel schwerpunktmäßig in milchviehhaltende Betriebe geleitet werden, findet unsere Unterstützung. Natürlich wird es innerhalb der Landwirtschaft zu Kämpfen kommen. In anderen Bereichen gibt es dazu andere Vorstellungen. Auch ich komme aus einem Grünlandbereich und finde daher Ihre Forderung gut und konsequent.

Herr Langspecht, Sie sind ausführlich auf den Antrag der Grünen bezüglich der Ausschöpfung von Fördermöglichkeiten für umweltgerechte Grünlandnutzung eingegangen. Dieser Antrag enthält sehr viele Allgemeinplätze; das muss ich leider sagen, Hans-Jürgen Klein. Sie beschreiben darin die Situation, wie sie sich schon darstellt. Extensive Weidehaltung auf bestimmten Grünlandflächen ist bei uns gang und gäbe. Die Sommerhaltung von Rindern - abgesehen von der Bullenmast - erfolgt auch auf der Weide. Extensive Schaf- und Ziegenbeweidung haben wir auch auf den Deichen. Die Erhaltung pflanzengenetisch wertvoller Grünlandvegetation ist auch gang und gäbe.

Sie befürchten, dass die Bindung der Direktzahlung an die Einhaltung der Cross-Compliance-Linien nicht erfüllt werden kann und zu erheblichen Schwierigkeiten führen wird. Wir vertreten die Auffassung, dass die bisherige Wirtschaftsweise

der Grünlandbetriebe diesen Anforderungen schon weitestgehend entspricht. Von daher gibt es dort wenig Nachholbedarf und daher wenige Befürchtungen, dass die Cross Compliance nicht eingehalten wird.

Es wäre natürlich schön, wenn diese Landwirte zusätzlich unterstützt würden. Hinsichtlich dieser Forderung sind wir auch an eurer Seite. Allerdings sehen wir die gleiche Problematik hinsichtlich der Umsetzung und der Verteilungskonsequenzen innerhalb der Landwirtschaft. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Johannßen, nur für die Zukunft: Im Parlament ist es üblich, sich zu siezen. Vom Grundsatz her ist diese Frage also geklärt.

Ich rufe den nächsten Redner auf. Von der FDPFraktion hat Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die uns heute in der ersten Beratung vorliegenden Anträge zu den Themen Milchwirtschaft und Grünlandnutzung gehen zwar nicht auf identische, dennoch auf verwandte Bereiche ein. Zunächst möchte ich auf den Antrag der Fraktionen von FDP und CDU eingehen mit dem Titel „Milchviehbetriebe im Wettbewerb unterstützen“.

Uns allen ist bekannt, dass wir in der Milchwirtschaft eine durchaus angespannte Situation haben. Der von den deutschen Molkereien ausgezahlte Milchpreis reicht in der Regel nicht aus, um mit der Milchproduktion einen positiven Deckungsbeitrag zu erzielen. Das ist von verschiedenen Vorrednern bereits erwähnt worden. Dies stellt unsere landwirtschaftlichen Betriebe vor enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass ein Liter Milch weniger kostet als ein Liter Mineralwasser, sollte uns aber auch gesellschaftspolitisch zu denken geben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund haben FDP und CDU den vorliegenden Antrag erarbeitet. Unser Ziel ist es, die schwierige Situation unserer milchviehhaltenden Betriebe abzumildern. Unsere Entschließung

basiert dabei auf drei Punkten. Das ist erstens die europaweite Reduzierung der Milchmenge. In dem nun einmal vorhandenen Quotensystem der Europäischen Union, das man gut oder schlecht finden kann, sollten wir uns dafür einsetzen, die Milchmenge spürbar zu reduzieren, um den Preisdruck, der auf dem Milchmarkt herrscht, abzubauen. Da einige Mitgliedsländer der Europäischen Union - ich nenne nur Italien oder die mittel- und osteuropäischen Länder als Beispiel - allerdings kaum ein Interesse daran haben, wird die Umsetzung dieses Punktes nicht gerade einfach sein. Aber das ist aus meiner Sicht kein Grund dafür, dass man es nicht versuchen sollte, Herr Kollege Klein.

Zweitens. Die bundesweite Handelbarkeit unserer Milchquoten würde unsere niedersächsischen Bauern - und das sind die Bauern, um die wir uns im Wesentlichen kümmern müssen - im Wettbewerb stärken. Zumindest würde sie dafür sorgen, dass die Milchproduktion an den dafür geeignetsten Standorten stattfindet. Die Zeiten der Kleinstaaterei müssen in diesem Zusammenhang endlich ein Ende haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Insgesamt, Herr Kollege Klein, muss rechtzeitig überprüft werden - auch das haben wir aufgenommen -, wie der Milchmarkt nach 2013 aussehen kann. Nach Ansicht der FDP-Landtagsfraktion sind Milchquoten dann überflüssig.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Mit den uns zur Verfügung stehenden Modulationsmitteln wollen wir einen Schwerpunkt im Bereich Milchwirtschaft setzen. Ich denke dabei an eine möglichst nahe am bestehenden Qualitätsmanagementsystem Milch angelehnte Regelung, die die Mittel möglichst zielgenau im Rahmen der Modulationsaufgaben unseren Milchviehbetrieben zukommen lässt. Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Ausschuss intensiver diskutieren werden.

Insgesamt glaube ich, dass die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer spürbaren Verbesserung am Milchmarkt führen können; sie müssen nicht dazu führen, aber sie können dazu führen.

Ich komme zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Klein, ich bin der Ansicht, dass der Antrag eine grundsätzlich richtige Intention hat. Die Wahrnehmung der Grünlandop