(Axel Plaue [SPD]: Der braucht wohl ein Sauerstoffzelt! - Werner Buß [SPD]: Ganz schön blass um die Na- se!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich höre mir diese Debatte jetzt anderthalb Stunden an - -
(Thomas Oppermann [SPD]: Ich habe nicht Nein gesagt! Ich bin kein Nein- sager! - Heiterkeit bei der SPD)
Seit anderthalb Stunden höre ich mir die Debatte an, und über eines wundere ich mich jetzt: Normalerweise verläuft die Haushaltsberatung so: gestern die große Generaldebatte, die Aussprache, heute die Einzelberatung zu ausgewählten Haushaltsschwerpunkten der einzelnen Ressorts, und morgen die Schlusserklärungen und die Schlussabstimmungen. - Nachdem wir jetzt eigentlich beim Punkt „Inneres und Sport“ angelangt sind und der Präsident bereits versucht hat, darauf hinzuweisen, dass jetzt die Justiz dran ist, schlage ich vor, dass wir uns ein wenig an die vorgegebene Tagesordnung halten.
Herr Kollege Gabriel, Sie versuchen, die offensichtlich nicht ganz in Ihrem Sinne verlaufene Generaldebatte von gestern - -
(Lachen und Heiterkeit bei der SPD - Wolfgang Jüttner [SPD]: Warst du gestern auch da? Gestern warst du aber nicht da, oder?)
- Herr Kollege, mit Verlaub, die Art und Weise, wie Sie gestern Nachmittag mit persönlichen Angriffen gegen Mitglieder der Regierung und ihre Familienangehörigen gewettert haben, war ungezogen und ungehörig.
Da Sie in Ihrer eigenen Fraktion unter einem bestimmten Rechtfertigungsdruck stehen - wir wissen als CDU nie, wer bei Ihnen welche Schicht macht und gerade die Fraktionsführung innehat, Sie oder Herr Jüttner -, versuchen Sie heute Vormittag wie
Je mehr Sie hier reden, desto mehr verliert die SPD an Redezeit. Das haben Ihre Fachsprecherinnen und Fachsprecher, die sich auf die Einzelplanberatungen vorbereitet haben, nicht verdient.
Denken Sie immer daran: Eine kluge Fraktion besteht aus einem Team und nicht aus einer OneMan-Show. Auch das wollten wir Ihnen mit auf den Weg geben.
Ich übernehme das gerne, weil ich auch die verzweifelten Blicke Ihres tüchtigen parlamentarischen Geschäftsführers sehe. Ich empfehle Ihnen, jetzt wenigstens für einige Minuten zu schweigen, damit wir in der Debatte vorankommen. Das haben Ihre Fachsprecher nicht verdient. - Danke.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Wenn du so bettelst, will ich gerne aufhören! - Werner Buß [SPD]: Das ist Ihnen sichtlich unangenehm, Herr McAllister! - Zuruf von der SPD: Mal sehen, ob Herr Wallbaum das wieder hinkriegt! - Heiterkeit bei der SPD)
Frau Helmhold, Sie haben das Wort. - Ich finde schon, dass wir hier den Nachweis erbringen sollten, dass wir kultiviert miteinander diskutieren dürfen. - Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr McAllister, nachdem Sie eben wieder, wie gestern schon einmal, geradezu beschwörend an uns appelliert haben, die Familien der Kabinettsmitglieder aus der politischen Debatte herauszuhalten und sie in Frieden zu lassen, möchte
ich Ihnen Folgendes sagen: Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. Aber entschuldigen Sie einmal, Herr McAllister, es muss doch einmal erlaubt sein, die Frage zu stellen, ob Sie hier nicht unter Umständen Ursache und Wirkung verwechseln. Jeden Samstag liefert uns die Bild-Zeitung rührende Geschichten aus dem Hause der Sozialministerin frei Haus.
Es werden öffentlich Kekse gebacken, es werden Spielplätze besucht, im Gästehaus der Landesregierung wird die Familie als weihnachtlicher Chor vorgeführt. Entschuldigen Sie bitte, aber ist Ihr Appell vor diesem Hintergrund nicht auch ein kleines bisschen scheinheilig?
Wer seine Familie derart einspannt und öffentlich präsentiert und sie, wie neulich ein Kommentator bemerkte, quasi wie eine Monstranz vor sich herträgt, der darf sich doch nicht wundern, dass dann auch öffentlich darüber gesprochen wird. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Helmhold, da Sie es angesprochen haben: Dazu nehme ich gerne Stellung. - Wir leben in einer Gesellschaft, die es per se, von vornherein, für richtig hält, Kinder zu verstecken und Kinder als Nachteil anzusehen.
Wir leben in einer Gesellschaft, die den Frauen entweder klarmacht, dass sie Rabenmütter sind, weil sie arbeiten, oder aber ihnen rät, sie möglichst zu verstecken und sich möglichst für ihre Existenz zu entschuldigen.
Ich beziehe diese Kinder mit ein in die Diskussionen, die ich führe, weil ich diesem Land auch zeigen will, dass man mit Kindern auch eine Teilhabe an den Erwerbsmöglichkeiten hat und dass man mit Kindern auch Teilhabe an den Entscheidungsmöglichkeiten hat. Ich werde diese Kinder nicht verstecken und mich nicht für ihre Existenz entschuldigen.
Denn was ist denn die Alternative, die Sie sonst haben? - Sie regen sich darüber auf, dass ich die Themen anspreche, die die ganz normalen Menschen beschäftigen. Das mögen Sie hier in Ihrem Elfenbeinturm tun. Wir sind aber dazu da, dass wir diese Punkte thematisieren, uns mit ihnen auseinander setzen, sie ernst nehmen und auch in der Öffentlichkeit über sie sprechen. Dafür sind wir politisch gewählt. Wenn das nicht der Fall wäre, dann könnten wir uns zurückziehen, aber nicht als Politiker arbeiten. Wenn man als Politiker arbeitet, dann steht man als ganze Person da, und wenn ich als ganze Person beurteilt werde, dann stehe ich für dieses Bild in der Öffentlichkeit auch mit allem, was ich lebe, und dazu gehören auch meine Kinder.
Schlussendlich, Herr Gabriel: Wenn ich mein Bild in der Öffentlichkeit hätte schützen wollen, dann hätte ich mich in der Tat nicht in diese schwierige Sozialstaatsdebatte begeben. Aber weil es nicht nur um mein eigenes persönliches Bild in der Öffentlichkeit geht, das man immer weichzeichnen könnte, sondern weil es mir darum geht, dass auch diese Kinder langfristig eine Chance haben, in dieser Gesellschaft zu überleben und in Zukunft die Lasten zu tragen, die alle hier im Parlament ihnen hinterlassen werden - Pensionen und Renten, die wir ihnen hinterlassen und die zu erwirtschaften sind, und die Strukturen des Sozialstaates, nämlich auch die Strukturen und die Antworten auf die Fragen, die wir uns selber nicht stellen wollen -, weiß ich, dass dieses Bild in der Öffentlichkeit nicht immer der einfache Weg ist. Aber ich gehe diesen Weg, weil wir ihn gehen müssen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verwahre mich im Namen der SPD-Fraktion ausdrücklich gegen diese Art und Weise, seine persönlichen Angelegenheiten in die Politik einzubringen. Das ist wirklich unerhört.
(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wer treibt es denn hier so weit? - Karsten Behr [CDU]: Ihr schmeißt doch mit Dreck!)
Jeder von uns macht seine persönlichen Angaben im Handbuch des Niedersächsischen Landtages. Dort steht sein Familienstand. Dort ist die Zahl der Kinder notiert. Die Zahl der Kinder spielt überhaupt keine Rolle bezüglich der Mitwirkung an der politischen Demokratie in Niedersachsen. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen.
Viele Kinder sind ein Gewinn für das Land. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn Sie, Frau von der Leyen, aber beanspruchen, Ihre Familie hier nicht zu thematisieren, gleichzeitig aber die Zahl Ihrer Kinder nicht nur für das Handbuch angeben, sondern sie regelmäßig auch in den politischen Alltag einführen, dann instrumentalisieren Sie Ihre Familie für die Politik. Das ist das Problem.
Sie tun dies nicht nur bei Veranstaltungen, sondern Sie beschreiben auch jeden Sonnabend, wie es bei Ihnen zuhause im Detail zugeht.