Meine Damen und Herren, auch der Einzelplan des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr muss Einsparungen erbringen, und zwar in Höhe von 50 Millionen Euro. Darüber hinaus muss er noch eine globale Minderausgabe in Höhe von 16 Millionen Euro erbringen, damit das Sparziel erreicht wird.
Aber, Herr Oppermann, das ist bekannterweise noch nicht das Ende des Weges hin zu einem Finanzgebaren nach kaufmännischen Gepflogenheiten. Hier gilt nämlich ein Grundsatz, den alle Unternehmen und fast alle Menschen in diesem Lande verstehen, außer Ihnen, Herr Oppermann. Dieser Grundsatz lautet: Schulden, die durch notwendige Investitionen entstehen, müssen durch vorher kalkulierte Einnahmen abbezahlt werden können. Wer Zins und Tilgung einer Schuldlast durch die Aufnahme neuer Schulden finanziert, der geht den Weg in das kaufmännische Verderben.
Und wer diesen Verderben bringenden Weg nicht verlässt, lieber Herr Oppermann, der beraubt unsere Jugend ihrer Zukunftschancen.
Denn irgendwann bricht diese Gesellschaft an dieser enormen Last dieser nicht mehr zu verstehenden Staatsschulden zusammen. So kann es nicht mehr weitergehen, eigentlich keinen Tag mehr!
Niemand von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen - und damit meine ich das ganze Haus -, will das. Ich kenne Sie alle seit etwa 22 Monaten, einige, z. B. Frau Heiligenstadt aus Northeim, auch schon etwas länger. Niemand will das. Daher muss auch die gemeinsame politische Botschaft heißen: mit weniger Geld mehr erreichen. Übrigens ist das ein in unserer Gesellschaft Tag für Tag gesagter und gelebter Satz.
Aus wenig viel zu machen, erfordert allerdings die Bereitschaft zu Veränderungen und von den Akteuren kreatives Denken und Handeln. Das gilt im Besonderen für den äußerst angespannten Arbeitsmarkt. In unserem Programm „Erster Arbeitsmarkt zuerst!“ sind die Fördermaßnahmen konsequent auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet und mit der Wirtschaftspolitik auch eng verzahnt worden. Dies ist günstiger und effizienter als Maßnahmen für den zweiten Arbeitsmarkt. Den zweiten Arbeitsmarkt muss es natürlich auch geben. Er ist für Menschen gedacht, die Probleme haben, mit denen sie nicht zurechtkommen, etwa aufgrund ihres Alters oder aufgrund einer Krankheit. Damit ist der zweite Arbeitsmarkt auch für uns unendlich wichtig. Wir lassen die Schwachen nicht im Regen stehen.
Neben der präventiven Arbeitsmarktpolitik und der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen handelt es sich bei der Hälfte aller Maßnahmen um die Förderung von Jugendlichen. Insgesamt sind für das Jahr 2005 100 Millionen Euro für Arbeit und Qualifizierung veranschlagt, im Wesentlichen ESFGelder aus Brüssel.
Meine Damen und Herren, ich sprach von der Notwendigkeit zur Veränderung und von kreativem Denken und Handeln. Im Jahre 2004 sind in einer gemeinsamen Initiative der Agentur für Arbeit Hannover, dem Bund Türkisch-Europäischer Unternehmer und der niedersächsischen FDP-Frak
tion allein in der Region Hannover durch den Einsatz von türkischen Ausbildungsplatzakquisiteuren 140 zusätzliche Ausbildungsplätze eingeworben worden. Das ist Kreativität und Nischendenken!
Ich erinnere auch an die von der FDP-Fraktion initiierte und von allen Fraktionen dieses Hauses getragene Bundesratsinitiative - dafür danke ich allen Beteiligten - zur Einführung von Ausbildungsberufen für praktisch begabte Jugendliche. Das hat schon einen großen Stellenwert bei der - übrigens deutschlandweiten - Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Das gilt natürlich für die nächsten Jahre, denn von heute auf morgen lässt sich so etwas nicht machen.
Ich habe vor einer Woche mit Vertretern der Wirtschaftsjunioren Niedersachsens und Mitarbeitern von ZEPRA, dem Dachverband von 37 Arbeitsloseninitiativen Niedersachsens, zusammengesessen, um nach Möglichkeiten zu suchen, den Fortbestand dieses Dachverbandes zu gewährleisten. In diesem Gespräch habe ich erkannt, dass es möglich ist, ganz neue Wege bei der Lösung unserer Probleme zu beschreiten. Ich gehe nämlich davon aus, dass mithilfe der Agentur für Arbeit und der Spenden der Wirtschaftsjunioren eine hauptamtliche Stelle für den Dachverband ZEPRA für ein halbes oder ein ganzes Jahr erhalten bleibt. Nicht nur Hoffnung, sondern auch Mut zum Weitermachen hat dieser Abend nicht nur den Vertretern der Arbeitsloseninitiativen, sondern auch mir gegeben.
Meine Damen und Herren, Ideen statt Geld! Ich habe die hohe soziale Kompetenz der anwesenden jungen Wirtschaftsführer erleben dürfen. Fordern wir nicht nur diesen Kreis auf, sich aktiv an der Bewältigung der arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen unserer Zeit zu beteiligen. Ich glaube, die Menschen warten nur darauf. Für Politiker, die ihre Leistung nur darüber definieren, wie viel Geld sie ausgeben können, ist diese Zeit allerdings sicherlich frustrierend.
Herr Hagenah, heute ist Mittwoch. Am Montag war die Veranstaltung mit der Bauindustrie. Sie waren entweder nicht dabei,
oder aber - das täte mir Leid, weil ich auch Sie mag - Sie leiden an Gedächtnisschwund. Ihr Kurzzeitgedächtnis muss ja total kaputt sein.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Ich bin der Letzte, der etwas dagegen hätte!)
- Ich nehme das zurück. - Dort saßen zehn Leute, und alle haben verstanden, dass die Bauindustrie dafür dankbar ist, dass die Landesregierung mit Walter Hirche an der Spitze des Wirtschaftsministeriums diese Initiative gestartet haben, damit das Damoklesschwert „Berufsgenossenschaft für Millionen von Unternehmen“ endlich wegkommt. Auch Sportvereine werden von dieser Berufsgenossenschaft übrigens gebeutelt.
Für diejenigen Politiker allerdings, die mit wenig Geld und viel Kreativität Dinge bewegen können, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Ebenso wie in der Arbeitsmarktpolitik verfahren wir auch bei der Wirtschaftsförderung nach dieser Devise. Die erste Regel lautet, die knappen Mittel so effizient wie möglich einzusetzen. So bewegt die NBank mit nur 3 Millionen Euro Landesmitteln ein mittlerweile ein Kreditvolumen von über 200 Millionen Euro.
(Beifall bei der FDP - Lachen bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Wissen Sie eigentlich, wer die Leitung einge- stellt hat? Das waren wir, nicht Sie!)
- Ich habe nur 15 Minuten Zeit. Herr Gabriel, bei Ihnen wird vieles gut bedacht, aber es wird nicht gehandelt.
Wir haben schon ganz gut gehandelt. 200 Millionen Euro fließen direkt in Investitionen, schaffen Arbeitsplätze und generieren irgendwann auch einmal höhere Steuereinnahmen.
Wir - diesen Vorwurf muss ich Ihnen an dieser Stelle machen - reden mit den Unternehmen - und übrigens auch mit den Gewerkschaften. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie insofern Berührungsängste hatten. Wir schaffen Vertrauen. Wir nehmen auch die Probleme der kleinen und mittleren Unternehmen ernst. Das erreichen wir auch durch Beratungselemente der NBank, die auch hier einen großen Fortschritt gemacht hat.
Nun noch ein Wort zum Bürokratieabbau. Natürlich gibt es, wie so häufig im Leben, nicht den großen Wurf, mit dem auf einen Schlag Millionen eingespart werden können. Aber wenn wir die Fesseln - nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Menschen werden gefesselt - Stück für Stück zerschneiden, werden wir irgendwann die notwendige Freiheit nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Menschen haben.
Die Wirtschaft wird es uns danken. Das ist auch sicherlich besser, als großzügig Schecks zu verteilen. Natürlich gibt es Bereiche, in denen es unerlässlich ist, Geld in die Hand zu nehmen. Aber für Wirtschaftspolitik muss immer gelten: Jeder Euro, der ausgegeben wird, muss in der Zukunft Einnahmen generieren. Alles andere, meine Damen und Herren, wäre verantwortungslos.
Daher ist es richtig, dass sich die Landesregierung auf sehr wichtige Projekte konzentriert. Der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven und der Forschungsflughafen Braunschweig sind zwei Projekte, die klar und deutlich in die Zukunft zeigen.
Neben der direkten Unterstützung innovativer Unternehmen wird besonders der Wissenstransfer aus den Hochschulen zu den Unternehmen gefördert. Forscher müssen aber lernen - das sage ich auch Herrn Stratmann; das kann er weitergeben -, im Kopf sozusagen auch immer eine kleine Fabrik zu haben, damit sie abschätzen können, inwieweit ihre Ideen später in Produkte umgesetzt werden können. Das muss nicht immer sein, sollte aber immer öfter der Fall sein.
Diese neuen Produkte müssen transportiert werden. Daher sind der Erhalt und Ausbau unseres Straßen- und Schienennetzes so wichtig. Doch in Zeiten knapper Kassen sind auch hier neue Ideen gefragt. Beim ÖPNV spart das Land durch die Vergabe von Schienenstrecken an Private bereits Millionenbeträge. Der Anteil von Strecken, die nicht von der Deutschen Bahn und damit preiswerter bedient werden, steigt ständig. Dank der Landesnahverkehrsgesellschaft ist Niedersachsen hier führend. Im Falle der Küstenautobahn A 22 - auch das möchte ich zum Schluss noch einmal ganz deutlich sagen - sind wir schon sehr weit, was die Überlegung privat finanzierter Straßen angeht.
Ich glaube, dass die A 22, Herr Hagenah, die erste privat finanzierte Autobahn Deutschlands sein wird. Ideen statt Geld, Herr Hagenah, das ist entscheidend.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Wie viele Zentimeter sind schon verkauft?)
Es ist falsch - damit komme ich zum Schluss -, dass - das sage ich als Liberaler voller Überzeugung - weniger Geld vom Staat gleichbedeutend ist mit dem Wegfall von Tätigkeiten. Das gilt für die Wirtschaft, aber auch für alle anderen Bereiche der Gesellschaft. Denn dort, wo eine Tür zugeht, geht immer auch ein Fenster auf. Wenn wir also die Tür der Staatsausgaben weiter schließen müssen, brauchen wir die Menschen nur dabei zu unterstützen, die Fenster zu öffnen, indem wir Kooperationen initiieren und Impulse geben. Sie werden überrascht sein, was für ein frischer Wind plötzlich in unserem Lande weht.
(Zuruf von der CDU: Jetzt sind wir ge- spannt! - Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt kommt etwas zum Tiefwasser- hafen! Sie sagen, dass das alles nicht notwendig sei!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon richtig, es geht wieder um Häfen und Schifffahrt. Das zentrale Projekt dieser Landesregierung im Bereich Häfen und Schifffahrt im zu Ende gehenden Jahr war eindeutig die Scheinprivatisierung der Häfen- und Schifffahrtsverwaltung.
Außer großer Verunsicherung bei den Beschäftigten bringt diese rein ideologisch begründete Maßnahme allerdings nichts. Im Gegenteil: Im kommenden Jahr wird die Privatisierung mit Mehrkosten von mindestens 910 000 Euro zu Buche schlagen. So, Herr Minister Hirche, steht es jedenfalls in der Kabinettsvorlage Ihres Hauses vom 15. September dieses Jahres.