Ich halte es schlicht für einen Witz, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung in Niedersachsen eine neue Lotterie zulässt, dann aber vergisst, die daraus entstehenden Einnahmen im Haushalt zu verbuchen. Wem wollen Sie eigentlich erzählen, dass sich die Regierungsfraktionen in ihrem Änderungsantrag die Keno-Lotterie ausgedacht haben? In Wahrheit scheint mir das ein billiger Trick zu sein, um den Regierungsfraktionen ein bisschen Geld an die Hand zu geben, mit dem Herr McAllister und Herr Rösler Haushaltspolitik spielen. Das sind Tricks, aber keine seriösen Haushaltsberatungen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Starker Beifall bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Das war nichts Neues! Das ist aber auch schwierig für einen ausgedienten Minister!)
Bevor ich Herrn Lennartz das Wort erteile, stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Ich bitte noch einmal darum, dass Sie, wenn Sie sich zu Wort melden, auf den Wortmeldezettel schreiben, zu welchem Bereich Sie sprechen wollen. Jetzt, Herr Lennartz, haben Sie das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Thema beginnen, das von Herrn Bartling noch nicht angesprochen worden ist. Es geht um das Haushaltsbegleitgesetz, und zwar um Artikel 4. Das betrifft das Niedersächsische Beamtengesetz. Es geht um die Beihilferegelungen und die Kürzungen im Bereich der Wahlleistungen - § 87 c des Beamtengesetzes -, die Sie für pensionierte und schwerbehinderte Beamtinnen und
Beamte vorsehen. Bislang ist zu Recht der Blick sehr stark auf die dramatischen Kürzungen fokussiert worden, die Sie im Bereich des Landesblindengeldes planen und die wir ablehnen. Das wird heute in der Debatte noch eine Rolle spielen. Eine vergleichbar betroffene Gruppe sind die schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten, die in Zukunft massiv schlechter gestellt werden und die offensichtlich nicht in vergleichbarer Weise wie die Blinden in der Lage sind, ihren Protest zu artikulieren. In dieser Gruppe gibt es Leute, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und deshalb nicht die Möglichkeit haben, eine Zusatzversicherung, wie sie bei den privaten Kassen möglich ist, gegen entsprechenden Beitrag abzuschließen. Sie müssen für diese Gruppe - dem Finanzministerium ist im Zweifel bekannt, um wie viele Beamtinnen und Beamte es sich handelt - noch eine Korrektur anbringen. Anderenfalls werden die Betroffenen in ihrem Schwerbehindertenstatus - insofern gibt es eine Vergleichbarkeit mit den Blinden - massiv benachteiligt, obwohl sie mit einer gewissen Berechtigung auch für die Zukunft, für ihre Pensionszeit, damit rechnen konnten, als Schwerbehinderte diese Krankenversorgung in Anspruch nehmen zu können.
Bei dem zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, geht es um die Polizei. Im PolizeiExtrablatt dieses Monats heißt es in einer Überschrift: Reform führt Polizei in die Zukunft. - Nun muss die Polizei ja immer geführt werden. Das wissen wir. Ich frage aber: Wer ist „Reform“? Wenn es hieße: „Herr Schünemann führt die Polizei in die Zukunft“, wäre das auch nicht korrekt. Wenn es hieße: „Herr Bruns führt die Polizei in die Zukunft“, könnte ich das nachvollziehen. Aber Reform führt Polizei in die Zukunft? Das ist ein kleiner sprachlicher Ausrutscher, der nur am Rande erwähnt sei.
Am 1. November sind die neuen Polizeipräsidenten eingeführt worden. Herr Schünemann sagte damals, der 1. November sei der eigentliche Meilenstein der Reform. Sie haben in einer Hinsicht Recht, Herr Schünemann. Das war das erste Mal, dass im Rahmen eines offiziellen Festprogramms der Niedersächsischen Landesregierung das Niedersachsen-Lied gesungen wurde.
Das war eine ganz neue Qualität. Ansonsten gab es nicht viel an neuer Qualität. Über die Polizeireform haben wir hier schon eine Reihe von Malen gesprochen. Ich möchte mich deshalb auf einige wesentliche Punkte beschränken. Während draußen vor dem Festort von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wegen der Kürzungen demonstriert wurde, die Ihnen Herr Bartling in der ganzen Breite dargestellt hat und die Sie hoffentlich selbst auch noch in Erinnerung haben, wurde drinnen von der Festversammlung das Niedersachsen-Lied geschmettert. Man durfte allerdings auch schweigen. Ich gehörte zu denen, die es vorgezogen haben, Ihnen zuzuhören.
In der Festrede hat Herr Schünemann u. a. davon gesprochen, dass diese Polizeireform für Präsenz und Bürgernähe sorge. Er hat in diesem Kontext auch das neue Polizeiverteilungsmodell angesprochen. Für unsere Begriffe führt diese Polizeireform jedoch nicht zu mehr Bürgernähe, sondern sie ist ein Instrument der Zentralisierung. Das beginnt bei den neuen Direktionen und geht hinunter bis auf die Ebene der Inspektionen. Sie reduzieren die Zahl der Inspektionen. Damit zentralisieren Sie. Damit entfernen Sie die Inspektionsdienstleistungen von den Bürgerinnen und Bürgern. Deswegen ist es eine falsche Behauptung, die Sie aufstellen. Sie wird nicht dadurch richtiger, dass Sie sie ständig wiederholen.
Stichwort „Polizeipräsenz“: Wir haben im letzten Plenarsitzungsabschnitt über das Beispiel Hannover gesprochen. Sie ziehen aus Hannover 150 Beamte ab. Sie ziehen aus Braunschweig - das wurde eben angesprochen - 150 Beamte ab. Aus dem Zeitungsartikel ist zitiert worden. Es ist fragwürdig, was beispielsweise in Braunschweig oder auch in Hannover passiert. Das sind bekanntlich Kriminalitätsschwerpunkte, das sind Schwerpunkte polizeilicher Arbeit. Dementsprechend ist es höchst unseriös, wenn Sie dort die Zahl der Polizeibeamten zugunsten der Fläche reduzieren.
Es gibt aber auch Probleme in der Fläche. Ich nenne nur einmal ein Beispiel, das im Rahmen einer Kleinen Anfrage eine Rolle gespielt hat, nämlich die Herabstufung des Polizeikommissari
ats Friedland zur einer Polizeistation. Es gibt das Problem der Reduzierung der Zahl der Verkehrssachbearbeiter. Auch das ist bereits Thema einer der vergangenen Debatten bzw. im Rahmen Kleiner Anfragen gewesen. Dass jetzt für eine Mehrzahl von Inspektionen nur noch ein Verkehrssachbearbeiter zur Verfügung steht, wirkt sich negativ hinsichtlich der Beratung durch die Polizei in den Schulen aus.
Meine Quintessenz dessen, was Sie begonnen haben und umsetzen werden: Innerhalb der Polizei hat Ihre Reform vielleicht in den Führungsetagen Begeisterung ausgelöst. In der Breite der Beschäftigten und der Beamtinnen und Beamten löst sie überhaupt keine Begeisterung, sondern Missstimmung aus.
Kombiniert mit Reduzierungen, kombiniert mit Einkommensverlusten für die Polizeibeamten, ergibt sich hieraus eine brisante Mischung, die die Gefahr der Reduzierung effizienter Polizeiarbeit beinhalten kann.
Ich möchte nun noch auf zwei Punkte eingehen, bei denen ich Aufklärungsbedarf habe. Herr Minister, Sie haben - vorgestern war das wohl - angekündigt, dass es in Zukunft ein gemeinsames Informations- und Analysezentrum von Polizei und Verfassungsschutz in Niedersachsen geben werde. Sie haben gesagt, dass die Planungen bereits einige Zeit liefen. Das mag so sein. Das haben Sie gut geheim gehalten. Nachdem es auf Bundesebene kürzlich eine kontroverse Debatte gab, nachdem Sie als Provinzfürsten in puncto Zuständigkeiten des BKA lange Zeit gemauert haben und in der Föderalismuskommission noch immer mauern - Herr Stoiber scheint inzwischen die Kurve zu kriegen, indem er sagt, dass die Zuständigkeit für terroristische Bedrohungen auf das BKA verlagert wird -, nachdem Schily die beiden Lagezentren in Berlin eröffnet, erklären Sie praktisch am gleichen Tag: Wir machen so etwas jetzt hier auch. Uns interessiert: Was bedeutet die Aussage, dass Sie ein solches Zentrum „außerhalb der bürokratischen Schranken“ etablieren wollen? Das möchte ich gerne von Ihnen erklärt haben. Sie haben ja noch Gelegenheit dazu, das nachher zu tun.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft eine Planung der Koalitionsfraktionen hier im Hause, die ich der Zeitung entnommen habe. In
Zukunft sollen demnach Sexualstraftäter, wenn sie in Haft waren und entlassen werden sollen, durch Namensbekanntgabe und Fahndungsfoto sozusagen der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollen. Das ist ja eine interessante politische Strategie. Bislang gibt es das Instrument des Fahndungsfotos für den Fall, dass jemand als Tatverdächtiger gesucht wird, damit man ihn festnehmen kann. In Zukunft scheint also die Fortsetzung des Fahndungsfotos und der Identifizierung geplant zu sein. Ich wollte Ihnen empfehlen: Bevor Sie eventuell mit einem solchen Antrag um die Ecke kommen, sollten Sie sich mit den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Problemen auseinander setzen.
Herr Biallas, bevor Sie eventuell gleich wieder das Wort vom Opferschutz vor dem Täterschutz führen: Auslöser sind offensichtlich der Fall der Tötung von Levke
und die Ermittlungspanne, die es dort offensichtlich im Kontext mit dem jetzt vermutlich festgestellten Täter gegeben hat. Wenn Sie diese Konsequenz ziehen würden, so wäre dies in meinen Augen völlig falsch und eine Überreaktion. Es hat im Vorfeld dieses Verfahrens bei den Ermittlungen vielleicht Fehler gegeben. Aber im Prinzip reichen die Voraussetzungen aus, um einen solchen Fall für die Zukunft nicht wiederholbar erscheinen zu lassen. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Sie werden sich wundern, wenn ich damit beginne, zum Ausdruck zu bringen, dass ich dem Kollegen Bartling für seine Ausführungen außerordentlich dankbar bin; denn Sie, Herr Bartling, zeigen dem ganzen Landtag, dass Sie in den 21 Monaten, in denen
Wenn Sie hier vortragen, was alles nicht gekürzt werden darf, dann machen Sie deutlich, dass Sie auf Ihrem Weg, der dieses Land in den Ruin geführt hat,
fortfahren wollen, indem Sie immer mehr Geld ausgeben wollen, das gar nicht da ist. Das geht nicht, meine Damen und Herren.
Die Gewährleistung der inneren Sicherheit gehört in der Tat zu den Kernbereichen der Politik dieser Landesregierung und der sie tragenden Koalition aus CDU und FDP. Meine Damen und Herren, Sie können hier ja vortragen, was Sie wollen. Sie hören es zwar nicht im Landtag in Ihrer Fraktion, aber draußen auf der Straße sagen Ihnen die Bürgerinnen und Bürger: Die Innenpolitik in Niedersachsen ist gut, sie ist erfolgreich, und wir sorgen dafür, dass das auch so bleibt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD - Ralf Briese [GRÜNE]: Da ken- nen Sie Ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger nicht!)
- Herr Kollege Briese, Sie können nachher zu anderen Themen reden, jetzt hören Sie einmal zu. Meine Damen und Herren, wir sind dem Innenminister Schünemann außerordentlich dankbar, dass er die Landespolizei reformiert hat. Dadurch wird die Polizei in der Fläche verstärkt, die Führungsstäbe werden verschlankt, und die dringend notwendige Spezialisierung bei der Kriminalitätsbekämpfung wird jetzt umgesetzt.
Meine Damen und Herren, Sie haben hier vorgetragen, in Braunschweig und Hannover seien Beamtinnen und Beamte abgezogen worden. Das ist zwar richtig. Aber dabei, die Polizei im Lande Niedersachsen aufgabengerecht zu verteilen - Herr Bartling, Sie sind doch lange Innenminister gewesen -,
steht, wenn Not am Mann ist, auf die Einheiten der Landesbereitschaftspolizei zurückzugreifen. Das geht in der Fläche des Landes nicht. Wir haben gesagt: Wir wollen die Polizei in der Fläche des Landes verstärken. Das haben wir gemacht. Das passt Ihnen nicht. Aber das haben wir mehrheitlich so beschlossen, und das wird auch so gemacht.
Meine Damen und Herren, ich schätze die Braunschweiger Zeitung außerordentlich. Aber Herr Kollege Bartling, wenn Sie schon aus der Braunschweiger Zeitung vorlesen, dann hätten Sie doch vielleicht auch einmal alle anderen Zeitungen aus Niedersachsen zitieren können. Darin stand nämlich das genaue Gegenteil.
Herr Kollege Bartling, jetzt möchte ich noch eines sagen: Alle drei Berufsvertretungen der Polizei, und nicht nur die Stäbe, wie hier vorgetragen wird, haben diese Polizeiorganisationsreform begrüßt. Wir sind dankbar dafür, dass jemand nicht nur wie Sie herumkritisiert, sondern auch einmal sagt: Das hat die Landesregierung gut gemacht, und wir stehen dahinter.
Meine Damen und Herren, wenn wir schon über Zahlen reden: Herr Kollege Bartling, vor dem Hintergrund der finanziellen Situation dieses Landes und der Tatsache, dass die Einnahmen bei weitem nicht so sprudeln, wie Sie das visionär in der Mipla vorhergesehen haben, erlaube ich mir einmal den Hinweis, dass das Volumen des Polizeihaushalts im Gegensatz zu allen anderen Haushaltspositionen - bis auf den Bereich des Kultusministeriums im Vergleich zum letzten Haushaltsjahr angestiegen ist, nämlich um immerhin 10 Millionen Euro von 977 Millionen auf 987 Millionen Euro. Damit, meine Damen und Herren, kommt zum Ausdruck, dass wir die innere Sicherheit weiter verbessern wollen. Das ist auch ein Unterschied zur Vorzeit. Wir nehmen das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande sehr ernst.
Sie können sich daran erinnern, Herr Kollege Bartling: Sie haben vorgetragen, Sie richteten sich nach dem objektiven Sicherheitsgefühl. Dieses
führte bei Ihnen immer dazu, dass Sie im Bereich des Personals gekürzt haben. Sie haben immer weniger Personal in der Polizei gehabt. Deshalb hatten wir ja zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme die schlechteste Polizeidichte in ganz Deutschland. Wir arbeiten daran, dass das in einem Flächenland wie Niedersachsen besser wird.