Sie sehen, wir haben die notwendigen Maßnahmen rechtzeitig erkannt und, soweit erforderlich, planerisch bereits in Angriff genommen. Unterstützung ist immer willkommen. Wir werden uns bei der Realisierung dieses Projekts auch nicht durch Attacken von der falschen Seite aufhalten lassen.
Ich würde vorschlagen, wir verschieben das Feiern bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die A 22 fertig gestellt ist. Die Arbeit muss nämlich erst noch gemacht werden. Für Vorschusslob gibt es überhaupt keinen Grund.
Herr Hirche, wir haben von Ihnen eben mit Interesse gehört, dass Sie jetzt doch wieder auf das Mautsystem setzen. Sie haben gesagt, es gebe Besprechungen mit der Bundesregierung dahin gehend, das Projekt mit Mauteinnahmen zu finanzieren. Es gibt Kollegen von Ihnen, die vor wenigen Monaten noch das Infrarotsystem für leis
tungsfähiger als das System, das jetzt installiert wird und das Anfang des Jahres starten soll, hielten. Das steht natürlich im Widerspruch zu dem, was Sie vor einigen Wochen öffentlich gesagt haben, nämlich dass diese Straße für den Fall, dass wir keine Bundesfinanzierung erreichen können, notfalls auch - mindestens teilweise - privat finanziert werden soll und dass Sie deshalb eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen wollen, die das ermöglicht. Jetzt frage ich Sie: Wo ist diese Bundesratsinitiative, die Sie angekündigt haben? Ist es Ihnen ernst damit, oder war das nur Ankündigungspolitik?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist jeder in diesem Hause, wie ich glaube, dankbar, wenn richtig zugehört wird.
Ich habe in meiner Rede - ich will auf Ihre Frage gleich antworten - das Stichwort Maut nur im Zusammenhang mit der A 1 in den Mund genommen,
weil wir darüber reden, dass nach dem 1. Januar die Entscheidungen des Bundes für das A-Modell getroffen werden, und zwar sobald die Maut eingeführt ist.
Ich habe - dies können Sie kritisieren - nichts zum Thema Maut für die A 22 und auch nichts zum Thema Bundesratsinitiative gesagt. Das will ich aber gerne nachholen.
Es besteht nach wie vor die Absicht, eine solche Initiative zu ergreifen. Im Augenblick laufen nicht nur die Gespräche innerhalb der Landesregierung, sondern auch die Gespräche mit anderen Bundesländern, weil wir natürlich die Vorbereitung so vorantreiben wollen, dass das Projekt nicht als ein Alleingang des Landes Niedersachsen betrachtet wird.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Schade, dass man das Grinsen nicht im Proto- koll erkennen kann, Herr Hirche!)
Bei dem Planungshorizont, den wir bei der A 22 vor uns haben, ist es nicht so, dass durch eine einen oder zwei Monate später erfolgende Einreichung einer Bundesratsinitiative irgendetwas verzögert oder belastet würde.
Ich bin ganz froh darüber, wie sich die Dinge entwickeln. Wir gehen Schritt für Schritt vor. Das gilt zunächst für die Planungsarbeiten für die Linienbestimmung. Nach Abschluss dieses Schrittes sind wir so weit, dass wir Brüssel aktivieren können, wenn es um den Rest der Planfeststellung geht. Bis zu diesem Zeitpunkt werden wir auch das Thema der Gesamtfinanzierung im Baubereich erledigt haben. Meine Damen und Herren, an dieser Frage hat im Übrigen nicht nur Niedersachsen Interesse. Ein mindestens ebenso großes Interesse an dieser Frage hat Schleswig-Holstein, weil die A 22 natürlich im Zusammenhang mit der A 20 und mit dem transeuropäischen Netz von Stockholm nach Amsterdam zu sehen ist. Ich bin insofern guten Mutes, dass wir hier vorankommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Jetzt stimmen wir über die Nr. 2 ab. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, die in die Beratung einbezogene Eingabe als Material zu überweisen und den Petenten über die Sach- und Rechtslage zu informieren, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 19: Zweite Beratung: Direkte Demokratie ins Grundgesetz - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1256 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 15/1417
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein schönes und wichtiges Thema am Ende des Vormittags. Ich meine, es gibt keine widersprüchlichere und ängstlichere Haltung bei der CDU als in Bezug auf Plebiszite und die Haltung gegenüber den Bürgern. In jeder Rede, die Sie hier halten, in jeder parlamentarischen Debatte, die wir hier führen, sagen Sie: Der Staat muss sich zurückhalten. Wir brauchen mehr Eigenvorsorge. Der Staat kann nicht mehr alles wuppen. Wir müssen mehr Verantwortung an die Bürgerinnen und Bürger delegieren. Die Bürgerinnen und Bürger müssen mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen weg von der Vollkaskomentalität weniger Kündigungsschutz, weniger Gesundheitsversorgung etc. pp.
Dann aber, wenn es konkret wird, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Verantwortung und mehr Rechte zu geben, werden Sie auf einmal ganz kleinmütig
und sehr ängstlich. Dann ist es mit der Eigenverantwortlichkeit nicht mehr weit her. Dann auf einmal wird der Bürger zum irrationalen Wesen, zum emotional fehlgeleiteten Wesen. Nein, so viel Verantwortung wollen Sie ihm dann doch nicht übergeben. Dann auf einmal wird man wieder sehr paternalistisch: Ach, das können wir doch für euch machen, das können wir doch für euch regeln. Lasst das mal, es reicht doch, wenn ihr alle vier Jahre euer Kreuzchen machen könnt. Dann sollt ihr es mühselig beladen auch tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen deshalb mit Freude zur Kenntnis, dass die CDU immerhin für die eigene Partei jetzt auch das Plebiszit stärker entdeckt. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel führen Sie eine plebiszitäre Entscheidung über den zukünftigen Spitzenkandidaten herbei. In Baden-Württemberg führen Sie ein plebiszitäres Verfahren bezüglich des zukünftigen Ministerpräsidenten durch. Das finden wir sehr löblich und sehr gut. Aber wenn einfache CDU-Mitglieder diese Verantwortung übernehmen können, warum soll es dann nicht auch der einfache Bürger können?
Was ein einfaches Mitglied der CDU-Basis kann, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wird auch der Rest der Bevölkerung können.
Ich möchte in diesem Zusammenhang eine zweite wichtige Frage ansprechen. In der ersten Rede hat der Abgeordnete Noack noch einmal sehr stark die Ängste betont, die in Bezug auf das Plebiszit bestehen. Ich möchte jetzt noch einmal konkret fragen: Wie sind die Erfahrungswerte, wie sieht die konkrete Empirie in Deutschland oder Europa in Bezug auf Plebiszite aus? Ist es tatsächlich so, dass die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie direkt gefragt werden, irrationale Entscheidungen fällen? Treffen sie unvernünftige Entscheidungen? Treffen sie haushaltspolitisch fragwürdige Entscheidungen? Treffen sie rückwärts gewandte Entscheidungen? - Nein, das ist konkret nicht der Fall, meine sehr verehrten Damen und Herren. Im Großen und Ganzen wird sehr vernünftig abgestimmt. Es wird sachbezogen abgestimmt. Wissen Sie, was das Schönste ist? - Es wird meistens auch sehr kostengünstig abgestimmt. Das ist eine ganz interessante Wahrnehmung. Deshalb, meine ich, sollten sich der Landesrechnungshof und der Bund der Steuerzahler auch mal für die direkte Demokratie stark machen. Es ist für die Haushaltspolitik insgesamt sehr fortschrittlich und sehr vernünftig, wenn man mehr Plebiszite zulässt.
(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Die Grünen machen es auch nur sehr punktuell, nämlich nur dann, wenn es passt!)
Ich möchte noch ein Weiteres ansprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, woher die Berufspolitik eigentlich die Arroganz bzw. Überheblichkeit nimmt, sie würde bessere, sachlich vernünftigere und rationalere
Entscheidungen treffen als der einfache Bürger. Dann können Sie mit dieser Argumentation Wahlen gleich ganz abschaffen.
Man muss sich auch einmal konkret anschauen, wie hier Gesetze konkret gemacht werden, ob sie alle immer vernünftig sind, ob sie oftmals nicht auch mit der heißen Nadel gestrickt sind und ob wir nicht öfter mal nachnovellieren und nachbessern müssen. Deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass man hier so viel Angst vor der direkten Demokratie hat und immer sagt „Der Parlamentarismus ist das einzige vernünftige Instrument für unser Grundgesetz“.
Ich möchte noch einen letzten wichtigen Punkt ansprechen. Plebiszite erfüllen eine immens wichtige Funktion in Bezug auf Identifikation mit dem Gemeinwesen. Sie sind ein hervorragendes Instrument zum Abbau von Politikmüdigkeit. Sie stärken die direkte Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Im Großen und Ganzen haben wir gute Erfahrungen mit Plebisziten gemacht. Sie sind frischer Dünger für die Demokratie, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Jetzt kommt der letzte Satz, Herr Präsident. Deutschland ist reif für direkte Demokratie im Grundgesetz. Gehen Sie noch einmal in sich! Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Anflug von Frivolität wollte ich eigentlich meine Ausführungen zu diesem Thema in der 42. Plenarsitzung am 17. September wiederholen in der Annahme, dass jedenfalls die Redner der
anderen Fraktionen das bemerken, lautstark rügen und mir dann die Möglichkeit geben würden, darauf zu verweisen, dass sich die Beurteilung dieses Antrages um kein Jota geändert hat. Ich darf aber wenigstens zusammenfassen.
Der Antrag behauptet zwar leicht dahin gesagt, es gebe gute Gründe, das repräsentative parlamentarische System um plebiszitäre Elemente auf Bundesebene zu erweitern, aber liefert hierzu - mit Ausnahme einer sehr emotionalen und freudestrahlenden Rede des Kollegen Briese - kein einziges Argument.