Protocol of the Session on November 17, 2004

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Klare.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich auf den Bereich Sprachförderung für Kinder beschränken. Die andere Debatte ist sehr ordentlich abgelaufen, wie ich finde. Auch die Positionen sind sehr klar dargestellt worden.

(Zuruf von der SPD: Jawohl, Herr Lehrer!)

Ich glaube, wir haben die größte Chance, Integrationsmaßnahmen erfolgreich praktisch umzusetzen, wenn es uns gelingt, bei den Kindern frühzeitig anzufangen.

(Zuruf von der SPD: Wie wahr!)

Das ist das Ziel, das wir im Bereich der Schule verfolgt haben. Herr Gabriel, wir haben erste Erfolge, wir haben Erfolge, die Hoffnung machen. Ich denke, es gehört auch zur Klarheit und zur Seriosität von Sprache, wenn man diese Erfolge nicht in ein negatives Licht rückt, sondern sich darüber freut, dass wir in dieser Sache Erfolge gehabt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sprache ist nicht das einzige Element, aber sie ist das zentrale Element. Es muss klar sein, dass das so ist. Wir haben die Weichen neu gestellt. Die

Sprachförderung nicht nur für Deutsch sprechende Kinder im Kindergarten, sondern auch in der Schule ist ein ganz besonderes Markenzeichen im ganzheitlichen Erziehungskonzept geworden. Ich meine, dass ich das nach den Erfolgen, die wir erzielt haben, sagen kann.

(Beifall bei der CDU)

Herr Jüttner, lassen Sie mich Folgendes sehr klar sagen. Auch wenn Sie und andere immer wieder etwas anderes behaupten: Wir haben die Zahl der Lehrereinstellungen in Bezug auf Sprachförderung genau so, wie es der Minister hier gesagt hat, erhöht - 288 zusätzliche Lehrer, 14 000 zusätzliche Förderstunden für Sprachförderung ab dem Schuljahr 2003/2004. Wenn Sie das nicht glauben, dann lesen Sie doch einfach die offiziellen Zahlen nach! Diese Zahlen belegen das in aller Klarheit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will gar keine Schärfe in die Diskussion hineinbringen, weil wir ja im Grundsatz die gleichen Positionen vertreten. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied. Sie haben damals ordentliche Konzepte geschrieben, aber Sie haben sie nicht umgesetzt. Das ist die Wahrheit. - Wir machen Konzepte, setzen sie um und reichern sie mit zusätzlichen Geldmitteln an. So sieht die Realität aus.

(Beifall bei der CDU)

Herr Gabriel, lassen Sie mich etwas hinzufügen, um klarzustellen, was in der Vergangenheit gelaufen ist: Wir hatten mit der Doppelzählung für ausländische Kinder im Unterricht ein tolles Element zur Förderung von Ausländerkindern in Niedersachsen. Dieses Element ist auf Null gestrichen worden. Es gab keine Doppelzählung mehr.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Haben Sie sie wieder eingeführt?)

- Nein, wir haben andere Maßnahmen eingeführt. - Sie sollten den damaligen Kultusminister, Herrn Wernstedt, daran erinnern; Sie waren auch damals schon Mitglied der Fraktion.

Hoffnungsvolle Elemente: Weniger Zurückstellungen vom Schulbesuch; man muss sich einmal klar machen, was das bedeutet. Weniger Konflikte auf dem Schulhof. Das sagen uns die Praktiker in der Schule; eine Kollegin aus einer Grundschule hat an der Pressekonferenz des Ministers teilgenommen. Bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte in

den Klassen. Nur ein nicht Deutsch sprechendes Kind in einer äußerst differenzierten Grundschulklasse stellt ganz besondere Herausforderungen an die Lehrkraft, die Lehrerin bzw. den Lehrer, und bedarf ganz besonderer Anstrengungen. Aufgrund der Sprachförderung besteht nun die Chance, dass das einzelne Migrantenkind, Ausländerkind an Schule teilhaben kann, dass es gefördert werden kann. Weil die Ausländerkinder Sprachförderung erhalten und damit Grundlagen der deutschen Sprache vermittelt bekommen, besteht die Chance, dass auch die anderen Kinder, die darunter vorher gelitten haben - das muss man auch einmal offen ansprechen -, wieder in besonderer Weise gefördert werden können. Das heißt, dass die Konflikte, die im schulischen Alltag zwischen Eltern aufgetreten sind, dadurch möglicherweise beseitigt sind. Wir hoffen jedenfalls, dass das in Zukunft der Fall sein kann.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Gabriel, in Bezug auf den muttersprachlichen Unterricht bin ich ganz anderer Auffassung als Sie. Ich bin der Auffassung, dass muttersprachlicher Unterricht dazu geführt hat, dass die Kinder, die dieses Angebot wahrgenommen haben, nicht so gut Deutsch gelernt haben, weil sie zwei Sprachen lernen mussten. Deswegen war es ein richtiger Ansatz, dass wir das Angebot des muttersprachlichen Unterrichts aufgekündigt haben und uns jetzt auf die Vermittlung der deutschen Sprache besinnen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen wichtigen Punkt ansprechen, über den wir noch nicht gesprochen haben. Ich bin davon überzeugt, dass diese Sprachförderung, die wir den Kindern angedeihen lassen, doppelt wirkt. Sie wird auch die Elternhäuser der Kinder erreichen. Das sind diejenigen, die sonst von Sprache abgekoppelt sind. Über die Kinder wird die deutsche Sprache auch in die Häuser einziehen, in denen die deutsche Sprache sonst nicht vermittelt werden kann.

Meine Damen und Herren, ich will einen dritten Punkt ansprechen. Wir wissen natürlich, dass auch Erwachsene die deutsche Sprache erlernen müssen; der Innenminister hat darauf hingewiesen. Auch auf diesem Feld sind durch die Landesregierung und uns verstärkte Anstrengungen unternommen worden. Wir werden nachher das Erwachsenenbildungsgesetz beraten. Wir haben hieran Änderungen vorgenommen, die u. a. darin bestehen, dass Maßnahmen der Integration dem

nächst mit einem erhöhten Förderbedarf - 1,7 wird der Faktor sein - abzurechnen sein werden. Ich bin sehr sicher, dass sich unsere Erwachsenenbildungseinrichtungen darauf einrichten und zusätzliche Angebote unterbreiten werden. Wenn wir am Ende genügend Angebote haben, dann können wir auch zur pflichtgemäßen Veranstaltung für Menschen kommen, die zwar in Deutschland wohnen wollen, die deutsche Sprache aber nicht sprechen können.

Unter dem Strich halte ich fest, meine Damen und Herren: Sprachlosigkeit ist eines der schlimmsten Dinge, die wir uns vorstellen können, sie führt zu Ausgrenzung, Intoleranz und letztlich zu Gewalt. Sprache überwindet Gewalt, schafft Beziehungen, und nur über Beziehungen entstehen Freundschaften. Das soll der Maßstab unseres politischen Handelns sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu den Punkten 1 a), b) und d) liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich rufe nun auf:

c) Die Dinosaurier werden immer schauriger: CDU und FDP wollen neue AKWs, mehr Castoren und zwei Atommülllager in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1442

Der Abgeordnete Wenzel hat um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Herr Wenzel, einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, ich habe hier einem das Wort erteilt, und das ist der Herr Wenzel. - Bitte, Herr Wenzel!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Woche, als der CASTOR in das Wendland rollte, hatten wir wieder quasi eine Woche Ausnahmezustand im Wendland. 10 000 Polizisten mussten diesen Transport begleiten, um ihn am Ende durchzusetzen und die CASTORen in das Zwischenlager, in diese turnhallenähnliche

Halle, bei Gorleben zu bringen. Alle waren da, meine Damen und Herren, nur der Ministerpräsident ließ die Menschen der Region im Stich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Sie, Herr Ministerpräsident Wulff, fordern in verschiedenen Stellungnahmen und schriftlich dargelegten Positionspapieren Ihrer Partei und Ihrer Regierung die Inbetriebnahme von Schacht Konrad. Sie wollen in Gorleben weiter bohren, obwohl jetzt schon deutlich geworden ist, dass die Atomindustrie die Erkundungsarbeiten, die nach dem Bergrecht genehmigt waren, zum Ausbau eines Teilbergwerkes missbraucht hat. Im Zuge dieser Baumaßnahmen hat es aus meiner Sicht jetzt schon illegale Aktivitäten gegeben. Sie, Herr Ministerpräsident Wulff, und die Regierung sowie die sie tragende Koalition wollen zusätzliche Akws ermöglichen und damit in Zukunft noch mehr Müll produzieren.

Meine Damen und Herren, wer in der letzten Woche im Wendland war, der gewinnt tatsächlich den Eindruck, dass diese Landesregierung die Menschen im Wendland vollends im Stich lässt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da schickt man nur noch die Polizei hin, dafür die Polizei umso massiver, umso zahlreicher. Vor Ort lässt man sich nicht blicken, mit einer Ausnahme: der Polizeiminister selbst. Derweil treibt sich der Umweltminister bei seiner schlagenden Verbindung in Göttingen herum und erklärt den Füchsen und alten Herren in der abgeschiedenen Burg der Burschenschaftler seine Sicht der Welt von morgen.

(Heiner Schönecke [CDU]: Der Beste, den wir je hatten!)

Herr Ministerpräsident, Sie sagen, dass die Landesregierung, dass Niedersachsen bereit sei, in Konrad und Gorleben einen Beitrag zur nuklearen Endlagerung zu leisten, und Sie wollen die begonnenen Endlagerprojekte zügig weiterverfolgen. Herr Ministerpräsident, damit präsentieren Sie die niedersächsischen Standorte auf dem Silbertablett, obwohl nie, obwohl wirklich nie eine vergleichende Studie, eine vergleichende Suche, eine vergleichende geologische Analyse dieser Standorte durchgeführt worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Davon kann sich jeder persönlich überzeugen: Die Zeitzeugen, die damals in diesen Kabinettssitzungen gesessen haben, leben heute noch. Die kann man fragen. Von denen kriegt man auch ehrliche Antworten. - Albrecht hat damals eine rein politische Entscheidung getroffen, als er Gorleben ausgewählt hat.

(Bernd Althusmann [CDU]: Mit Helmut Schmidt gemeinsam! - David McAl- lister [CDU]: Helmut Schmidt haben Sie jetzt vergessen!)

- Lesen Sie noch einmal nach, wie das war! - Albrecht hat den Standort ausgewählt und Schmidt hat ein halbes Jahr später zugestimmt. Aber Albrecht hat diesen Standort aus politischen Gründen ausgewählt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Vier oder fünf Akws wurden während der Regie- rungszeit der SPD in Niedersachsen genehmigt!)

Herr Ministerpräsident Wulff, Sie sollten sich bei Ihren Plänen an einem Punkt nicht vertun: Sie werden den Widerstand der wendländischen Bevölkerung nicht brechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sollten sich an dieser Stelle wirklich keinen Illusionen hingeben. Ein solcher Konflikt, Herr Ministerpräsident Wulff, erfordert politische Gestaltung und politischen Dialog. Dem müssen Sie sich endlich stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Vision vom Wohlfühlland ist für Wendländer nur Hohn und Spott. Soll hier auf Jahre hinaus zweierlei Recht gelten? Stellen Sie sich endlich der Debatte im Wendland, und beteiligen Sie sich an einer ergebnisoffenen Endlagersuche!