Protocol of the Session on September 17, 2004

Zuruf Sozialwohnungen am Bedarf vorbei geschaffen. Dies sind die Hochhäuser, die heute in den Städten leer stehen und abgerissen werden müssen, nicht aber die Eigenheime auf dem Lande.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin ist falsch, dass in der Baubranche kein Wettbewerbsdruck mehr herrscht und die Preise steigen. Sie müssen sich die Preise einmal anschauen. Die Preise auf dem Bau sind unter Druck wie nie zuvor. Sie sind in den vergangenen Jahren gesunken, und die Zinsen sind nie so günstig gewesen wie heute. Also kann das für Ihre Argumentation nicht herhalten. Im Übrigen: Die gesamte Immobilienbranche ist dafür, die Eigenheimzulage beizubehalten.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist ja logisch!)

Ich mache Ihnen einmal einen Vorschlag. Wenn Sie unbedingt Geld brauchen, um Ihre Ziele zu erreichen, dann versuchen Sie es doch einmal mit dem Abbau der Kohlesubvention. Wenn ich mir das ansehe, muss ich schon kräftig wegschauen, um zu erkennen, dass Sie für Subventionsabbau sind.

(Zurufe)

Investieren Sie in die Zukunft. Wir haben gehört: Die Eigenheimzulage stärkt Familien und damit auch Kinder. Das sind Zukunftsinvestitionen. Bauen Sie die Kohlesubventionen ab. Diese Subventionen gehören der Vergangenheit an. Setzen Sie auf die Zukunft. Dann sind wir auch bei Ihnen und können das, was Sie machen, mit unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Ihren Antrag werden wir an die Ausschüsse überweisen. Ich habe Ihnen aber schon deutlich gemacht, dass wir Ihrem Anliegen nicht folgen können. Auch wir sind wie Sie für den Abbau von Subventionen. Wir sind aber entschieden dagegen, die Bildung gegen die Eigenheimzulage auszuspielen. Eine solche Politik machen wir aus grundsätzlichen Erwägungen nicht mit. Ein Subventionsabbau ist notwendig. Dafür haben wir uns ausgesprochen. Wir können uns auch über die Eigenheimzulage unterhalten; dann aber im Rahmen eines umfassenden Steuerkonzeptes, wie Friedrich Merz es vorgelegt hat, mit dem wir zu einer völligen Neuordnung der Steuerpolitik kommen, mit

dem wir die Steuerpolitik gerechter, familienfreundlicher und einfacher machen. Dann sind wir bei Ihnen. Dazu aber fehlt Ihnen in Berlin der Mut. Da können auch wir Ihnen nicht helfen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hilbers, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich bin am Ende. Vielen Dank.

(Zurufe)

Man sieht, dass er nicht am Ende ist. Das steht außer Frage. - Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Brockmann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, wenn Sie mir zuhören, werden Sie merken, dass wir gar nicht so weit auseinander liegen. Auch dem Kollegen Hilbers empfehle ich, genau zuzuhören; denn einige Dinge, die er uns hier nahezubringen versucht hat, waren für mich nicht schlüssig.

Bei Durchsicht des Subventionsberichts des Bundes ist man überrascht, welche Steuervergünstigungen uns Steuerzahlern gewährt werden und welche Steuermindereinnahmen daraus resultieren. Allein die 20 größten Steuervergünstigungen erzeugen für 2004 Mindereinnahmen in Höhe von rund 14,5 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr sind es laut Subventionsbericht voraussichtlich rund 14 Milliarden Euro.

In der Auflistung findet man z. B. die Position „Steuerbegünstigung von Nachtspeicherheizungen“. Ich führe dies exemplarisch an. Diese Position befindet sich allerdings im hinteren Bereich. An erster Stelle finden wir in der Rangliste die Eigenheimzulage; unser Thema. Staatliche Subventionen und Beihilfen - da liegen wir nicht beieinander, Kollege Hilbers - dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn damit eine Aufgabe gefördert wird, an der ein staatliches Interesse besteht. In diesem Fall ist das der Wohnungsbau.

(Jens Nacke [CDU]: Alterssicherung ist das!)

- Versuchen Sie heute einmal, ein Einfamilienhaus zu dem Preis zu verkaufen, zu dem Sie es gebaut haben. Da werden Sie extreme Probleme haben.

Seit Jahrzehnten kennen wir in Deutschland die Eigenheimförderung. Früher war das der berühmte § 7 e Einkommensteuergesetz. Danach kam die Förderung nach § 10 e. Heute ist es das Gesetz über die Eigenheimzulage. Seit Beginn des Jahres gewährt der Staat acht Jahre lang eine Grundförderung in Höhe von 1 250 Euro pro Jahr unabhängig davon, ob ein Neu- oder Altbau erworben wird. Hinzu kommt ein so genanntes Baukindergeld in Höhe von 800 Euro pro Jahr und Kind; ebenfalls acht Jahre lang.

Meine Damen und Herren, betrachtet man sich die Förderstruktur, könnte man glauben, dass es in Deutschland immer noch einen Mangel an Wohnraum gibt, sodass wir dringend auf Neubauten angewiesen wären. Noch immer werden Neubaugebiete auf der grünen Wiese subventioniert, obwohl viele Altbauten leer stehen und dringend sanierungsbedürftig sind. Darin stimmen wir überein, Herr Kollege Hilbers. Wenn ich mir die bundesweite Situation anschaue, stellt sich für mich die Frage, ob überhaupt noch ein öffentliches Interesse daran besteht, neue Einfamilienhaussiedlungen zu errichten.

(Zuruf von der CDU: Bei uns ja!)

Angesichts eines zunehmenden Leerstandes stellt sich vielmehr die Frage, wie Mehrfamilienhäuser und große Wohnanlagen am sozialadäquatesten umgebaut werden können und wie bestehende Bausubstanz in den Innenstädten zu erschwinglichen Preisen erhalten und renoviert werden kann. Ein Förderungsinstrument dazu finden wir übrigens im Investitionszulagengesetz, in dem es in § 3 um Investitionszulagen für die Modernisierung und Sanierung von Mietwohngebäuden geht.

Bis zum 31. Dezember 2003 - ich erwähnte das schon - wurden Neubauten doppelt so stark gefördert wie der Erwerb von Altbauten. Mit den am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen ist ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht worden.

Die Eigenheimzulage - auch das wurde vom Kollegen Wenzel schon erwähnt - ist grundsätzlich nicht mehr zielführend und auch nicht mehr zeitgemäß.

Die Einschätzung der Bundesregierung, dass es sich bei der Eigenheimzulage um ein überkommenes Instrument handelt, wird von nahezu allen Experten geteilt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Da bin ich aber gespannt, welche das sind! Zitie- ren Sie mal welche!)

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die derzeitige Ausgestaltung der Förderung nicht mehr zielführend ist. Kollege Wenzel ist schon näher darauf eingegangen. Im Gegenteil. Das ursprüngliche Förderziel ist bereits erreicht, wenn nicht gar überschritten. Im Übrigen hat sich gezeigt, dass es bei der Eigenheimzulage in großem Umfang zu Mitnahmeeffekten kommt, d. h. Baumaßnahmen auch ohne staatliche finanzielle Förderung durchgeführt würden, zumal sich Deutschland zurzeit in einer Phase sehr niedriger Zinsen bewegt.

Berücksichtigt man den gravierenden demographischen Wandel, der langfristig zu einem veränderten, vor allem aber auch verminderten Wohnungsbedarf führen wird, wird die Unsinnigkeit der Fortführung der Eigenheimzulage noch deutlicher. Die Bevölkerungsentwicklung ist einer der wichtigsten Bestimmungsgründe des Wohnungsbedarfs. Es ist ökonomisch widersinnig, wenn durch Subventionen die Ersparnisse von vielen Haushalten in Verwendungsrichtungen gelockt werden, deren langfristige Rentabilität nicht gewährleistet ist. Der Staat darf keine Maßnahmen subventionieren, die in wenigen Jahren mit weiteren Leerständen verbunden wären. Eine weitere Zersiedelung und die subventionierte Schaffung von langfristig nicht mehr benötigtem Wohnraum dürfen nicht unterstützt werden. Eine undifferenzierte Wohnungsförderung ist geradezu unverantwortlich, auch gegenüber den künftigen Generationen.

Die Fortführung der bisherigen steuerlichen Förderung ist aus all den genannten Gründen nicht mehr gerechtfertigt. Die Eigenheimzulage ist eine teure und ineffiziente Subvention und muss daher abgeschafft werden. Die Verwendung der frei werdenden Mittel zur Verstärkung von Bildung, Forschung und Innovation ist wesentlich zielführender.

Neben der quantitativen Konsolidierung brauchen wir eine qualitative Konsolidierung der Staatsfinanzen. Das bedeutet vor allem, zukunftsorientierte Aufgabenbereiche wie Bildung, Forschung und Innovation sowie Maßnahmen zur Verbesserung der

Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Dies gelingt nur, wenn wir finanzpolitische Handlungsspielräume wiedergewinnen. Es ist ein Gebot der Generationengerechtigkeit, dass wir die Gewichte von den vergangenheitsbezogenen hin zu zukunftsorientierten Ausgaben verlagern. Innovations- und wachstumsfördernde Ausgaben müssen Vorrang erhalten. Forschung und Entwicklung sind für ein Hochtechnologieland wie Deutschland überlebenswichtig. Mit Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation werden der Wissenschaftsstandort Deutschland gestärkt, mittel- und langfristig Wachstum gefördert sowie neue zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen.

Eine Finanzierung von Zukunftsaufgaben durch zusätzliche Kredite muss unbedingt vermieden werden. Wir wollen die frei werdenden Mittel aus der Abschaffung der Eigenheimzulage für die Stärkung von Bildung, Innovation und Forschung einsetzen. Da dies bekanntlich nicht in den alleinigen Kompetenzbereich des Bundes fällt, müssen Länder und Gemeinden mit ins Boot. Auch die Blockadehaltung des Bundesrates muss durchbrochen werden. Länder und Gemeinden sind aufgefordert, ihren Spielraum für mehr Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung zu nutzen.

(Ursula Körtner [CDU]: Welchen Spielraum denn?)

Im Finanzplanungszeitraum bis 2008 stellt der Bund insgesamt knapp 3 Milliarden Euro zur Verfügung. Einschließlich der Mittel von Ländern und Gemeinden können bei voller Wirksamkeit knapp 6 Milliarden Euro jährlich mobilisiert werden. Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 14. Juli 2004 einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Eigenheimzulage verabschiedet. Dies ist der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, würde die Niedersächsische Landesregierung dem Vorschlag der Bundesregierung endlich folgen, stünden allein in der laufenden Legislaturperiode bis zum Jahr 2008 rund 690 Millionen Euro zusätzlich für den Bildungsetat hier bei uns in Niedersachsen zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es kommt noch eine Sahnehaube oben drauf: Von 2009 bis 2012 kämen sogar nochmals rund 2 Milliarden Euro für Niedersachsen dazu.

(Ursula Körtner [CDU]: Und wie viel Arbeitsplätze gehen verloren?)

Eine erneute Blockadehaltung der CDU-geführten Länder im Bundesrat wäre unverantwortlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Abschließend beantrage ich an dieser Stelle noch namens der SPD-Fraktion für diese Drucksache 1261 die Mitberatung im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Peters. Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem vorliegenden Antrag soll die Eigenheimzulage abgeschafft und die frei werdenden Mittel in Forschung und Bildung investiert werden. Nach der Begründung des Antrages soll die Abschaffung der Eigenheimzulage dann auch noch einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Landeshaushaltes liefern. Ja, meine Herrschaften, lässt PISA jetzt grüßen? Ich jedenfalls kann jeden Euro nur einmal ausgeben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das kriegen wir schon hin, Frau Peters!)

Für jeden Euro, den wir durch den Wegfall der Eigenheimzulage sparen würden, könnten wir nicht einmal einen Euro ausgeben. Warum nicht? Eigentlich ist das ganz einfach. Der Euro, der als Subvention in die Bauwirtschaft fließt, wird dort von Bauunternehmern verdient, inklusive Mehrwertsteuer, die gleich zurück an den Staat fließt. Das heißt im ersten Zug: Der Euro kostet den Staat nur 86 Cent.

(Heinrich Aller [SPD]: Und warum kür- zen Sie dann die Städtebauförde- rung?)

Dann kommt das wirklich Interessante: Jeder Euro, der in der Bauwirtschaft eingesetzt wird, verursacht über den Multiplikatoreffekt durch die dadurch angeregte Wirtschaftstätigkeit in vor- und nachgelagerten Sektoren eine gesamtwirtschaftliche Produktionszunahme von 2,3 bis 6 Euro,