Protocol of the Session on June 25, 2004

Meine Kritik bezog sich ja darauf, dass wir mit diesem Appell vermutlich nicht weiterkommen.

Was DAB angeht, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass sich die Medienausschüsse der NDRLänder - so darf ich einmal sagen - jetzt erstmals eindeutig positioniert und auch hier hinter die Finanzierung ein großes Fragezeichen gesetzt haben.

Ich habe mich aber gemeldet, um auf Frau Kuhlo einzugehen. Meiner Meinung nach kann man diese platte Abwehrhaltung, dass den privaten Sendern keinerlei Kosten aufgebürdet werden sollten, nicht so stehen lassen. Frau Kuhlo, Sie wissen, dass schon im Zusammenhang mit der vorletzten Änderung des Rundfunkstaatsvertrages gesagt worden ist, dass aus den Gebühren auch Maßnahmen finanziert werden müssen, die der Weiterentwicklung der Rundfunktechnik dienen. Dies ist in Niedersachsen in hohem Maße passiert. Die Landesmedienanstalt hat vier Jahre lang einen

DVB-T-Modellbetrieb aufrechterhalten. Im Rahmen dieser vierjährigen Modellphase sind für die Privaten 5 Millionen Euro aus dem 2-prozentigen Gebührenanteil, den die Landesmedienanstalt verwaltet, ausgegeben worden.

Ich möchte einen letzten Hinweis geben: Für die Privaten haben sich aufgrund der Umstellung von der analogen Sendetechnik auf DVB-T keine erheblichen finanziellen Belastungen ergeben. Im Gegenteil, sie können von dem einen Sender, den sie bisher betrieben haben, jetzt nicht mehr nur ein Programm, sondern vier Programme ausstrahlen. Das ist der Vorteil von DVB-T. Ich sehe an dieser Stelle keine finanzielle Mehrbelastung der Privaten. Im Gegenteil, ich sehe eine Verpflichtung; denn sie haben Fördermittel in Anspruch genommen, die aus dem öffentlichen Gebührenanteil stammen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratungen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wird empfohlen, diesen Antrag an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 51: Erste Beratung: Polizeivollzugsbeamte in den Vollzug, Verwaltungsbeamte in die Verwaltung, Aufgabenkritik auch für die Polizei Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1135

Ich eröffne die Beratung. Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

(Prof. Dr. Hans-Albert Lennartz [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Entschuldigung, Herr Dr. Lennartz, ich habe die Beratung geschlossen. Sie wissen ganz genau, dass Wortmeldungen dem Sitzungsvorstand nach

§ 69 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung rechtzeitig zuzuleiten sind. Wortmeldungen lagen mir nicht vor. Die Beratung ist somit geschlossen.

(Prof. Dr. Hans-Albert Lennartz [GRÜNE]: Gestern war eine ähnliche Situation! Die ist auch akzeptiert wor- den!)

Herr Kollege Wenzel, Sie haben sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, dass es hier gerade ein Missverständnis gegeben hat. Mein Kollege Lennartz hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet. Offensichtlich ist seine Wortmeldung beim Präsidium aber nicht angekommen. Meiner Meinung nach müssen wir diesen Tagesordnungspunkt jetzt aber behandeln. Ich bitte das Präsidium, so zu verfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Wenzel, in § 69 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung - Sie können es nachlesen - heißt es:

„Ein Mitglied des Sitzungsvorstandes führt eine Rednerliste. Mitglieder des Landtages, die zur Sache sprechen wollen, haben sich beim Sitzungsvorstand schriftlich zu Wort zu melden.“

- Das wissen wir alle hier im Hause.

„Der Sitzungsvorstand kann Wortmeldungen auch auf andere Weise entgegen nehmen.“

Das ist durchaus möglich. Bei uns ist aber keine Wortmeldung eingegangen. Auch ein Handzeichen haben wir nicht gesehen. Das haben mir auch die Schriftführerinnen rechts und links von mir so bestätigt. Daraufhin habe ich - beide haben mir bestätigt: keine Wortmeldung - die Beratung geschlossen. Deshalb ist die Beratung jetzt geschlossen.

Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung. Es wird beantragt, mit dem Antrag federführend den Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu be

fassen. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Letzteres sehe ich nicht. Dann ist das so beschlossen worden.

Die beiden folgenden Tagesordnungspunkte rufe ich vereinbarungsgemäß zusammen auf:

Tagesordnungspunkt 52: Erste Beratung: Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Kinder: Differenzierte Beratungsstrukturen erhalten, BISS weiter fördern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1136

und

Tagesordnungspunkt 53: Erste Beratung: Kein Abbau der Beratungs- und Schutzangebote für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1146

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Kollegin Merk, wie ich gerade gehört habe. Frau Merk, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Wir alle hier im Landtag haben uns in den letzten Jahren sehr oft mit der Frage beschäftigt, in welcher Situation sich Frauen befinden, die ständig Gewalt erleben, in welcher Situation sich Frauen befinden, wenn ihre Kinder mit ansehen müssen, wie ihre Mütter geprügelt werden, und in welcher Situation sich Kinder befinden, die das Gleiche erleben müssen. Sie alle haben dieses Thema immer mit großer Betroffenheit diskutiert. Wir alle sind der Meinung gewesen, dass wir diese Frauen unterstützen müssen. Ich darf daran erinnern, dass sich die Vereinten Nationen gerade in den letzten Jahren und auch in diesem Jahr wieder in ganz besonderem Maße mit der Tatsache beschäftigt haben, dass es sich bei diesem Problem um ein weltweites und nicht allein gesellschaftsschichtspezifisches Problem, sondern um ein in jedem Teil der Gesellschaft alltägliches Problem handelt. Es ist eben nicht nur „etwas Gewalt“, sondern hier werden Seelen zerstört, hier werden Menschen zerstört. Wir alle wissen, dass

Kinder, die dies erleben, dann, wenn sie erwachsen sind, das Gleiche zurückgeben.

Von daher kann es nur im äußersten Interesse der gesamten und deshalb auch der niedersächsischen Gesellschaft sowie auch in unser aller Interesse liegen, die Beratungsstrukturen, die wir schon vor langer Zeit aufgebaut haben und die vorzüglich funktionieren, zu erhalten und weiter zu fördern. Dies, meine Damen und Herren, ist unser ernstes und seriöses Anliegen, das wir mit unserem Antrag besonders begründen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eines hinzufügen: Ich habe Debatten zu diesem Thema hier im Landtag über viele Jahre hinweg verfolgt. Wenn Abgeordnete, männlichen oder weiblichen Geschlechts, Veranstaltungen besuchen, auf denen die betroffenen Gruppen vertreten sind, wird in Sonntagsreden hoch und heilig versprochen, man werde ihnen helfen und auf ihrer Seite stehen. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Mehrheitsfraktionen hier zu unserem Entschließungsantrag verhalten werden.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Von der CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Jakob zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt und keine innerhäusliche Angelegenheit, sondern eine sehr ernst zu nehmende Straftat. Ich bin sehr froh, dass immer mehr Menschen dies erkennen. Zu lange haben wir Gewalt unter Partnern verharmlost oder totgeschwiegen. Die betroffenen Frauen wurden nicht ernst genommen oder sie wurden diskriminiert. In anständigen Familien kommt so etwas eben nicht vor. Kein Wunder, dass viele Betroffene aus Scham oder Angst vor dem Täter schweigen und wenig Vertrauen zu den staatlichen Institutionen haben, die sie schützen sollen. Ihre Leidensgeschichte erstreckt sich nicht selten über Jahre. Allein ohne sachkundige Beratung und Unterstützung können sie sich oft lange nicht aus einer Gewaltbeziehung lösen.

Vielen Opfern bleibt letztlich nur noch eine Möglichkeit: alles zurückzulassen und ins Frauenhaus zu fliehen. Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser sind daher zu unentbehrlichen Unterstützungseinrichtungen geworden. Man schätzt, dass jede vierte Frau in Deutschland Gewalterfahrung gemacht hat. Wir wissen heute, dass auch die Kinder seelisch und körperlich unter diesen Belastungen leiden. Entweder erleiden sie selbst die Gewalt oder sie müssen die Misshandlung in den Familien miterleben. Sie brauchen ebenso Hilfe wie ihre Mütter. Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen: Die Opfer haben uneingeschränkten Anspruch auf Schutz und Hilfe.

Meine Damen und Herren, die Politik hat zusammen mit der Justiz und der Polizei in den letzten Jahren Modelle entwickelt, um den von Gewalt betroffenen Frauen zu helfen. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Gewaltschutzgesetz zu nennen. Kernstück ist die Regelung zur Wohnungsüberlassung. Nicht mehr das misshandelte Opfer muss fliehen, sondern der Täter wird der Wohnung verwiesen. Selten hat ein neues Gesetz so schnelle Wirkung gezeigt wie aufgrund der Möglichkeit der Wohnungsverweisung. Die Zahl der Platzverweise für Gewalttäter stieg im Jahre 2003 um 16 %. Das Gewaltschutzgesetz ist sinnvoll und dringend erforderlich, um Menschen im häuslichen Bereich vor Gewalt zu schützen. Nach den Zahlen des Landeskriminalamtes ist die Zahl der bei der Polizei registrierten Fälle von 6 505 im Jahre 2002 auf 7 245 im Jahre 2003 gestiegen. Das zeigt, dass das Gesetz mehr Frauen Mut gemacht hat. Es ist für viele Frauen eine große Hilfe, was nicht heißt, dass Frauenhäuser dadurch überflüssig sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass die Erfahrungen mit diesem Gesetz gut sind. Diese Einschätzung wird auch von Experten bestätigt. Wesentlichen Anteil an diesen positiven Entwicklungen haben die sechs Beratungs- und Interventionsstellen - BISS - für Opfer häuslicher Gewalt in Niedersachsen, die 2002 als Modellprojekte geschaffen wurden. Im Vergleich zu herkömmlichen Beratungsstellen verfolgen sie einen anderen Ansatz. Sie erhalten von der Polizei Mitteilung über deren Einsätze und nehmen von sich aus Kontakt zu den Frauen auf. Dadurch werden Frauen erreicht, die sonst keine Beratungsstelle aufgesucht hätten. Die BISS-Stellen vermitteln die

Frauen, die Beratungs- und Unterstützungsangebote wünschen.

Durch die starke Vernetzung der BISS-Stellen mit Frauenberatungsstellen, Frauenhäusern, Notrufen und anderen Institutionen ist die weitgehende Beratung und Betreuung der misshandelten Frauen gewährleistet. Gerade die Weitervermittlungstätigkeit der BISS wird von den beratenen Frauen als besonders hilfreich hervorgehoben. Ihre Erwartungen an die Beratung, an Schutz vor Gewalt, seelischen Beistand und Information werden voll erfüllt. Die BISS-Stellen werden auch von Familien- und Zivilrichterinnen und -richtern positiv bewertet. Das vorläufige Fazit lautet: Die BISS-Stellen haben die Erwartung vollauf erfüllt.

Meine Damen und Herren, bis hierhin sind wir uns völlig einig. Ich finde es aber schade und unehrlich, dass Sie hier den Eindruck zu erwecken versuchen, die Landesregierung wolle auf Kosten der Opfer den Haushalt sanieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein so sensibles Thema taugt nicht für Profilierungsversuche. Die SPD war es, die Niedersachsen gründlich in den Ruin gewirtschaftet hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

- Meine Damen und Herren, ich würde in diesem Zusammenhang ein paar leisere Töne anschlagen. Während Ihrer Regierungszeit haben Sie gerade bei den Maßnahmen im Gewaltbereich massiv gekürzt.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das ist doch nicht wahr! Nehmen Sie das zurück!)

- Aber ja, meine Damen und Herren. Wir sind auch Kommunalpolitiker und -politikerinnen. Wir wissen noch, wie die Vertreter der Einrichtungen mit der Bitte um Hilfe zu uns gekommen sind. Das wissen wir genau. Das haben wir nicht vergessen.