Protocol of the Session on June 23, 2004

Unser Vorwurf wird auch dadurch belegt, dass Ihre Fraktionen von CDU und FDP auf unseren Antrag im Haushaltsausschuss im Vorfeld gerade nicht bereit waren, Ihre Zahlen durch den Landesrechnungshof belegen zu lassen. Da zeigt sich doch, dass Sie vorher Angst hatten, dass jemand diese gut vorbereitete Pressekonferenz, mit der Sie die Öffentlichkeit getäuscht haben, mit Zahlen des Landesrechnungshofs überprüfen lässt. Darum und um nichts anderes geht es, Herr Kollege Schünemann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben Ihre Rede mit Sprichwörtern beendet. Ich sage Ihnen noch ein Sprichwort. Das lautet: Wer die ganze Wahrheit kennt, aber nur die halbe Wahrheit nennt, der ist trotzdem ein ganzer Lügner, meine Damen und Herren.

(David McAllister [CDU] zeigt auf die Geschäftsordnung: Na, na! - Zuruf von der CDU: Das ist ja gar kein Sprichwort! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Ich sage Ihnen: Sprichwörter zitieren - später kommt noch eines - darf man hier im Landtag. Da machen Sie sich mal keine Sorgen.

Ein weiterer Punkt ist: Warum glauben wir, dass das keine Einzelaktion des Innenministers war? Erstens. Bei allem Respekt vor der gegenseitigen Einschätzung von Empfängerhorizonten sind wir der Überzeugung, dass Sie zu klug sind, um eine solche Dummheit zu begehen. Wir glauben, dass Sie das in Ihrem Kabinett besprochen haben. Zweitens. Wir sind uns sicher, weil dieser Umgang mit Halbwahrheiten bei Ihnen Methode hat. Das zeigt auch die Auseinandersetzung über die Verwaltungsreform der SPD in ihrer Regierungszeit. Dieses Beispiel belegt am deutlichsten, wie Sie damit umgehen.

Ihr Ministerium erklärt öffentlich, die SPD habe in ihrer Regierungszeit fast 10 000 Stellen real eingespart. Aber Sie sagen dann hier, wir hätten am Ende 89 Stellen mehr gehabt als am Anfang. - Ihr eigener Verwaltungsreformer hat Ihnen in meiner Anwesenheit doch schon einmal erklärt, dass dieser Stellenzuwachs im Wesentlichen mit der Umwandlung von Titelgruppenpersonal in feste Stellen zu begründen ist. Wir haben dafür gesorgt,

dass das, was an Personalmitteln im Haushalt versteckt war, auch als Stellen ausgewiesen wurde. Das ist der Hintergrund dieser ganzen Debatte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Sie erklären der Öffentlichkeit permanent nur die Hälfte der Wahrheit. Sie bewegen sich immer schön an der Hälfte entlang. Sonst würden Sie der Öffentlichkeit nämlich sagen, dass der Stellenzuwachs wie folgt war: 781 Stellen für Polizeibeamte - die Sie in Ihrer früheren Regierungszeit gestrichenen hatten- , 2 250 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer und vor allen Dingen Stellen für Personal in Landeskrankenhäusern. Meine Damen und Herren, wie sähe das Land wohl aus, wenn wir das nicht gemacht hätten? Das kritisieren Sie im Nachhinein. Es ist doch unglaublich, was Sie hier vorführen.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind immer wieder mit den gleichen Tricks unterwegs. Auch dafür gibt es ein schönes Sprichwort: Getretener Quark wird breit, nicht stark!

(Beifall bei der SPD)

Ich will jetzt nicht aufzählen, dass wir 5 700 Vorschriften aufgegeben haben, 150 Behörden aufgelöst haben etc., sondern ich möchte gerne etwas zu der Art und Weise sagen, wie Sie Ihre Berechnungen vornehmen. Das ist der nächste Trick, den man zwar nicht im Landtag, aber bei mir zu Hause „Rosstäuscherei“ nennen würde. Es geht um Folgendes. Wir haben in unserer Regierungszeit - hören Sie einmal genau zu, dann wissen Sie, wie er auf die 36 Millionen Euro kommt - die Personalkosten pro Stelle mit rund 65 000 DM berechnet.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dann haben wir gesagt: Die Arbeitsplatzkosten betragen rund 10 000 DM. Insgesamt gehen wir also von einer Einsparung von 75 000 DM aus.

Und nun lesen Sie einmal nach, von welcher Zahl der Herr Innenminister ausgeht. Er geht mal schlank von 75 000 Euro aus. - Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Auf diese Art und Weise können Sie hier zwar noch häufiger Regierungserklärungen abgeben, aber die Öffentlichkeit wird immer wieder merken, wenn Sie sie hinters Licht führen wollen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Das tut wirklich weh! Sie haben keine Ahnung!)

Der liebe Herr Althusmann sagt immer, keiner hat Ahnung. Aber CDU-Mitglieder werden doch Ahnung haben, oder? - Also, dann lese ich Ihnen einmal vor, was die vier CDU-Mitglieder Dr. Klaus Becker, Gottfried Jakob, Günther Niemann, Dr. Joseph Schweer Ihrem Herrn Ministerpräsidenten am 27. Mai 2004 geschrieben haben. Alle vier sind frühere Regierungspräsidenten der CDU in Niedersachsen, und CDU-Leute, Herr Althusmann, sind doch immer ganz kluge Leute.

(Zuruf von der CDU)

- Ausnahmen bestätigen die Regel, da haben Sie allerdings Recht, Herr Althusmann. Das erleben wir hier jeden Tag.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Manchmal sind Ihre Zwischenrufe wirklich gut.

Meine Damen und Herren, diese vier CDUMitglieder schreiben:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, aufgrund unserer Erfahrungen in verschiedenen Verwaltungsebenen und als Regierungspräsidenten bis zum Regierungswechsel im Jahr 1990 befürchten wir, dass die geplante Verwaltungsreform die Effizienz der Verwaltung des Landes gravierend schwächen wird. Damit würde die Landesverwaltung über keine Behörde mehr verfügen, die fachlich vielfältige und im Gesetzesvollzug oft divergierende Aufgaben bündeln und koordinieren könnte. Die vorgesehenen Regierungsbüros werden ohne Entscheidungs- und Aufsichtsbefugnisse diese Aufgaben nicht ausüben können. Sie werden nach den ihnen zugedachten Zuständigkeiten auch nicht in der Lage sein, regionale Entwicklungen wesentlich zu beeinflussen, regionale Belange überzeugend zu verdeutlichen oder Ziele der Landesregierung in der Region kompetent zu verfolgen. Die künftig vermehrt not

wendige zwischenbehördliche Koordinierung unter Sonderbehörden kann gegenüber der Bündelung und Koordinierung in jetzt einer Behörde keine Kostenvorteile bringen.“

Und nun kommt das Entscheidende:

„Die Schaffung eines nur zweistufigen Verwaltungsaufbaus erscheint uns aber ohne eine umfassende Reform der Kreisstufe, nach der bislang mittelinstanzliche Aufgaben weitgehend auf diese zu verlagern wären, in einem Flächenland von der Größe Niedersachsens nicht vertretbar.“

Meine Damen und Herren, Ihre Fachleute aus der CDU, auch der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig schreiben Ihnen täglich auf, dass Sie das Land in ein Verwaltungschaos bringen, an dessen Ende Sie es in die Kreisreform zwingen. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, meine Damen und Herren. Das schreiben Ihnen Ihre Leute auf.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Lieber Herr McAllister, der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Regierungszeit ist, dass wir Alternativen prüfen wollten. Sie tun das nicht. Wissen Sie, Sie müssen nicht nur lesen, sondern Sie müssen das, was drinsteht, auch verstehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich noch einmal Innenminister Schünemann gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin bereits dargelegt, dass ich in der Pressekonferenz eine Gesetzesfolgenabschätzung dargelegt habe und dass in den Unterlagen der Presseerklärung auch klar dargestellt worden ist, auf welcher Grundlage diese Zahlen ermittelt worden sind. Ich kann Ihnen das noch einmal klar sagen:

(Thomas Oppermann [SPD]: Das ist zu spät! Das hätten Sie in der Presse- konferenz vorlesen müssen!)

Personalkosten allgemein:

Durchschnittssatz über alle Kapitel: 44 304 Euro Beihilfe: 1 902 Euro personenbezogene Sachausgaben: 354 Euro -------------------------Personalausgaben: 45 560 Euro + 30 % Zuschlag: -------------------------Bruttopersonalkosten + 15 %, Personalgemeinkosten + Sachkostenpauschale --------------------------Standardisierter Personalkosteneinsatz über alle Kapitel: 77 276 Euro.

Ich habe auch darauf hingewiesen, dass das nicht die haushaltsrelevanten Zahlen sind. Ich habe ferner gesagt, dass ich mir sehr viel Ärger hätte ersparen können, wenn ich nicht nur die Methode dargestellt, sondern auch die Zahlen genannt hätte.

Aber die Zahlen sind auch nicht verschwiegen worden! Diese Zahlen, die Sie hier einfordern, sind in der Gesetzesfolgenabschätzung, vorhin im Parlament und auch im Internet dargestellt. Meine Damen und Herren, deshalb sollten Sie nun wirklich einmal davon wegkommen zu sagen, dass dies eine geplante Aktion des Kabinetts gewesen ist. Das weise ich nun wirklich mit aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt noch einmal zu Ihren Zahlen. Ich habe hier einen Vermerk des Niedersächsischen Finanzministeriums vom Dezember 2002:

„Entwicklung des Stellenbestandes im Landeshaushalt. In den Jahren 1990 bis 2000 stieg der formal in Haushaltsplänen ausgewiesene Stellenbestand von 173 781 Stellen auf 180 265 Stellen.“

- Also um 6 444 Stellen. Das sind die Zahlen aus dem Finanzministerium aus dem Jahre 2002. Herr Aller hatte damals die Verantwortung.

„Bei einer haushaltswirtschaftlichen Betrachtung ist dieser Aufwuchs nach oben zu bereinigen um...“

- So fair waren wir!

„Lediglich von Titelgruppen in Stellenplänen umgewandelte Stellen: saldiert 1 128 Stellen. Pflegesatzfinanzierte Stellen in den Landeskrankenhäusern: 2 766 Stellen. Anwärterstellen: 2 460 Stellen. Damit verbleibt ein echter haushaltsrelevanter Aufwuchs von 89 Stellen.“

Das habe ich hier dargestellt, meine Damen und Herren. Insofern können Sie nicht sagen, dass Sie nun dafür Sorge getragen hätten, dass dieses Land durch Ihre Regierungszeit an Personalkosten gespart hätte. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte noch eines zu dem Kollegen Lennartz sagen. Ich empfinde es immer als sehr angenehm, wie sachlich er die Dinge darstellt. Aber eines ist mir wirklich wichtig: Wir machen diese Verwaltungsreform auch, weil wir für die Wirtschaft einen Ansprechpartner bei Genehmigungsverfahren haben wollen. Sie haben hier etwas dargestellt, was schlichtweg nicht richtig ist. Sie haben gesagt, bei dem Tiefwasserhafen Wilhelmshaven würden in Zukunft sieben verschiedene Ämter die Verantwortung tragen. Es ist heute so, dass die Wasserund Schifffahrtsdirektion des Bundes die Verantwortung hat, und auch in der Zukunft wird die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes die Verantwortung tragen. In diesem Punkt besteht überhaupt kein Unterschied, meine Damen und Herren.

Wenn Sie dann davon ausgehen, dass das eine Landesangelegenheit ist - weil Sie das vielleicht auch ansprechen wollten -, dann kann ich Ihnen sagen, dass es auch in Zukunft einen einzigen Ansprechpartner geben wird, nämlich die Häfenund Schifffahrtsverwaltung. Ein einziger Ansprechpartner! So ist es in der Zukunft, und so haben wir es versprochen.