Protocol of the Session on June 23, 2004

ten gilt mein großer Dank dafür, dass auch sie anerkannt haben, dass wir uns in finanziell schwierigen Zeiten bewegen und dass deshalb alle konstruktiv daran mitwirken müssen, Wege aufzutun, die mit weniger Geld zu gleich guten Ergebnissen führen. Dazu haben auch die Gewerkschaften in den letzten Wochen und Monaten beigetragen. Darum auch an die Gewerkschaften mein herzliches Dankeschön.

Sie haben gesagt, das sei alles viel zu bürokratisch usw. Auch da, lieber Kollege Wulf, muss ich Ihnen sagen: Allein das Lesen der Synopse hätte Ihnen gezeigt, dass wir einen erheblich schlankeren Entwurf vorgelegt haben, als das etwa für das noch geltende alte Gesetz zutrifft. Auch was die Frage Quantität und Qualität anbelangt: In dem alten Gesetz gibt es überhaupt keine Deckelung, wie sie Frau Heinen-Kljajić völlig zu Recht eingefordert hat. Wir aber haben eine Deckelung in unserem Gesetzesentwurf, und zwar bei 10 %, um genau diesem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung Rechnung zu tragen - eine echte Verbesserung gegenüber dem alten Gesetz.

Meine Damen und Herren, ich will gar nicht all das wiederholen, was an dieser Stelle schon gesagt worden ist. Ich brauche insbesondere für diejenigen, die jetzt im Plenarsaal sitzen und damit ihr Interesse an der Erwachsenenbildung bekunden - leider sind es viel zu wenige; das will ich an dieser Stelle auch sagen -, die Bedeutung der Erwachsenenbildung nicht hervorzuheben. Ich glaube, jeder, der sich mit bildungspolitischen Fragen befasst, weiß, dass Erwachsenenbildung in der Zukunft mindestens eine so hohe Bedeutung erfahren muss wie die Schulbildung oder die Hochschulbildung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lebenslanges Lernen - das ist für uns keine neue Erkenntnis - hört jetzt eben nicht auf, sondern beginnt jetzt erst. Ich möchte deshalb gar nicht wiederholen, was hier schon gesagt worden ist, sondern nur noch mein Lieblingsthema herausgreifen, nämlich die Notwendigkeit einer stärkeren Verzahnung zwischen unseren Erwachsenenbildungseinrichtungen und unseren Hochschuleinrichtungen.

Meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass gerade der Bologna-Prozess enorme Chancen für die Erwachsenenbildungseinrichtungen bietet. Sie können z. B. Studierende, die ihren Bachelor gemacht haben, nun erst einmal in die

Berufsphase gehen und sich entscheiden, später noch ihren Master zu machen, in der Zwischenzeit durch Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen auf den Master vorbereiten und sind nach einer gewissen Akkreditierung möglicherweise auch in der Lage, Credit Points zu erwerben. Deshalb sehe ich für die Zukunft riesige Chancen für die Erwachsenenbildung.

In der Tat würde ich in Bezug auf die Erwachsenenbildungseinrichtungen das Gleiche sagen, was ich auch in Bezug auf alle anderen Bildungseinrichtungen sage: Auch in Zeiten finanzieller Schwierigkeiten, wie wir sie jetzt haben, muss man mit dem Bildungsbereich besonders sorgsam umgehen. Aber niemand von uns, auch nicht die SPD - insbesondere nicht angesichts der Kürzungsrunden der Vergangenheit, die sie zu verantworten hat -, kann für die Mittel im Erwachsenenbildungsbereich eine Ewigkeitsgarantie abgeben, und zwar auch nicht, wenn wir Bildungspolitiker dafür kämpfen und immer die Bedeutung der Erwachsenenbildung herausstellen. Es muss sich nun einmal alles in einem Kontext bewegen, und dazu gehört auch unsere Pflicht, den Haushalt zu konsolidieren.

Meine positive Erfahrung der letzten Tage, Wochen und Monate war, dass die für die Erwachsenenbildung Verantwortlichen dies genauso sehen wie wir und deshalb sehr konstruktiv mitgewirkt haben, wofür ich mich noch einmal herzlich bedanke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen und der Ausschuss für Inneres und Sport sein. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 20: Zweite Beratung: Hochschulentwicklungsplanung in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/702 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/1075

und

Tagesordnungspunkt 21: Zweite Beratung: Hochschulentwicklungsplanung in Niedersachsen konsequent durchführen: Hochschulstrukturkommission einrichten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/795 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/1076 neu

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur lautet in beiden Fällen auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Frau Dr. Andretta, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:

„Die Hochschulen in Trägerschaft des Staates und die Hochschulen in Trägerschaft von Stiftungen stehen in staatlicher Verantwortung. Diese umfasst die Hochschulentwicklungsplanung des Landes und die Finanzierung der Hochschulen.“

Ich habe nicht etwa aus einem Fünfjahresplan der SED zitiert, Herr Zielke, sondern § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz. Unser Antrag fordert von der Landesregierung nichts anderes, als ihre gesetzliche Verantwortung endlich wahrzunehmen.

Verehrte Kollegen von CDU und FDP, warum sind Sie eigentlich dagegen? Sie haben nichts getan, um die Hochschulen vor dem Zugriff des Finanzministers zu schützen. Das ist schlimm genug.

Jetzt wollen Sie auch noch die Verantwortung für eine Landeshochschulplanung ablehnen. Geradezu als zynisch müssen es unsere Hochschulen empfinden, dass Sie dies mit dem Hinweis tun, man brauche keine Entwicklungsplanung, denn im HOK stehe bereits alles drin.

Wir haben im Ausschuss zu unserem Antrag eine Anhörung von Hochschulexperten gefordert. Diese Anhörung haben Sie mal wieder verweigert: kein Informationsbedarf, Ende der Durchsage! Selig sind die Unwissenden, aber nur in der Bibel. Als Abgeordnete haben Sie sich ein Armutszeugnis ausgestellt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie wollen uns immer noch einreden, das HOK habe etwas mit Hochschulentwicklung zu tun. Das glaubt inzwischen doch nicht mal mehr Ihr eigener Minister.

Herr Minister, erlauben Sie mir, dass ich aus Ihrem Bericht zur Umsetzung und zu den Konsequenzen des HOK vom 11. Mai zitiere:

„Die Hochschulen erwirtschaften ihren Kürzungsbeitrag durch globale Stellenwiederbesetzungssperren, oder sie müssen zufällig freie Stellen zum Teil über mehrere Jahre hinweg zur Erwirtschaftung der Einsparauflage heranziehen, bis eine geeignete Stelle frei wird. Dadurch entstehen Effekte, die kurz- und mittelfristig eine geordnete strukturelle Entwicklung der niedersächsischen Hochschulen behindern.“

Herr Minister, danke für diese ehrlichen Worte. Deshalb: Hören Sie endlich auf, das HOK als gelungene Hochschulentwicklungsplanung zu verkaufen. Sie verhöhnen damit die Hochschulen, die trotz drastischer Kürzungen alles versuchen, um Qualität in Forschung und Lehre zu halten und im Wettbewerb zu bestehen.

Das HOK ist das genaue Gegenteil von Planung. Für die Hochschulen ist es ein reines Sparmodell, für die Regierungsfraktionen ist es offenbar die Lizenz zum Tiefschlaf. Mögen Sie auch weiterschlafen - die Hochschulen sind hellwach. Sie müssen hellwach sein: Sie müssen jeden Cent dreimal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben können. Jede Berufung, jedes Studienangebot, jeder

Forschungsschwerpunkt muss genau geprüft werden. Fehlinvestitionen können schnell das Ende bedeuten.

Alle wollen wissen: Wo soll es in Zukunft mit Niedersachsens Hochschulen hingehen? Vor allem die Hochschulen selbst. Sie müssen das Koordinatensystem der Politik kennen. Nur dann können sie sich erfolgreich positionieren, nur dann können sie ihr Profil schärfen. Die Hochschulen müssen wissen: Wie hoch wird ihr Budget sein, nach welchen Parametern wird es verteilt, wie groß wird die Zahl der Studienplätze sein? Wird die Landesregierung dem Kollegen Zielke folgen, der ja meint, man habe genug Studierende in Niedersachsen, oder will man sich an dem Wissenschaftsrat und an der OECD orientieren, die dringend einen Ausbau fordern?

Wie wird es Niedersachsen in Zukunft mit den Fachhochschulen halten? Soll es in Zukunft überhaupt noch selbständige Fachhochschulen geben? Werden der Fusion in Lüneburg morgen Hildesheim und Osnabrück folgen?

Dann: Welches Profil soll der Hochschulstandort Niedersachsen haben? Wenn nicht mehr alle Hochschulen alles machen sollen, welche Hochschule soll dann was machen? Wo will die Landesregierung Kapazitäten im Lande bündeln, wo abbauen? Das ist zumindest für die Hochschulen eine spannende Frage. Die müssen nämlich heute Professuren besetzen, wissen aber nicht: Wird es das Fach morgen an ihren Standorten noch geben?

Ein konkretes Beispiel, das Sie kennen: die Lehrerbildung. Wie viele Standorte soll die Lehrerbildung in Zukunft haben? Soll sie an zwei oder drei Standorten konzentriert werden, um die Qualität zu sichern? Und wenn das so ist, was passiert dann mit Vechta? Will sich das Land in Zukunft noch eine Volluniversität leisten? Wenn man sich dazu bekennt, dann hat diese Bekenntnis finanzielle Konsequenzen. Kleine Fächer müssen auch dann am Leben erhalten werden, wenn sie geringe Studierendenzahlen haben.

Verehrte Damen und Herren, was ohne Planung passiert, werden Sie am Freitag erleben dürfen. Herr Klare - so vermute ich - wird dann einen Antrag einbringen, der kämpferisch die Rettung des Niederdeutschen in den Schulen fordern wird. Herr Klare wird mit Sicherheit mit viel Applaus belohnt werden.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie eigent- lich immer!)

Es werden übrigens die Gleichen applaudieren, die auch das HOK laut beklatscht haben, jenes HOK, das zur Folge hat, dass der Studiengang Niederdeutsch an der Universität Göttingen geschlossen werden muss, der einzige Studiengang in Niedersachsen, der Gymnasiallehrer für Niederdeutsch ausbildet. Wo dann die Lehrer für Ihren Antrag herkommen sollen, weiß der Himmel. Aber ich bin mir sicher, Sie klatschen trotzdem.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bei der Landeshochschulplanung geht es auch um die Frage: Welche Bedeutung sollen Hochschulen künftig noch für die Regionalentwicklung haben? Welche Standorte sollen bleiben, welche Standorte werden geschlossen? Wie steht es um die Zukunft von Vechta, Leer, Lingen oder Clausthal-Zellerfeld? Um all diese Fragen beantworten zu können, exakt dafür braucht man eine Landeshochschulplanung. Diese Landeshochschulplanung fordert selbst das CHE, und das CHE ist nun wirklich nicht mit planwirtschaftlichem Gedankengut infiziert.

Sie, meine verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, mögen keinen Informationsbedarf haben. Wir und mit uns die Hochschulen haben diesen Informationsbedarf. Hochschulen brauchen Planungssicherheit. Nur wenn die Hochschulen wissen, wofür es in Zukunft noch Geld gibt und wofür es kein Geld gibt, und nur wenn die Hochschulen wissen, wie sich das Parlament die Weiterentwicklung des Hochschulstandortes Niedersachsen vorstellt, können sie sinnvoll Zielvereinbarungen entwickeln.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Rahmenplanung - Herr Zielke, ich weiß, es fällt Ihnen schwer, das zu glauben - verhindert nicht Hochschulautonomie, nein, sie ist deren Voraussetzung. Ich frage Sie: Was kann dann daran falsch sein, eine Kommission einzusetzen, die die Landesregierung in diesen Fragen berät? Wir wissen, der Wettbewerb wird härter werden. Deshalb müssen sich unsere Hochschulen für diesen Wettbewerb wappnen. Sie brauchen einen verlässlichen Partner, sie brauchen verlässliche Koordinaten für ihr Handeln. Was sie nicht brauchen, sind

Ihre leeren Phrasen von Hochschulautonomie und Ihr Abtauchen, wenn es um Geld geht.

Wenn Sie sich heute der Landeshochschulplanung verweigern, werden wir das nicht verhindern können. Doch dann können Sie auch gleich den § 1 NHG streichen. Sie können den Wissenschaftsminister einsparen und das Ressort dem Finanzminister überlassen. Das wollen Sie doch, oder? Wir wollen das nicht, Herr Minister. Wir wollen: Nehmen Sie endlich Ihre Verantwortung wahr, Ihre Verantwortung gegenüber den Hochschulen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Ich erteile es Ihnen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Umgang mit unserem Antrag - das haben die Beratungen im Plenum und im Ausschuss eindeutig gezeigt - ist der schlagende Beweis dafür, dass sich diese Landesregierung und die Mehrheitsfraktionen strikt weigern, sich wirklich mit Hochschulentwicklung auseinander zu setzen, weil sie wohl befürchten, dabei auf die Unzulänglichkeiten ihrer eigenen Hochschulpolitik zu stoßen. Dabei ist diese Unzulänglichkeit so offensichtlich, dass es in einer Vorlage des MWK zur Umsetzung des HOK heißt - ich darf zitieren -: „Das HOK behindert kurzund mittelfristig eine geordnete und strukturelle Entwicklung der niedersächsischen Hochschulen“.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da werden Ihre Worte, Herr Minister Stratmann, aus der letzten Regierungserklärung, in der Sie noch von einem in sich geschlossenen Konzept geredet haben, nach dem sich die Hochschulen des Landes entwickeln könnten, zur Makulatur. Das, was Sie gestaltende Hochschulpolitik nennen, ist nichts anderes als eine dem Diktat des Finanzministers folgende Summe von willkürlichen und intransparenten Einzelentscheidungen, die zielgerichtete Reformen verhindern.

(Beifall bei den GRÜNEN)