Protocol of the Session on May 28, 2004

Ein weiterer Punkt, der bei uns sehr umstritten ist: Sie wollen in dem Gesetz festschreiben, dass der Anteil der regenerativen Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 20 % erhöht wird. Wir halten das zwar als Ziel für richtig,

(Zustimmung von Walter Meinhold [SPD])

aber wir halten es für verkehrt, das so in ein Gesetz zu schreiben. Schließlich wissen wir nicht, mit welchen Rahmenbedingungen die Energiewirtschaft in zehn oder fünfzehn Jahren konfrontiert ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt habe ich noch eine Frage an die Grünen. Was erwarten Sie eigentlich vom Bundesrat? Erwarten Sie, dass er zusammenkommt und alle Gesetze fröhlich durchwinkt, nur weil Sie Zeitdruck gemacht haben? - Das kann es doch wohl nicht sein.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Dass Nie- dersachsen in seinem Interesse ab- stimmt, das verlangen wir!)

Nein, im Bundesrat muss verantwortungsvoll gehandelt werden. Dort müssen kritische Punkte in einem Gesetzesentwurf aufgezeigt und versucht werden, diese Punkte zu verbessern. Das - nicht mehr und nicht weniger - hat diese Landesregie

rung in Zusammenarbeit mit anderen Landesregierungen getan.

Der Antrag der Grünen geht meiner Ansicht nach völlig ins Leere. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Zachow. - Als nächster Redner ist Herr Meinhold von der SPD-Fraktion an der Reihe. Bitte schön, Herr Meinhold!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gesetz über erneuerbare Energien ist ein Meilenstein in der Geschichte des Klimaschutzes. Durch die garantierte Förderung von zukunftsweisenden regenerativen Energieträgern konnte deren Anteil an der Energieversorgung bereits auf 8 % erhöht werden - mit steigender Tendenz.

Diese Zahlen sagen allerdings wenig über die wirtschaftlichen Erfolge aus, die das EEG ausgelöst hat und noch auslösen wird. Bereits heute erwirtschaften die Branchen der erneuerbaren Energien einen Gesamtumsatz von rund 10 Milliarden Euro. Knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes - Umsatz aus Errichtung und Betrieb von Anlagen - entfällt auf die Windbranche mit rund 4,8 Milliarden Euro. Nach der Biomasse mit rund 2,8 Milliarden Euro ist insbesondere in der Solarenergie ein Zuwachs auf 1,4 Milliarden Euro zu verzeichnen. Zum Vergleich: Noch im Jahre 2000 betrug der Gesamtumsatz weniger als 7 Milliarden Euro; das bedeutet in drei Jahren eine Steigerung um 40 %.

Das Umsatzwachstum spiegelt sich auch positiv in den Beschäftigungszahlen wider. Nach den Berechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und anderer Institute wird davon ausgegangen, dass sich längerfristig, d. h. bis 2020, das Investitionsvolumen in Anlagen zur Strom- und Wärmebereitstellung bei 12 bis 14 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland einpendelt. Allein im Zeitraum von 2001 bis 2010 werden sich die kumulierten Investitionen auf knapp 50 Milliarden Euro belaufen.

Angesichts rasch wachsender internationaler Märkte, speziell in den Bereichen Windenergie und Fotovoltaik, kann allein in diesen Bereichen in 20 Jahren mit einem globalen Jahresumsatz von über 200 Milliarden Euro gerechnet werden. Wenn

Deutschland dabei seine internationale Spitzenstellung weiter ausbauen und auch die Exportchancen weiter erhöhen wird, kann ein Weltmarktanteil deutscher Hersteller von 20 % unterstellt werden. Daraus ergibt sich als langfristige Prognose bis 2020 ein Beschäftigungseffekt von 400 000 Arbeitsplätzen. Unter Annahme eines höher veranschlagten Exportanteils im Jahr 2020 rechnet der Branchenverband BEE sogar mit 500 000 Arbeitsplätzen. Das Thema Arbeitsplätze soll den Auftakt einer Kampagne für die erneuerbaren Energien bilden, die das Umweltministerium des Bundes und die Verbände dieser Branche gemeinsam im Sommer starten wollen.

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wird Deutschland unabhängiger von hohen Ölpreisen und vom Weltmarkt. Es müssen weniger Devisen für Rohölimporte ins Ausland fließen.

Dass diese Prognosen nicht aus der Luft gegriffen sind, belegt ein Beispiel - darum geht es hier im Parlament ja auch - aus dem Emsland eindrucksvoll. Die Gemeinde Salzbergen hat durch die Regelungen des EEG in der Vergangenheit mehr als 800 Arbeitsplätze im Bereich der regenerativen Energien hinzugewonnen; allein bei der Wind Energy ca. 700. Die Quote der hoch qualifizierten Arbeitsplätze ist in Salzbergen in der Zeit von 1999 bis 2002 auf 10 % gestiegen. Die Umsätze dieses Unternehmens liegen weltweit bei ca. 1,2 Milliarden Dollar. Die Reihe der Beispiele aus Niedersachsen könnte ich beliebig fortsetzen.

Diese Erfolgsgeschichte, Herr Ministerpräsident - leider ist er zurzeit nicht anwesend -, wird im Bundesrat blockiert. CDU und FDP hatten bereits im Bundestag gegen das EEG gestimmt, weil es u. a. keine zeitliche Befristung bis 2007 enthielt. Obwohl, Frau Zachow, auch zentrale Forderungen der Oppositionsfraktionen in das Gesetz aufgenommen wurden - stärkere Förderung von Biogas, Erweiterung der Härtefallregelungen für energieintensive Industrie -, stimmten Sie am Ende dagegen.

Aber nicht ganz. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel votierte gegen die Fraktionsdisziplin und stimmte dem EEG zu, weil für ihn die Gesetzesnovelle neue Einkommenschancen für den ländlichen Raum eröffnet. Ich dachte immer, dass das eigentlich Ihr Thema ist. Dem scheint aber nicht so zu sein. Herr Dürr, aber auch der FDPBundestagsabgeordnete aus Papenburg, Herr Goldmann, stellte sich gegen die Fraktion und ent

hielt sich zumindest der Stimme. Daran kann man sich ja vielleicht ein kleines Beispiel nehmen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das stimmt! Das ist ein mutiger Abgeordneter!

- Ja, Herr Rolfes, den Mut würde ich Ihnen auch manchmal gönnen, aber an anderen Stellen.

Am 14. Mai hat Niedersachsen mit seinem Abstimmungsverhalten im Bundesrat dazu beigetragen, dass der Vermittlungsausschuss angerufen werden muss. Das kann ich nicht verstehen; denn der Herr Ministerpräsident hat noch in der vergangenen Plenarwoche, als wir uns mit dem Umweltminister über das Thema Arbeitsplätze und Windenergie gestritten haben, massiv in die Debatte eingegriffen. Er sagte zu dieser Studie Folgendes:

„Im Übrigen ist das eine volkswirtschaftliche Betrachtung, die natürlich nicht zureichend politisch berücksichtigen kann, dass es hier um den Aufbau einer Exportindustrie geht.“

Jetzt sagt er, wir wollten ja sehr viele Windkraftanlagen exportieren und deshalb Innovationsentwicklung betreiben. Jede neue Anlage sei besser als die vorhergehende. Wenn das die Position des Ministerpräsidenten ist - ich zweifle nicht daran; denn sie ist ja auch protokollarisch festgehalten worden -, kann die SPD-Fraktion überhaupt nicht nachvollziehen, dass Niedersachsen im Vermittlungsausschuss nicht eine andere Rolle eingenommen hat, nämlich die Rolle desjenigen, der treibt und sagt: Wir brauchen das für dieses Land. Jetzt müssen wir uns hier anhören, was im Vermittlungsausschuss läuft. Deshalb, Frau Zachow, kann ich nur hoffen, dass die Zeit bis zur letzten Sitzung des Bundesrates vor der Sommerpause genutzt wird, um dieses Gesetz endgültig auf den Weg zu bringen. Ich würde mich freuen, wenn die Landesregierung wie schon im letzten Plenum auch jetzt wieder eine klare Ansage machen würde. Dann bräuchten wir uns über diese Fragen eigentlich gar nicht so sehr zu streiten. Es ist sehr müßig, ständig über das Thema Arbeitsplätze zu diskutieren, aber Felder, auf denen wir es haben, nicht entsprechend zu nutzen.

Wenn die Verzögerung allerdings nicht aufgehalten wird, dann wird dies zu Wirkungen führen, die Sie an anderer Stelle immer beklagen. Die Unsicherheit wird weiterhin bestehen bleiben bei Investoren und Banken. Den Unternehmen wird nach wie vor Planungssicherheit fehlen. Arbeits

plätze werden nicht nur gefährdet, sondern auch die Chancen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze werden vertan. Aber auch der ländliche Raum wird betroffen sein. Dort werden Einkommenschancen nicht in dem Maße entwickelt, wie es möglich sein könnte. Von daher - ich freue mich, dass der Herr Ministerpräsident jetzt zu uns gestoßen ist - können wir an Sie, Herr Ministerpräsident, nur den Appell richten, entsprechend Ihrer beim letzten Plenum gemachten Aussagen, die bei der SPDFraktion gut angekommen sind, zu sagen: Wir wollen hier einen Markt entwickeln, der niedersächsischen Unternehmen Exportchancen eröffnet und auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beiträgt.

Lassen Sie mich eines nicht verhehlen: Wenn die Frage von Ökonomie und Arbeitsplätzen mit der Frage von Ökologie und Klimaschutz zusammenpasst, dann frage ich mich, was dagegen einzuwenden ist. Das heißt, man kann etwas herstellen, was lange bestritten worden ist. Eine Versöhnung von Ökonomie und Ökologie ist möglich. Deshalb, Herr Ministerpräsident, noch einmal der Appell meiner Fraktion: Sorgen Sie dafür, dass dieses Gesetz bis zur Sommerpause auf den Weg gebracht wird, damit wir hier in Niedersachsen die entsprechenden Chancen bekommen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Wenn Ihre Regierung dann Erfolg hat und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden, dann werden wir Ihnen diesen Erfolg im Sinne des Landes Niedersachsen gönnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Meinhold. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Dürr das Wort.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Jetzt wird es etwas dürr!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Harms, Ihr Antrag ist schon ein Stück aus dem Tollhaus.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

- Entschuldigung, ich habe nicht gesagt, dass Frau Harms aus dem Tollhaus kommt. Dafür hätte ich

einen Ordnungsruf bekommen. Ich habe deutlich gesagt, dass der Antrag aus dem Tollhaus ist.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich will ganz kurz einmal die Geschichte aufzeigen und erläutern, wie es gelaufen ist. Erst kommt die Bundesregierung mit der Novellierung des EEG nicht über, sondern legt den Gesetzentwurf, wie Sie wissen, Monate verspätet vor. Dann ändert sie den Gesetzentwurf in einer Nacht- und Nebelaktion in letzten Minute, sodass jetzt die windschwachen Standorte - Frau Kollegin Zachow hat es eben schon ausgeführt - wieder gefördert werden. Jetzt beschweren Sie sich darüber, dass die Bundesländer die handwerklichen Fehler, die von RotGrün gemacht wurden, im Vermittlungsausschuss wieder ausbügeln wollen.

Meine Damen und Herren, man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was da passiert ist. Trittin und Clement haben sich über den Emissionshandel heftig gestritten. Clement wollte 503 Millionen t CO2 haben, Herr Trittin aber wollte weiterhin die windschwachen Standorte nach EEG gefördert haben. Schließlich hat man sich geeinigt: Jeder hat das bekommen, was er haben wollte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Deal in Berlin ging zulasten des Landes Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Trotz aller Beteuerungen auch von Ihnen, Frau Harms, werden die Menschen in Niedersachsen in Zukunft auch dort Windkraftanlagen dulden müssen, wo sie völlig unsinnig sind. Diese Politik, meine Damen und Herren, schadet der Akzeptanz der erneuerbaren Energien.

Ihr Vorwurf, die Landesregierung würde Arbeitsplätze gefährden, geht dabei völlig ins Leere. Im Gegenteil: Sogar der wirtschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsminister hat zum EEG und zu den Wechselwirkungen mit dem Emissionshandel eine ganz eindeutige Auffassung. Der Bundeswirtschaftsminister ist ja, wie Sie wissen, nun nicht gerade von der FDP. Ich darf hier aus dem Gutachten zitieren:

„... das EEG dient der Subventionierung von CO2-Emissionen in Europa außerhalb des deutschen Kraftwerksektors. Der Netto-Effekt des EEG“

- jetzt hören Sie ganz genau zu, Frau Harms

„auf die europäischen CO2-Emissionen ist null.“

Weiter heißt es in dem Gutachten:

„Die Umwelt freilich, die profitiert vom EEG nicht.“

Ihre Politik in Berlin vernichtet Arbeitsplätze, auch in Niedersachsen, wie wir wissen. Sie wollen Energie so teuer machen, dass in Deutschland Milliarden-Investitionen ausbleiben werden. Das, meine Damen und Herren, wollen wir aber verhindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)