Protocol of the Session on May 27, 2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit mehr als 30 Jahren gibt es die Auseinandersetzung um den Bombenabwurfplatz. So lange lebe ich schon in der Region; deswegen war ich daran auch beteiligt.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie ist schon bombengeschädigt!)

Herr Abgeordneter Biallas, das „Sie ist schon bombengeschädigt“ nehmen Sie bitte wieder zurück!

(Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Da stehen wir drüber.

Seit mehr als 30 Jahren wehrt sich die Bevölkerung in der Region gegen diesen Luftwaffenübungsplatz. Bis 2002 hat ihn bekanntlich die Royal Air Force für Übungen genutzt. Seit 2002 übt dort nur noch die Bundesluftwaffe. Inzwischen, Herr Biallas, bestreitet auch niemand mehr, dass es sich von Anfang an verboten hätte, an diesem Standort zwischen Nordhorn und Lingen einen Luftwaffenübungsplatz zu betreiben, mit Tiefflugübungen und Simulationen von Bombenabwürfen, seit 18 Jahren auch noch in unmittelbarer Nähe eines Atomkraftwerks. Die Lärmbelästigung, die Beeinträchtigung und die Belastung der Bevölkerung der Region waren zuzeiten der britischen Übungseinsätze unerträglich. Heute sind die Einsätze zwar rückläufig; dennoch bleibt eine außergewöhnliche Belastung für die Menschen bestehen.

Meine Damen und Herren, Sie werden sich daran erinnern, dass Bündnis 90/Die Grünen schon das Ende von Nordhorn-Range gefordert haben, als solche Forderungen während des Kalten Krieges von anderen Fraktionen noch mit den entsprechenden Anwürfen zurückgewiesen worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Da gab es Sie noch gar nicht!)

Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, wenn die Schließung von Nordhorn-Range jetzt wieder im Landtag auf die Tagesordnung gesetzt wird. Wir unterstützen selbstverständlich die Forderung nach Schließung von Nordhorn-Range, wie es die SPDFraktion vorschlägt. Allerdings sollte man das Wort „langfristig“ durch „mittelfristig“ ersetzen.

Wir kritisieren aber das Ansinnen, der Landtag solle die Bundesregierung bei der Suche nach

neuen Übungsmöglichkeiten anderswo unterstützen, um dadurch die Menschen in der Grafschaft Bentheim zu entlasten. Das heißt doch im Klartext - ähnlich hat es auch Minister Schünemann vorgetragen -, dass mit der Aufforderung an Minister Struck wieder das Sankt-Florians-Prinzip bemüht wird: Lasst die Bomben lieber in der KyritzRuppiner Heide fallen als bei uns in Nordhorn.

(Zuruf von den GRÜNEN: Unver- schämt!)

Dass Sie, Herr Will, dabei ausgerechnet dem verteidigungspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen unterstellen, er wolle die Auslastung in Nordhorn erhöhen, um das Bombodrom in der Kyritzer Heide zu verhindern, ist unzutreffend und hinterhältig.

(Beifall bei den GRÜNEN - Oh! bei der FDP)

- Jawohl.

Winfried Nachtwei, der selbst aus Münster kommt, stellt dazu fest - ich habe ihn nämlich über diesen Antrag informiert und zitiere jetzt aus seinem Kommentar -:

„Aus eigener langjähriger Kenntnis teile ich die Feststellung des Antrags, dass die Nutzung von NordhornRange (und Siegenburg) eine erhebliche, überdurchschnittliche Belastung für die Menschen im Raum zwischen Nordhorn und Lingen bedeutet und dass diese Belastung schrittweise abgebaut werden muss - bis zur langfristigen Schließung des Platzes.... Ausdrücklich für falsch halte ich aber die Position, zum Zweck der vermeintlich ‚gerechten‘ Lastenverteilung die Wiederaufnahme des Übungsbetriebs auf dem ehemaligen Bombodrom bei Wittstock/Brandenburg zu fordern.“

Ich kann der SPD-Fraktion das Schreiben gerne zur Verfügung stellen und fordere sie im Übrigen auf, diesen Satz aus ihrem Antrag zu streichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Forderung an das Bundesverteidigungsministerium kann jetzt auch nicht mehr heißen: Übt den Bombenabwurf die nächsten 30 Jahre doch woanders! Vielmehr muss

gefragt werden, ob diese Übungsszenarios beim jetzigen Stand der Technik überhaupt noch zeitgemäß sind. Die Bundesluftwaffe muss heute nicht mehr Bombenabwurf trainieren, indem sie 25 kg schwere Brocken im Tiefflug abwirft. Heute kommen bekanntlich Distanzwaffen zum Einsatz, präzisionsgesteuerte Raketen.

(Christian Dürr [FDP]: Eine richtige Militärexpertin!)

Die Einsätze werden in 5 000 m Höhe geflogen, und geübt wird am Simulator. Für Einsätze im Rahmen der UNO-Krisenbewältigung werden Übungen, bei denen Bodenziele im Tiefflug angegriffen werden, kaum noch benötigt. Nebenbei bemerkt: Der neue Eurofighter 2010 ist nicht mal mehr für den Tiefflug vorgesehen.

Es zeichnet sich also ab, dass dieses Steinzeitszenario auch militärtechnisch überholt ist, auch wenn das Bundesverteidigungsministerium - wundert uns das? - bisher auf weiteren Übungsmöglichkeiten beharrt. Das ist auch uns bekannt.

Aber ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Wir unterstützen die Forderung, dass die Landesregierung mit der Bundesregierung über die Reduzierung des Übungsbetriebs und über die mittelfristige Schließung von Nordhorn-Range verhandeln soll.

(Reinhold Coenen [CDU]: Die haben das schon längst gemacht!)

Die Grünen im Bundestag erarbeiten zurzeit einen Gruppenantrag für den Bundestag, der unter anderem genau diese Forderung beinhaltet, natürlich neben der Nichtinbetriebnahme der Kyritzer Heide.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Die Grünen im Bundestag beeindrucken uns immer mächtig!)

Und Sie, meine Damen und Herren von der CDUund von der FDP-Fraktion, werden dann die Möglichkeit haben, im Bundestag die Entlastung der Bevölkerung der Region und die Schließung von Nordhorn-Range auch auf der Bundesebene mit zu unterstützen. Ich gehe davon aus, dass dieser Antrag dann auch eine Mehrheit im Parlament finden wird und auch durchgesetzt werden wird. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bode das Wort.

(Christian Dürr [FDP]: Stell das mal klar!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, dass sowohl die Landesregierung als auch alle Fraktionen dieses Hauses bezüglich des Luft/Boden-Schießplatzes Nordhorn-Range die gleiche Zielrichtung verfolgen. Weiterhin stelle ich fest, dass die Landesregierung von CDU und FDP bereits frühzeitig - und auch deutlich vor dem Antrag der Fraktion der SPD - im Sinne der betroffenen Menschen tätig geworden ist. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es verwundert natürlich, dass die SPD-Fraktion einen derartigen Antrag im Niedersächsischen Landtag stellt, wo sie im Bundestag doch direkte Kontakte zur Bundesregierung

(Christian Dürr [FDP]: Die mögen sich nicht mehr!)

und zum Verteidigungsminister hat, der ja auch aus Niedersachsen kommt. Dort könnte sie besser für die Interessen der Menschen tätig werden als hier, weil die Entscheidungen dort fallen. Ich kann mir vorstellen, dass dahinter das Interesse steht, von dem Handeln Ihrer eigenen Parteifreunde in Berlin abzulenken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich würde jetzt auch gerne sagen, wie ich dieses Verhalten empfinde. Aber als ich das in einem ähnlichen Fall gestern schon einmal in Richtung der Grünen getan habe, habe ich erfahren, dass der von mir verwendete Begriff nicht parlamentarisch ist. Da mir aber kein anderer einfällt, kann ich Sie nur auf das Protokoll von gestern verweisen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zum Thema NordhornRange ist von meinen Vorrednern bereits alles gesagt worden. Von daher wünsche ich Ihnen einen schönen Feierabend und hoffe, dass wir uns nachher beim Parlamentarischen Abend wiedersehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das muss nicht sein!)

Jetzt spricht der Abgeordnete Will für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, man hat gemerkt, dass hier sehr viele Nebelkerzen geworfen worden sind,

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Ja, da drüben, Herr Will!)

insbesondere von meinem Kollegen Friedrich Kethorn. Ich erinnere mich daran, dass die CDUFraktion 1999 aus der Minderheitsposition hier im Landtag diesen Antrag eingebracht hat. Aber warum hat sie das gemacht, wenn der Landtag doch nicht zuständig ist? - Also, da sollten Sie ehrlich bleiben und auch deutlich machen, dass Sie, als Sie noch in Bonn regiert haben, auch nicht in der Lage gewesen sind, das Ding zu beerdigen. So einfach ist die Wahrheit.

Herr Bode, Sie hätten sich einmal vor Ort informieren sollen. Ich habe Sie auf der Range überhaupt noch nicht gesehen und auch noch nicht gespürt, dass sich Ihre Fraktion mit dem Thema überhaupt einmal inhaltlich auseinander gesetzt hätte. Dass Sie heute Abend etwas dazu sagen, ist das erste Mal. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten sich mit der betroffenen Bevölkerung auseinander gesetzt und sich einmal angeschaut, was diese Belastung mit sich bringt. Hier am grünen Tisch, weitab von Nordhorn-Range, ist es natürlich einfach, Diskussionen zu führen.

(Jörg Bode [FDP]: Unterstellungen!)

Zu dem verteidigungspolitischen Sprecher der Grünen kann ich nur sagen: Wenn er sich äußert und in Zeitungsartikeln darüber berichtet wird, dann müssen wir uns schon darauf beziehen können. Denn eines ist doch klar: Wenn sich die Parteien im Bundestag, die an der Regierung beteiligt sind, gegen Wittstock aussprechen, aber gleichzeitig eine höhere Nutzung von Nordhorn offen halten wollen, dann wird sich nichts verändern. Wenn andere Landesregierungen in ihrem Interesse gegen die Inbetriebnahme von Wittstock disku

tieren und öffentlich auftreten, dann muss unsere Landesregierung etwas dazu sagen; denn sonst würde der fatale Eindruck entstehen - zumindest öffentlich -, dass unserer Landesregierung das egal ist.

(Beifall bei der SPD - Friedrich Kethorn [CDU]: Das war das zweite Eigentor!)