Besinnen wir uns auf die Facts und lassen wir einmal die parteipolitisch motivierten Zuspitzungen und die Klientelanbiederung weg, die wir hier gehört haben, auch die scheinheiligen Entrüstungen und die rhetorischen Übertreibungen. Dann bleibt ein Projekt übrig, das prüft, ob über die Definition einer guten fachlichen Praxis politische Ziele erreichbar sind. Das Ganze soll objektiv und über einen möglichst unverfälschten Alltagseindruck aufgenommen werden. Es ist zugesichert - auch das ist doch wichtig -, dass das Ganze anonymisiert erfolgt. Das heißt, niemand hat zu befürchten, dass er - selbst wenn ein Fehlverhalten festgestellt wird - in irgendeiner Form belangt wird. Meine Damen und Herren, diese Eingriffstiefe ist geringer als die einer Radarkontrolle, die wir sicherlich alle auch nicht mögen, aber die wir doch sicherlich nicht in ihrer gelegentlichen Notwendigkeit bezweifeln wollen.
Meine Damen und Herren, auch der Nutzen ist doch nachvollziehbar. Denken Sie allein an den Streit darum, welcher Sektor denn nun am meisten zu der allgemeinen Belastung der Umwelt durch bestimmte Stoffe beiträgt. Denken Sie an unsere Diskussion, die wir im Moment führen, wie sinnvoll es ist, eine gute fachliche Praxis in ein Gentechnikgesetz zu schreiben! Oder denken Sie an eine praxisorientierte Verbesserung des Instrumentariums! Ich denke, auch die Methodik wird sicherlich brauchbare Ergebnisse bringen.
Aber und trotzdem - jetzt hören Sie bitte zu; ich sage es Ihnen ganz offen -: Ich hätte es nicht so gemacht. Ich hätte es aus drei Gründen nicht so gemacht.
Erstens war natürlich damit zu rechnen, dass Sie aus dieser Mücke einen Elefanten machen. Zweitens gibt es zurzeit vom Bundeslandwirtschaftsministerium ein interessantes, gut laufendes Pflanzenschutzreduktionsprogramm, bei dem alle Beteiligten an einem Tisch sitzen, das durch so etwas beschädigt wird. Deswegen finde ich das nicht gut.
Wir sind durchaus der Meinung - das ist sozusagen grünes Urverständnis -, dass verdeckte Aktionen mit dem Wesen unseres Rechtsstaates nur wenig vereinbar sind.
Bevor Sie klatschen, Herr Kollege: Das ist etwas, das Sie nun wirklich nicht für sich in Anspruch nehmen dürfen. Sie haben bei den Sicherheitsgesetzen bewiesen, wie sehr Sie bei diesen Themen mit der Verfassung auf Kriegsfuß stehen, wie leichtfertig und skrupellos Sie bereit sind zu akzeptieren, dass Unbeteiligte ausgeforscht, abgehört und in ihrer Intimsphäre verletzt werden.
Dabei konnten Sie es den Behörden nicht leicht genug machen, in die Grundrechte einzugreifen, mit dem Risiko erheblicher Konsequenzen und Nachteile für den Einzelnen.
Wenn wir einmal zur Landwirtschaft zurückgehen: Wo war und ist Ihr Aufschrei, wenn Saatgutunternehmen die Landwirte mit Drohungen und Prozesslawinen dazu zwingen wollen, über ihr Anbauverhalten Auskunft zu geben? Wo ist Ihr Protest gegen den derzeitig verdeckt durchgeführten Erprobungsanbau von gentechnischem Mais, der viele Bauern verunsichert?
Wo, meine Damen und Herren, ist denn Ihr Protest gegen Monsanto und Co, die heimlich über die Felder ziehen und Pflanzenproben nehmen, um Landwirte aufzuspüren und zu verklagen - die wissentlich oder unwissentlich ihr Saatgut anbauen -, um dann Lizenzgebühren zu kassieren? - Gegen das, was Sie ohne Widerspruch hinnehmen, ist das, was das UBA plant, Fliegendreck.
Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen nur nicht passt, wenn der Staat die Landwirtschaft kontrolliert. Wenn das Private machen, dann macht Ihnen das offensichtlich überhaupt nichts aus. Dadurch entlarven Sie Ihren Antrag zur Aktuellen Stunde als nichts anderes als ein scheinheiliges Pharisäertum.
Ein letzter Satz: Mit diesem Theaterdonner schüren Sie den Verdacht, es könnte mehr im Argen liegen, als bekannt ist. Sie sollten sich fragen, ob Sie der Landwirtschaft damit wirklich einen Gefallen tun. Eigentlich wollte ich auch noch etwas zur FDP-Fraktion sagen, aber ich glaube, das kann ich mir sparen. Sie hat sich aus dem Bereich Bürgerrecht ja sowieso seit langem verabschiedet. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Klein dankbar, dass er zumindest für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht aus dem Ausschuss sind, ein paar inhaltliche Fakten geliefert hat. Denn viele waren schon irritiert, worum es hier eigentlich geht. Bei den Formulierungen der Fraktionen von CDU und FDP wundert es mich auch nicht, dass der Vorsitzende des Agrarausschusses, Herr Ripke, nicht hier ist. Denn man hätte ihn in seiner ehemaligen Funktion als Leiter des Pflanzenschutzamtes sonst vielleicht als Leiter eines Agentenringes bezeichnen können. So kommt einem die Diskussion vor.
Meine Damen und Herren, „Aktuelle Stunde“ ist das Thema. Ich weiß allerdings nicht, ob die Fraktionen der CDU und der FDP tatsächlich bei der
Aktualität angekommen sind. Der Sachverhalt, den Sie hier thematisieren, war bereits Inhalt einer Anfrage in den Landtagen von Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg und hat Ende April und Anfang Mai den Deutschen Bundestag in einer sehr breiten Debatte beschäftigt.
Voraus geht eine Ausschreibung zu einem Forschungsprojekt. Herr Klein hat es gerade beschrieben. Diese Ausschreibung erfolgte Ende 2003. Die Vergabe dieses Forschungsprojektes erfolgte am 16. April. Inzwischen ist ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet worden, dem auch ein Mitglied des Deutschen Bauernverbandes angehört. Das heißt, Ihre Kritik stützt sich einzig und allein auf die Untersuchungsform, auf den wissenschaftlichen Begriff „verdeckte Feldbeobachtung“. Das klingt natürlich alles etwas geheimnisvoll. Von daher ist es CDU und FDP recht, nicht mit wissenschaftlichen Begriffen zu arbeiten und sich damit auseinander zu setzen, sondern lieber zu Stammtischparolen zu kommen, weil das in der Öffentlichkeit vielleicht etwas einleuchtender ist und man Stimmung erzeugen kann.
In allen Debatten, die ich bereits erwähnt habe, sind vonseiten der CDU- und FDP-Kollegen Begriffe wie Bauernspione und Kriminalisierung gekommen. FDP- und CDU-Leute haben auch den Begriff der Stasimethoden mit ins Spiel gebracht. Sie stellen also mit Ihren Formulierungen einen Berufsstand in eine Ecke, in die er nicht gehört.
Das sind Ihre Unterstellungen und nicht der Inhalt eines Forschungsauftrages, in dem Sie solche Formulierungen überhaupt nicht finden. Das heißt, Ihnen ist es völlig egal, ob Sie einen Berufsstand in Misskredit bringen. Ihnen geht es um reinen Populismus, denn ansonsten hätten Sie diese Formulierungen nicht in Umlauf gebracht.
Fakt ist, dass das Projekt läuft und dass Sie nicht ganz auf der aktuellen Zeitschiene angekommen sind. Der Sinn dieser Untersuchung ist, Anwendungsbeispiele zum besseren Einsatz von Technik im Pflanzenschutz zu finden. Dass die Ergebnisse der Untersuchung sicherlich auch den Landwirten zugute kommt, dürfte nicht bestritten werden.
Einen letzten Satz zu dem Begriff „verdeckt“: In der Ausschreibung steht: Verdeckte Feldbeobachtung: Soweit das Betreten von und Probenahme auf Privatland, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Privatstraßen und -wegen erforderlich wird, hat der Auftragnehmer die einschlägigen gesetzlichen Regelungen zu beachten und ggf. eine Erlaubnis zum Betreten und zur Probenahme einzuholen. - Das ist der Stand vom 16. April.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurecht hat das Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes zum verdeckten Einsatz von Bauernspionen eine Welle der Empörung hervorgerufen. Nicht nur in der Landwirtschaft stößt dieses Vorhaben auf Kritik, sondern auch in den Parteien und Verbänden hat es eigentlich nur Kopfschütteln und Unverständnis hervorgerufen. Das Vorhaben des Umweltbundesamtes, über ein Forschungsvorhaben die Einhaltung von Auflagen bei Pflanzenschutzmitteln und der Regeln der guten fachlichen Praxis zu überprüfen, wird von unseren Fachleuten für mehr als unnötig und als Verschwendung von Steuergeldern angesehen.
Es kann nicht angehen, dass unsere Pflanzenschutzämter in Hannover und Oldenburg die Einhaltung dieser Regeln prüfen und parallel dazu eine weitere Prüfung - aus Steuergeldern finanziert erfolgt. Die Überprüfung durch die Pflanzenschutzämter der Landwirtschaftskammern ist im Pflanzenschutzgesetz geregelt. Es gibt damit ganz klare Vorgaben für die Einhaltung der Regeln und den Umgang mit entsprechenden Vergehen.
Über die Ergebnisse der Untersuchungen wird dem Bundesministerium laufend Bericht erstattet. Schließlich werden die Ergebnisse der EU nach Brüssel übermittelt. Darüber hinaus wird, wie im Sondergebiet Altes Land, von den Pflanzenschutzämtern in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie jährlich ein Bericht zur Einhaltung der Auflagen und zu den Rückständen in Obst, in Pflanzen, im Wasser und auch im Boden erstellt. Dieser Bericht wird sowohl dem BMVEL als auch dem Umweltbundesamt in Berlin übermittelt.
Meine Damen und Herren, ich frage mich außerdem, welchen Erfolg dieses Forschungsprojekt haben soll.
In § 38 des Pflanzenschutzgesetzes ist geregelt, dass nur die zuständige Behörde - in Niedersachsen sind das die Pflanzenschutzämter - ein Betretungsrecht des Grundstückes, der Betriebsräume und sogar der Wohnung hat. Dritte, wie die Ausführenden des Forschungsprojektes, haben dieses Recht nicht. Das Umweltbundesamt bekommt also nicht die Einsicht in alle erforderlichen Daten und die Zustände auf dem Betrieb vor Ort. Ich frage mich, wie man eine objektive Beurteilung vornehmen will, wenn man nur einen Teil der Situation des Betriebes erfassen kann - ich meine, subjektiv erfassen kann. Selbst das Umweltbundesamt scheint gemerkt zu haben, dass das Ansinnen, Bauernspione einzusetzen, äußerst bedenklich ist. Frau Stief-Kreihe, Sie sind ja darauf eingegangen. Man hat im Nachhinein ein Forschungsprojekt daraus gemacht. Ich meine, dass das zeigt, wie sehr man eigentlich an der Sache vorbeigegriffen hat.
Wir stellen fest, dass Doppelarbeit Doppelarbeit bleibt - ob man das Kontrolle nennt oder verdeckte Ermittler einsetzt. Wir verlassen uns auf den Sachverstand, das Fingerspitzengefühl und - das kommt bei Regelverstößen vor - auf das konsequente Vorgehen unserer Pflanzenschutzämter. Deshalb wird in Niedersachsen der Fachbegleitkreis des Umweltbundesamtes von uns nicht be
schickt. Wir arbeiten dort nicht mit. Wir werden uns erst dann an einem Projekt beteiligen, welches wirklich das Ziel eines Forschungsvorhabens hat. Bei objektiven Befragungen, die das Ziel haben, die Auflagen und die Anwendungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel praktikabel zu gestalten, könnten wir uns schon mit einbringen. Ich glaube, dies wäre auch sinnvoll. Man muss aber aufpassen, dass man sich bei einigen Dingen nicht in der Ideologie verliert.
Herr Kollege Klein hat hier gesagt, wir wollen nicht ein kollektives Heiligsprechen der Bauern. Das brauchen wir auch nicht. Aber wir können auch nicht kollektiv schuldig sprechen. Genau in diese Richtung zielen Sie aber.