Hier sind wir übrigens wieder an einem Punkt, an dem Sie unlauter arbeiten. Frau Stief-Kreihe, die Verzögerung des Gentechnikgesetzes geht auf Frau Künast zurück. Sie hat nämlich erkannt, dass auf Europaebene das Moratorium aufgehoben wird, und wollte daraufhin den deutschen Weg so lange wie möglich hinauszögern. Uns jetzt vorzu
Sachlich falsch ist, einen rechtsfreien Raum bei der Durchführung der Kennzeichnung von Lebensmitteln zu unterstellen. Den gibt es nämlich nicht. Alle Fachleute wissen - und ich zähle Sie dazu -, dass dann, wenn das Fachrecht nicht greift, das Verwaltungs- und Gefahrenabwehrrecht gilt. Ich stelle hier für alle Verbraucher in Niedersachsen fest: Es wird überwacht, ob die Kennzeichnung drauf ist, und wenn sie nicht drauf ist, kann ein Bußgeld verhängt werden. Das Rechtssystem ist aktiv und funktionsfähig.
Es gibt in Ihrem Antrag einen zweiten Punkt, Herr Klein, an dem Sie falsch liegen. Wir wollen die Wahlfreiheit bei den Nahrungsmitteln und beim Anbau. Sie hingegen wollen die Wahlfreiheit und die Koexistenz mit diesem Antrag und mit Ihren Aussagen verhindern. Das sind die Tatsachen, meine Damen und Herren. Sie wollen verhindern, dass deutsche Landwirte gentechnisch veränderte Pflanzen anwenden können. Sie sind unehrlich, wenn Sie behaupten, Sie wollten das ermöglichen. - Übrigens brauchen die mündigen Verbraucher Ihre und unsere Bevormundung von politischer Seite nicht.
Zu einigen Details Ihres Antrags. Der Gesetzentwurf in dieser Fassung stellt bei genauerer Betrachtung überhaupt keinen Mentalitätswechsel der Bundesregierung dar. Er schreibt die Verhinderungsstrategie fest. Er verhindert die grüne Gentechnik durch die Hintertür. Verunsicherung der Landwirte, Haftung der Landwirte, die diese Technologie nutzen wollen - und zwar nach Willkür -, Behinderung der Freilandforschung in diesem Bereich - für mich in dieser Phase mit das Schlimmste, was Sie uns zumuten -,
Aufblähung der Bürokratie, hohe Kosten - das sind die wesentlichen Merkmale des GentechnikGesetzentwurfes von Rot-Grün, meine Damen und Herren.
Wissen Sie, welche Folgen das haben wird? - Es werden gentechnisch veränderte Produkte aus Überseeimporten den Weg in unsere Supermarkt
Allerdings werden Sie dann auch die Nutzung, Erforschung und Anwendung dieser Technologie dem Ausland überlassen müssen; denn in Niedersachsen wird in diesem Bereich dann nichts mehr stattfinden können. Sie behindern Firmen wie KWS, die das dringend brauchen und die vom Know-how her so weit wären, in ihrer täglichen Arbeit, aber das werden wir verhindern.
Ihr Antrag ist wirtschafts- und zukunftsfeindlich. Er ist innovationsfördernd für das Ausland, aber das ist der falsche Weg.
Für mich kommt hinzu, dass Sie in dem Gesetzentwurf in unheilvoller Allianz die sicherheitsrelevanten Vorgaben der Freisetzungsrichtlinie mit der Gewährleistung des Nebeneinanders aller Anbauformen, d. h. der Koexistenz, vermengen, obwohl beides besser getrennt geregelt werden sollte.
Zur Haftung, Frau Stief-Kreihe. Ich halte die vorgesehenen Regelungen zur Haftung für völlig unhaltbar, für unzumutbar. Nicht nur, dass willkürlich einer von mehreren Bauern, die die Gentechnik nutzen, herausgegriffen und gleich alle gesamtschuldnerisch auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden können: Darüber hinaus soll die Haftung auch noch verschuldensunabhängig greifen. Für uns ist das absolut abwegig.
- Ich nehme das Stichwort gerne auf, Herr Klein. Das wäre ungefähr so, als führen wir beide als Abgeordnete morgens mit dem PKW zum Landtag: Ich fahre zu schnell, aber Sie übernehmen die Punkte und zahlen das Bußgeld. Das können wir nicht mittragen. Dazu wären selbst Sie nicht bereit, da bin ich ziemlich sicher.
(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das ist doch Unsinn! Wissen Sie nicht, dass jeder Verkehrsteilnehmer verschul- densunabhängig haftet? Fragen Sie Ihre Verkehrsrechtler!)
Darüber hinaus wollen Sie, dass Haftung greift, wenn die Bauern, die die Technik anwenden und entsprechend anbauen, wenn sie die gesetzlichen Vorschriften penibel einhalten und z. B. die gute
fachliche Praxis beachten, wenn sie alle Vorsorgepflichten erfüllen und ihre Sachkunde anwenden. Das ist nach meiner Überzeugung in dieser Form überhaupt nicht haltbar und nicht umsetzbar.
Wenn Sie dann noch Ökoprodukte nach der Ökoverordnung mit Schwellenwerten definieren, die nahe an der Nachweisgrenze liegen, dann wird deutlich, dass Sie den Anbau von GVOs unmöglich machen wollen. Ich stelle fest: Sie sorgen für eine eindeutige Benachteiligung der Biotechnologienutzung in Niedersachsen. Nach meiner Überzeugung ist Biotechnologie eine Innovation, die wir brauchen. Sie hingegen wollen sie vorsätzlich verhindern.
Zurück zum Thema Haftung. Frau Stief-Kreihe, Sie haben gemeint - die Diskussion darüber ist noch in vollem Gange -, dass die Landwirte, die GVOs anwenden, eine Hektarabgabe zahlen könnten, aus der man einen Fonds speist. Warum schauen Sie nicht einmal mit uns zusammen über den Zaun? Einen solchen Haftungsfonds soll es z. B. in Dänemark geben. Die Dänen sind hier wegweisend, stellte eine namhafte Zeitung fest. Im Einzelnen sieht der dänische Gesetzentwurf vor, dass Biolandwirte oder andere Betriebe, die aus dem GVOAnbau Nachteile erwarten, einen Antrag stellen können, um aus diesem Fonds einen Ausgleich zu erhalten.
Nach diesem Gesetzentwurf würde die Haftung übrigens nur dann greifen, wenn diejenigen, die die GVOs angebaut haben, gegen geltende Regelungen verstoßen haben. Nur durch einen solchen Verstoß würden sie schadensersatzpflichtig. - Das ist auch meine Vorstellung von Haftungsansprüchen, meine Damen und Herren. Wir sollten gerade nicht einen pauschalen Haftungsanspruch regeln.
Ich komme zu einem letzten, aber sehr wichtigen Punkt: der Bürokratie. Wir wollen sie abbauen, Herr Klein, Sie hingegen werden Sie mit Ihrem Ansatz aber eher aufbauen. Auch dem können wir nicht zustimmen; insoweit greife ich der Diskussion im Ausschuss schon einmal vor.
Landesstandortregister, die Sie allgemein zugänglich machen wollen, würden dazu führen, dass Freilandversuche zerstört werden. Das ist in Niedersachsen ja auch schon passiert. Dieser Forderung können wir also nicht zustimmen, weil es dann nicht voran, sondern rückwärts ginge. Das
Sie fordern lange Anzeigefristen vor der Aussaat, einen Wust von Unterlagen, praktisch einen kleinen Ordner für jeden Anbauversuch - so etwas werden wir in dieser Form nicht mitmachen.
Ich komme zu meiner Schlussbetrachtung. Wir wollen einen großflächigen Erprobungsanbau. Wir wollen Erfahrungen mit der Koexistenz eines solchen Anbaus sammeln und die Ergebnisse dann in weitere Entscheidungen einfließen lassen.
Weiterhin möchten wir, dass uns die Gentechnik innovativ voranbringt. Ich verweise nur auf den so genannten goldenen Reis mit seinem erhöhtem Vitamin-A-Gehalt. Er wurde entwickelt, um die Erblindung von mangelernährten Kindern in der Dritten Welt zu bekämpfen.
Wir wollen auch, dass hier in Niedersachsen Pflanzen mit einem geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angebaut werden können. Wir werden mit der grünen Gentechnik Tausende von Tonnen Pflanzenschutzmittel in Niedersachsen sparen können. Gerade das müsste doch in Ihrem Sinne sein; in diesem Punkt verstehe ich Ihren Widerstand überhaupt nicht.
Wir müssen die Chancen der grünen Gentechnik nutzen. Wir wollen entsprechende Entwicklungen nicht im Keim ersticken, bevor wir wissen, welche Fakten uns voranbringen können: mit Vorsicht und Augenmaß, gesteuert und sicher, aber ohne grüne Ideologie.
- Das haben Sie aber nicht erkannt. Ich stelle fest: In diesem Punkt ist die CDU grüner als Ihre Partei. Wir werden dieses Thema innovativ weiterverfolgen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gentechnik ist, wie Sie den Ausführungen meiner vier Vorredner bereits haben entnehmen können, zurzeit in der Tat eines der Themen, die in den Medien diskutiert werden.
Mit ihrem Antrag wirft die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Landesregierung nun vor, die Verabschiedung des Durchführungsgesetzes zu den seit dem 18. April geltenden Kennzeichnungsbestimmungen unnötig zu verzögern, wodurch in Deutschland letztendlich ein rechtsfreier Raum zum Schaden der Verbraucher entsteht. Herr Kollege Klein, einen solchen Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört.
Ich will es Ihnen erklären. Die Bundesregierung hat den Entwurf dieses Durchführungsgesetzes erst am 22. Januar eingebracht. Das ist viel zu spät.
Ich habe den Eindruck, man hat das deshalb so gemacht, weil man den Realitäten so lange wie möglich nicht ins Gesicht sehen wollte.
Meine Damen und Herren, wenn die EURückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungsverordnung im April in Kraft treten soll, muss man, will man ein normalen Gesetzgebungsverfahren von Bundesrat und Bundestag gewährleisten, eher anfangen bzw. - ich sage das einmal so - eher aufwachen. Das ist leider nicht passiert.
Diese Verzögerung, die wegen eines Versäumnisses der Bundesregierung eingetreten ist, wird uns nun zum Vorwurf gemacht. Das stellt die Verhältnisse doch total auf den Kopf. Herr Klein, Sie sollten lieber einmal bei Ihrer Ministerin in Berlin auf den Busch klopfen, anstatt hier solche Anträge zu stellen.
Meine Damen und Herren, wenn es diesen rechtsfreien Raum überhaupt gibt, dann haben Sie sich ihn selbst zuzuschreiben. Die EU-Rückverfolgbar
keitsund Kennzeichnungsverordnung ist am 18. April 2004 ohne Wenn und Aber in Kraft getreten. Sie gilt seit diesem Termin auch in Deutschland, und ihre Einhaltung wird auch von uns kontrolliert. Nur ahnden können wir Verstöße gegen diese EU-Verordnung zurzeit nicht, d. h. wir können kein Bußgeld- oder Strafverfahren in Gang setzen. Verfolgen wird unser Haus einen Verstoß gegen Kennzeichnungsund Verwaltungsvorschriften bis zum In-Kraft-Treten der Bußgeld- und Strafvorschriften des Durchführungsgesetzes aber schon.