Protocol of the Session on April 29, 2004

Deshalb verstehe ich jede Hochschule, die besorgt ist.

Jetzt gibt es zwei Gesichtspunkte, die uns Sorge machen.

Zum einen gibt es neben dem Haushaltsplan, den das Land beschlossen hat, allgemeine Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen. Das heißt, durch die seit Jahren in Deutschland anhaltende Stagnation, durch die Rezession, durch die Lage, die Ihnen als denjenigen, die die Bundesregierung stellen, ja bekannt sein müsste, wenn ständig weniger Steuern eingehen, als geplant sind, wenn die Steuerschätzungen ständig nach unten abgesenkt wer

den, ist der Finanzminister gehalten, laut Verfassung verpflichtet, haushaltsbewirtschaftende Maßnahmen zu unternehmen - beispielsweise Einstellungsstopps, beispielsweise Sperrung von Mitteln, bestimmte Begrenzungen im vorauseilenden Gehorsam zu einer Art Nachtragshaushalt, der dieses Parlament noch erreichen könnte -, um dann auch noch Spielraum für das Parlament zu belassen, damit wir Ihnen nicht Mitte des Jahres sagen müssen: Es geht zwar weniger Geld ein, aber wir haben schon alles ausgegeben. Das wäre unverantwortliche Finanzpolitik.

In diesem Bereich - das kann man gegenüber den anderen Ressorts kaum vertreten - werden die Hochschulen in besonderer Weise - wegen der besonderen Verantwortung für die Hochschulen als Innovationsfaktor, als Profilierungsmöglichkeit für unser Land - von diesen Maßnahmen ausgenommen. Die beim wissenschaftlichen Personal, jetzt auch beim technischen Personal erzielten Einsparungen werden den Hochschulen weitgehend belassen.

Zum Verwaltungsbereich sagen wir allerdings: Wenn eine Universität eine Sekretärin sucht, dann soll sie nicht auf dem Arbeitsmarkt eine Sekretärin suchen und einstellen, sondern sich an die Jobbörse wenden; denn beispielsweise eine Sekretärin, für die es in der Bezirksregierung Braunschweig keine Verwendung mehr gibt, weil es keinen Regierungspräsidenten mehr gibt, wäre eine erstklassige Sekretärin für den Präsidenten der Universität, er könnte sie nehmen. Das würde uns insgesamt bei der Verwaltungsreform erheblich helfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So viel Flexibilität muss sein.

Wenn Sie die Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen für die Hochschulen generell ausnähmen, könnte es sein, dass die Hochschulen ihre zu erbringenden Einsparungen daraus erbrächten und in keinem ihrer Bereiche kürzen müssten, weil sie schon dadurch die Gelder an den Finanzminister abliefern könnten. Das ist allerdings angesichts der drohenden Haushaltsnotlage nicht der Weisheit letzter Schluss.

(Zuruf von der SPD)

Von daher ist das ein gutes Ergebnis.

Ich möchte zur Haushaltslage sagen, dass in den letzten zwei Jahren - 2002 und 2003 - etwa 6 Milliarden Euro neue Schulden gemacht worden sind. Das sind etwa 12 Milliarden DM, also 12 000 Millionen DM, die in zwei Jahren als neue und zusätzliche Schulden auf die bereits vorhandenen Schulden des Landes obendrauf gepackt worden sind. Dass das kurzfristig in die Situation führen würde: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!“, wie die Berliner zu leben und zu sagen: „Es kommt sowieso nicht mehr darauf an, wir verklagen demnächst den Bund auf 35 Milliarden Euro, der kann ja unsere Probleme lösen!“, wollen wir für unser Land Niedersachsen zwingend vermeiden.

Deshalb werden wir daran festhalten, die Neuverschuldung Jahr für Jahr abzusenken, um wieder in einen Zustand eines verfassungsmäßigen Haushalts zu gelangen.

Das ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen. Wir werden auch an diesem dritten Punkt der Verlässlichkeit sehr daran arbeiten, dass die Hochschulen ein Höchstmaß an Verlässlichkeit bekommen. Deswegen formulieren wir gerade den Hochschulvertrag. Warten Sie ihn ab! Wir werden ihn hier beraten, und dann werden die Hochschulen dieses höchstmögliche Maß an Verlässlichkeit bekommen.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Aber dass man heute auf hypothetische Fragestellungen, „Was wäre, wenn Schröder zum Beispiel weiter regiert und weiterhin schlecht regiert?“ - antwortet, ist nicht möglich. Darauf können wir natürlich auch nur die Antwort geben: Dann kann dieses Land keiner vor der Erkenntnis bewahren, dass Deutschland unter dieser Bundesregierung ärmer geworden ist und täglich ärmer wird.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Wenzel, bitte schön!

Herr Wulff, im Ziel der Haushaltskonsolidierung sind wir uns völlig einig. Die Frage ist nur: Wo setze ich die Prioritäten, und wie informiere ich den Landtag?

(Bernd Althusmann [CDU]: Damit ist eigentlich alles gesagt, Herr Wenzel! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war die erste Frage!)

- Das ist die erste Frage, richtig! - Wir haben April, vier bis fünf Monate nach Verabschiedung des Haushalts. Meine Frage ist:

(Zuruf von der CDU: Das ist schon die zweite Frage!)

Welchen Wert haben die Äußerungen, die Herr Stratmann im Dezember zum Hochschuloptimierungskonzept und zur künftigen Belastung der Hochschulen gemacht hat? Das ist die erste Frage. Und die zweite Frage: Welche Halbwertzeit haben die Äußerungen, die zu demselben Thema heute von Herrn Ministerpräsidenten Wulff und von Herrn Minister Stratmann gemacht wurden?

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, bitte schön!

Ich versuche es noch einmal anders herum darzustellen, Herr Kollege Wenzel. Wenn die Staatskanzlei vom Gesetzgeber Mittel in Höhe von etwa 30 Millionen Euro - statt im Vorjahr 33 Millionen Euro - bekommt und ich der Staatskanzlei sage: „Ich gebe die Garantie, dass wir 30 Millionen Euro im Jahre 2004 haben.“, dann hat die Staatskanzlei diese Mittel von 30 Millionen Euro im Jahre 2004 - mit Ausnahme haushaltsbewirtschaftender Maßnahmen, die für alle Bereiche des Haushalts, je nach Ausnahmebewilligung, gelten. Das heißt, jeder lebt damit, dass eine Haushaltssperre kommen kann, die meistens im Oktober/November das Dezemberfieber, das Weihnachtsfieber verhindern soll. Die Verwaltungsteile haben ja auch inzwischen erkannt, dass sie mit so etwas zu rechnen haben, und deswegen gibt es da kaum noch Positionen, bei denen man noch kürzen kann, weil das Geld verausgabt ist.

Diese allgemeine Bewirtschaftung des Landeshaushalts kann sich kein Landesgesetzgeber aus der Hand nehmen lassen, und kein Finanzminister darf darauf verzichten. Diese Unwägbarkeit bleibt bei jedem Haushaltsvollzug, das gilt übrigens auch für Ihren Bundeshaushalt. Wenn wir hier einmal darüber reden würden, was derzeit alles an Mitteln

gesperrt ist, die im Bundeshaushalt stehen, dann sähe man, dass dieses Land, die Bundesrepublik Deutschland und die 16 Bundesländer allesamt massiv gegen die Maastricht-Kriterien - insgesamt jedenfalls – verstoßen. Wir wollen daran möglichst keinen Anteil haben und uns insoweit auch in dem Rahmen halten, der hier vom Parlament beschlossen wurde.

Wir sind im vergangenen Jahr das einzige Bundesland gewesen, das weniger Schulden gemacht hat als im Vorjahr - das einzige Bundesland! Es ist immerhin schon mal ein Hoffnungsschimmer für die Beteiligten, dass es ein paar Leute gibt, die das noch ernst nehmen. Sie haben in Berlin hingegen statt 18 Milliarden Euro Neuverschuldung, die das Parlament beschlossen hatte, 42 Milliarden Euro Neuverschuldung gemacht, mehr als das Doppelte. Das zeigt doch, wie weit es in diesem Lande inzwischen gekommen ist. Das können Sie von dieser Landesregierung nicht erwarten.

(Zuruf von der SPD)

Wir sind natürlich in intensiven Gesprächen mit den Präsidenten der Hochschulen. Ich selber habe letzte Woche sehr umfassend gesprochen mit Professor Kern, dem Präsidenten der Universität Göttingen, sehr umfassend gesprochen mit Professor Schätzel, dem Präsidenten der Universität Hannover und Präsidenten der LandeshochschulRektorenkonferenz, weil wir uns diese Dinge nicht einfach machen, weil wir aufzuklären haben, dass der Finanzminister erklärt, er habe 28 Millionen Euro in der Rücklage der Hochschulen und sehe seitens der Finanzverwaltung die Gefahr, dass die 40 Millionen Euro Einsparauflage bereits weitgehend durch 28 Millionen Euro Rücklage an den Hochschulen erbracht werden könnten und es dort eben nicht zu Strukturveränderungen kommt, die unser Land aber mittelfristig braucht, damit die Strukturen eben so werden, dass sie sich dieses Land auch leisten kann, sodass wir nicht an jeder Hochschule alles vorhalten, sondern das, was wir vorhalten, Exzellenz und internationale Wettbewerbsfähigkeit verspricht.

Vor diesem Hintergrund sind wir der Hoffnung, dass die jetzt gefundenen Vereinbarungen zwischen Finanz- und Wissenschaftsminister - das Äußerste dessen, was verantwortbar ist - auch bei den Hochschulen so umgesetzt werden, dass es verantwortbar ist und wir für die nächsten Jahre hier zu guten Ergebnissen kommen. Daran muss auch Ihnen gelegen sein. Jedenfalls sind die Zu

sagen des Wissenschaftsministers 1 : 1 umgesetzt, und das wird auch weiterhin so bleiben, denn die Glaubwürdigkeit dieser Regierung ist ein hohes Gut.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Professor Zielke hat jetzt das Wort. Bitte schön!

Ich möchte zu etwas Konkreterem zurückkommen. An fünf niedersächsischen Universitäten und Hochschulen, nämlich in Oldenburg, Osnabrück, Hannover, Göttingen und Braunschweig, gibt es so genannte Verbindungsbüros zu den Gewerkschaften. Deren hauptamtliches Personal wird aus den Hochschulhaushalten bezahlt. Die Gewerkschaften leisten einen geringen Sachkostenbeitrag.

(Thomas Oppermann [SPD]: Nennen Sie ein Beispiel!)

- Beispielsweise war die prominente Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen, Thea Dückert, Leiterin des Verbindungsbüros in Oldenburg.

Bitte kommen Sie jetzt zu Ihrer Frage.

Meine Frage an Herrn Stratmann ist: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass diese Gewerkschaftsverbindungsbüros zum Kernbereich der Verwaltung der Hochschulen gehören?

Sie können Herrn Minister Stratmann nicht direkt fragen, aber Sie können die Landesregierung fragen. Diese wird dann antworten. - Aber ich sehe schon, dass Herr Stratmann bereit ist, diese Frage zu beantworten. Bitte sehr, Herr Minister!

Thea Dückert ist übrigens eine verdammt kluge Frau.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Karl- Heinz Klare [CDU]: Deswegen ist sie in den Bundestag gegangen!)

Insoweit bin ich manchmal fast etwas traurig, dass sie nicht in Oldenburg geblieben ist, sondern die Bundestagsfraktion der Grünen bereichert. Aber das ist nur eine Randbemerkung.

Ich muss auf diese Frage nach meiner Überzeugung so antworten, dass das zur Autonomie der Hochschulen gehört. Wir haben nach meinem Dafürhalten kein Recht, uns dort einzumischen. Wenn die Hochschulen der Meinung sind, Vereinbarungen mit den Gewerkschaften - auf welcher Basis auch immer - zu treffen, dann müssen die Hochschulen das aus ihrem Budget bezahlen und haben an anderer Stelle etwas weniger übrig. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich das gut oder schlecht finde.

Herr Kollege Wulf, bitte sehr!

Ich frage die Landesregierung: Finden Sie es gut oder schlecht, was mit der Frage von Herrn Zielke intendiert war, nämlich die Kooperationsstellen an den Universitäten zu streichen?

Herr Minister, bitte schön!

Lieber Kollege Wolfgang Wulf, wir evaluieren auch diese Bereiche, was gut und richtig ist. Die Ergebnisse sollten dann auch ernst genommen, und es sollte entsprechend entschieden werden. Auch deshalb - so meine ich - haben Sie sicherlich dafür Verständnis, dass ich solchen Evaluationsergebnissen nicht durch persönliche Bewertung vorgreife oder diese relativiere.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind damit am Ende des Tagesordnungspunktes 14 - Dringliche Anfragen.

(Unruhe)