- dafür hätte ich in der Tat sehr großes Verständnis -, sondern die im Ergebnis nichts anderes ist als die Aufarbeitung der Folgen der voreilig und ohne Aufgabenkritik, aber auch ohne Folgekostenabschätzung beschlossenen Abschaffung der Bezirksregierungen. Sie lösen die Polizeiabteilungen aus den vier Bezirksregierungen heraus, schaffen dafür sieben Polizeidirektionen, aus vier Brandschutzdezernaten der Bezirksregierungen werden sechs, der Personalbedarf steigt. Nicht nur durch Herauslösung der Polizei aus den Bezirksregierungen haben Sie die zivile Vernetzung der Polizei aufgehoben. Auch die organisatorische Einheit zwischen Landkreisen und Polizeiinspektionen geben Sie auf, ohne dafür überzeugende Gründe nennen zu können. Als Grund führen Sie die Behauptung an, Sie würden die Aufklärung von Straftaten besser organisieren, wenn Sie die hierfür erforderlichen Fachleute nicht mehr an Ort und Stelle - dort, wo sie gebraucht werden -, sondern weit weg an vermeintlich zentraler Stelle vorhalten.
Meine Damen und Herren, ich bin mir mit dem Kollegen von der CDU, der eben gesprochen hat, durchaus einig, dass in Teilen - -
- Herr Ahlers, ich bitte um Entschuldigung, wenn ich das nicht sofort gesagt habe; ich werde das jetzt öfter wiederholen.
Ich bin mir gemeinsam mit Herrn Ahlers darüber im Klaren, meine Damen und Herren, dass diese Veränderungen in Teilen der Polizei durchaus Zustimmung finden. Aber Sie werden auch noch eine Menge kritischer Anmerkungen hören, Herr Ahlers, wenn Sie sich mit allen unterhalten.
Ich will Ihnen allerdings sagen, wo aus meiner Sicht bei Ihnen ein kardinaler Denkfehler liegt: Sie verengen den Blick ausschließlich auf die Aufklärung von Straftaten und verlieren die anderen, mindestens genauso wichtigen Aufgaben der Polizei völlig aus den Augen. Die niedersächsische Polizei hat einen weit vielfältigeren Aufgabenbe
reich, als es Ihr auf Repression verengter Blick erkennen lässt. Ich erinnere an die wertvolle Arbeit der Polizei in den Präventionsräten, in denen übrigens mit großem Erfolg daran gearbeitet wird, Kriminalität zu verhindern. Die künftige Organisation der Polizeiarbeit sollte sich daher nicht ausschließlich an repressiven Überlegungen orientieren. Ich habe große Zweifel, ob die geplante Zusammenlegung von Polizeiinspektionen über Landkreisgrenzen hinweg die Präventionsarbeit der Polizei verbessern wird. Ich halte eher das Gegenteil für zu befürchten, meine Damen und Herren, auch wenn mir entgegengehalten wird, Präventionsarbeit werde meist von den Kommissariaten und nicht von den Inspektionen geleistet. Sie wissen, wie es ist, wenn ein Inspektionsleiter dahinter steht. Die Ebene der Landkreisinspektion hat auch das intensiv befördert.
Meine Damen und Herren, auch unter dem Gesichtspunkt der Aufklärung von Straftaten stellt sich die berechtigte Frage, ob das von Ihnen jetzt geplante Zurückdrehen der Polizeireform von 1994 - so sieht es jedenfalls in einigen Elementen aus wirklich der richtige Weg ist. Damals haben wir die großen Unterschiede zwischen Schutz- und Kriminalpolizei deutlich verringert, weil wir der Auffassung waren und nach wie vor der Auffassung sind, dass eine gut ausgebildete und übrigens auch gut bezahlte Polizei besser und vor allen Dingen effizienter arbeiten kann, als wenn man eine willkürliche Unterscheidung zwischen vermeintlichen Spezialisten und solchen Polizistinnen und Polizisten einführt, die bestenfalls den Tatort absperren dürfen. Ich bin nicht generell - damit ich da nicht falsch verstanden werde - gegen jedwede Spezialisierung. Wer aber glaubt, bei der Aufnahme von Alltagskriminalität eine Zweiklassenpolizei schaffen zu müssen, hat nach meinem Dafürhalten nicht die richtigen Berater. Deswegen bin ich sehr froh darüber, Herr Schünemann, dass einer Ihrer Planungsbeauftragten gesagt hat, es gebe einen großen Freiraum im Rahmen der Direktionen, so etwas zu organisieren. Das weicht etwas von dem ab, was ursprünglich gesagt worden ist.
Ich will Ihnen aber auch sagen, warum ich dieser Überzeugung bin. Es ist wohl noch nie vorgekommen - daran darf ich einmal erinnern -, dass ein niedersächsischer Innenminister eine derart gute Aufklärungsquote der niedersächsischen Polizei so ungern veröffentlicht hat, wie dies vor einigen Wochen Herr Schünemann getan hat. Ich sage das nicht in Richtung des innenpolitischen Sprechers der CDU,
- das ist klar; aber ersparen Sie mir, dazu nun auch noch immer wieder Namen zu nennen -, der die weitere Verbesserung der Polizeiarbeit mal eben dem neuen Polizeigesetz zugerechnet hat, obwohl das Gesetz im Bezugszeitraum der Statistik noch gar nicht in Kraft getreten war. Meine Damen und Herren, bitte ersparen Sie mir, die Seriosität solcher Behauptungen zu kommentieren.
Meine Damen und Herren, die weiterhin steigenden Aufklärungsquoten sind in meinen Augen eindeutiger Beleg dafür, dass die von uns eingeschlagene Polizeireform damals der richtige Weg war. Anstatt diesen Weg nun konsequent weiterzugehen und hier und da im Detail durchaus notwendige Veränderungen vorzunehmen, zerschlägt man das, was sich mittlerweile an Polizeiorganisation bewährt hat. Auch der Innenminister scheint zu ahnen, dass er drauf und dran ist, einen Fehler zu machen. Wie ist sonst zu erklären, dass er in der letzten Woche verbreiten ließ, die Bundeswehrreform sei schuld, wenn es in Zukunft in Niedersachsen beim Katastrophenschutz nicht mehr so richtig rund läuft? Herr Schünemann, Katastrophenschutz ist Ländersache und fällt in Ihre ureigene Ressortzuständigkeit. Eigentlich ist Katastrophenschutz - das wissen Sie wahrscheinlich auch weniger eine Zuständigkeitsfrage als vielmehr ein Organisationsprinzip. Voraussetzung für einen funktionierenden Katastrophenschutz ist eine funktionierende Landesverwaltung.
Dabei ist Voraussetzung für einen funktionierenden Katastrophenschutz die Bündelung verschiedener Zuständigkeiten unter einem Dach - genau wie das bisher bei den Bezirksregierungen organisiert war. Dort sitzen regional verwurzelte Verantwortliche aus allen Bereichen, von der Polizei bis hin zu den Atomsachverständigen, die in kürzester Zeit in der Lage sind, einen kompetenten Krisenstab zu bilden.
Mit diesem Gesetzentwurf ziehen Sie die Polizei und die Brandschützer aus dem Krisenstab ab und übertragen der Polizei die Verantwortlichkeit für die Erstellung von überregionalen Katastrophenschutzplänen. Dabei vernachlässigen Sie völlig,
dass Katastrophenschutz keine Polizei-, sondern eine Bündelungsaufgabe ist. Naturgemäß ist eine solche Aufgabe am besten dort angesiedelt, wo sie heute ist, nämlich bei den Bezirksregierungen, die als Bündelungsbehörden Katastrophen in der Vergangenheit - ich erinnere nur an das Elbehochwasser - ganz hervorragend bewältigt haben.
Es ist sehr bedauerlich, dass sich CDU und FDP entschlossen haben, den funktionierenden Katastrophenschutz in Niedersachsen leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Das, was CDU und FDP jetzt mit diesem Gesetzentwurf einleiten wollen, ist nichts anderes als eine Zerschlagung des Organisationsprinzips Katastrophenschutz.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund bleibt eigentlich nur, die Schlussfolgerung zu ziehen: Die eigentliche Katastrophe ist der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben. Streng genommen - darauf hat Herr Lennartz schon hingewiesen
- ich bin auch ganz stolz darauf - ist dieser Gesetzentwurf, den die Regierungsfraktionen eingebracht haben, nicht beratungsreif. Ich lese Ihnen einmal vor, was uns CDU und FDP unter der Überschrift „Haushaltsmäßige Auswirkungen“ in ihrem Gesetzentwurf vorgelegt haben:
„Eine detaillierte Aufstellung über die wesentlichen haushaltsmäßigen Auswirkungen der Umorganisation der Landespolizei wird in einer gemeinsamen Kabinettsvorlage des Innenund Finanzministeriums erfolgen, die derzeit erarbeitet wird.“
Meine Damen und Herren, das schreiben einbringende Fraktionen. Dies muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das schreibt auch eine Fraktion, die gleichzeitig Karten verteilt. Wahrscheinlich hat die CDU eine neue Druckerei, die vermutlich allerdings von der Landesregierung beliefert wird. Sie sollten wenigstens formell die
Meine Damen und Herren, diese Formulierung sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen, und man sollte noch einmal nachlesen, was in den Verfassungsvorschriften dazu steht, was die Frage von haushaltsmäßigen Auswirkungen betrifft.
Herr Kollege, in den Geschäftsordnungsvorschriften steht, dass die Redezeiten einzuhalten sind. Sie haben Ihre Redezeit erheblich überschritten. Bitte kommen Sie zum Schluss.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Gestatten Sie mir bitte noch, den jetzt amtierenden Staatssekretär im Niedersächsischen Finanzministerium zu zitieren. Er hat unsere Verfassung kommentiert und führte aus: Artikel 68 verpflichtet die zur Gesetzesinitiative Berechtigten - also nicht nur die Landesregierung, sondern auch die Fraktionen -, Kosten und Mindereinnahmen, die als Folge der vorgeschlagenen Regelungen für das Land, die Kommunen und für betroffene andere Träger öffentlicher Verwaltung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, darzulegen. Zu den Kosten gehören alle haushaltswirksamen Ausgaben, also auch der Vollzugsaufwand. - Meine Damen und Herren, wir werden diesmal die Bereitschaft erkennen lassen, auch weiter mit Ihnen über die Vorlage zu beraten, und wir werden nicht sagen, dass wir sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ablehnen. Wir erwarten aber, dass während der Beratungen im Detail dargelegt wird, was diese Reform kostet. Diese Reform wird das Land teuer zu stehen kommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bartling, Sie sind wirklich der Einzige, der nun noch versucht, die Proteste ge
gen diese Polizeireform aufrechtzuerhalten. Alle anderen im Lande haben längst erkannt, dass diese Polizeireform genau die richtige ist, um zum einen der Polizei die besten Möglichkeiten zu geben, um zum anderen aber vor allen Dingen die innere Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten. Meine Damen und Herren, deshalb macht es eigentlich gar keinen Sinn, im Detail auf diese Punkte einzugehen. Es ist längst geklärt und insgesamt im Lande anerkannt, dass diese Polizeistrukturreform überfällig gewesen ist und genau den richtigen Schritt in die richtige Richtung darstellt.
Gestatten Sie mir noch zwei ganz kurze Anmerkungen hierzu. Der Kollege Dr. Lennartz hat gesagt, wir würden mit dieser Polizeistrukturreform die Polizeiverwaltung aufblähen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir werden etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Stäben in das operative Geschäft holen. Das ist genau der richtige Schritt in die richtige Richtung.
Herr Kollege Bartling hat gesagt, dass wir die Präventionsarbeit vernachlässigen würden. Sie wissen aber ganz genau, dass die Polizeibeamten, die diese Strukturreform vorbereitet haben, bei der Präventionsarbeit einen großen Schwerpunkt gesetzt haben. In den Polizeiinspektionen wird es hauptamtliche Mitarbeiter geben, die sich ausschließlich um Prävention kümmern und dem Polizeikommissariat mit Rat und Tat zur Seite stehen, damit dort zusammen mit den kommunal Verantwortlichen eine vernünftige Präventionsarbeit geleistet wird. Wir geben dort Input und verbessern die Präventionsarbeit, weil wir sie für richtig und für wichtig halten. Wir vernachlässigen sie in keinem Fall.
Ich finde auch interessant, was Sie zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr gesagt haben. Es hieß, ich als der für den Katastrophenschutz Zuständige würde mit der Umorganisation gerade diesen Bereich vernachlässigen. Auch hier ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn Sie das Elbehochwasser ansprechen, dann darf ich Sie daran erinnern, welche Leistungen gerade auch die Bundeswehr in diesem Zusammenhang erbracht hat. Wir sollten dafür dankbar sein. Wenn diese nicht mehr zur Verfügung haben, haben wir durchaus Probleme.
Lassen Sie mich deshalb noch etwas intensiver auf den Bereich des Katastrophenschutzes eingehen. Die Ereignisse des 11. September 2001, das Elbehochwasser und die Terroranschläge der letzten Monate - jüngst der verheerende Anschlag auf Züge in Madrid mit einem Massenanfall von Toten und Verletzten - haben die Notwendigkeit eines funktionsfähigen Katastrophenschutzmanagements gezeigt. Nachdem in der Vergangenheit nach Beendigung des Kalten Krieges in diesen Bereichen Ressourcen abgebaut worden sind und viele Einrichtungen für verzichtbar erklärt wurden, ist nunmehr mit der zwischen Bund und Ländern abgestimmten neuen Strategie für Bevölkerungsschutz wieder ein Schwerpunkt des politischen Handelns im Bereich des Katastrophenschutzes gesetzt worden. Das Land trägt dem im Rahmen der Umorganisation der Verwaltung Rechnung, indem nun den sechs Polizeidirektionen die Aufgaben des Katastrophen- und auch des Brandschutzes übertragen werden. Sowohl von den Inhalten als auch von den zu erwartenden Verknüpfungen der von den Polizeidirektionen wahrzunehmenden Aufgaben her gibt es zu dieser organisatorischen Einbindung keine Alternative. Gerade die enge Zusammenarbeit zwischen Polizeiund Katastrophenschutzbehörden zeichnet die Lagebewältigung aus. Das wird in der Zukunft noch erheblich verbessert werden können. Eine gleichmäßige Aufgabenwahrnehmung durch alle sechs Polizeidirektionen erleichtert und optimiert in der Alltagsarbeit insbesondere die erforderliche Koordination mit anderen Landesbehörden und gewährleistet eine sachgemäße Bearbeitung durch die kommunalen Aufgabenträger sowie deren Unterstützung.
Im Rahmen der Neuorganisation des Brandschutzes und der Hilfeleistung werden die bisherigen neun Bezirksbrandmeister der Bezirksregierungen als Regierungsbrandmeister organisatorisch meinem Hause angegliedert und dort weiterhin ehrenamtlich ihre Aufgaben erfüllen. Die verantwortungsmäßige Betreuung soll durch die Landesfeuerwehrschulen Celle und Loy erfolgen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss doch noch etwas ausführlicher auf den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen eingehen. Die Niedersächsische Landesregierung wird sich auch durch Ihren Antrag nicht zu Schnellschüssen und übereilten Entscheidungen hinreißen lassen.
Ich bin für Ihren Gesetzesantrag natürlich dankbar, da er mir die Gelegenheit bietet, unseren Bürgerinnen und Bürgern in Niedersachsen noch einmal deutlich zu machen, dass wir es als eine unserer wichtigsten Aufgaben ansehen, die Sicherheit der Menschen in Niedersachsen zu gewährleisten.
Wir treffen daher Entscheidungen zur Einschränkung von Eingriffsbefugnissen der Polizei und des Verfassungsschutzes, die zulasten der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen gehen, erst nach intensiver und reiflicher Prüfung aller verfassungsrechtlichen Voraussetzungen. Diese Vorgehensweise entspricht übrigens auch den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts, das dem Bundesgesetzgeber für die Änderung der Strafprozessordnung eine Frist bis zum Juni 2005 einräumt. Jetzt haben wir bald Mai 2004. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht unmittelbar über die Bestimmungen zur akustischen Wohnraumüberwachung nach der Strafprozessordnung entschieden hat - -
Die Akustik ist eigentlich ein gutes Stichwort, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, wenn Sie sich unterhalten möchten, dann gehen Sie bitte hinaus. Wenn Sie im Saal bleiben, müssen Sie schon zuhören. Der Geräuschpegel im Plenum ist wirklich nicht zu akzeptieren.