Protocol of the Session on March 11, 2004

Sie hätte Sie nämlich darauf hingewiesen, dass Sie mit Ihrem Ansatz, diese Kosten sparen zu müssen, um Ihre Kinder nicht zu belasten, völlig falsch liegen. Ihren und meinen Kindern ist es nämlich furchtbar egal, ob diese Schulden beim Land oder - wie Sie es jetzt vorhaben - bei den Kommunen sind. Das macht überhaupt nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denken Sie darüber nach, was ich gesagt habe. Diese Gelder müssen letzten Endes den Produ

zenten zugeordnet werden. Erst dann sind sie als öffentliche Mittel auch wirklich beseitigt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Oetjen nach § 71 Abs. 2 noch einmal für zwei Minuten das Wort. Herr Oetjen, bitte schön!

Herr Kollege Klein, Sie führen im Niedersächsischen Landtag genau die gleiche Diskussion fort, die uns Frau Künast von Berlin aus immer aufnötigt. Wenn wir Ihrer Argumentation folgen und die Kosten der Beseitigung von Tierkörpern einseitig nur den Tierhaltern anlasten würden, dann würde es den Landwirten in Niedersachsen noch schlechter gehen, als es ihnen schon jetzt geht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich sage Ihnen auch: Wenn wir diese Bundeslandwirtschaftsministerin Künast noch lange in Berlin haben werden, dann werden noch mehr Betriebe immer weiter kaputtgehen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Wie billig soll das Fleisch denn noch werden?)

Wir werden dann keine zukunftsfähige Landwirtschaft haben; denn wir werden dann gar keine Landwirtschaft mehr haben.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Ange- messene Preise!)

Deswegen ist Ihr Vorschlag, Herr Kollege Klein, zur Übernahme der Kosten durch die Tierhalter ein Baustein, mit dem Sie die Landwirtschaft systematisch kaputtmachen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Zu Herrn Kollegen Bartels: Sagen Sie doch bitte der Ehrlichkeit halber auch, dass in der mittelfristigen Finanzplanung auch der alten Landesregierung vorgesehen war, dass im Jahre 2003 die Beteiligung an den Kosten der Beseitigung des SRM-Materials auslaufen sollte. Das gehört auch zur Wahrheit, dass Sie es nicht weiter fortführen wollten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dieter Möhrmann [SPD]: Das hat er doch gar nicht bestritten!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu Wort gemeldet hat sich noch einmal der Landwirtschaftsminister. Herr Minister Ehlen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Klein, um das noch einmal klarzumachen und in Ihrer Logik zu bleiben: Sie reden nur darüber, wer welches Geld wohin verschiebt. Wenn diese Regelungen nicht von Ihrer Ministerin auf Bundesebene gekommen wären, dann hätten wir die Kosten überhaupt nicht. Das ist doch noch viel mehr.

Ich muss noch etwas richtig stellen. Es geht ja nicht, dass der Vorgänger im Amt, Herr Kollege Bartels, hier feststellt, dass Mittel zur Verfügung gestanden haben. Als ich das Haus übernommen habe, war kein Geld mehr da. Deshalb hat es nur für die erste Tranche gereicht, um über den Wahltag hinwegzukommen. Seien Sie doch ruhig mal ehrlich, Kollege Bartels! - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach § 71 Abs. 2 erteile ich Frau Kollegin Harms von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für eineinhalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe es als meine wiederkehrende Aufgabe an, in diesem Landtag dafür zu sorgen, dass in einer solchen Debatte nicht Geschichtsklitterung betrieben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Dass die Tierkörperbeseitigung zu einem solchen Problem geworden ist, ist bestimmt nicht die Schuld von Renate Künast.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erinnere mich sehr gut an wiederkehrende Debatten in diesem Landtag, in denen Herr Funke unter dem Beifall der CDU - auch von Ihnen, Herr Ehlen - erklärt hat, Deutschland sei BSE-frei. Dafür, was daraus geworden ist, haben allerdings viele Landwirte bitter bezahlt. Das ist jedoch nicht die Schuld von Frau Künast, sondern die Schuld einer völlig verfehlten Landwirtschaftspolitik gewesen. Herr Funke hat dafür bezahlt, und das war damals auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Hier wird immer wieder behauptet, Renate Künast sei verantwortlich für die Probleme der deutschen Landwirtschaft - -

(Zuruf von der CDU: Ist sie ja auch!)

- Frau Kollegin, wenn es eine Bundeslandwirtschaftsministerin gibt, die sich seit Jahren bemüht, Perspektiven für die bäuerliche Landwirtschaft zu finden,

(Widerspruch bei der CDU - Zurufe von der CDU: Was? - David McAllister [CDU]: Das ist Geschichtsklitterung hoch drei!)

dann ist es Renate Künast.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Jahrzehnte lang hat die alte Landwirtschaftspolitik zugesehen, wie der Strukturwandel in der Landwirtschaft vor sich gegangen ist. Das Höfesterben ist unter Landwirtschaftsministern der beiden Volksparteien eskaliert. Das, was Renate Künast macht, ist der Versuch, diese Entwicklung umzudrehen.

(Widerspruch bei der CDU)

Da können Sie sich noch so oft hinstellen und sie angreifen. Sie versucht, Perspektiven für den ländlichen Raum zu organisieren und hat das Gott sei Dank in enger Abstimmung z. B. mit Franz Fischler getan. Die neue Agrarpolitik, - -

Frau Kollegin, ich muss Sie unterbrechen. Kommen Sie bitte zum Schluss!

- - - die da vorbereitet worden ist, ist zum Nutzen der deutschen Landwirtschaft.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Bernd Althusmann [CDU]: Das war das Ergebnis von BSE, Frau Harms! Dahin führt das! - David McAl- lister [CDU]: Ab nach Brüssel! - Weite- re Zurufe von der CDU und von der FDP)

Meine Damen und Herren, aufgrund der Tatsache, dass die Landesregierung eben noch einmal gesprochen hat, erteile ich nunmehr nochmals nach § 71 Abs. 2 dem Kollegen Biestmann von der CDU-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön, Herr Biestmann!

(Bernd Althusmann [CDU]: Sag‘ mal, wohin das geführt hat mit BSE!)

Frau Kollegin Harms, dieser Eindruck darf nach einer, wie ich meine, insgesamt sachlichen Diskussion so nicht stehen bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Künast ist in der deutschen Landwirtschaft eine Persona non grata geworden. Das kann ich Ihnen nur sagen. Frau Künast lässt sich nirgendwo mehr sehen, auf keiner Veranstaltung. Ich kann Ihnen sagen: Wenn das in der europäischen Agrarpolitik umgesetzt worden wäre, was sich Frau Künast von der EU-Agrarreform erhofft hat, nämlich bis zu 20 % Modulation, um die Agrarpolitik in ihrem Sinne einer grünen Ideologie umzuformen, dann hätte das unsere Landwirte existenzlos gemacht. Das ist die Wahrheit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft in allen Bereichen - von den Milchviehbetrieben bis zu den Tierhaltungsbetrieben - ist noch nie so hoch gewesen wie heute. Die Existenzunsicherheit, die Perspektivlosigkeit der jungen Landwirte, der Hofnachfolger ist noch nie so groß und beängstigend gewesen wie in dieser Zeit.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht! Die meisten Betriebe existieren doch schon gar nicht mehr, Herr Kollege!)

Sie haben von den Geschehnissen in Berlin um die BSE-Krise gesprochen. Wir müssen eines sagen: Wenn jetzt alle Materialien vernichtet bzw. verbrannt werden müssen, dann mag das ja unter der Euphorie dieser BSE-Diskussion noch zu verantworten sein.

(Zurufe von den GRÜNEN: Eupho- rie?)

Wenn aber die Landwirte und die Landkreise mit den Kosten der Beseitigung allein gelassen werden, dann ist das ein Problem von Frau Künast und nicht unser Problem. Das gehört dazu, wenn man eine Gesamtbewertung macht. Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von den GRÜNEN)