Wie hat sich die CDU-Fraktion dazu verhalten? Hat sie diese Programme mit Rücksicht auf die Haushaltslage abgelehnt? - Im Gegenteil: Sie, Herr Möllring, haben am 24. September 2002 gesagt: Wir haben Ihnen gesagt, dass wir die 2 500 Lehrer finanzieren können. Dafür sind nur 0,6 % des gesamten Haushaltes umzuschichten. Das ist kein Problem. - Heute stellen Sie sich hin und beklagen, dass 700 nicht möglich sind, 2 500 aber schon. Im Übrigen sei das ein Haushalt, der vorne und hinten nicht dicht zu bekommen sei. Sie müssen sich einmal dafür entscheiden, welchen Weg Sie wirklich gehen möchten!
Meine Damen und Herren, am 23. Oktober 2002 fand eine Aktuelle Stunde statt. Da hat der jetzige Kultusminister über das dritte Kindergartenjahr gesprochen. Wir haben ihn gefragt, wie er das bezahlen will. Das sollte nämlich kostenfrei sein.
Wissen Sie, was er gesagt hat? - Das anstehende Kostenvolumen macht etwa 0,3 % des Landesetats aus. Mir kann niemand erzählen, dass - sofern politischer Wille vorhanden ist - trotz angespannter Finanzlage nicht ein solcher Handlungsspielraum dafür bestünde. Das muss hinzukriegen sein. - Wie haben Sie das denn hingekriegt? Wie wollen Sie das denn umsetzen? - Dazu kam heute kein Wort!
Meine Damen und Herren, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, die Anträge der CDU-Opposition aus der letzten Legislaturperiode zusammenzustellen, in denen sie die Landesregierung aufgefordert hat, ihre Ausgaben zu senken und dies konkret zu belegen. Ich stelle fest: Diese Liste ist leer geblieben - dazu waren Sie nie in der Lage.
Sie haben etwas anderes getan. Sie haben in weiteren Politikbereichen noch mehr versprochen und darüber im Landtag oder in der Öffentlichkeit gesprochen. Ich kann Ihnen die Liste der haushaltswirksamen Anträge vorlegen. Sie haben in diesem Parlament mehr als 2 Milliarden Euro eingefordert. Soll ich Sie an die Hanstedter Erklärung erinnern? Die hatte noch ein erheblich höheres Volumen. Was wollten Sie nicht alles? - Sie wollten den Sanierungsstau bei den Krankenhäusern beseitigen. Heute - neuer Finanzminister, neue Regierung -: null Euro für die Sanierung. Wir haben das gemacht, was zu tun und möglich war. Sie haben den Mund zu voll genommen.
Wir müssen Ihnen heute sagen: Die Bürgerinnen und Bürger im Lande werden sich natürlich merken, dass Sie vorher anders geredet haben, als Sie heute wirklich handeln können. Insofern setzen Sie nur die bisherige erfolgreiche Finanzpolitik von Heiner Aller fort, der gesagt hat: Wir finanzieren nur das, was wir wirklich im Haushalt darstellen können.
(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Sie haben es wirklich noch nicht verstanden! Sie schwelgen immer noch nostalgisch in der Ver- gangenheit! - Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, Sie wollten den Sanierungsstau bei den Landesstraßen beseitigen - zusätzliche Kosten: 45 Millionen Euro. Ich habe heute keine Aussage dazu gehört. Ich habe gelesen, dass die FDP den Stau beim Radwegebau aufheben möchte. Das wird wahrscheinlich 10 Millionen Euro kosten. Ich habe auch gelesen, wie Sie das finanzieren möchten. Sie sagen: Wenn wir diese unsinnigen Auflagen nicht mehr erfüllen müssen, dann können wir wieder Radwege bauen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie das im Nachtragshaushalt darstellen wollen. Solide Finanzpolitik ist das jedenfalls nicht.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen einmal vorhalten, was Sie alles in Sachen Unterrichtsversorgung gefordert haben. Sie wollten die Stundentafel der Grundschule von 88 auf 96 Stunden erhöhen - Kosten: 53,3 Millionen Euro. Ich bin gespannt, ob wir das im Nachtragshaushalt finden werden. Sie wollten die Pflichtstunden der Kurs
stufe von 28 auf 32 Stunden erhöhen - Kosten: 16,3 Millionen Euro. Auch hier sind wir gespannt, wie das laufen wird. Sie wollten die Stundentafel der Realschule auf 32 Stunden pro Klasse erhöhen - Kosten: 22,8 Millionen Euro. Außerdem wollten Sie die naturwissenschaftlichen Fächer stärken. Der Finanzminister hat eben gesagt, er könne die Sozialpädagogen nicht weiter finanzieren. Übrigens hat das Land nur die Hälfte bezahlt, den Rest haben die Kommunen finanziert. Sie haben einen Antrag eingebracht - den muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, in dem Sie für die Jahrgänge 5 bis 10 Ganztagsbetreuung durch Sozialpädagogen gefordert haben - Kosten: 132,3 Millionen Euro.
Wieso machen Sie heute diese Aussagen, obwohl Sie früher andere gemacht haben? Wer soll Ihnen dazu noch etwas abnehmen?
Wenn ich die Summe aus allen diesen Forderungen im Bildungsbereich ziehe, Herr Möllring, dann kommen Sie mit Ihren 2 500 Lehrerinnen und Lehrern und den Kosten von etwas über 100 Millionen Euro nicht hin. Alleine das, was ich Ihnen eben vorgelesen habe, macht 257,3 Millionen Euro aus. Das ist die Ausgangslage auch für Ihre Arbeit. Wir und Sie haben eine Ausgangslage. Mit beiden muss man umgehen, nicht nur mit dem, was möglicherweise durch äußere Einflüsse - aber vielleicht auch durch falsches politisches Handeln - entstanden ist. Auch Sie müssen sich vorhalten, wie Sie in der Vergangenheit mit diesem Land und diesem Haushalt umgegangen sind.
Meine Damen und Herren, man kann zu diesem Finanzminister und zu der Landesregierung von der SPD und von der SPD und den Grünen sagen, was man will. Aber wenn das Institut der deutschen Wirtschaft feststellt, dass wir in den Jahren von 1990 bis 2000 im Länderranking mit dem geringsten Ausgabenzuwachs auf Platz 3 und mit dem geringsten Anstieg der Personalausgaben auf Platz 2 gestanden haben, dann ist das meiner Meinung nach eine Anerkennung der Arbeit, die die Landesregierung unter Sigmar Gabriel vollbracht hat.
Daher finde ich es fragwürdig, wenn man - obwohl man selber in den früheren Jahren noch mehr Forderungen gestellt hat - sich hier hinstellt und sagt, man hätte, wenn man den Rezepten der CDUFraktion gefolgt wäre, heute eine bessere Ausgangslage. Das Gegenteil, meine Damen und Herren, ist der Fall. Wir haben Disziplin geübt. Aber auch uns sind die Einnahmen natürlich weggebrochen. Für ein finanzschwaches Land ist es natürlich sehr viel schwieriger, die Ausgaben weiter zu senken.
Die uns vorgeworfenen Ausgabesteigerungen - Herr Möllring, das müssten Sie doch von Ihren Beamten erfahren haben - beruhen im Wesentlichen auf Investitionen im Bereich Bildung. Bei der Betrachtung dieser Ausgaben, Herr Möllring, können Sie nicht mit zweierlei Maß messen. Wenn Sie 2 500 Lehrer einstellen, dann sagen Sie, es sei eine Zukunftsinvestition. Wenn die Regierung Gabriel den Etat im Bereich Bildung um 230 Millionen Euro erhöht hat, dann sind konsumtive Ausgaben. Herr Möllring, so sollten wir nicht miteinander umgehen.
Meine Damen und Herren, außer neuen Überschriften kann ich zumindest heute kein Konzept erkennen. Die Regierung ist zwar erst seit vier Wochen im Amt, aber die Übernahme der Regierungsverantwortung kam nach 13 Jahren Opposition offenbar so überraschend, dass es bis heute kein finanzpolitisches Konzept gibt.
Herr Möllring hat nun einen Turnaround-Fonds aus der Mottenkiste des Wahlkampfes geholt, nachdem er im Koalitionsvertrag schon nicht mehr aufgetaucht war. Mit diesem Fonds - das ist eigentlich die Beschreibung dessen, was damit gemacht wird - bekommen Haushaltsumschichtungen einen neuen Namen; es ändert sich aber nichts an den Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip mit dem einzigen Ziel, zumindest das Wahlversprechen der 2 500 neuen Lehrer finanzieren zu können.
Meine Damen und Herren, alles das, was der Finanzminister jetzt umgesetzt hat, ist das, was im Haushaltsaufstellungserlass von Minister Aller wörtlich festgelegt worden war. Das ist keine Leistung Möllrings, sondern noch eine Leistung Allers.
Meine Damen und Herren, man muss sich natürlich auch einmal fragen, ob es nicht die Möglichkeit gäbe, in Anbetracht der Finanzlage noch einmal über die 2 500 neuen Lehrer zu reden. Wir haben dieser Forderung in der Öffentlichkeit und auch im Wahlkampf nicht erhoben; diese Forderung haben Sie erhoben. Ich bin sehr gespannt, was Ihr Sanierer, Herr Meyerding, in seiner neuen Rolle zu dieser Einstellung sagen wird. Ich kann mich nur an das erinnern, was der Landesrechnungshof in der Vergangenheit zu der Einstellung von 2 500 zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern gesagt hat. Ich kann mir nicht vorstellen - so kenne ich Herrn Meyerding -, dass er seine Auffassung insoweit diametral geändert hat. Deshalb bin ich auf diese Auseinandersetzung innerhalb Ihrer Landesregierung sehr gespannt.
Meine Damen und Herren, eines lässt die CDUFraktion nach wie vor außer Acht. Es geht in Niedersachsen gar nicht mehr darum, neue Versprechen zu finanzieren. Dafür hat das Land kein Geld. Ich teile diese realistische Beschreibung von Herrn Möllring. Im Jahre 2004 haben wir eine Deckungslücke von mindestens 2,2 Milliarden Euro. Mit dem Gerede vom Turnaround-Fonds ist davon noch kein Cent abgebaut worden. Denn, meine Damen und Herren, Sie sollten nicht vergessen - Herr Möllring, das wissen Sie genauso gut wie ich -, dass man Personalkosten dauerhaft nicht durch das Veräußern von Vermögen erwirtschaften kann. Das gelingt ein Jahr, und dann müssen Sie diese Ausgaben aus Steuereinnahmen bezahlen, und wenn diese Einnahmen weggebrochen sind, dann haben wir gemeinsam ein riesiges Problem.
Deshalb, meine Damen und Herren, geht es doch zu allererst darum, die Steuerausfälle abzudecken. Erst wenn dies bewerkstelligt ist, darf an Leistungsausweitung gedacht werden.
Meine Damen und Herren, wie Sie aber die kommenden Einnahmeausfälle in den Jahren 2004 ff. ausgleichen wollen, haben Sie nicht erklärt. Die von der alten Landesregierung vorgesehene Abschmelzung des Eigenkapitals der Hannoverschen Beteilungsgesellschaft wollen Sie wie geplant durchführen. Das kann ich ja verstehen. Sie brauchen frisches Geld. Die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft hält die Anteile des Landes z. B. an VW. Wenn Sie aber nun das Eigenkapital senken, muss dies kreditfinanziert werden. Herr Möllring, ich kann mich noch genau daran erinnern, wie
scharf Sie dieses Vorhaben gegeißelt haben. Heute machen Sie genauso weiter und erwecken den Eindruck, als könne man mit einem Zukunftsfonds - es gibt einen Turnaround-Fonds, und es gibt einen Zukunftsfonds - neues Geld generieren, um Zukunftsaufgaben des Landes zu finanzieren. Auch das ist eine reine Täuschung der Öffentlichkeit. Es geschieht nichts anderes als das, was die alte Landesregierung unter Ministerpräsident Gabriel unter ganz bestimmten finanzpolitischen Zwängen ebenfalls vorgehabt hat.
Meine Damen und Herren, Sie kündigen die Auflösung von Schattenhaushalten an, indem Sie die Niedersächsische Finanzierungsgesellschaft auflösen wollen, erhöhen aber gleichzeitig die Verschuldung einer anderen Landesgesellschaft. Sie werden wortbrüchig. Ich will Ihnen sagen, an welchem Punkt mich das besonders geärgert hat. Die Ablösung der EXPO-Verbindlichkeiten durch die Überführung des zweckgebundenen Kredites, der nach Maßgabe der Beschlüsse der alten Landesregierung in zehn Jahren abgebaut werden soll, wird jetzt in die allgemeine Schuldenaufnahme des Landes überstellt, was bedeutet, dass es auch in zehn und wahrscheinlich auch in 20 Jahren nicht zurückgeführt werden wird, so lange, bis wir alle an dem Punkt angekommen sind, dass wir überhaupt keine Schulden zurückführen können.
Herr Möllring, wissen Sie noch, was Sie von uns gefordert haben? - Wir sollten das in einem Haushalt darstellen. Sie verschieben es auf den SanktNimmerleins-Tag!
Um beim Wortbruch zu bleiben: Ich erinnere mich noch an die schneidigen Auftritte von Herrn Althusmann.
Da gab es hier Eingaben, weil das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass kinderreiche Beamte besser alimentiert werden müssen.
Wie hat er hier gepredigt! Ich will Ihnen einmal vorlesen, was er gesagt hat: Wir meinen, dass die rückwirkende Nachzahlung eines höheren Kindergeldanteils im Ortszuschlag den Beamten in Niedersachsen nicht vorenthalten werden darf. - Und
was finanzieren Sie davon? - Keinen Euro! Weder Sie noch Herr Möllring sind in der Lage, es zu bezahlen, aber als Opposition konnten Sie das fordern. Dies werden Sie von uns nicht erleben.
Meine Damen und Herren, dann gibt es landauf, landab, nicht nur in Niedersachsen, ein Problem. Es geht um die Gemeindefinanzreform. Mein Eindruck ist, dass diese neue Landesregierung noch kein Konzept gefunden hat.
Sie haben sich zwar hier hingestellt und mit Anträgen die Senkung der Gewerbesteuerumlage von 30 auf 20 % beklagt, haben aber nie gesagt, wie Sie das bezahlen wollen, und jetzt liest man davon gar nichts mehr. Ich höre nichts von einer Bundesratsinitiative, ich höre auch nichts von einer Finanzierung im eigenen Haushalt, weil das Land das ja auch finanzieren könnte. Ich stelle nur fest, dass die Koalition uneinig ist. Im Haushaltsausschuss sagt die FDP: Gewerbesteuer brauchen wir gar nicht mehr. - Die Landesregierung sagt: Das wissen wir nicht. Mal gucken. - Also, Sie sind sich nicht einig. Das, was Sie uns immer vorgeworfen haben, dass wir uns nicht um die Finanzen kümmern würden, fällt auf Sie zurück. Sie bieten den Kommunen nichts an.
Sie bieten ihnen weder die 500 Millionen DM an, die Sie einmal gefordert haben, noch die in der Hanstedter Erklärung geforderten 500 Millionen Euro. Sie bieten ihnen keine Perspektive bei der Gewerbesteuer an. Sie haben zu diesem Thema kein Konzept.