Protocol of the Session on February 18, 2004

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12: Einzige (abschließende) Beratung: Verfassungsgerichtliche Verfahren A. Verfassungsrechtliche Prüfung der Frage, 1. ob § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ergänzung abgaberechtlicher Vorschriften für öffentliche Spielbanken vom 14. Juni 2002 (Nds. GVBl. Nr. 16/2002 S. 174) gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt, 2. ob § 3 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973 (Nds. GVBl. 1973 S. 253) gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt. - Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 14. Mai 2003 3 K 264/95 B. Verfassungsrechtliche Prüfung der Frage, ob die Vorschrift des § 3 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 5 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ergänzung abgaberechtlicher Vorschriften für öffentliche Spielbanken vom 14. Juni 2002 gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt. Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 14. Mai 2003 - 3 K 289/95 - Schreiben des Bundesverfassungsgerichts - Zweiter Senat - vom 09.12.2003 - 2 BvL 5/03 und 2 BvL 6/03 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 15/757

Die Beschlussempfehlung lautet, von einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzusehen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Keine Ausweitung der Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz, stattdessen Überprüfung der vorhandenen Strukturen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/247 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/769

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Mir liegt eine Wortmeldung von Herrn Professor Lennartz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ansage der Landesregierung war und ist: Wir werden eine umfangreiche Verwaltungsreform machen. Alles kommt auf den Prüfstand. - Im Bereich der unmittelbaren Verwaltungsreform, also bei der Auflösung der Bezirksregierungen und dem, was danach folgt, sind Sie auf dem Weg, mit dem Modell der so genannten Landesagenturen, einer Art institutioneller runder Tisch, vor die Wand zu fahren. Herr McAllister - im Augenblick ist er leider nicht da - hat doch kürzlich erklärt: „Statt runder Tische klare Kanten.“ Wie passt das eigentlich zusammen?

(Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Gar nicht!)

Sie krempeln die Polizeiorganisation um und zentralisieren die Polizeiinspektionen. Das ist „echte“ Bürgernähe und Kommunalfreundlichkeit.

(Heinz Rolfes [CDU]: Richtig! Wir wollen mehr Polizei bei unseren Bür- gern!)

Nur eine Insel der Glückseligen bleibt übrig - das Landesamt für Verfassungsschutz. Es gibt keine organisatorische Überprüfung und keinen Stellenabbau. Nein, es gibt sogar Stellenzuwächse, weil die Bedrohungslage das angeblich erfordert.

In Antwort auf meine Anfrage zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus in Niedersachsen muss der Innenminister - er ist bei diesem Thema leider auch nicht anwesend - einräumen, dass es die von

ihm stereotyp wiederholte Bedrohungslage in Niedersachsen nicht gibt. Damit ist doch die Rechtfertigung für die Tabuisierung des Landesamtes für Verfassungsschutz entfallen. Gleichwohl werden dem Bereich des polizeilichen Staatsschutzes und des Verfassungsschutzes zusätzliche Personalkosten von jährlich 1,65 Millionen Euro und nicht bezifferbare zusätzliche Sachkosten beim Landesamt für Verfassungsschutz eingeräumt.

Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, wo bleibt Ihre Handschrift entsprechend Ihren Rufen nach Verschlankung und Bürokratieabbau? Sind Sie vor dem Steckenpferd des Innenministers eingeknickt, obwohl Sie für dieses Jahr bei Ihrem Neujahrsempfang die Profilierung Ihrer Fraktion innerhalb der Koalition angekündigt hatten? - Profilieren Sie sich doch jetzt bei diesem Thema, indem Sie unseren Antrag unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir fordern die Landesregierung insbesondere auf, sich unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem NPD-Verbotsverfahren mit der Reform der Geheimdienste zu befassen und sicherzustellen, dass auch im Landesamt für Verfassungsschutz Niedersachsen ein anteiliger Konsolidierungsbeitrag für den Landeshaushalt erwirtschaftet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, grenzen Sie sich mit uns von der Logik der CDU ab, die Freiheit als Gefahr sieht, vor der man bei der Sicherheit Zuflucht nehmen müsse. Wenn dieser Weg beschritten wird - so sagt Ihr Parteifreund Burkhard Hirsch jedenfalls -, ist der Überwachungsstaat nicht mehr fern. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Bode von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Professor Lennartz, Sie haben mich jetzt schon ein wenig überrascht; die Frage der Kompetenzausweitung des Landesamtes für Verfassungsschutz haben Sie als Frage der Verwaltungsmodernisierung diskutiert; das war von Ihnen in den Ausschüssen noch mit einem ganz anderen Inhalt ein

gebracht worden. Da wir alle - bis auf die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen – im letzten Plenarsitzungsabschnitt ein neues Gesetz für das Landesamt für Verfassungsschutz beschlossen haben, ist der Antrag in diesen Punkten doch eigentlich erledigt; denn der Landtag hat entschieden.

Wenn Sie jetzt sagen, das Landesamt für Verfassungsschutz sollte unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsreform von Herrn Meyerding untersucht werden, halte ich das aber für falsch. Die FDP-Fraktion ist nicht der Meinung -, bei den Grünen war das wohl einmal so -, dass man das Landesamt für Verfassungsschutz, weil es ein Landesamt ist, abschaffen soll. Das wollen wir auf gar keinen Fall.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat einen Auftrag, den es unserer Meinung nach verantwortungsvoll und richtig wahrnimmt. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat den Auftrag, die Sicherheit im Land Niedersachsen zu gewährleisten. Dies ist für uns ein Schwerpunkt. Das haben Sie richtig erkannt. Wenn wir einen Schwerpunkt setzen - das ist im Bereich Schule so, das war im Bereich Polizei so, das ist auch im Bereich Verfassungsschutz so -, dann werden wir für diesen Schwerpunkt auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.

Es ist natürlich überflüssig, dass Sie uns auffordern, eine Prüfung für Reformen für eine Neuausrichtung des Verfassungsschutzes durchzuführen. Es ist doch ganz klar: Wenn wir den Schwerpunkt Sicherheit für Niedersachsen haben, prüfen wir natürlich die Strukturen, wie diese Sicherheit organisatorisch optimal gewährleistet sein kann. Sie sehen das in dem bereits vorgestellten Modell der Polizeistrukturreform, bei dem wir mit den Bediensteten eine Reform vorgelegt haben, die nicht nur dazu führt, dass wir mehr Polizisten in der Fläche und auf der Straße haben, sondern durchaus auch bessere Ermittlungs- und Sicherheitsergebnisse. Genauso wird auch das Landesamt für Verfassungsschutz optimiert werden.

Die Kompetenzen, die wir dem Verfassungsschutz im letzten Plenarsitzungsabschnitt eingeräumt haben, sind vom Landtag - bis auf die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen - allgemein getragen worden. Im Bund haben Sie das noch anders gesehen. Sie haben auch heute leider nicht aufklären können, woher der Sinneswandel im Verhältnis zu Ihrer Bundestagsfraktion rührt.

Auch die Frage der Organisation wird das Ministerium in den weiteren Gesprächen und Beratungen optimieren. Ich meine, es ist nicht erforderlich, diesen Antrag unter diesem jetzt völlig neuen Gesichtspunkt der Verwaltungsmodernisierung weiter zu diskutieren. Er ist überflüssig, wir sollten ihn ablehnen. Die Sicherheit ist für die Koalition von CDU- und FDP-Fraktion in Niedersachsen ein Schwerpunktthema. Die Sicherheit werden wir mit dem Landesamt für Verfassungsschutz sicherstellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau WörmerZimmermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hatte schon erwähnt, dass wir im letzten Monat das Gesetz zur Änderung verfassungs- und geheimschutzrechtlicher Vorschriften verabschiedet und somit bereits die Ausweitung der Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz beschlossen haben.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir von der SPD-Fraktion mit einigen Stellen der Gesetzesänderung unsere Probleme hatten, weil Niedersachsen z. B. bei der Wohnraumüberwachung über das hinausgeht, was in Berlin beschlossen wurde. Doch in den meisten Punkten stimmten wir überein. Deshalb haben wir auch zugestimmt. Lieber Kollege Herr Professor Dr. Lennartz, es wird Sie sicherlich nicht überraschen, dass wir heute Ihrem Antrag nicht zustimmen können.

Für uns war die Forderung nach Überprüfung des Gesetzes nach einer Frist von fünf Jahren wichtig. Diese Forderung ist erfüllt. Wir werden die Evaluation nutzen, um festzustellen, ob gegebenenfalls einige der zusätzlichen Befugnisse, die das Landesamt für Verfassungsschutz jetzt bekommen hat, aufgrund einer geringeren Bedrohungslage oder anderer veränderter Bedingungen wieder zurückgenommen werden können.

Auch wir haben uns gewundert, dass Sie den Antrag nicht zurückgezogen haben, weil er ja eigentlich erledigt ist. Es gibt aber noch ein paar Punkte, auf die ich kurz eingehen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Grünen, Sie verweisen mit Ihrem Antrag unter Punkt 1 auf eine von der Innenministerkonferenz angekündigte Strukturkommission zur Reform der Geheimdienste auf Bundesebene. Von der Einsetzung einer Kommission auf Bundesebene wissen wir nichts. Es gibt da ja schon viele Kommissionen. Aber wir wissen von einer Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung, die besagt, die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste zu evaluieren. Das können wir nur begrüßen. Wir werden sehen, was dann dabei herauskommt.

Die Pannen, die anlässlich des NPD-Verbotsverfahrens aufgetreten sind, haben nach unserer Meinung nichts mit der Struktur und Organisation der Verfassungsschutzämter zu tun, wie Sie in Ihrem Antrag behaupten. Sie liegen nach meiner Meinung vielmehr in der Schusseligkeit einzelner Beamter und in der Entscheidung eines Richters, die für viele nicht nachvollziehbar war. Das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren als Begründung für eine dringende Reform der Geheimdienste anzusehen, findet nicht unsere Zustimmung.

In Punkt 3 fordern Sie, dass das Landesamt für Verfassungsschutz einen anteiligen Konsolidierungsbeitrag für den Landeshaushalt erwirtschaften soll. Sie haben das eben noch einmal begründet, Kollege Dr. Lennartz. Ich muss Ihnen sagen, die SPD-Landesregierung hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 für das Landesamt kurzfristig elf Stellen zusätzlich bereitgestellt, weil das wichtig war. Hierbei ging es auch um die Einstellung von Personal mit arabischen Sprachkenntnissen. Ich erinnere mich daran, dem damaligen Oppositionspolitiker Uwe Schünemann war das seinerzeit noch zu wenig. Er forderte sogar 50 neue Stellen für das Landesamt. Aber jetzt unter der Last der Verantwortung eines Ministers sieht er das natürlich anders.

(Zuruf von Hans-Christian Biallas [CDU])

- Aber immerhin, Kollege Biallas, Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen. Darüber will ich mich heute gar nicht mit Ihnen streiten.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich mich aufrege!)

Wir haben uns erkundigt, inzwischen sind gemäß dem Beschäftigungsvolumen durch Ausleihe von der Polizei diese Stellen besetzt.

Meine Damen und Herren, wir müssen doch bei Sparmaßnahmen in dem Bereich berücksichtigen, dass in den Jahren vor den schweren terroristischen Anschlägen das Landesamt immer wieder Kürzungen im Haushalt hinnehmen musste.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Sie haben das ja bald halbiert! Das ist SPD-Politik!)

Hier wurden viele Jahre Konsollidierungsbeiträge zum Haushalt geleistet, meine Damen und Herren. Sie wissen doch auch, dass seit Ende der 80erJahre viele Stellen beim Verfassungsschutz abgebaut wurden. Damit hatte schon die Regierung Albrecht begonnen. Das war auch richtig, nachdem die Mauer und der eiserne Vorhang gefallen waren.

Doch bei der momentanen Bedrohungslage durch Terroranschläge halten wir es ebenso wie die Regierungsfraktionen für falsch, Personal beim Verfassungsschutz abzubauen. Das kommt ja bei Ihrer Forderung nach einem Konsolidierungsbeitrag heraus.

Meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, dass der Verfassungsschutz neben der Beobachtung der islamistisch-extremistischen Terrorgruppen auch noch andere wichtige Aufgaben hat.

(Zustimmung von Heiner Bartling [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Grünen, Sie wollen doch sicherlich auch nicht, dass der niedersächsische Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind wird, weil er nicht genügend Personal hat.

(Beifall bei der SPD)