Eigentlich erschwert das die inhaltliche Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag. Ich fasse das zusammen, weil es wichtig ist, das verfassungsrechtlich ein bisschen zu bewerten. Wir haben ja gestern über verfassungsrechtliche Fragen im Rahmen der Kopftuch-Diskussion ausführlich disku
Wenn es nach Ihrem Antrag geht, soll die Landesregierung aufgefordert werden, an § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes festzuhalten. Da geht es um die Schülerbeförderung.
- Die Frage ist - gerade auf Ihren Zwischenruf hin -, ob es sinnvoll ist, jemand aufzufordern, etwas nicht zu ändern. Eigentlich ist es die Aufgabe der Opposition, jemanden aufzufordern, etwas zu ändern, damit es besser wird. Aber Sie fordern jemanden auf, etwas nicht zu ändern, obwohl gar kein Anlass besteht.
Meine Damen und Herren, Gesetzesänderungen werden immer noch vom Landtag beschlossen. Das wird auch so bleiben. Die Landesregierung hat überhaupt nicht die Möglichkeit, die Sie in Ihrem Antrag voraussetzen. Verfassungsgemäß müsste Ihr Antrag eigentlich folgendermaßen heißen, wenn er denn richtig wäre: „Der Landtag fordert den Landtag auf, an § 114 des Schulgesetzes festzuhalten.“ Das wäre eigentlich die wahre Definition, wenn Sie sich an die Verfassung hielten.
Wenn ich diesen Antrag jetzt doch noch richtig in der Diktion verstehen soll, wie er vorgetragen worden ist, ist das wahrscheinlich ein Selbstverpflichtungsantrag, Herr Kollege Voigtländer, oder eine vorweggenommene Ablehnung einer möglichen Gesetzesänderung. So muss man das wohl verstehen.
Ich fasse das zusammen: Wir sind schnell, und wir sind fleißig. Das war angesichts des Reformstaus, den wir in Niedersachsen mit den schlechten Ergebnissen in allen Bereichen vorgefunden haben, auch notwendig. Aber um auf die Idee zu kommen, Herr Voigtländer, einen Gesetzentwurf abzulehnen, den es gar nicht gibt, muss man lange unter Sigmar Gabriel gedient haben.
Er hat es verstanden, nachts einen Gesetzentwurf zu schreiben. Wenn er einen solchen Gesetzentwurf geschrieben hatte, dann war das in der Regel
Der Antrag ist unbrauchbar - das muss man klar sagen -, und er ist reiner Populismus. So muss er auch verstanden werden.
Die Kreise und die kreisfreien Städte sind nicht nur Träger der Schülerbeförderung, sondern diese Aufgabe gehört auch zum eigenen Wirkungskreis der Kommunen. Es ist deshalb das gute Recht der Kommunen, Forderungen an das Land zu stellen, die gesetzlichen Vorgaben so zu gestalten, dass vor Ort für die Träger der Schülerbeförderung aus ihrer Sicht beste Lösungen möglich sind.
Meine Damen und Herren, mehr als diese Forderung an das Land heranzutragen, ist nicht geschehen. Wenn Sie, wie Sie es angedeutet haben, auf die Pressekonferenz des Innenministers hinweisen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Er hat nur das, was von den Kommunen an ihn herangetragen worden ist, wiederholt. Nichts anderes hat er getan. Übrigens sind diese Informationen bzw. Anregungen auch von SPD-regierten Kommunen an den Innenminister herangetragen worden. Wir nehmen diese Forderungen sehr ernst. Wir werden sehr genau prüfen, ob überhaupt Verbesserungen zugunsten der Kommunen im Bereich der Schülerbeförderung möglich sind. Es muss klar sein, dass es Ziel unserer Politik ist, die Kommunen von unnötigen gesetzlichen Gängelungen gerade im eigenen Wirkungsbereich zu befreien. Das ist ein besonderes Anliegen, dem wir uns verpflichtet fühlen.
Meine Damen und Herren, es besteht zurzeit weder die Absicht noch die Notwendigkeit, eine gesetzliche Veränderung vorzunehmen.
Aber Denkverbote lassen wir uns von Ihnen nicht auferlegen. Denkbare Veränderungen für die kommunale Ebene sollen bei der Schülerbeförderung dort an Grenzen stoßen, wo die finanzielle Belastbarkeit der Eltern überschritten wird. Denkbare Verbesserungen für die Träger der Schülerbeförderung sind nur dann tragbar, wenn die Einkommensverhältnisse der Eltern keine Auswirkun
gen auf den Bildungsweg der Kinder haben. Verbesserungen zu Lasten der Bildung in unserem Land sind mit uns überhaupt nicht zu verwirklichen.
Meine Damen und Herren, im Übrigen finden zurzeit Gespräche zwischen dem Landeselternrat und dem Innenministerium, zwischen den kommunalen Spitzenverbänden sowie dem Innenministerium und dem Kultusministerium statt. Hier wird nach Wegen gesucht. Das wird auch so weitergeführt werden, meine Damen und Herren. Das hat es bei Ihnen anscheinend über Jahre nicht gegeben.
Wir müssen auch darüber nachdenken, welche Veränderungen durch die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung auf die jeweiligen Kommunen zukommen. Wir gehen im Moment davon aus, dass es in manchen Bereichen zu geringeren Kosten bei der Schülerbeförderung kommen wird - vielleicht hier und da mehr, in einigen Bereichen aber auch weniger -, weil wir viele zusätzliche Schulstandorte haben. Deshalb wird es weniger Schülerverkehr geben. Von daher muss man sich das alles genau angucken, bevor man Denkverbote ausspricht.
Also: Denkverbote wird es nicht geben. Wir werden weiter denken. Und weil wir weiter denken – das kann ich heute schon sagen –, werden wir Ihren Antrag ablehnen, falls wir heute zu einer Abstimmung kommen. - Nein, wir gehen in die Ausschussberatung und werden ihn dann ablehnen. Das kann ich Ihnen auch schon sagen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klare, zur Aufklärung: Wir sind in der zweiten Beratung. Eigentlich sollten Sie diesen Antrag im Fachausschuss ausführlich beraten haben. Das ist anscheinend nicht der Fall gewesen.
Sie haben aber die Worte „einstweilen“ und „heute“ gebraucht. Das sind Ihre Zauberworte. Bei solchen Worten muss man sich nicht konkret auf den Sachverhalt beziehen, sondern man kann sagen: Wir gucken erst einmal, was in Zukunft auf uns zukommt. – Sie sollten heute aber einmal klar sagen, wo es langgeht.
Ich habe jetzt verstanden, warum Sie solche Eile haben, diesen Antrag abzulehnen: Sie wollen wieder einmal ein unliebsames Thema vom Tisch haben, damit nicht so deutlich wird, wohin die Reise für Familien mit Kindern in Niedersachsen geht, und dass diese Regierung doch nicht so kinderund familienfreundlich ist, wie sie sich so gerne den Anschein gibt.
Wir leben in Niedersachsen in einem Flächenland. Die Bildungschancen sind immer von der Erreichbarkeit einer geeigneten Schule abhängig. Die Entfernungen betragen nun einmal im ländlichen Raum zum Teil 20, 30 oder sogar noch mehr Kilometer. Mit Ihrer ideologisch motivierten Schulstrukturreform – zurück zur Dreigliedrigkeit nach Klasse 4 - haben Sie den Eltern und ihren Kindern, aber insbesondere den Landkreisen ein dickes Kuckucksei ins Nest gelegt. Erzählen Sie jetzt bloß nicht, dass weniger Kosten auf die Kommunen zukommen!
Die Kosten der Schülerbeförderung steigen. Es gibt dazu diverse Berechnungen. Vielleicht sollten Sie sich einmal damit beschäftigen.
Die Landesregierung denkt ja auch noch über weitere Einzelbeförderungen nach, zum Beispiel für die wöchentlichen Fahrten von Hauptschülern zu den Betriebspraktika.
Das Vorgehen dieser Landesregierung erinnert ganz an Salamitaktik: Erst Hausaufgabenhilfe, dann die Lernmittelfreiheit - Herr Busemann denkt sich im stillen Kämmerlein ein Mietmodell aus -, dann steht das Kindertagesstättengesetz ebenso zur Disposition wie die kostenlose Schülerbeförderung. Streuen Sie den Menschen keinen Sand in die Augen!
Wenn es darum geht, dass Sie konkrete Alternativen benennen und das zukünftige Verfahren darstellen sollen, verweisen Sie auf diverse nebulöse Arbeitsgemeinschaften, Abstimmungsprozesse und sonstige Spitzfindigkeiten, wie ich es nennen würde.
Meine Damen und Herren, das alles ist Taktik. Bloß nicht zu viel Klarheit, bloß nicht zu viele unangenehme Nachrichten für die Familien und Kommunen auf einmal, immer alles schön der Reihe nach.
Herr Minister Busemann, das ist eine Mogel-Arie par excellence, die Sie hier inszenieren. Das Ergebnis Ihrer Politik ist: Anstelle von Chancengleichheit schaffen Sie Chancenungleichheit. Anstelle von Kinderfreundlichkeit belasten Sie Familien mit Kindern. Statt Förderung des ländlichen Raums grenzen Sie die Kinder im ländlichen Raum durch Mehrkosten aus.
Ich fordere Sie auf: Lassen Sie die Finger von der kostenlosen Schülerbeförderung, und benachteiligen Sie nicht den ländlichen Raum!
Ich habe eine Bitte: Packen Sie lieber ein Thema an, das uns vor Ort unter den Nägeln brennt. Dabei geht es um Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der Schülerbeförderung. Warum hat nicht jedes Kind einen Sitzplatz? Weshalb erinnern immer noch viele Schülertransporte an Viehtransporte? Weshalb ist die Ausstattung der Busse mit Sicherheitsgurten und Kopfstützen nicht vorgesehen?
Sind Ihnen unsere Kinder das nicht wert? - Das sind Themen, die die Eltern vorrangig interessieren. Diese Themen sollten Sie als angeblich so kinderfreundliche Landesregierung anpacken. – Danke schön.