Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sicherheitslage in Deutschland hat sich verändert. Das zeigt sich u. a. in der fortschreitenden Ausbreitung der Organisierten Kriminalität, aber auch in der Steigerung der Gewaltkriminalität. Mit den Ermittlungsmethoden und Einsatzmaßnahmen von gestern können die Sicherheitsprobleme von heute und morgen nicht wirksam bekämpft werden. Wir sind im Rahmen unserer Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die sicherheitspolitischen Herausforderungen nur zu meistern sind, wenn es gesetzliche Regelungen gibt, die für den konkreten Einzelfall Wirkung entfalten können.
Deshalb ist es unumgänglich, dass die Prävention bei allen für die Sicherheit in unserem Land Verantwortlichen hohe Priorität hat. Aber - dies sage ich sehr deutlich - es geht bei der Verbrechensbekämpfung auch nicht ohne repressive Maßnahmen. Die Polizei muss, wenn nötig, hart und rigoros gegen kriminelle Machenschaften und ihre Verursacher vorgehen können.
Deshalb müssen die polizeilichen Aufgaben eindeutig gesetzlich geregelt und rechtlich klar abgesichert werden. So haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Tat das beste und effektivste Polizeigesetz in Deutschland geschaffen.
Zur effektiven Vorsorge für die Verfolgung und Verhütung von Straftaten hat unsere niedersächsische Polizei zukünftig klar bestimmte rechtliche Instrumente. Ich will jetzt - mit großer Freude, wie ich bekennen muss - auf vier der wichtigsten Neuerungen eingehen. Es sind dies: erstens die Wiederaufnahme der öffentlichen Ordnung in die polizeiliche Generalklausel,
und viertens - ein Herzensanliegen dieser Koalition - die Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung der Telekommunikation.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen in unserem Land wünschen nicht nur Sicherheit, sondern sie wollen auch, dass in den Städten und Gemeinden unseres Landes Ordnung herrscht. Durch die Wiedereinführung des Begriffs der öffentlichen Ordnung wird den Kommunen zukünftig die Möglichkeit gegeben, in ihrem Wirkungsbereich Verordnungen über die öffentliche Sicherheit und Sauberkeit zu erlassen.
Wenn Sie sich anschauen, Herr Kollege Bartling, mit welcher Begeisterung die Medien heute den Vorschlag unseres Innenministers aufgenommen haben, dann sehen Sie doch, dass wir eine Politik machen, die sich an den berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger orientiert, und dass Sie eine Politik gemacht haben, die sich an Ihrer linken Ideologie orientiert hat. Das ist der Unterschied, was das Polizeigesetz angeht.
Meine Damen und Herren, durch diese gesetzlichen Regelungen hat unsere Polizei nun die Möglichkeit, die öffentliche Ordnung auch unterhalb der Schwelle der Begehung von Straftaten durchzusetzen. Es ist ein alter Merksatz: Ordnung muss sein. Unordnung schränkt die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in nicht hinnehmbarer Weise ein. Deshalb führen wir mit diesem Gesetz eine Änderung herbei.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben die Einführung der Regelung zum finalen Rettungsschuss kritisiert. Sie halten eine Regelung für ausreichend, nach der Schusswaffen gegen Personen eingesetzt werden dürfen, um diese - wie Sie es in Ihrem Änderungsantrag eingebracht haben - angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Nach Ihrer Definition umfasst diese Regelung aber in letzter Konsequenz natürlich auch die Tötung eines Menschen, auch wenn dies bisher so nicht im Gesetz steht. Ich erlaube mir, weil Sie heute diesen Änderungsantrag eingebracht haben, nur den Hinweis: Ihre hessischen Kollegen von der SPD haben vor 14 Tagen einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Polizeigesetzes in Hessen eingebracht. Nun hören Sie genau zu: Die SPD in Hessen hat wortgleich das in den Landtag eingebracht, was wir heute verabschieden wollen.
Dies zeigt ein Weiteres, Herr Kollege Bartling - das freut mich besonders -: Wenn man als SPD fünf Jahre lang auf den harten Oppositionsbänken sitzt, dann besteht die Chance, dass man sehr vernünftig wird, so wie es bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in Hessen der Fall ist.
Ich habe es schon gesagt: Der Wortlaut in Hessen ist exakt identisch mit dem, was wir hier vorschlagen. Insofern sollten Sie noch einmal in sich gehen, unter Umständen auch einmal kurz telefonieren. Vielleicht nützt es noch, sodass Sie dann wenigstens dieser Passage zustimmen.
Meine Damen und Herren, wir haben die Frist für den Unterbindungsgewahrsam von vier auf zehn Tage heraufgesetzt. Aufgrund dieser Regelung wird die Polizei - das will ich sehr deutlich sagen
nicht massenhaft Menschen in Gewahrsam nehmen. Aber sie erhält die Möglichkeit, Personen, die erkennbar zur Anwendung von Gewalt aufrufen und bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie selbst Gewalt ausüben wollen, bis zu zehn Tage aus dem Verkehr zu ziehen, und das ist gut so.
Dabei haben wir nicht nur die CASTOR-Transporte im Blick, sondern wir denken auch an Aufmärsche und teilweise, wie Sie ja wissen, tagelang andauernde so genannte Gedenkveranstaltungen rechtsradikaler gewaltbereiter Personen. Wir denken auch an die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft, wo erfahrungsgemäß neben den vielen treuen Fans, die alle friedliebend sind, eben auch manchmal Hooligans dabei sind, die zur Gewalt neigen. Da ist es gut, dass wir die wenigstens erst einmal bis zu zehn Tagen aus dem Verkehr ziehen können. Insofern ist das eine sehr richtige Lösung, die wir hier gefunden haben.
Meine Damen und Herren, ich komme dann zu dem vierten Punkt. Sie haben ja in den Beratungen kritisiert, dass die von uns vorgeschlagenen Regelungen zur präventiven Telekommunikationsüberwachung überflüssig seien, und Sie haben zum Teil sogar erklärt, sie seien verfassungswidrig.
Wir brauchen aber diese Neuregelungen, um potenzielle Opfer besser schützen zu können. Wir wollen ausdrücklich nicht, wie uns einige von Ihnen ja vorwerfen, überall die Telefone abhören und schon gar nicht flächendeckend ganze Straßenzüge, wie es der eine oder andere meinte sagen zu müssen. So etwas, meine Damen und Herren von der SPD, wäre im Übrigen auch schon allein deshalb nicht möglich, weil Sie uns eine derartig katastrophale Personalstärke hinterlassen haben, dass wir so etwas allein schon personell gar nicht durchführen könnten.
Vielmehr soll die präventive Telekommunikationsüberwachung zur Vorfeldermittlung im Bereich der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus sowie schwerster Gewaltkriminalität eingesetzt werden, und dies auch nur unter dem richterlichen Vorbehalt, und dies auch nur, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerste Straftaten begangen werden sollen.
Ich will eines zum Schluss noch sagen. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP ist der Auffassung, dass wir diese gesetzlichen Regelungen für ein effektives und praktikables Einschreiten der Polizei in Niedersachsen dringend brauchen. Dieses neue Gesetz regelt klar und eindeutig, was zur Gewährleistung der inneren Sicherheit in diesem Land zwingend notwendig ist. Insofern meine ich eigentlich auch, dass sich vernünftige Abgeordnete, egal welcher Couleur, einen Ruck geben müssten - auch die anderen, die es bisher noch nicht getan haben - und diesem bedeutenden Gesetzeswerk ihre Zustimmung nicht verweigern dürften. - Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer wirklich glaubt, mit diesem Gesetz eine Verbesserung der polizeilichen Arbeit zu erreichen, geht völlig an der Realität vorbei.
Zentraler Bestandteil des Gesetzes, das heute verabschiedet werden soll, ist die Einführung einer präventiven Telefonüberwachung. Künftig soll es der niedersächsischen Polizei erlaubt sein, einfach mal so auf Verdacht Telefone abzuhören und nicht, meine Damen und Herren, weil Straftaten begangen werden könnten.
- Sie müssten den Text einmal lesen und auch einmal die Leute fragen, die etwas davon verstehen. Dann könnten Sie keinen Protest dagegen erheben. - Deshalb soll die Polizei zukünftig Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen können, abhören dürfen.
Abgehört wird wohlgemerkt nicht zur Strafverfolgung, sondern zur Vorsorge für die Verfolgung. Was immer eine solche Vorsorge denn sein soll!
Wir haben im Innenausschuss gerade zu diesem Punkt eine ausführliche Anhörung durchgeführt. Keiner der eingeladenen Experten konnte einen Beleg dafür liefern, dass eine solche Vorschrift zur Kriminalitätsbekämpfung wirklich erforderlich ist. Bei mir ist sogar der Eindruck entstanden, dass viele Sachverständige einfach nur zu höflich waren, um CDU und FDP ins Gesicht zu sagen, dass sich eine solche Vorschrift nur Leute ausdenken können, die von Strafverfolgung überhaupt nichts verstehen.
Tatsache ist nämlich, meine Damen und Herren, dass in der Praxis kein einziger Anwendungsfall für dieses Gesetz denkbar ist, der nicht bereits von den strafprozessualen Abhörvorschriften erfasst ist.
Denn selbstverständlich ist schon die Verabredung zu einem terroristischen Anschlag - um einmal ein leider sehr gängiges Beispiel zu nennen - ein Verbrechen. Wenn also ein solcher Verdacht vorliegt, kann selbstverständlich bereits nach jetziger Rechtslage eine Telekommunikationsüberwachung beantragt werden. Es bestehen also keinerlei Regelungslücken, die die Einführung der präventiven Telefonüberwachung in das Polizeigesetz notwendig machen würden.
Ich sehe das übrigens nicht alleine so, meine Damen und Herren. Das war Konsens in der Sachverständigenanhörung. Ich zitiere aus der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts aus Celle, der sich wohl mit Kriminalitätsbekämpfung auskennen dürfte - das dürften wohl auch Sie nicht bezweifeln -:
„Aus Sicht der Staatsanwaltschaft, die für die Funktionsfähigkeit der Strafverfolgung zu sorgen hat, sind gegen die beabsichtigte Regelung schwerste Bedenken zu erheben. Für mich werden durch die neuen Regelung ohne ernsthaft nachgewiesene Notwendigkeit für Polizei und Justiz und ohne den Nachweis eines zusätzlich zu erwartenden Gewinns an Sicherheit für
die Bevölkerung die Grenzen zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft verwischt. Wesentliche Freiheitsrechte der unbescholtenen Bürgerinnen und Bürger werden im Zuge der Erwartung ihrer künftigen Straffälligkeit oder wegen ihrer Nähe zu verdächtigen Personen aufgegeben.
Die Leiterinnen und Leiter der niedersächsischen Staatsanwaltschaften, die ich zur Vorbereitung der Stellungnahme beteiligt habe, teilen diese Bedenken und unterstützen meine Forderung nach Streichung der Vorschrift.“