Protocol of the Session on November 21, 2003

Das ist von uns so gewollt und das ist auch richtig so.

Sie selbst haben die Absenkung der Gewerbesteuerumlage damals von 30 % auf 20 % gefordert. Umgesetzt werden soll eine Absenkung von 28 auf 20 %. Diese schnelle und unkonventionelle Lösung geht auch auf die Forderung von Herrn Schünemann zurück, die hiermit umgesetzt wird. Wenn Sie gegen den Antrag stimmen, dann wird sie von Ihnen jedoch abgelehnt. Das ist widersinnig und entspricht nicht einer vernünftigen Haltung in Bezug auf die Interessenlage der Kommunen.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb appelliere ich nochmals an die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in der CDU-Fraktion: Lassen Sie sich nicht von der FDP an die Kandare nehmen, die nach meiner Einschätzung in der Kommunalpolitik nicht so verankert ist wie andere Parteien in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD)

Sorgen Sie bitte dafür, dass hier nicht der Schwanz mit dem Hund wackelt. Helfen Sie mit, dass die Kompromisslösung auf den Weg gebracht werden kann. Wenn sich das Plenum nicht mehrheitlich darauf verständigt, der Landesregierung auf den Weg zu helfen, dann sind Sie in die taktischen Spielchen der CDU und der FDP auf der Bundesebene eingebunden. Deren Entscheidungen aber sind exakt gegen die Interessen der niedersächsischen Gemeinden gerichtet. Sie würden dann auch dagegen stimmen, dass die Schlupflöcher geschlossen werden, die dazu geführt haben, dass die Gewerbesteuer ausgehöhlt worden ist. Sie würden dagegen stimmen, dass den Freiberuflern kein materieller Schaden entsteht, solange die Gewerbesteuer vor Ort 400 Punkte nicht überschreitet. Sie würden auch dagegen stimmen, dass die Freibeträge, die jetzt mit 25 000 Euro bzw. 35 000 Euro festgelegt werden, in vernünftiger Weise angewendet werden.

Der entscheidende Punkt ist aber - das sage ich noch einmal in aller Deutlichkeit -: Die schnelle Umsetzung dieses Gesetzes, das hier von der SPD und von den Grünen unterstützt wird, sorgt dafür, dass die Gewerbesteuer, so wie es in der Verfassung verankert ist, eine Steuer bleibt, die wirtschaftsbezogen ist und durch die kommunalen Hebesätze beeinflusst werden kann.

Diese entscheidende Fragestellung macht auch deutlich, wo der eigentliche Konflikt liegt. Sie wollen die frühere Gewerbesteuer abschaffen und die Umwandlung in eine Gemeindewirtschaftsteuer verhindern, weil Sie diese rund 50 Milliarden DM bzw. 25 Milliarden Euro aus dem wirtschaftsbezogenen Kreislauf nehmen und in die Einkommensteuer überführen wollen, und zwar bei zusätzlichen Hebesatzrechten bei den Kommunen. Gerade das wollen die Kommunen aus guten Gründen nicht. Und auch wir sagen Nein zu diesem Weg, den Sie einschlagen wollen.

Deshalb noch einmal mein Appell: Sorgen Sie zusammen mit Ihren Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern dafür, dass der Antrag von SPD und Grünen in diesem Haus eine Mehrheit bekommt, damit die Landesregierung für den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss auf den richtigen Weg geführt wird. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Hiebing das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzsituation und die finanzielle Notlage der Kommunen werden immer dramatischer. Die meisten Städte, Gemeinden und Landkreise können ihre Haushalte nicht mehr ausgleichen. In dieser Bewertung sind wir uns möglicherweise noch einig.

Das Gesamtdefizit aller kommunalen Haushalte hat sich von 2000 bis 2003 nahezu verdoppelt und ist damit so hoch wie nie zuvor. Angesichts des Scheiterns der Bundesregierung mit ihrer Gemeindefinanzreform ist Handeln dringend geboten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Probleme der deutschen Kommunen sind zum größten Teil nicht hausgemacht, sie sind nicht über Nacht gekommen, und sie haben auch ihre Gründe. Denn immer wieder sind in der Vergangenheit den Kommunen - vor allem vom Bund, aber auch vom Land - Aufgaben auferlegt worden, ohne dass sie dafür eine ausreichende Finanzausstattung be

kommen hätten. Das ist der eigentliche Grund für die heutige Misere.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich meine daher, dass die Ansage der neuen Landesregierung, das Konnexitätsprinzip zwischen Kommunen und Landesregierung einzuführen und einzuhalten, der richtige Weg ist, um aus dieser Malaise herauszukommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Aller, es ist doch so gewesen: Im Jahre 2000 hat die Bundesregierung eine Einkommen- und Körperschaftsteuerreform verabschiedet, die das Gegenteil von dem erreicht hat, was sie eigentlich erreichen sollte.

(Beifall bei der CDU - Dieter Möhr- mann [SPD]: Sie haben im Bundesrat doch zugestimmt!)

Sie haben die Kommunen glauben machen wollen, dass höhere Einnahmen erzielt würden, und haben gleichzeitig die Gewerbesteuerumlage noch einmal erhöht. Das sind zu einem großen Teil die Ursachen der heutigen Finanzmisere.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Aller, wenn Sie sich heute hier hinstellen und sagen, was den Kommunen gut täte: Sie hatten 13 Jahre Gelegenheit, dort einiges zu bewerkstelligen. Das haben Sie versäumt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Textbau- stein!)

Wir sind uns über den Ernst der Lage der Kommunen ja durchaus einig. In der Frage, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, scheiden sich allerdings unsere Wege.

Die Gemeindefinanzreformkommission von RotGrün hat viel zu spät mit ihrer Arbeit begonnen. Sie war ja eigentlich auch nicht davon überzeugt, dass es überhaupt notwendig ist, etwas zu tun. Schließlich hat der Bundeskanzler noch vor wenigen Jahren gesagt, die Probleme der Kommunen seien eigentlich zu vernachlässigen.

Wer ein Problem zu spät erkennt und dann nicht zielgerichtet an der Lösung arbeitet, darf sich nicht wundern, wenn die Ergebnisse bis heute mangelhaft sind. Und das sind sie in der Tat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht ist es deshalb erforderlich, möglichst schnell ein Notprogramm auf den Weg zu bringen, das aus der aktuellen Notlage heraushelfen kann. Ich meine, dass es richtig ist, die Gewerbesteuerumlage auf 20 % zu senken und die Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer auf 3 % zu erhöhen.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Dann müssten Sie Ihren Haushalt umstel- len, Herr Kollege!)

Nur so ist die aktuelle Notlage im Jahr 2004 etwas zu bereinigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nun zu Ihren Anträgen. Sie sind ja weitgehend mit den Vorschlägen der rot-grünen Bundesregierung identisch. Herr Kollege Gabriel, Sie reden jetzt ja nicht mehr mit dem Bundeskanzler. Hoffentlich haben Sie Ihren Änderungsantrag noch vor dem Knall geschrieben. Seitdem scheint ja Funkstille zu sein. Ich hoffe, dass sich das nicht negativ auswirkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal in der Sache feststellen: Die Kommunen brauchen bei ihren Aufgaben und bei ihren Kosten einer Entlastung. Das gilt auch für den sozialen Bereich und hinsichtlich der Überregulierung, die gerade dort anzutreffen ist. Die Konnexität in ihrer wirklichen Form ist der richtige Weg, um in Zukunft wieder Vertrauen zu den Kommunen aufzubauen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Vorschlag der Bundesregierung - und damit auch Ihr Änderungsantrag - vermischt Elemente einer möglichen Beseitigung der aktuellen Finanznot und des Erfordernisses grundlegender Reformen. Es liegt ein Sammelsurium unterschiedlichster Regelungen vor, das insgesamt aber weder schlüssig noch wirksam erscheint.

Besonders falsch an dieser Stelle ist die Einbeziehung von 700 000 bis 800 000 Freiberuflern. Sie reden auf der Bundesebene ständig davon, Steuern senken zu wollen. Aber hier sagen Sie, eine Verbreiterung von Gewerbesteuern sei der richtige Weg. Wie passt das denn zusammen?

(Reinhold Coenen [CDU]: Überhaupt nicht!)

Gerade dieses Instrument würde zu einem erhöhten bürokratischen Aufwand führen, lediglich eine Umverteilung von Steuern der verschiedenen Ebenen produzieren und, weil die Steuerschuld auch zu verrechnen ist, zu keinen besonders positiven Ergebnissen führen.

Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht muss eine wirtschaftskraftbezogene Gemeindesteuer folgende Anforderungen erfüllen: erstens einfache und gerechte Administrativität, zweitens Einbindung von Bürgern und gewerblicher Wirtschaft, drittens Stärkung der Attraktivität bei Ansiedlung und Erhalt von Unternehmungen, damit in Zukunft auch Arbeitsplätze geschaffen werden können, und viertens kommunale Hebesätze.

Außerdem täten wir gut daran, das alles sorgfältig darauf durchzurechnen, welche Auswirkungen es auf die Kommunen hat.

(Beifall bei der CDU)

Die von Friedrich Merz vorgeschlagene radikale Vereinfachung des Steuerrechts fordert eine dringend notwendige Vereinfachung der kommunalen Steuern geradezu heraus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieses Konzept eröffnet den Weg für eine umfassende Reform der kommunalen Finanzen. So könnten Städte und Gemeinden Anteile am Aufkommen der reformierten Einkommen- und Körperschaftsteuer mit eigenen Hebesätzen erhalten. Dann haben wir, so meine ich, wieder eine kommunale Selbstverwaltung, die diesen Namen auch verdient. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bode das Wort.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Freiheit von Steuern!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon bedauerlich, dass es Proteste und Demonstrationen sowie Trauerflaggen an Rathäusern