Mit diesem Antrag sollen sich federführend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und mitberatend der Ausschuss für Inneres und Sport beschäftigen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dann ist auch dies so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: Schülerbeförderung nicht antasten - Keine Benachteiligung des ländlichen Raumes Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/481
Zur Einbringung des Antrages hat sich Herr Voigtländer gemeldet. Herr Voigtländer, ich erteile Ihnen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen wissen, was aus der Schülerbeförderung in Niedersachsen wird. Nachdem wir nun leider zur Kenntnis nehmen mussten, dass es keine Hausaufgabenhilfe mehr gibt und dass sich Schüler in Zukunft von ihren Eltern auch alle Bücher werden bezahlen lassen müssen, wollen wir wissen, ob die Ansage, die Anfang des Jahres sehr schnell und sehr quer geschossen worden ist, nämlich dass die Eltern nur noch die Fahrtkosten zur Schule bezahlen sollen, auch in Zukunft so Bestand haben soll.
Eine Frau in diesem hohen Hause hat sehr frühzeitig erkannt, wie man mit diesem Thema möglicherweise angemessen umgeht.
So hat im März im Hamburger Abendblatt - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung folgende Aussage gestanden:
„Morgen wird... Ursula von der Leyen... als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des Landes Niedersachsen vereidigt“
„und ihr erster Prüfauftrag zur Familienpolitik steht schon fest. Der Hausjurist soll umgehend erläutern, ob man im Dienstwagen die Kinder mitnehmen darf.“
Das, meine Damen und Herren, ist, wenn es denn so möglich ist, in Zukunft leider nicht allen vergönnt. Wenn es so möglich ist, ist es in Ordnung. Aber die Familien in Niedersachsen werden eine Dienstwagenmöglichkeit für ihre Kinder in Zukunft wohl nicht erhalten.
Worüber reden wir? - Wir reden darüber, dass etwa 400 Millionen DM für die Schülerbeförderung aufgewendet werden müssen. Das haben die Herren vom Statistischen Landesamt erläutert. Hier im Landtag war es schwer, exakte Zahlen zu bekommen. Wenn man in der Historie nachschaut, dann stellt man fest, dass das immer kostenlos gewesen ist, weil es erst aufgrund der Mittelpunktschulen in 1962 nötig war, Sorge dafür zu tragen, dass diese zentral angelaufen werden konnten. Über unterschiedliche Beförderungsringe hat das dann gut funktioniert. Daran - das befürchten wir als SPDFraktion - soll nun gerüttelt werden.
Wer hat sich in diesem Zusammenhang verdient gemacht? Das war der Herr mir hier gerade vor der Nase, der einem anderen Kollegen vermutlich einige Papiere übergeben hat: der Herr Innenminister.
Dieser Herr zur Linken hat im Zuge einer versprochenen Partnerschaft, eines Bündnisses zur Stärkung der Kommunen - denn wenn er das Geld, das er vorher, im Wahlkampf, vollmundig versprochen hat, schon nicht selbst gibt -, erklärt, dass das andere bezahlen sollen, nämlich am Ende die Eltern. Die Kommunen sollen zuständig bleiben, aber sie sollen künftig frei entscheiden, wer in Zukunft bezahlen soll.
Was daraus werden wird, kann ich mir gut vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wer bezahlt denn jetzt Hausaufgabenhilfe, wer bezahlt denn jetzt die Bücher, und wer wird - das ist zumindest meine Befürchtung - auch in Zukunft die nicht unerheblichen Kosten für Schülerbeförderung im Land Niedersachsen bezahlen müssen? Was ist nach diesem engagierten, jugendlichen, dynamischen Vorgehen
des Innenministers passiert? - Dann hat er, wenn man der veröffentlichten Meinung trauen darf, offensichtlich erst einmal einen auf den Kopf gekriegt.
(Heiterkeit bei der SPD - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Aber er ist immer noch ein fröhlicher Mensch!)
Er darf nun, Herr Kollege, in einer Arbeitsgruppe zusammen mit anderen überlegen, wie man das - wie haben Sie sich in letzter Zeit immer ausgedrückt? Ich glaube, „optimiert“ ist das richtige Wort dazu - besser macht. Wir haben es ja nur noch mit Optimierung zu tun. Optimierung bedeutet in diesem Sinne, wenn andere etwas bezahlen sollen, wenn etwas billiger werden soll oder wenn etwas gestrichen wird; dann handelt es sich in dieser Republik und vor allem in Niedersachsen zukünftig immer um Optimierung.
Das haben auch andere erkannt. Es gibt einen Schriftgelehrten, bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung beschäftigt. - Herr Innenminister, ich weiß nicht, ob ich den Namen erwähnen soll.
- Herr Wallbaum! Weil Sie schon wissen, dass ich von ihm rede. Herr Wallbaum hatte am 23. September erkannt, da seien Zweifel im Detail, ob man so vorgehen sollte. Leidtragende wären die Eltern, sagt Herr Wallbaum, denen man hier gerade zugemutet habe, künftig die Schulbücher selbst zu zahlen. Außerdem würden die Menschen auf dem Land dort benachteiligt, wo die Kinder auf den Bus angewiesen seien. Nun - wieder Zitat Wallbaum -:
Das ist doch eigentlich hervorragend. Das ist ja wie ein Hausgelehrter, der Ihnen sozusagen zum Munde schreibt.
Meine Damen und Herren, Reformen nach dieser Lesart sind offensichtlich immer dann gegeben, wenn man Familien oder sozial Schwächeren in diesem Land das Geld aus der Tasche zieht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und, weil du mich gerade so anstrahlst, liebe Ulla Körtner:
Habt ihr eigentlich schon vergessen, was im Wahlkampf immer vollmundig in das Land hinauskrakeelt worden ist?
„Besser“ - wisst ihr das noch? Die Parteibezeichnung lasse ich mal weg. Ertragen Sie es ruhig noch ein bisschen! - Die Deister-Weser-Zeitung sagte dazu Ende September: Pustekuchen mit dem „Besser CDU“.
„Was haben wir nicht alles gehört, als sich das Land noch im Wahlkampf befand. Die Kinder sind unsere Zukunft, hieß es.
„Und es sollte in Kindergärten, in Schulen und Hochschulen investiert werden. Denn schließlich sollte Bildung und Fürsorge für die Kleinen ganz groß geschrieben werden. Und nun? Ja, Pustekuchen... Für die Eltern von Schülern wird es teurer:“
„Bücher müssen wieder bezahlt werden, und nun soll auch noch der Schulbus nicht mehr kostenlos sein. So kommt dann für die Familien eins zum anderen. Und den Hochschulen steht heute einiges bevor: Streichungen, Kürzungen, Schließungen und Zusammenlegungen werden verkündet, im politischen Regierungskonzept wird so etwas makabererweise Hochschuloptimierungskonzept genannt. Sicher, ein kostenfreier Schulbus ist nicht entscheidend für Erfolg oder Misserfolg der Kinder im Unterricht. Aber das Vorgehen der Landesregierung zeigt sehr deutlich, wie wieder einmal die Kurzen den Kürzeren ziehen, wie schnell der Rotstift in Bereichen regiert, die gestern noch so wichtig waren.“
Meine Damen und Herren, das ist zwar meine Meinung, aber das haben andere geschrieben. Schule in Niedersachsen wird ein teures Vergnügen. Erst wird die Lernmittelfreiheit abgeschafft, jetzt steht der Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung auf dem Spiel. Vom neuen „Bildungsland Niedersachsen“, von CDU und FDP auf die Fahnen geschrieben, kann keine Rede mehr sein.
(Jörg Bode [FDP]: Das ist richtig so! Deshalb machen wir das auch! Schön, dass Sie es gemerkt haben!)
- Das ist eine richtige Stärkung des ländlichen Raums. Man wird Sie hintertreiben. Aber Sie, der Sie so schön in diese Richtung gucken, werden, wenn in Zukunft die Eltern auch noch die Beförderung durch Busse bezahlen sollen, vermutlich sagen, dass Sie ihnen die Freiheit zurückgeben wollen, den richtigen Bus zu wählen.