Protocol of the Session on October 31, 2003

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 33: Rechtsstaatlichkeit der Telefonüberwachung sichern - Richtervorbehalt stärken Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/476

Der Antrag soll ohne Beratung direkt an die Ausschüsse überwiesen werden.

Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Inneres und Sport und an den Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzei

chen. - Wer ist dagegen? - Niemand. Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 35: Mehr Ausbildungsplätze durch die Abschaffung von Prüfungsgebühren - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/478

Auch dieser Antrag soll, wie ich vorhin sagte, ohne Beratung direkt in die Ausschüsse überwiesen werden.

Wer dem zustimmt, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr federführend und der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mitberatend tätig werden, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das ist so beschlossen.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Privatwirtschaft nicht aus der Finanzierung eines Tiefwasserhafens entlassen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/474

Der Antrag wird eingebracht von Herrn HansJoachim Janßen. Sie haben das Wort, Herr Janßen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage im September ergibt sich, dass die Landesregierung die Baukosten für den JadeWeserPort in der ersten Ausbaustufe bis auf 926 Millionen Euro berechnet. Hinzugerechnet werden müssten Planungskosten in Höhe von 13 Millionen Euro. Als gesichert darf angenommen werden die private Finanzierung der Suprastruktur in Höhe von 305 Millionen Euro, und es darf auch angenommen werden, dass das Land Bremen einen Anteil von ungefähr 100 Millionen Euro hinzugibt. Damit verbleiben im Ergebnis nach den Berechnungen der Landesregierung bis zu 535 Millionen Euro beim Land Niedersachsen.

Wie man bei solchen Projekten weiß, kann die Summe auch etwas höher ausfallen. Aber bleiben wir mal bei den 535 Millionen Euro. Zinsaufwendungen sind bei den 535 Millionen Euro natürlich nicht mit berücksichtigt. Jeder weiß, das Land Niedersachsen hat das Geld zurzeit nicht auf der hohen Kante liegen.

(Björn Thümler [CDU]: Das haben wir heute Morgen gehört!)

- Eben. - Die Summe muss also kreditfinanziert werden. Wenn die Refinanzierung nicht wie vorgesehen klappt, kann diese Summe den Landeshaushalt mit bis zu 30 Millionen Euro über einen Zeitraum von 30 Jahren belasten.

Meine Damen und Herren, zur Refinanzierung gibt es bislang keine konkreten Angaben. Das Wirtschaftsministerium rechnet mit kostendeckenden Einnahmen durch Verträge mit den Hafenbetreibern, den Reedern und durch die Ansiedlung von Logistikunternehmen. Aber Ziffern sind dort nicht eingefügt.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist im Fluss!)

- Dann legen Sie das mal vor! - Meine Damen und Herren, das kann man sich durchaus wünschen, aber ein solides Refinanzierungskonzept ist noch nicht erkennbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind ausgesprochen skeptisch, dass tatsächlich eine Refinanzierung der Betriebskosten, der Zins- und Tilgungszahlungen sowie der Abschreibungen gelingen wird. Wenn sich die Privatwirtschaft nämlich nicht an der Infrastruktur beteiligen mag, sehen wir das auch als Indiz an, dass sich der Hafen wirtschaftlich nicht rechnet.

Damit stehen wir auch nicht allein, meine Damen und Herren. In dem so genannten Eckpunktepapier, unterzeichnet von Herrn Ministerpräsidenten Gabriel sowie den Bürgermeistern Scherf und Runde am 30. März 2001, ist zu lesen:

„Die Regierungschefs der drei Länder sind sich darin einig, dass Entwicklung und Betrieb des Tiefwasserhafens nur mit maßgeblicher Beteiligung privater Investoren zur Reduzierung der öffentlichen Investitionen auf ein Minimum und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen kann.“

Jetzt kommt der entscheidende Satz:

„Das betrifft sowohl die private Finanzierung der Infrastruktur für die 4 Liegeplätze in der ersten Ausbaustufe - mit mindestens 50 % -...“

Davon haben wir uns mittlerweile weit entfernt.

Dies war im Übrigen zum Prüfstein dafür erklärt worden, ob Unternehmen den Hafen überhaupt als eine wirtschaftlich tragfähige Investition betrachten würden. Anscheinend hält die Privatwirtschaft den Bau nicht für eine rentierliche Investition, meine Damen und Herren; sonst wäre sie ja mit dabei.

(Zuruf von Björn Thümler [CDU])

- Vielleicht wissen Sie ja mehr. Dann sagen Sie es uns!

Noch eine Anmerkung zur Finanzierung des Projekts. Die Infrastrukturkosten von rund 630 Millionen Euro sollten nach den damaligen Vorstellungen Niedersachsens zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand zu 50 % aufgeteilt werden. Damit wären bei der öffentlichen Hand 315 Millionen Euro verblieben. Diese Summe sollte von Bremen, Hamburg und Niedersachsen gemeinsam mit gleichen Anteilen finanziert werden. Das hätte für Niedersachsen ungefähr 100 Millionen Euro bedeutet. Heute reden wir hier über das Fünffache.

Vor diesem Hintergrund fordern wir, dass so lange kein weiteres Geld in die Planung und den Bau gesteckt wird, wie sich private Investoren nicht definitiv dazu bereit erklären, einen deutlichen Anteil der Infrastrukturkosten zu zahlen. Der sollte schon in der Größenordnung von 50 % liegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So lange sind die entsprechenden Haushaltsstellen mit einem Sperrvermerk zu versehen, der dann durch den zuständigen Haushaltsausschuss aufgehoben werden kann.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Erst dann, wenn jemand verbindlich mitmacht, kann das jetzige Abenteuer Tiefwasserhafen zu einem vernünftigen Unternehmen werden - einmal abgesehen davon, dass die unsägliche Konkurrenz zu Hamburg fortbesteht und dem Hafen die Luft abdrehen könnte.

Hamburg - da erzähle ich Ihnen nichts Neues möchte gerne die Elbe weiter vertiefen: auf bis zu 16 m unter Seekartennull. Damit werden nicht nur die Deichsicherheit gefährdet, die Existenz der Fischerei weiter aufs Spiel gesetzt und der Flussökologie wieder ein Schlag versetzt, sondern vor allem entsteht dadurch dem JadeWeserPort gefährliche Konkurrenz. Auf absehbare Zeit wird es nämlich kaum Schiffe geben, die die Elbe nicht passieren können. Das Alleinstellungsmerkmal von Wilhelmshaven für tiefgehende Containerschiffe verliert damit an Wert. Hamburg muss wieder mit ins Boot und sich an der Finanzierung beteiligen, und Niedersachsen muss gegen eine weitere Elbvertiefung mit allen rechtlichen und politischen Mitteln vorgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn sich ein privater Financier an der Infrastruktur deutlich beteiligt, sollen die Haushaltsmittel wieder frei gegeben werden. Die Planungen können fortgesetzt werden. Es könnte aber auch sein, dass sich niemand findet, der damit Geld verdienen muss. Dann, meine Damen und Herren, muss man auch über Konsequenzen nachdenken und feststellen, dass man den Hafen in dieser Form nicht bauen kann, und man muss über Baualternativen nachdenken, die vielleicht kostengünstiger zu realisieren sind. Geht auch das nicht, muss man über kostengünstigere Standorte nachdenken aber erst dann, Herr Thümler.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch das steht übrigens schon in dem Eckpunktepapier. Die drei Herrschaften waren eigentlich ganz schön schlau.

(Björn Thümler [CDU]: Aber nicht ganz!)

Sie haben z. B. gesagt: Für den Fall, dass sich der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven nicht realisieren lässt, soll die Option Cuxhaven wieder aufleben. Auch das steht da zu lesen.

Sie sehen also: Das, was wir hier vorschlagen, ist ein stufiges Konzept, das dazu dienen soll, die Haushaltsmittel des Landes zu schonen und zumindest wirtschaftlich einzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Hirche, wer Landeshäfen privatisieren will - wer will nicht das los werden, was laufend Defizite macht -, der sollte damit anfangen, einen neu

en Hafen privat finanzieren zu lassen. Wir sind da gar nicht anspruchsvoll. Das muss nicht komplett sein. Aber ohne private Anteile, meine Damen und Herren, ist das Vorhaben für Niedersachsen finanziell nicht verkraftbar und wirtschaftlich ein hohes Risiko.

Herr Hirche, verehrte Kollegen in der CDU-Fraktion und in der FDP-Fraktion, Sie haben dieses Projekt übernommen. Überlegen Sie noch einmal realistisch, ob ein „Weiter so!“ dem Land Niedersachsen tatsächlich dient. Überlegen Sie bitte auch, ob Sie es nicht für richtig halten, den JadeWeserPort erst dann umzusetzen, wenn er auf tragfähigen Füßen steht, wenn sich also die Privatwirtschaft auch bei der Investition zu ihm bekennt - und zwar definitiv zu ihm bekennt - und so die Aussicht besteht, dass er eine rentierliche Investition wird.

Liebe Kollegen, tun Sie alles dafür, auch Hamburg wieder am JadeWeserPort zu beteiligen! Konkurrenz drückt in diesem Fall auch die Chancen der Refinanzierung. Nutzen Sie politische und rechtliche Möglichkeiten gegen die weitere Vertiefung der Elbe! - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bevor ich als Nächsten Herrn Dr. Biester aufrufe, möchte ich bekannt geben, dass Frau HeisterNeumann krank geworden und deswegen für den Rest des Tages entschuldigt ist. - Herr Biester, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bis heute ist mir nicht ganz klar, welche Position Bündnis 90/Die Grünen zum Tiefwasserhafenprojekt Wilhelmshaven hat.