Protocol of the Session on October 31, 2003

Zu 2: Der Wegfall der Zuwendungen der Hausaufgabenhilfe wird sowohl durch die bereits erwähnten neuen Sprachförderprogramme kompensiert als auch durch eine Reihe struktureller Maßnahmen im Bildungsbereich, insbesondere zur Sicherung der Unterrichtsversorgung, zum Ausbau der Verlässlichen Grundschulen und der schulischen Ganztagsangebote sowie zur Verbesserung der Unterrichtsqualität und der individuellen Förderung.

Vorhandene Kompetenzen und Erfahrungen vor Ort werden dabei selbstverständlich genutzt und einbezogen. Das von der Landesregierung im August beschlossene „Handlungsprogramm Integration“, das die Integrationsmaßnahmen des Landes ressortübergreifend bündelt, bietet eine gute Grundlage, um zu einer effektiveren und engeren

Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Integrationsbereich zu kommen. Das geschieht sowohl auf Landesebene durch die Einrichtung eines „Forum Integration“, in dem alle relevanten Einrichtungen und Träger von Integrationsmaßnahmen vertreten sind, als auch auf örtlicher Ebene bei der Umsetzung gemeinsamer Kooperationsvorhaben in die Praxis, so wie im Fall der Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen im Bereich der Sprachförderung.

Zu 3: Die Integration von Zuwanderern ist eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Ob Kommunen und freie Träger der Hausaufgabenhilfe ihre Angebote weiter durchführen werden, stellt sich sicherlich unterschiedlich dar und kann nicht pauschal vorausgesagt werden. Die Entscheidung darüber haben allein die betroffenen Kommunen und freien Träger zu treffen. Die Landesregierung sieht ihre Aufgabe darin, die Integrationsförderung in den Bereichen voranzutreiben, die in der Verantwortung des Landes liegen.

Anlage 3

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 6 des Abg. Enno Hagenah (GRÜNE):

Grenzwertüberschreitungen bei den Rauchgas-Emissionen durch das Zementwerk der Holcim AG (Alsen AG) in Sehnde-Höver

Das Zementwerk der Holcim AG (ehemals Al- sen AG) in Sehnde-Höver besitzt seit 1996 eine Genehmigung der Bezirksregierung Hannover zum Mitverbrennen von heizwertreichen Abfällen (so genannten Ersatzbrennstoffen), die die ursprünglichen Regelbrennstoffe bei der Energiegewinnung zu ca. 25 % ersetzen. Seit 2001 hat das Werk in Sehnde-Höver auch eine Versuchsgenehmigung für die Verbrennung von Tiermehl. Die Holcim AG beabsichtigt, zukünftig die dreifache Menge heizwertreicher Abfälle für die Energiegewinnung einzusetzen. Das entsprechende Genehmigungsverfahren steht kurz vor dem Abschluss.

Aus Medienberichten der letzten Wochen wurde nun bekannt, dass es bei den Rauchgasemissionen der Holcim AG in den Jahren 2000 bis 2002 regelmäßig zu Grenzwertüberschreitungen bei drei verschiedenen Luftschadstoffen kam und wahrscheinlich heute noch kommt. Allein im letzten Jahr wurden die zulässigen Tagesmittelwerte für Schwefeldioxid 61 mal, die Werte für Gesamtstickstoff 8 mal und die Werte für organisch gebundenen Kohlenstoff 109 mal überschritten. Zusammen ergibt das nur für das Jahr 2002 nicht weniger als 178 Grenz

wertüberschreitungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hannover, hat diese massiven Grenzwertüberschreitungen über Jahre mit dem Argument geduldet, dass die extrem hohe Schadstofffracht im Rauchgas allein rohstoffbedingt sei und damit dem Einfluss der Firma entzogen war.

Die Holcim AG hat jetzt bei der Bezirksregierung Hannover Ausnahmegenehmigungen für die vier Luftschadstoffe, die in ihrem Rauchgas die gesetzlichen Grenzwerte regelmäßig überschreiten, beantragt. Für den erhöhten Ausstoß von Schwefeldioxid und Gesamtstickstoff wurden bereits zeitlich unbefristete Ausnahmegenehmigungen erteilt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum wurden nach dem wiederholten Auftreten der gesetzwidrigen Emissionen durch die zuständige Aufsichtsbehörde keine technischen Maßnahmen oder entsprechende Auflagen zur Senkung des Schadstoffgehaltes angeordnet, wie zum Beispiel die Zumischung von unbelastetem Rohstoff, sondern eine gesundheitliche Gefährdung der anwohnenden Bevölkerung über Monate und Jahre hinweg in Kauf genommen?

2. Wie stellt die Genehmigungsbehörde sicher, dass es bei der zunehmenden Mitverbrennung von Abfällen zukünftig nicht zu einem ungewollten Missbrauch der großzügigen Ausnahmeregelungen kommt, die alle Anwohner von Zementwerken oder anderen geeigneten Industriebetrieben auf Dauer gefährden würde?

3. Wie stellt die Bezirksregierung vor dem Hintergrund der neuen EU-Richtlinie für die Abfallverbrennung und der jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofes zur Abfallverbringung in belgischen Zementwerke sicher, dass zukünftig in Niedersachsen keine Abfallmitverbrennung in großem Stil erfolgen wird?

Die Anforderungen, die im derzeit laufenden Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind, ergeben sich aus der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen vom 14. August 2003. In dieser 17. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz sind ausdrücklich spezielle Regelungen für die emissionsbegrenzenden Anforderungen bei der Mitverbrennung von Abfällen in Zementwerken vorgesehen. Die Gesundheit des Menschen wird aber nicht durch die 17. BImSchV, sondern durch die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) geschützt. Danach ist der Gesundheitsschutz sichergestellt, solange für die hier relevanten Stoffe Schwefeldioxid (SO2) und Stickstoffdioxid (NOx) die Immissionswerte von 50 µ/m³ bzw. 40 µ/m³ jeweils als Jahresmittelwert – unterschritten wer

den. Im vorliegenden Fall der Firma Holcim AG liegen diese Immissionswerte für Schwefeloxid bei 6 µ/m³ und für Stickoxid bei 28 µ/m³.

Im Rahmen der aktuellen Umweltverträglichkeitsstudie wurde auch die Folge einer etwaigen Grenzwertüberschreitung betrachtet. Das Ergebnis war, dass sich bei einer unterstellten Überschreitung der Emissionsbegrenzungen durch die Firma Holcim AG um 20 % die Gesamtbelastung irrelevant erhöhen würde. Bei SO2 würde sie um 0,2 auf 6,2 µ und bei NOx um 0,03 auf 28,03 µ steigen. Das wäre keine nennenswerte Veränderung. Das heißt, die in der Anfrage unterstellte gesundheitliche Gefährdung der anwohnenden Bevölkerung hat nicht bestanden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Die angesprochenen Überschreitungen der in der Genehmigung festgesetzten Emissionsbegrenzungen waren stets Anlass, den Ursachen nachzugehen. Dabei wurden mögliche Abhilfemaßnahmen geprüft. Es wurde festgestellt, dass als Ursache für Stickoxidspitzen im Wesentlichen einzelne Unstetigkeiten in der Feuerungsführung in Betracht kamen. Für die Überschreitungen bei Schwefeloxiden und bei Gesamt-Kohlenstoff war die Zusammensetzung des Mergels als Rohstoff maßgebend. Dies ist insbesondere auf die starke Schwankung des Pyritgehaltes tiefer gelegener Kalkmergelschichten zurückzuführen. Die daraus gezogenen Konsequenzen - verbesserte Mischung und Auswahl der Rohstoffe – haben bewirkt, dass es seit Oktober 2002 bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine Überschreitungen mehr gegeben hat. Insoweit hat die zuständige Aufsichtsbehörde also genau das getan, was auch in der Fragestellung als Erwartungshaltung zum Ausdruck kommt. Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass eine Gesundheitsgefährdung von Bürgern nicht bestanden hat und unter diesem Aspekt ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde auch nicht notwendig war.

Zu 2: Aufgrund der Zusammensetzung der Rohstoffe – hier ist das Mergel – können nach der 17. BImSchV Ausnahmen für Emissionswerte zugelassen werden. Voraussetzung dafür ist, das ausgeschlossen werden kann, dass durch die Mitverbrennung von Abfällen zusätzliche Schadstoffemissionen entstehen.

Zu 3: Bei Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen besteht ein

Rechtsanspruch auf eine entsprechende Genehmigung. Der Europäische Gerichtshof hat in dem in der Fragestellung angesprochenen Urteil festgestellt, dass das Verbrennen von Abfällen in einem Zementofen als Abfallverwertung einzustufen ist, wenn die Abfälle anstelle von Primärenergie eingesetzt werden und damit Energie erzeugt wird. Im Ergebnis sind daher Bedenken gegen die Verbrennung im Zementwerk Höver weder aus der Sicht der Abfallwirtschaft noch aus der Sicht des Anlagenzulassungsrechtes gerechtfertigt.

Anlage 4

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 7 der Abg. Ursula Ernst (CDU):

Islamunterricht an niedersächsischen Schulen

Die Landesregierung hat mit dem neuen Schuljahr an acht Grundschulen den Islamunterricht eingeführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welches Gesamtkonzept verfolgt sie mit diesem Projekt?

2. Wie ist der Stand zur Einführung von Islamunterricht in anderen Bundesländern?

3. Wie haben sich die christlichen Kirchen gegenüber der Landesregierung zur Einführung des Islamunterrichts positioniert?

Seit dem 1. August 2003 erprobt das Kultusministerium deutschsprachigen islamischen Religionsunterricht in einem zeitlich befristeten Schulversuch an geeigneten Schulstandorten. Bei der Realisierung des Schulversuchs konnte ich mich auf einen breiten Konsens stützen. Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich bei ihrer Zusammenkunft am 20. Dezember 2001 dafür ausgesprochen, zu prüfen,

„ob an Schulstandorten mit einer entsprechenden Anzahl schulpflichtiger Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens ein islamisches Unterrichtsangebot unter Berücksichtigung der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen in den Ländern entwickelt werden kann. Es soll in deutscher Sprache als Lehrfach unter der Aufsicht des Staates und in gemeinsamer Verantwortung mit Muslimen organisiert werden.“

Mit Beschluss vom 23. Juli 2002 hat die damalige Landesregierung zustimmend zur Kenntnis genommen, dass das Kultusministerium die Durchführung eines entsprechenden zeitlich befristeten Schulversuchs im Sinne von § 22 NSchG an geeigneten Schulstandorten beabsichtigt und zusammen mit der Ausländerbeauftragten der Landesregierung zur inhaltlichen Absicherung dieses Versuchs Repräsentanten der maßgeblichen Glaubensrichtungen der Muslime in Niedersachsen zu einem „Runden Tisch islamischer Religionsunterricht“ einladen wird mit dem Ziel, auf muslimischer Seite zu einem einheitlich auftretenden Ansprechpartner zu gelangen, der autorisiert ist, Aussagen über einen gemeinsamen religiösen Glaubenskonsens der Muslime zu treffen.

Mit der Presseerklärung vom 18. März 2003 habe ich für die Landesregierung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die neue Landesregierung die geleisteten Vorarbeiten aufgreifen wird und nach wie vor anstrebt, ab dem 1. August 2003 deutschsprachigen islamischen Religionsunterricht in einem zeitlich befristeten Schulversuch an geeigneten Schulstandorten zu erproben. Dabei hat die Landesregierung unterstrichen, dass allen Beteiligten klar sein muss, dass der islamische Religionsunterricht die Verfassungsgrundsätze und den Bildungsauftrag der Schule, wie er in § 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes niedergelegt ist, zu beachten hat.

Der Schulversuch wird seit dem 1. August 2003 an acht Grundschulen im Land in deutscher Sprache durchgeführt. Er ist auf vier Schuljahre angelegt und findet auf der Grundlage eines vom Land herausgegebenen Lehrplans statt. Die Lehrkräfte sind vom Land eingestellt und unterrichten seit langem im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts religiöse Themen der Landeskunde.

Parallel zum Schulversuch sind mit der Schulgesetzänderung vom 25. Juni 2003 nach § 128 NSchG ab dem 1. August 2003 alle Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens verpflichtet, ab dem 5. Schuljahrgang am Unterricht Werte und Normen teilzunehmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung verfolgt mit dem Schulversuch das Ziel, den Schülerinnen und Schülern muslimischen Glaubens ein Religionsunterrichts

angebot zu machen, das den verfassungsmäßigen und schulgesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Sie anerkennt das grundgesetzlich verbriefte Recht auf religiöse Identität und sieht in dem Religionsunterrichtsangebot einen Beitrag zur Integration der Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. In dem Lehrplan für den Schulversuch heißt es:

„Die altersgemäße Auseinandersetzung mit dem Glauben, den schriftlichen Zeugnissen, der Tradition und dem Brauchtum sowie der jeweiligen Entstehungsund Wirkungsgeschichte soll die Schülerinnen und Schüler zu einer mündigen Glaubensentscheidung und zu einsichtigem und eigenverantwortlichem Handeln in unserer Gesellschaft führen… Das schließt eine blinde Übernahme und unreflektierte Imitation traditioneller Formen der Glaubenspraxis ebenso aus wie eine fraglose Auseinandersetzung mit den mündlichen und schriftlichen Überlieferungen“.

Zu 2: Mit Ausnahme eines vergleichbaren Schulversuchs in Erlangen, bei dem sich das Land Bayern mit einem örtlichen Moscheeverein auf eine analoge Vorgehensweise verständigt hat, beschränken sich die Länder bisher auf ein islamkundliches Angebot entweder im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts oder in deutscher Sprache. Bei diesen Unterrichtsangeboten handelt es sich nicht um einen konfessionellen Religionsunterricht im Sinne von Artikel 7 (3) GG. Von den muslimischen Organisationen in Deutschland werden diese deshalb auch nicht als gleichwertig mit dem von ihnen gewünschten islamischen Religionsunterricht anerkannt.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach an allen Schulen im Sinne des Grundgesetzes und des Niedersächsischen Schulgesetzes sind jedoch auch in Niedersachsen vor allem aus zwei Gründen noch nicht gegeben: Zum einen, weil sich die Muslime im Land bisher nicht zu einer Religionsgemeinschaft haben zusammenschließen können. Der Islam kennt in seiner historischen und kulturellen Entwicklung keine einer abendländischen Religionsgemeinschaft vergleichbare Organisationsform; er ist nicht amtskirchlich verfasst und verfügt über keine einheitlich

organisierte Mitgliedschaft. Muslime in Deutschland gehören zwar der Religion „Islam“ an, sie sind jedoch nicht nachweislich Mitglieder einer Religionsgemeinschaft „Islam“, weil es eine solche im Rechtssinne bisher nicht gibt. Zum anderen, weil es im Islam keinen formalen Nachweis über die Bekenntniszugehörigkeit der Kinder gibt, für die der Unterricht vorzuhalten ist.

Durch die Einrichtung des Runden Tisches hat die Landesregierung einen Ansprechpartner in Glaubensfragen gefunden und damit die Anforderungen nach Artikel 7 (3) GG für einen Schulversuch erfüllt. Außerdem reicht es im Rahmen des Schulversuchs aus, die Anmeldung der Kinder zum islamischen Religionsunterricht durch die Erziehungsberechtigten als Bekenntnisnachweis anzuerkennen.

Aufgrund des Gesagten legt die Landesregierung Wert auf die Feststellung, dass wir auch in Niedersachsen lediglich von einem Schulversuch „Islamischer Religionsunterricht“ sprechen können, weil auf muslimischer Seite die genannten Voraussetzungen für die Einrichtung eines konfessionellen Religionsunterrichts dauerhaft noch zu erbringen sind.

Zu 3: Der Schulversuch hat bundesweit ein großes, überwiegend positives Echo erfahren. Die beiden christlichen Kirchen haben den Schulversuch uneingeschränkt begrüßt. Die Zustimmung erfolgte u. a. auch deshalb, weil bereits bei dem Schulversuch vergleichbare Regelungen und Maßstäbe zugrunde gelegt werden wie bei dem evangelischen oder katholischen Religionsunterricht und den Muslimen keine Sonderrechte bei der Durchführung des Versuchs eingeräumt werden.

Abschließend ist nochmals zu betonen: Die Durchführung des Schulversuchs erfolgt nicht voraussetzungslos. Die Voraussetzungen bestehen in den verfassungs- und schulgesetzlichen Vorgaben sowie in der vorbehaltlosen Anerkennung derselben auf allen Seiten, auch auf muslimischer Seite.

Anlage 5