Protocol of the Session on October 30, 2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage Ihnen einmal, wie das funktioniert. Sie haben ja Recht, wenn Sie sagen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht sofort applaudiert haben, als wir angekündigt haben, die Bezirksregierungen abzuschaffen. Aber das ist doch auch völlig klar.

Wir haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 20 Projektgruppen mit eingebunden, weil sie natürlich die Kompetenz haben, weil sie die Fachleute sind. Es ist nicht nur erstaunlich, sondern

auch erfreulich, wie viele Vorschläge jetzt aus den Bezirksregierungen selbst kommen, wenn es darum geht, welche Aufgaben abgebaut werden können.

Woran liegt das? - Daran, dass man den Projektgruppen Zielvorgaben gemacht hat, dass man klar gesagt hat: Wir müssen soundso viel Stellen abbauen. Jetzt ist klar, dass man, wenn man nicht die Arbeit verdichten will, Vorschläge machen muss. Es ist wirklich erstaunlich und auch erfreulich, wie viele Vorschläge gemacht werden.

Wir werden nach dem 30. November die Vorschläge bewerten können und Ihnen danach unser Konzept vorlegen. Sie werden erstaunt sein, wie viele Aufgaben abgebaut werden können und welche neue Struktur im Lande errichtet werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist richtig, dass wir die Parallelstrukturen nicht nur auf den Prüfstand stellen, sondern sie auch beseitigen. Schauen Sie sich doch die verschiedenen Beispiele an! In der Katasterverwaltung z. B. haben wir einmal die Katasterbehörden auf der Ortsebene, dann die Dezernate bei den Bezirksregierungen und schließlich den Landesbetrieb LGN. Das macht auf keinen Fall Sinn. Hier müssen Sie eine Ebene wegnehmen! In diesem Bereich brauchen Sie die Bezirksregierung nicht.

Wichtig ist allerdings, dass man flexibel herangeht, dass man nicht auf eine einzige Lösung setzt, sondern dass man z. B. bei den Genehmigungsverfahren einen Teil der Zuständigkeiten bei den Gewerbeaufsichtsämtern andockt und zusammen mit der Wirtschaft ein vernünftiges Konzept entwickelt. Die Wirtschaft fordert uns jetzt schon auf, das so schnell wie möglich umzusetzen.

Meine Damen und Herren, es ist doch richtig, dass wir sagen, zuerst kommt der Aufgabenabbau, dann sehen wir, was privatisiert bzw. zu den Kammern gehen kann, und dann sehen wir, was kommunalisiert werden kann.

Ich kann verstehen, dass Sie bedrückt, wie viele Vorschläge gerade von der kommunalen Seite kommen, vom Landkreistag, vom Städte- und Gemeindebund, vom Städtetag. Über 500 Vorschläge für Aufgabenabbau und Aufgabenverlagerung sind bereits eingegangen. Sie werden in den einzelnen Projektgruppen verarbeitet. Meine Damen und

Herren, dabei werden Sie sehen, dass wir dies auch umsetzen können.

Wir haben klar gesagt, dass wir damit nicht so umgehen, wie Sie das getan haben. Wenn Sie etwas verlagert haben, haben Sie entweder gar kein Geld gegeben oder eine Interessenquote in einer Größenordnung von 25 % festgelegt. Das Resultat sehen wir jetzt auf kommunaler Ebene. Wir sehen, wie die Landkreise, wie die Städte finanziell ausgeblutet sind. Dies ist mit uns nicht zu machen. Wir werden das strikte Konnexitätsprinzip in die Verfassung aufnehmen. Wir haben auch zusammen mit dem Ministerpräsidenten Gespräche geführt. In Kürze werden wir einen Vorschlag dazu einbringen. Ich hoffe, dass Sie zustimmen. Sie können das verhindern, aber ich gehe davon aus, dass Sie es nicht verhindern werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will noch etwas zum Verfahren sagen. Am 30. November werden wir die Vorschläge aus den Projektgruppen bekommen. Danach werden wir das bewerten. Wir werden in die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden eintreten. Konnexitätsprinzip bedeutet, dass man einerseits Geld und andererseits Personal mitgeben kann.

(Zuruf von der SPD: Mit dem Geld?)

Wenn wir 6 000 bis 7 000 Stellen abbauen wollen, werden diese Stellen natürlich nicht innerhalb einer Legislaturperiode frei, sondern wir müssen verschiedene personalwirtschaftliche Maßnahmen vorsehen. Dann werden wir das auch gemeinsam mit den Personalräten und mit den Gewerkschaften umsetzen können.

Bei jeder Aufgabe, die kommunalisiert werden kann, werden wir mit den kommunalen Spitzenverbänden sprechen, den Mehraufwand - darum geht es! - definieren und diesen Mehraufwand entweder finanziell oder, was noch besser ist, mit Personal ausgleichen. Genau das wird zurzeit in BadenWürttemberg schon gemacht. Die Vertreter unseres Städtetages waren bereits in Baden-Württemberg und haben sich das Modell angesehen. Wir sehen, wie das umgesetzt werden kann. Es gibt hervorragende Möglichkeiten.

Meine Damen und Herren, wenn man 13 Jahre lang Zeit gehabt hat, eine schlanke Struktur für dieses Land aufzubauen, diese Zeit aber verpasst hat, weil man zwar, als man noch nicht an der Re

gierung war, tolle Konzepte geschrieben hat, während der Regierungszeit aber nicht den Mut hatte, dies umzusetzen, ist es natürlich schwierig. Wir machen eine vernünftige, nachhaltige Verwaltungsreform, wobei wir am Schluss eine schlanke Struktur haben und die Aufgaben bürgernah erledigen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin mir ganz sicher, dass sich dann nicht nur die Grünen diesem Weg anschließen, sondern dass auch die SPD davon überzeugt sein wird, dass endlich ein richtiger Weg eingeschlagen wird.

Meine Damen und Herren, warten Sie ab, spätestens nach drei Jahren sind auch Sie überzeugt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zusätzliche Redezeit beantragt. Herr Professor Dr. Lennartz, ich gewähre Ihnen bis zu zwei Minuten.

(Minister Hartmut Möllring [CDU] spricht mit der Landtagsverwaltung – Erhard Wolfkühler [SPD]: Jag den mal weg! - Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Glocke des Präsidenten)

Herr Lennartz, ich erteile Ihnen nun das Wort. Sie haben bis zu zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vier Anmerkungen zur bisherigen Debatte zu diesem Thema machen.

Erstens will ich klarstellen, dass wir im Innenausschuss Ihrem Änderungsantrag nicht zugestimmt haben und dementsprechend dem Änderungsantrag auch hier nicht zustimmen werden. Die Begründung dafür habe ich in meinem vorherigen Redebeitrag geliefert. Ich habe begründet, was den Unterschied zwischen dem Änderungsantrag und unserem Ursprungsantrag ausmacht.

Der zweite Punkt. Ich bedauere, Herr Minister Schünemann, dass Sie zu einem der Probleme, die ich angesprochen habe, nicht Stellung ge

nommen haben. Es ist dies die Frage, wie Sie Kosten und Personal einsparen, wenn Sie gleichzeitig Konnexität garantieren wollen. Das ist mir immer noch nicht klar geworden.

Die dritte Anmerkung: Wo finden Sie die staatliche Andockstelle zumindest für eine Übergangszeit, weil es bestimmte nicht kommunalisierbare Aufgaben gibt? Dazu haben Sie leider nichts gesagt.

Die vierte Anmerkung bezieht sich konkret auf Herrn Bode von der FDP-Fraktion. Ich selbst bemühe mich immer um eine einigermaßen präzise Ausdrucksweise. Ich finde - wenn ich mir erlauben darf, das einmal zu sagen -, dass Ihre Formulierung „Wir werfen eine Bürokratieebene in den Mülleimer!“ eine höchst unsensible Formulierung ist,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

und zwar deswegen, weil hinter dieser Bürokratieebene, die Sie so abstrakt formulieren, mehr als 3 000 Menschen stehen, die Beschäftigte dieser Institutionen sind.

(Jörg Bode [FDP]: Das habe ich auch nicht über die Beschäftigten, sondern über die Bürokratie gesagt! - Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Daher finde ich, dass die Beschäftigten als Zielgruppe Ihrer Rede dies missverstehen könnten. Das sollten Sie für die Zukunft bedenken. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich dem, Abgeordneten Bartling zusätzliche Redezeit gewähre - er bekommt bis zu drei Minuten -, möchte ich Folgendes klarstellen: Beim Tagesordnungspunkt 16 - Mediengesetz - lagen die Verwaltung und der Präsident falsch. Wir haben dadurch die CDU-Fraktion benachteiligt und bedauern dies.

(Zuruf von der CDU: Sie haben die Landesregierung benachteiligt! - Ge- genruf von Sigmar Gabriel [SPD]: Das brauchen Sie nicht zu bedauern!)

Als nächster Redner hat nun der Abgeordnete Bartling das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gern noch einmal das aufgreifen, was Herr Lennartz gesagt hat. Gerade diese Art und Weise des Umgangs mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat dazu geführt, dass keine Bereitschaft mehr da ist, zu glauben, man könne noch aktiv mitwirken und etwas gestalten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen, wenn sie mit uns sprechen: Wir haben es aufgegeben, weil die überhaupt nicht mehr zuhören, weil das Ziel feststeht.

Das ist das, was wir kritisieren, meine Damen und Herren. Sie legen fest „Weg damit!“ und fordern die Leute dann auf, daran teilzunehmen und zu sagen, wie das umgestaltet werden soll. Das ist widersinnig. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Leider haben Sie, Herr Schünemann, hier mehr Nebel geworfen und wieder sehr viel Hohles erzählt, statt konkret zu werden.

(David McAllister [CDU]: Das ist uner- hört!)

- Ja, das können Sie „unerhört“ nennen. Ich sage es aber trotzdem noch einmal.

(David McAllister [CDU]: Wie reden Sie über Ihren Nachfolger?)

- Das müssen Sie mir schon überlassen. Die Auseinandersetzung führen wir an anderer Stelle genauso ausdrücklich.

Meine Damen und Herren, hier wird hohles Gerede vorgebracht, ohne dass konkret auf das eingegangen wird, worum es geht.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das ist ein Niveau, Herr Bart- ling!)