(Rebecca Harms [GRÜNE]: Dass dort Spitzenausbildung stattfindet, wollten Sie wohl sagen! Sagen Sie mal, wie Vechta evaluiert werden ist!)
Jetzt kommen wir zu den Sozialdemokraten. Im Gegensatz zu den Grünen, die bis zum 2. Februar in der Opposition waren und dort geblieben sind, hatten die Sozialdemokraten eine detaillierte Kenntnis der Haushaltslage. Natürlich hätten wir heute möglicherweise eine etwas kritischere, etwas konstruktivere Einlassung der SPD-Fraktion erwarten können. Frau Dr. Andretta, Sie haben, rhetorisch nicht ungeschickt, viel geredet, aber Sie haben wenig gesagt.
Vor allem habe ich auf Ihre konkreten Vorschläge dazu gewartet, wie Sie es denn anders, wie Sie es besser machen würden. Sie haben Kritik vorgetragen - eine intellektuell nicht ganz so anspruchsvolle Herausforderung.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Rebecca Harms [GRÜ- NE]: Hochmut kommt immer vor dem Fall, Herr Kollege!)
Das ist das eine. Wenn Sie aber noch Fakten verdrehen, dann müssen die hier richtig gestellt werden. Die Studiengänge Baurecht und Bauökonomie gibt es in Nienburg gar nicht. Die sind nur in der Planung. Daher können sie auch nicht geschlossen werden.
Unseren Landtagspräsidenten, Herrn Gansäuer, von Ihnen zu Recht als obersten Hüter der Landesgeschichte bezeichnet - ich finde es im Übrigen gut, dass wir uns in diesem Land wieder mehr um das Thema Landesgeschichte kümmern, was Sie ja viele Jahre vernachlässigt haben -,
brauchen Sie beim Thema „niederdeutsche Sprache in Göttingen“ nicht zu bemühen. Das Land Niedersachsen wird den Vorschlag der Universität Göttingen nicht umsetzen. Die Lehre an dem Institut für niederdeutsche Sprache bleibt erhalten. Wir stehen zur plattdeutschen Sprache in unserem Land. Darauf können Sie sich verlassen.
Aber trotz dieser Einlassung - das sage ich ganz bewusst in Richtung des Herrn Gabriel, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD - wollen wir versuchen, bestimmte Strukturentscheidungen, die über diese Wahlperiode hinausgehen, durchaus im Einvernehmen, im Konsens, im Dialog mit der Opposition zu erzielen. Diese Gesprächsbereitschaft hat der Minister signalisiert. Er hat Sie nach der ersten Tranche informiert, er hat Sie nach der zweiten Tranche informiert. Das ist eine Informationspolitik, die wir so, zumindest bis zum 2. Februar 2003, nicht kannten. Auch das zeigt, dass wir uns um einen anderen Politikstil bemühen. Wir werden nach wie vor versuchen, dieses Thema auch im Dialog mit der Opposition zu bearbeiten.
Aber eines steht fest: Wir werden diesen Weg der Hochschuloptimierung in jedem Fall fortsetzen. Verlässlichkeit ist in diesem schwierigen Prozess das oberste Gebot. Deshalb unterstützen wir als CDU-Landtagsfraktion den Wissenschaftsminister bei seinem Vorgehen, mit den Hochschulen einen Zukunftsvertrag zu schließen, abgesichert durch Kabinetts- und Landtagsbeschlüsse, sodass es für die Hochschulen größtmögliche Sicherheit hin
Meine Damen und Herren, vor uns liegt ein schwieriger Prozess der notwendigen Strukturverbesserungen. Er ist wahrlich nicht leicht - auch nicht für diese Fraktion von 91 direkt gewählten Abgeordneten. Wir werden über einzelne Detailfragen in den Koalitionsfraktionen noch intensiv beraten. Doch ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass der jetzt eingeschlagene Weg von Lutz Stratmann grundsätzlich der richtige und der einzige zum Erfolg ist. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses so genannte Hochschuloptimierungskonzept wird in keiner Weise den Anforderungen an eine zukunftsorientierte Hochschulplanung gerecht; denn das HOK ist ein reines Kürzungsprogramm. Perspektivisch wichtige Fragen lässt dieses Konzept schlicht offen, wie beispielsweise: Wie viele Studienplätze brauchen wir? Welche Bereiche wollen wir zum Zwecke einer Profilbildung aufbauen? Wie können wir die Qualität in Lehre und Forschung verbessern? Was stellen wir uns unter Elitenförderung vor? Wie können wir unsere Position im Wettbewerb verbessern?
Das HOK ist das Ergebnis einer völlig falschen Prioritätensetzung durch diese Landesregierung. Es wird zu Flurschäden führen, die das Land noch teuer zu stehen kommen werden; denn die Kürzungen von Bildungsausgaben sind kontraproduktiv.
Wir sind die Letzten, die die Notwendigkeit von Einsparungen im Landeshaushalt bestreiten würden. Auch wir sehen den Reformbedarf in der niedersächsischen Hochschullandschaft. Aber es ist schlichtweg der falsche Weg, auf diese Problemlage mit drastischen Kürzungen zu reagieren.
Die OECD weist immer wieder auf den engen Zusammenhang zwischen der Zahl der Hochschulabsolventen und der Wirtschaftskraft eines Landes hin. Bildungsinvestitionen sind im wahrsten Sinne des Wortes Zukunftsinvestitionen. Darum ist das HOK eine bildungspolitische Bankrotterklärung; denn es ist in Zeiten volkswirtschaftlich ausdrücklich erwünschter steigender Studentenzahlen tatsächlich ein Studienplatzabbauprogramm.
Eine Restrukturierung von Kapazitäten ist sinnvoll. Ein bloßer Abbau ist kontraproduktiv, weil er den Anforderungen einer modernen Wissensgesellschaft in keiner Weise Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren, das HOK täuscht falsche Tatsachen vor. Der Verweis des Ministers als Beleg für die Wertschätzung der Hochschulen innerhalb der Landesregierung, die Hochschulen seien an den Kürzungen im Haushalt unterproportional beteiligt, ist nichts anderes als Augenwischerei. Er verschweigt, dass auch die Drittmittel, also Eigenleistungen der Hochschulen, in die Berechnungen einbezogen werden. Tatsächlich werden die Hochschulen wie andere Bereiche auch mit 4 % belastet. Im Klartext heißt das auch, dass gerade die erfolgreichen Hochschulen die Dummen sind; denn sie werden überproportional von den Kürzungen betroffen.
Auch die Behauptung des Ministers, das HOK sei mit den Hochschulleitungen abgesprochen, stimmt so wahrlich nicht; denn tatsächlich kritisieren die Präsidien landauf, landab die Kürzungsmaßnahmen, verweisen auf die Folgeschäden und beklagen, dass auch in exzellenten Studiengängen gekürzt werden muss, an denen eigentlich laut Ministerium Stärkung und Profilbildung ansetzen müssten. Es kommt einer Verhöhnung der Hochschulen gleich, wenn der im HOK enthaltene Zukunftsvertrag als Garant dafür verkauft wird, dass die Hochschulen von weiteren Kürzungsrunden ausgenommen werden. Bei einer Laufzeit bis 2007 müssen sich die Hochschulen bis einschließlich 2006 auf Stellenstreichungen einstellen. Zwölf Monate Zeit zum Luftschnappen als Zukunftsvertrag zu verkaufen, ist schon verwegen.
schullandschaft nachhaltig schädigen. Der hohe Personalkostenanteil von 80 % an den Hochschulen lässt keinen Spielraum für das von Wissenschaftsminister Stratmann propagierte intelligente Sparen. Die Hochschulen sind infolge des HOK gezwungen, einfach jede frei werdende Stelle zu streichen. Hochschulentwicklung wird so zu einer Mischung aus Fluktuation und Demografie.
Dieser Fehlsteuerungseffekt wird dadurch verstärkt, dass die Stellenkürzungen an den einzelnen Fachbereichen in 2004 überhaupt nicht umsetzbar sind. Das heißt, die Kürzungssumme kann nur aufgebracht werden, indem eine flächendeckende Wiederbesetzungssperre verhängt wird. Die Konsequenz daraus heißt: Berufungsunfähigkeit für die nächsten Jahre. Die Folge: Niedersachsen wird im nationalen wie im internationalen Vergleich weiter absinken, Lehrstühle bleiben unbesetzt, renommierte Wissenschaftler werden nicht mehr nach Niedersachsen kommen, das Drittmittelaufkommen wird zurückgehen. Es wird eine Abwärtsspirale entstehen, die nur schwer wieder zurückzudrehen sein wird.
Die Anwendung der dem HOK zugrunde gelegten vier Kriterien bleibt intransparent. Die angeblich systematische Betrachtung aller Hochschulen unter den Gesichtspunkten der Qualitätseffizienz, der Effektivitätssicherung und -steigerung wird bei Betrachtung der Kürzungsvorgaben klar wiederlegt. Wissenschaftliche Kommissionen und ZevA werden angeblich berücksichtigt. Aber wo und wie, warum bei dem einen mehr, warum bei dem anderen weniger, bleibt das Geheimnis des Ministers.
Warum wird z. B. in Göttingen, der Universität mit dem landesweit höchsten Renommee, überproportional gekürzt, während weit weniger erfolgreiche Standorte wie Osnabrück und Oldenburg vergleichsweise glimpflich davonkommen? Warum bleibt beispielsweise der Hochschulstandort Vechta trotz katastrophaler Bewertungen durch ZevA und Wissenschaftliche Kommission weitgehend verschont? Der Verweis auf die unverzichtbaren Kapazitäten in der Lehrerausbildung ist angesichts eines sinkenden Lehrerbedarfs schlicht nicht nachvollziehbar. Zu der Frage, ob der Vertrag des Konkordats zu kündigen ist oder nicht, haben wir übrigens nicht gesagt, wir wissen es nicht, sondern wir haben gesagt, Verträge sind verhandelbar, auch dieser.
Warum wird in Hannover der Fachbereich Romanistik gestrichen, obwohl ein laufendes Evaluationsverfahren der ZevA noch gar nicht abgeschlossen ist und Niedersachsen mit lediglich drei Romanistikseminaren ohnehin unter dem Bundesdurchschnitt liegt? Warum werden Außenstandorte in der Fläche geschlossen, nämlich Buxtehude und Nienburg, während man gleichzeitig den Wunsch aufrechterhält, wenn wieder Geld da sei, in Goslar einen neuen FH-Standort zu installieren?
Die Reihe wäre beliebig fortsetzbar. Solange dies so bleibt, bleiben wir bei unserer Meinung: das HOK ist nicht mutig, sondern interessengeleitet und inkonsequent.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Bei aller Freundschaft, das war aber nicht nett!)
Meine Damen und Herren, was wir brauchen, ist eine transparente Hochschulentwicklungsplanung. Niedersachsen braucht eine bedarfsgerechte, an qualitativen Kriterien ausgerichtete Hochschulplanung. Voraussetzung für eine solche Hochschulplanung ist die Zurücknahme der Kürzungsvorgaben. Wir wollen keine Kürzungen im Hochschulbereich. Meine Fraktion wird deshalb einen entsprechenden Änderungsantrag in die Haushaltsberatungen einbringen, in dem wir z. B. Ihre überzogenen Maßnahmen zur inneren Sicherheit zugunsten der Hochschulen zurücknehmen werden.
Das heißt nicht, dass wir keine finanziellen Fehlsteuerungen und keinen Bedarf an Strukturreformen sehen. Das schließt auch ausdrücklich die Infragestellung von ineffizienten und leistungsschwachen Standorten oder Fachbereichen nicht aus. Diese Entscheidungen müssen jedoch in eine transparente und nachvollziehbare Hochschulentwicklungsplanung eingebettet sein.
Herr McAllister, von welchem runden Tisch Sie eben geredet haben, ist mir schleierhaft. Als Steuerungsinstrument im Reformprozess fordern wir
den konsequenten Einsatz qualitativer Steuerungselemente. Das meint neben den vorhandenen Zielvereinbarungen insbesondere die indikatorengestützte leistungsbezogene Mittelvergabe, die gleichermaßen auf Universitäten und Fachhochschulen angewendet werden soll.
Ausnahmen, etwa mit dem Ziel der Aufrechterhaltung bestimmter Fachangebote oder dem Ziel des Aufbaus so genannter Leuchttürme, müssen ebenfalls intensiv diskutiert werden.
Kurzfristig müsste wegen steigender Nachfrage, kürzerer Studierdauer und der besseren Arbeitsmarktchancen die Anzahl der Studienplätze an Fachhochschulen erhöht werden. Wir sind der Meinung, dass mittel- und langfristig die Differenzierung zwischen Universitäten und Fachhochschulen bei ernst gemeinter Einführung von Bachelor und Master ohnehin entfallen muss.
Auch wir sind dafür, dass die Frage der Bildungsfinanzierung offen zu diskutieren ist. Schließlich sind es die Grünen gewesen, die mit dem so genannten BAFF ein Reformmodell zur Studienfinanzierung vorgelegt haben. Auch wir fragen uns z. B., welche Instrumente wir den Kunden der Hochschulen, nämlich den Studierenden, in die Hand geben können, um ihre Lernbedingungen zu verbessern. Wir werden allerdings misstrauisch, wenn das Thema Studiengebühren just dann Konjunktur erfährt, wenn die staatlichen Gelder zurückgefahren werden - zu Recht, wie die jüngsten Erfahrungen mit den Langzeitgebühren zeigen: Außer Spesen für die Hochschulen nichts gewesen.