Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Harms, ich hätte mir gewünscht, Sie wären zur Eröffnungsveranstaltung der SOLTEC gekommen.
Dann hätten Sie nämlich einen meiner wesentlichen Sätze gehört. Der besagte, dass nach diesem heißen Sommer wieder die Chance besteht, mit klarem Kopf und kühlem Verstand über die Energiepolitik der Zukunft zu sprechen.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Grünen hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits enthält er Passagen, von denen ich annehme, dass sie - sehr geehrte Frau Somfleth, darüber sind wir uns auch einig - von allen hier im Hause mitgetragen werden können. Wer kann denn schon allen Ernstes gegen Energieeinsparung und effizientere Energieumwandlung sein?
Ich kann Sie auch gleich beruhigen. Das Kabinett wird am Dienstag die Landesinitiative für Energieeinsparung verabschieden. Mir hat das auch sehr lange gedauert. Nur, im Gegensatz zu Ihnen, Ihrer Politik und Ihren Ankündigungen in der Vergangenheit machen wir solide Finanzierungen und kündigen nicht etwas an - wie das Schulbauprogramm -, was gar nicht finanziert ist. Solch ein Programm muss auch klar finanziert sein, sonst ist es wirkungslos.
Auf der anderen Seite wiederholt Ihr Antrag bekannte grüne Positionen. Allerdings vergessen Sie immer eines: dass auch bei der Umweltpolitik der Mensch im Mittelpunkt steht. Wenn Sie das Energiewirtschaftsgesetz richtig lesen - bis zum Ende, und nicht nur mit einem, sondern mit beiden Augen -, dann sehen Sie auch, dass als eines der Ziele klar und deutlich genannt ist, für eine möglichst preisgünstige Versorgung von Konsumenten und Wirtschaft zu sorgen. Das spielt eine wesentliche Rolle.
Dieser Aspekt kommt bei Ihren Überlegungen überhaupt nicht zum Tragen. So verlieren Sie z. B. kein Wort darüber, mit welchen zusätzlichen Belastungen die Verbraucher und die Wirtschaft durch den von Ihnen angestrebten radikalen Umbau der Energiewirtschaft rechnen müssen.
Den Ansatz allerdings, die Energiepreise - da sind Sie allerdings Spitze in Ihrer politischen Darstellung - als Stellschraube zu benutzen, um gesellschaftliche Experimente durchzuführen, werden wir nicht mittragen.
Meine Damen und Herren, Energiepolitik ist viel zu wichtig, als dass wir sie in irgendeiner Form Ideologen überlassen dürften, sehr geehrte Frau Harms.
Wir wollen für Niedersachsen eine sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieversorgung. Das setzt verlässliche Rahmenbedingungen voraus. Die energiepolitischen Rahmenbedingungen - da hätten Sie sehr viel Möglichkeiten der Einflussnahme
werden aber bekanntlich in Berlin gemacht. Was die rot-grüne Koalition allerdings in den vergangenen Monaten, in den vergangenen Wochen, in den vergangenen Tagen vorgeführt hat, ist an Vielstimmigkeit nicht zu überbieten.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat hier, wie auch auf anderen Gebieten, ein Chaos verursacht. Wir kommen in den nächsten 14 Tagen ja zum nächsten Chaos - Sie haben es angedeutet -, nämlich zum Dosenchaos. Wir stellen fest, dass Sie auch in dieser Frage kein Konzept haben oder zumindest zwei.
Der Bundesumweltminister setzt massiv auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, koste es, was es wolle.
(Rebecca Harms [GRÜNE]: Nein, Quatsch! Sie machen das EEG nur schlecht, Herr Sander! Wollen Sie es kippen? Dann sagen Sie es gleich! Dann freut sich die Industrie!)
Sein Kabinettskollege, der Bundeswirtschaftsminister, dagegen hat eine andere Vision. Er setzt auf saubere Kohlekraftwerke. Ich meine, dass man mit solch festgefahrenen Einstellungen nicht weiterkommt.
Die Niedersächsische Landesregierung wird sich deshalb - Frau Harms, hören Sie zu! - auch weiterhin für einen offenen Energiemix einsetzen.
Weder die Kohle darf tabu sein noch die erneuerbaren Energien. Stattdessen werden wir bei allen Energieformen immer auch das Preis-LeistungsVerhältnis mit berücksichtigen.
(Rebecca Harms [GRÜNE]: 80 Milli- arden hat die Atomindustrie bis jetzt an Subventionen verschlungen! Das ist völlig preiswert!)
Meine Damen und Herren, es ist schon bemerkenswert, dass der Bundeskanzler die Vorsitzenden der Energiekonzerne zu einem Gespräch einlädt und dies möglichst unter Nichtbeteiligung des Umweltministers tut. Die haben sich zwar ganz nett getroffen und auch vereinbart, dass sie sich wieder treffen wollen - das haben sie gestern Abend auch gemacht -, aber sie haben wenig über Energie, sondern lediglich über Emissionshandel gesprochen. Sie haben heute Morgen wieder deutlich gemacht, dass sie in dieser Frage keine einheitliche Auffassung haben.
Nun noch ein kurzes Wort zum EEG. Sie behaupten, wir, die Niedersächsische Landesregierung und die sie tragenden Parteien, würden das Erneuerbare-Energien-Gesetz bekämpfen. Ich weiß nicht, worauf Sie diese Behauptung stützen.
Richtig ist, dass die Landesregierung eine Arbeitsgruppe aus unterschiedlichen Häusern eingesetzt hat. Es ist klar, dass wir das Ausbauziel bis 2010 mittragen, aber gleichzeitig erhebliche Nachbesserungen beim EEG für notwendig halten. Ich sage nochmals - der Kollege Dürr hat es angesprochen -: Fahren Sie einmal nach Wilhelmshaven! Auch die SPD-Abgeordnete aus dem Bereich - sie hatte ja die Arbeitsgruppe der SPDBundestagsfraktion vor zwei Tagen dorthin eingeladen - musste feststellen: Wenn das ErneuerbareEnergien-Gesetz in dieser Form verabschiedet wird, würde das für unsere niedersächsische Wirtschaft erhebliche Folgen haben. Meine Damen und Herren, das muss auch ein Umweltminister zur Kenntnis nehmen, der den Menschen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen zu stellen hat.
Ihr Antrag enthält genügend Diskussionsstoff, um sich weiter mit dieser Frage auseinander zu setzen und um auf den richtigen Weg zu kommen. Frau Harms, ich wäre dankbar, wenn auch Sie ohne freundliche Bemerkungen zu meiner Person dazu einen Beitrag leisten würden.
Ich erteile Frau Harms nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit von drei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man darf auch einmal unfreundlich werden, wenn man die Positionen von Leuten wie Robert Jungk, Franz Alt oder Klaus Töpfer vertritt und deswegen als Ideologin abgestempelt wird. Das ist auch kein freundlicher Begriff, sondern einer der unfreundlichsten, den ich in der Politik kenne.
Sie haben keine Äußerung getroffen, wie Sie in Zukunft die Einspeisungsvergütung geregelt sehen wollen. Viele niedersächsische Unternehmen haben sich in den letzten Wochen an uns gewandt, weil sie jetzt schon Aufträge gefährdet sehen und um Kunden fürchten. Ich glaube, dass Sie eine klare Aussage treffen müssen. Sie drücken sich meiner Meinung nach davor, weil Sie die Einspeisungsvergütung, so wie sie bisher geregelt ist, in Zukunft nicht mehr wollen. Ich habe Herrn Hirche und Sie oft dazu gehört. Sie gefährden mit Ihrer Haltung Zehntausende von Arbeitsplätzen in Niedersachsen.
Nun komme ich zu der zukünftigen, angeblich preisgünstig produzierten Energie. Wer heute die Meinung vertritt, dass man in Zukunft günstig neue große Kohle- oder Atomkraftwerke bauen oder betreiben kann, der betrügt sich selbst und gleichzeitig die Öffentlichkeit.
Nichts wird in Zukunft teurer sein, als unter heutigen technologischen Bedingungen und unter den Bedingungen von Rohstoffknappheit, gerade auch im nuklearen Bereich, solche großen Kraftwerke
zu betreiben. Deshalb stehen im Zentrum grüner Energiepolitik Energieeffizienz und erneuerbare Energien.
Sie sollten endlich von Ihrem hohen Ross heruntersteigen und zugeben, dass das Bündnis für erneuerbare Energien, das vom Bauernverband über die IG Metall bis hin zu den Grünen reicht, in dieser Debatte Recht hat.
Der Abgeordnete Dr. Runkel hat um Redezeit für eine persönliche Bemerkung nach § 76 der Geschäftsordnung gebeten. Herr Dr. Runkel, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie in einer persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen oder eigene Ausführungen berichtigen dürfen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Somfleth, Sie haben mich vorhin als Lobbyisten der Kernkraft bezeichnet. Ich möchte dazu bemerken, dass ich in der Tat auf dem Feld der Kerntechnik promoviert habe und seit mehr als 20 Jahren als Ingenieur im Bereich der Sicherheit von kerntechnischen Anlagen arbeite. Wenn Sie Lobbyisten mit Sachverständigen verwechseln - Sachverstand in dieser Angelegenheit ist bei Ihnen offensichtlich nicht vorhanden -, dann haben Sie Recht.
Ferner möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich außerdem noch Geschäftsführer der WIRUSCH GmbH & Co. KG bin, einer Gesellschaft, die sich mit dem Betrieb von Windkraftanlagen beschäftigt. Das möchte ich Ihnen zu bedenken geben. Dies habe ich auch für das Handbuch des Landtages von Niedersachsen angegeben, wo Sie es nachlesen können.
(Beifall bei der CDU - Rebecca Harms [GRÜNE]: Wie hoch sind denn die Einnahmen aus der Vergü- tung? Das ist ja unglaublich!)