Protocol of the Session on January 16, 2008

Das ist eine wirklich bemerkenswerte Aussage, Herr Wulff.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Es geht um das Vergaberecht!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben sich hier ein Urteil eingefangen. Das Vergabeverfahren zum JadeWeserPort war nicht korrekt. Das hat das Gericht festgestellt. Sie haben den Prozess verloren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Da wurde nicht nur ein bisschen gekungelt. Da wurde gelogen, da wurde betrogen, da wurde verleumdet, da wurden Richtlinien missachtet, da wurden Regeln gebrochen, und da wurden am Ende Mitarbeiter denunziert. Ein Beamter, der sich auf die Korruptionsrichtlinie bezogen und gesagt hat: „Das kann ich nicht tun“, wurde entlassen von Ihnen!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist Bananenrepublik!)

Das nennen Sie Gezerre? - Das war kein Gezerre! Das war Rechtsbeugung, und meines Erachtens hat es auch Rechtsbruch gegeben!

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist auch strafverdächtig. Was noch schlimmer ist: Von alldem haben Verantwortliche der Landesregierung gewusst, und sie waren aktiv daran beteiligt. Ihnen fällt aber nichts Besseres ein, Herr Wulff, als sich hier selbst dafür zu loben, dass Sie sich da herausgehalten haben. Das ist doch ein schlechter Witz, meine Damen und Herren!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Wulff, Sie sind mitten drin. Das ist Ihr Hafenprojekt, Ihr Staatssekretär, Ihr Wirtschaftsminister. Sie und Ihr Wirtschaftsminister tragen die politische Verantwortung,

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

zumindest theoretisch. In der Praxis wollen Sie ja wieder nichts gewusst haben. Von Herrn Hirche kennen wir das aus Bonn, aus Berlin, aus Brandenburg. Egal welches Projekt in den Sand gesetzt wurde: Mein Name ist Hase, ich heiße Walter Hirche, und ich weiß von nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von Minister Walter Hir- che: Da waren Sie überall dabei?)

Herr Wulff, Sie wussten natürlich schon gar nicht von irgendetwas. Sie sind ja klug,

(Clemens Große Macke [CDU]: Das stimmt!)

Sie halten sich da heraus. Sich aus allem herauszuhalten ist schon ein merkwürdiges Prädikat für einen Regierungschef, vor allem für einen, der vor seinem Amtsantritt hier von diesem Platz, an dem ich jetzt stehe, aus versprochen hat, dass er für Verlässlichkeit, für Klarheit, für Wahrheit

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das hat er eingehalten!)

und für Entschiedenheit stehe, für einen, der versprochen hat - Herr McAllister, zitieren wir doch Ihren Ministerpräsidenten! -, auf keinen Fall einen Regierungsstil fortzusetzen, Entscheidungen vom Parlament wegzuverlegen, um sich selbst nicht der Kritik stellen zu müssen.

Herr Wulff, Sie wollten keinen Untersuchungsausschuss. Das hat Herr Dinkla hier eben noch einmal zum Besten gegeben. Sie haben vor drei Monaten noch behauptet: Alles ist in Butter,

(Axel Plaue [SPD]: Die Butter war ranzig!)

alles nur Theater der Opposition. - Sie halten sich für schlau, dass Sie sich da herausgehalten haben. Fünf Jahre lang haben Sie hier eine Menge Erklärungen abgegeben, elf Regierungserklärungen haben Sie hier mit dürftigem Inhalt vortragen lassen. Aber wehe, es wurde dramatisch. Dann schien es Ihnen klüger, sich da herauszuhalten, Herr Ministerpräsident. Was alles haben wir von Ihnen zu VW, zu Transrapid, zu Airbus oder zu den fünf verfassungswidrigen Gesetzen, die von deutschen Gerichten einkassiert wurden, gehört?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun zu dem Urteil des Oberlandesgerichts zum JadeWeserPort. Sie haben in Talkshows immer wieder beklagt, dass Führungskräfte keine Vorbilder seien. Immer wieder waren Sie vorne mit dabei, wenn im Fernsehen Kartelle, Seilschaften und Beziehungsgeflechte gerügt wurden. Angesichts Ihres eigenen Verhaltens in diesem Fall ist es doch ein Hohn, was Sie da geschwätzt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Widerspruch von David McAl- lister [CDU])

Sie waren vielleicht nicht persönlich beteiligt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Er hat den Vermerk doch bekommen!)

Aber eine weiße Weste haben Sie nicht mehr. Sie wird noch schmutziger, wenn Sie das durchgehen lassen und weiter Ihre schützende Hand über diesen Wirtschaftsminister und den Staatssekretär halten.

Ihre Amtszeit wird in die Geschichte als die Zeit eingehen, in der man verfassungswidrige Gesetze und unsaubere Geschäfte machen konnte

(Lachen bei der CDU)

und keine politische Verantwortung dafür übernommen hat,

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

und als die Zeit, in der es klug war, sich herauszuhalten und sich nicht der Verantwortung zu stellen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Sie haben schwach angefangen! Aber jetzt wird es noch schwächer!)

Das ist meiner Meinung nach eine Kapitulationserklärung Ihrer Politik - für einen Ministerpräsidenten allemal. Von Kant gibt es ein schönes Zitat:

„Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepasst werden.“

Ihr Kabinett - mit einem Haufen Juristen - hat immer wieder gezeigt, dass Sie es anders herum halten. Noch bitterer ist es, dass ein Ministerpräsident, der sich immer auf Personen wie John F. Kennedy und Martin Luther bezieht oder gar Nelson Mandela zitiert, nicht den Mumm aufbringt, hier zu sagen: Wir haben einen Fehler gemacht, und weil wir einen Fehler gemacht haben, ziehen wir die Konsequenzen und schicken diesen Wirtschaftsminister in die Wüste, der schlicht und einfach versagt hat.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Hören Sie doch auf zu schau- spielern! Das steht Ihnen nicht!)

Dass Sie diese Kraft nicht aufbringen, Herr Wulff, obwohl Sie es besser wissen - in Ihrem Herzen wissen Sie, dass es richtig wäre, diesen Wirtschaftsminister zu entlassen -, ist ein Schaden für die politische Kultur in diesem Land.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Jüttner, Sie haben eine Minute Redezeit. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff hat vor Tagen gesagt, er habe eine wirtschaftspolitische Baustelle: Karmann. - Ich stelle hier fest: Er hat viele. Bei Volkswagen sitzt er am Katzentisch. Bei FinanzIT hat er sich nicht gekümmert. Bei TUI hat er keine Meinung.

(Widerspruch bei der CDU)

Beim JadeWeserPort hat er zugelassen, dass vonseiten der Landesregierung rechtswidrig agiert wird. Dieser Ministerpräsident ist ein wirtschaftspolitischer Totalversager. Wer klug ist, wählt ihn ab.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege

Dr. Rösler das Wort.

Herr Präsident! Herr Kollege Jüttner, wenn das Ihr großer letzter Auftritt gewesen sein soll, dann halte ich fest: Der ist Ihnen auf jeden Fall schon einmal misslungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)