wie im Inneren einer Großen Koalition etwas zustande kommen könnte, ist etwas viel verlangt. Ich kann es aus Kleinen Koalitionen beurteilen, die ich in Niedersachsen in den 70er-Jahren mit der SPD
und später mit der CDU gehabt habe. Ich kann sogar - das ist für jeden hier im Saal vielleicht das Spannendste - aus gewissen internen Beratungen einer einzelnen Partei erkennen, wie man Dinge interpretiert, Herr Möhrmann. Aber ersparen Sie mir, dass ich das jetzt ausführe.
Ich will es einmal so sagen - das weiß ja auch jeder -: Es hat einen Kompromiss aufgrund unterschiedlicher Auffassungen gegeben.
Ich setze mich lieber mit den Folgen auseinander, zumal ich die Folgen in Deutschland - dies sagt auch die OECD; damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage - im Vergleich der Länder in Europa für negativ halte. In Großbritannien wird ein Mindestlohn gezahlt, der sogar leicht über der von der SPD vorgeschlagenen Grenze liegt, aber ganz andere Wirkungen hat. In Großbritannien werden von dieser Regelung etwa 1,5 % der Beschäftigten erfasst. In Deutschland könnten es nach den Berechnungen zwischen 5 und 10 % sein. Warum? Weil in Großbritannien die Sozialabgaben und Steuern nicht wie in Deutschland von den Löhnen, sondern auf andere Weise erhoben werden. Man kann ein solches Instrument nicht ohne Berücksichtigung der allgemeinen Rahmenbedingungen betrachten. Deswegen ist eine Regelung, die darauf verzichtet, Niedriglohn überhaupt mit Sozialabgaben und Steuern zu belegen, wie es in Großbritannien der Fall ist, von einer ganz anderen Wirkung als in Deutschland. Das Problem in Deutsch
Die Auffassung der SPD - ich interpretiere sie doch einmal -, über die Erhebung von Sozialabgaben und Steuern auf Lohn Staatsaufgaben zu finanzieren, ist meines Erachtens genau der falsche Ansatzpunkt. So werden die unsozialen Wirkungen erzeugt, die Sie zu bekämpfen vorgeben.
- Genau, bei Herrn Möhrmann ist das nämlich so. In der Tat hat die SPD, nachdem sie erwischt worden war, den Sicherheitsleuten Lohn nachgezahlt. Aber der Betrug ist ganz interessant. Man hat von der Firma bei Abschluss des Arbeitsvertrages eine Tariftreueerklärung verlangt, und zwar im Wissen darum, dass der Branchentarifvertrag exakt den Stundenlohn von 5,78 Euro ausmacht. Von einem Betrug der Sicherheitsfirma kann man nicht reden, wenn man so mit ihr umgeht. - Dies als Vorbemerkung.
Ich komme noch einmal auf das Ifo-Institut zurück. Die 1,9 Millionen Arbeitsplätze sind schon erwähnt worden. Aber Professor Sinn und sein Institut haben noch etwas anderes festgestellt. Nach Angaben des Instituts hätte eine Übertragung des Mindestlohns auf alle Branchen zur Folge, dass in Ostdeutschland voraussichtlich 23,3 % und im
Aufgrund der Tatsache, dass sich insbesondere die SPD sehr für diese Arbeitnehmer in Niedriglohngruppen einsetzt, interessiert mich, wie die Chancen aussehen, im Niedriglohnsegment wieder einen neuen Job zu bekommen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bode, diese Chancen sind in Deutschland relativ schlecht. Das hat damit zu tun, dass volle Sozialabgaben und Steuern auf den Löhnen liegen, und zwar nicht nur für den Arbeitnehmer, sondern auch für den Arbeitgeber, der aufgrund seines Arbeitgeberbruttos in eine ganz ungünstige Wettbewerbssituation kommt. Daher erzielt man dann, wenn man das Instrument des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns einsetzt, eine erschreckend unsoziale Wirkung. Mich stört an dieser Diskussion die Behauptung, man sei mit dem Mindestlohn auf der sozialen Seite. Sie ist im Ergebnis völlig falsch, weil er mehr unsoziale als soziale Wirkungen erzeugt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, ich habe, ehrlich gesagt, überhaupt kein Verständnis für Ihr Konzept. In dieser Gesellschaft muss der Satz „Leistung muss sich lohnen.“ gelten. Jemand, der voll erwerbstätig ist, muss doch von seiner Tätigkeit leben können. Ich habe kein Verständnis dafür, dass in Ihrem Konzept des Mindesteinkommens mit staatlichen Mitteln Unter
Ich komme zu meiner Frage. Hier ist in den letzten Tagen insbesondere von der FDP immer wieder gesagt worden, der Mindestlohn bei der Postdienstleistung werde Arbeitsplätze vernichten. In der Wirtschaftspresse von heute kann man nachlesen, dass das Geschäftsmodell von PIN erkennbar ohne das Thema Mindestlohn von den Managern dieses Unternehmens in diesem Jahr voll gegen die Wand gefahren worden ist und die Drohung mit den Entlassungen überhaupt nichts mit dem Thema Mindestlohn, sondern ausschließlich mit dem Thema Managerversagen zu tun hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt sicherlich auch Managementversagen. Das Wichtige ist in diesem Zusammenhang aber, wie sich Personalkosten in der gegebenen Konkurrenzsituation auswirken. Herr Jüttner, hier ist besonders hervorzuheben, dass Sie diese Beschlüsse gefasst haben, um das Monopol der Post bei weiter bestehender Mehrwertsteuerbefreiung zu zementieren. Das heißt, Sie nutzen das Instrument, von dem Sie soziale Wirkung vorgeben, um in Wirklichkeit eine Kartellisierung der Wirtschaft zu betreiben. Das ist meines Erachtens ein Anschlag gegen den Arbeitsmarkt.
(Beifall bei der FDP - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Sie wissen doch genau, warum die von der Mehrwertsteuer befreit sind im Vergleich zu PIN!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich frage Sie angesichts der umfangreichen Anhörungen im Wirtschaftsausschuss über die Zustände bei der Fleischverarbeitung und in den niedersächsischen Schlachthöfen mit illegaler Beschäftigung, Sozialdumping, Niedrigstlöhnen
und ca. 1 000 ständigen Ermittlungsverfahren: Wie wollen Sie als Landesregierung auf Dauer mit Löhnen von 2 bis 5 Euro in der Stunde umgehen, und wie wollen Sie dem Einhalt gebieten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Will, Sie haben in Ihrer Frage selbst darauf hingewiesen, dass Verstöße gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen im Vordergrund stehen. Diese Verstöße gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen lassen sich überhaupt nicht mit Regelungen im Bereich der Lohnfindung bekämpfen, da es sich im Zweifelsfall um Straftatbestände handelt, denen nachgegangen werden muss. - Das ist der eine Teil der Antwort.
Der andere Teil ist: In dieser Debatte wird in der Regel nicht beachtet, dass es als Folge der EUVereinbarungen, die von der Regierung Schröder abgeschlossen worden sind, legal ist, dass ausländische Arbeitnehmer hier zu den Löhnen ihres Heimatlandes arbeiten. Das ist in einer EU-Vereinbarung geregelt, der der SPD-Kanzler Schröder zugestimmt hat und die auch die von CDU und FDP getragene Landesregierung nicht aushebeln kann.
Frage 3: Mangelhafter Unterricht in vielen Gymnasien in Niedersachsen - Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Schulinspektionsberichten?
Diese Frage wird von Frau Kollegin Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Bitte schön, Frau Korter, Sie haben das Wort.
Schulinspektion hat inzwischen mehr als 500 der niedersächsischen Schulen untersucht. Bei ca. 5 % der Schulen ergaben die Inspektionsberichte so gravierende Mängel, dass eine Nachinspektion erforderlich ist.
Besonders hoch ist der Anteil der bemängelten Schulen unter den Gymnasien. Inzwischen wurde annähernd die Hälfte der Gymnasien inspiziert. 9 % von ihnen müssen nachinspiziert werden, während eine Nachinspektion nur bei 5 % der inspizierten Gesamtschulen erforderlich ist. Bei den anderen Schulformen ist bislang der Anteil der inspizierten Schulen zu gering für einen aussagekräftigen Vergleich. Der Anteil der nachzuinspizierenden Schulen ist bislang jedoch bei allen Schulformen geringer als bei den Gymnasien.
Eine differenzierte Auswertung eines Teils der Berichte über die inspizierten Schulen nach insgesamt 16 Qualitätskriterien hat ergeben, dass viele Gymnasien Probleme vor allem bei den Teilbereichen „Lehrerhandeln im Unterricht“ und „Schülerunterstützung“ haben. So erhielten in dieser Auswertung drei Viertel der inspizierten Gymnasien beim Teilbereich 5 „Lehrerhandeln im Unterricht - Unterstützung eines aktiven Lernprozesses“ nur die zweitschlechteste Bewertungsstufe - Stufe 2: „eher schwach als stark“ - und fast ein Zehntel sogar die schlechteste Bewertungsstufe - Stufe 1: „schwach“.
Ebenfalls eher schlecht abgeschnitten haben bis zur Hälfte der Gymnasien im Teilbereich 4 „Lehrerhandeln im Unterricht - Stimmigkeit und Differenzierung des Unterrichts“ und ein Drittel der Gymnasien beim Teilbereich 8 „Schülerunterstützung - Unterstützung der Schülerinnen und Schüler im Lernprozess“.