Protocol of the Session on December 13, 2007

Landtages. Die Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 270 Millionen Euro für eine teilprivatisierte Anstalt mit 300 Plätzen in Bremervörde kann natürlich nicht unsere Zustimmung finden. Im Justizvollzug ist der Staat gefragt, nicht aber private Sparmodelle.

(Beifall bei der SPD)

Man konnte der Presse entnehmen, dass viele kleinere Anstalten gefährdet sind und ihnen in Niedersachsen das Aus droht. Als Beispiele seien hier Emden, Delmenhorst, Gifhorn und Stade genannt. Die entsprechenden Mittel könnten dezentralisiert für heimatnahe Entlassung verwendet

werden. Das wäre eine Betreuung in Reinkultur, die sozialverträglich und sinnvoll ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man diesen Haushaltsentwurf unter ein sozialdemokratisches Brennglas legt, kann man nur eines tun: ihn ablehnen und Verbesserungsvorschläge machen. Nur so können wir eine rechtspolitische Sackgasse verhindern. Mit sozialpolitischen Ideen hätten wir in der Tat ein Stück mehr gerechte Rechtspolitik in Niedersachsen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat der Kollege Dr. Biester.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Justiz hat die Aufgabe, in angemessener Zeit und mit hoher Qualität Recht zu sprechen. Wir sind verpflichtet, den Gerichten die dafür erforderlichen sächlichen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich stelle dazu fest: Die Justiz erfüllt ihre Aufgabe in Niedersachsen sehr gut, und wir tun dies mit unserem Haushaltsentwurf ebenfalls.

Die Landesregierung legte einen Haushalt mit Einnahmen von knapp 347 Millionen Euro und Ausgaben von rund 1,062 Milliarden Euro - davon entfallen allein 643 Millionen Euro auf Personalausgaben - vor. In den Personalausgaben sind - das haben Sie nicht erwähnt, Frau Bockmann fünf neue Stellen zur Erweiterung der Sozialtherapie in der Jugendstrafanstalt Hameln und drei neue Stellen in der Führungsaufsicht bereits enthalten. Wir investieren in die IT-Organisation durch Zentralisierung. Wir erproben den elektronischen Rechtsverkehr. Wir haben ein Qualitätsmanagement zur Optimierung der Arbeitsabläufe eingerichtet. Die Gerichte stellen sich dem Urteil ihrer Kunden durch Umfragen z. B. bei den Rechtsanwälten, um eventuelle Schwächen festzustellen und Stärken weiter auszubauen. Die Gerichte haben zu

Recht keine Scheu, sich dem Urteil der Kunden zu stellen. Wir sind stolz darauf - das sollte man auch einmal erwähnen; das ist von der Opposition noch nie anerkannt worden -, dass wir im Ranking der Bundesländer, was die Bearbeitungsdauer der

Fälle angeht, bei allen Gerichtsbarkeiten durchweg im oberen Drittel liegen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wissen, dass wir dies den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz zu verdanken haben. Wir wissen um deren Arbeitsbelastung. Wir wissen um deren durchweg positive Arbeitseinstellung. Ich sage im Namen der CDU-Fraktion daher allen in der Justiz Tätigen dafür meinen ausdrücklichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben natürlich - wie die Opposition auch - mit den Vertretern aller Gerichtsbarkeiten im Vorfeld der Haushaltsberatungen gesprochen, uns ihre Feststellungen, Wünsche und Anregungen angehört und sie abgewogen. Als Ergebnis haben wir als Fraktion gegenüber dem Entwurf der Landesregierung folgende Veränderungen vorgenommen:

Wir haben bei den Amtsanwälten vorgesehen, zehn neue Stellen einzurichten. Wenn die Opposition nun feststellt, dass wir dort gehandelt haben, so muss sie dies natürlich noch toppen und sagen: Wir stellen 30 Stellen zur Verfügung. Man müsste dann natürlich auch einmal die Frage beantworten, wo diese Mitarbeiter herkommen, wo sie auf dem Markt überhaupt verfügbar sind, wo ich, wenn ich aus dem Rechtspflegerbereich 30 Mitarbeiter als Amtsanwälte qualifiziere, Löcher aufreiße und wie ich dann wiederum gegensteuere. An Antworten auf diese Fragen fehlt es bei diesen Vorschlägen auch. Wir meinen, dass wir der besonderen Belastungssituation im Bereich der Amtsanwaltschaft dadurch, dass wir zehn neue Stellen einrichten, Rechnung tragen.

Wir stellen weitere sechs Richter in der Strafgerichtsbarkeit - die Begründung werde ich gleich nachliefern - und zwei weitere Staatsanwälte ein.

Wir nehmen 233 Stellenhebungen im mittleren Justizvollzugsdienst und im Wachtmeisterdienst vor. Darauf sind wir richtig stolz. Wir meinen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen schweren Beruf in diesem Bereich ausüben, haben es verdient, diese Stellenhebungen zu erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Seit gestern kennen wir nun die Vorstellungen der Opposition. Sie sind offensichtlich dem Wahlkampf geschuldet. Sie sind utopisch und nicht seriös gegenfinanziert.

(Astrid Vockert [CDU]: Das ist der entscheidende Punkt! - Heike Bock- mann [SPD]: Das ist eine Behaup- tung, und die ist falsch!)

Ich nenne ein Beispiel dafür. Frau Bockmann, Sie wollen die Mittel für den Geschäftsbedarf an den Gerichten um 225 000 Euro kürzen, aber gleichzeitig 130 neue Richter einstellen. Den personellen Unterbau für die Richter vergessen sie völlig. Das ist schon dilettantisch. Sie kürzen andere Ausgabepositionen, ohne das Ist des Jahres 2007 zur Kenntnis zu nehmen. Einnahmepositionen erhöhen Sie in das Utopische hinein, ohne das Ist 2007 zur Kenntnis zu nehmen. Diese Versuche einer teilweisen Gegenfinanzierung in Ihren Anträgen können wir nicht ernst nehmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Den Höhepunkt haben Sie heute eigentlich in Ihrem Redebeitrag geliefert. Sie sagen: Es darf keinen Rechtsschutz nur für Reiche geben. Deswegen sind wir gegen einen Gesetzesvorschlag zur Begrenzung der Kosten der Prozesskostenhilfe. Dies mag man politisch durchaus vertreten. Wir haben eine völlig andere Auffassung. Das wissen Sie. Warum Sie aber gleichzeitig die Ausgaben für die Beiordnungen in diesen Sachen kürzen, kann ich nicht nachvollziehen. Das passt überhaupt nicht zusammen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Richtig! Dar- auf muss mal eine Antwort gegeben werden!)

Sie haben einen besonderen Schwerpunkt bei den Sozialgerichten gesetzt. Frau Bockmann, wir haben bei den Sozialgerichten im Jahr 2006 32 neue Richterstellen und - wir kümmern uns ja auch um den Unterbau - 17 weitere Stellen im Folgedienst eingerichtet. Im Nachtrag 2007 haben wir 27 weitere Richterstellen eingestellt; zusätzlich zwei Stellen im gehobenen Dienst und 15 Stellen im mittleren Dienst. Das ist bereits geschehen. Außerdem haben wir aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits fünf Richter umgesetzt. Wir werden noch weitere fünf Richter umsetzen. Von 2006 bis 2008 werden wir bei der Sozialgerichtsbarkeit insgesamt 76

neue Stellen geschaffen haben. Damit sind wir unserer Verantwortung gerade für diesen Gerichtszweig ohne Weiteres nachgekommen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben die Verfahrensdauer bei diesen Gerichten angesprochen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass diese langen Verfahrensdauern in vielen Fällen dadurch bedingt sind, dass umfangreiche Gutachten, Ergänzungsgutachten und Obergutachten eingeholt werden müssen. Die Erstellung der Gutachten ist häufig das, was sich auf die Dauer der Verfahren bei den Sozialgerichten

nachteilig auswirkt.

Was die ordentliche Gerichtsbarkeit angeht, können wir feststellen, dass die Eingangszahlen

durchweg leicht rückläufig sind.

Eine Besonderheit haben wir bei den Strafgerichten. Da Herr Jüttner gerade anwesend ist und sich konzentriert,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich höre Ih- nen ununterbrochen zu!)

will ich ihm an dieser Stelle einmal Folgendes sagen: Sie haben gestern in einem Nebensatz gesagt, wir müssten die Untersuchungshäftlinge in Niedersachsen wegen überlanger Verfahrensdauern massenweise entlassen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: „Massen- weise“ habe ich nicht gesagt!)

- In etwa so haben Sie das gesagt. - Damit verkennen Sie aber völlig die tatsächliche Situation.

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Was sagen Sie denn zu der Rüge des Bundesverfassungsge- richts?)

Ich will Ihnen aber durchaus zugestehen: Wir haben eine verschärfte Rechtsprechung im Hinblick auf die Dauer der Untersuchungshaft und bezüglich der Anforderungen, die dort gestellt werden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Guck an!)

Dem tragen wir Rechnung, indem wir schon im letzten Jahr zwölf zusätzliche Strafrichter eingestellt haben. In diesem Jahr sind es wiederum sechs weitere Strafrichter.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich hatte recht mit den weggelaufenen Gano- ven!)

- Ein Fall? Zwei Fälle? Wie viele kennen Sie denn? - Nennen Sie sie doch einmal!

(Werner Buß [SPD]: Jeder einzelne Fall ist zuviel!)

- Völlig d’accord! Das werden Sie aber nie ausschließen können. Daraus können Sie nun nicht den Schluss ziehen, dass das daran liegt, dass wir zu wenige Staatsanwälte oder zu wenige Strafrichter hätten. Einen solchen Zusammenhang können Sie nicht nachweisen.

(Beifall bei der CDU)

In der Arbeitsgerichtsbarkeit sind durchgängig

rückläufige Zahlen festzustellen. Eine Besonderheit stellt hierbei das Arbeitsgericht Osnabrück dar. Das muss unserer Meinung nach aber intern gelöst werden.

Bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wir

ebenfalls eine deutliche Rückläufigkeit der Eingangszahlen, was sogar dazu geführt hat, dass uns der Präsident des Oberverwaltungsgerichts schriftlich darum gebeten hat, ihm doch Fälle aus dem Sozialbereich zuzuweisen, damit die Verwaltungsgerichtsbarkeit sie bearbeiten kann.

Meine Damen und Herren, ich stelle deshalb fest: Die sächliche und die personelle Ausstattung, die wir der Justiz mit dem Haushalt 2008 zur Verfügung stellen, wird der Belastungssituation der Gerichte gerecht. Sie ist angemessen. Die Justiz ist und bleibt bei uns in Niedersachsen in guten Händen.