Protocol of the Session on December 13, 2007

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn eine Landesregierung zum Ende einer Legislaturperiode - aus meiner Sicht natürlich hoffentlich zum letzten Mal - einen Haushaltsplan für das kommende Jahr vorlegt

(Zuruf von Reinhold Coenen [CDU]: Das können Sie nur hoffen)

- die Hoffnung gebe ich nicht auf, und ich werde dafür arbeiten, dass sie Realität wird; damit können Sie rechnen -, darf man wohl auch die ablaufende Legislaturperiode ein wenig bilanzieren.

Dass man dabei als Erstes auf die Verfassungstreue dieser Landesregierung eingeht, ist bei dem Haushalt des Verfassungsministers ja wohl nicht ganz verwunderlich. Das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 6. Dezember 2007 wirft ein kennzeichnendes Licht auf das Verhältnis dieser Landesregierung zu seinen Kommunen. Dass die Landesregierung mit ihrem Versuch, die Strukturen im

Landkreis Lüchow-Dannenberg so zu ordnen, wie sie es für zweckmäßig hält, vor dem Landesverfassungsgericht gescheitert ist, das die Bestimmungen für nichtig erklärt hat, macht deutlich, dass bei dieser Landesregierung nicht die zukunftsfähigen Strukturen unserer Kommunen, sondern allein opportunistische Erwägungen eine Rolle gespielt haben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, hätte die Landesregierung ein ernsthaftes Interesse an unseren Kommunen, hätten Sie das realisiert, was Sie vor 2003 lauthals versprochen haben. Sie haben damals kritisiert: Der Raubzug durch die kommunalen Kassen wird beendet. Wir erstatten den Kommunen die 500 Millionen DM, die die damalige Landesregierung widerrechtlich entnommen habe. Das war übrigens Inhalt einer Klage vor dem Staatsgerichtshof, vor dem Sie nicht nur jetzt, sondern auch schon damals als Opposition gescheitert sind.

(Beifall bei der SPD)

Was ist bei Ihnen dagegen realisiert worden, meine Damen und Herren? - Kein einziger Pfennig ist den Kommunen erstattet worden.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir sind auch erst zu Euro-Zeiten an die Regierung gekommen!)

Das Gegenteil ist der Fall. Im kommenden Jahr werden die Kommunen nach allem, was wir heute wissen, 190 Millionen Euro weniger über den kommunalen Finanzausgleich bekommen als im laufenden Jahr. Statt den Kommunen zu helfen und den gekürzten Verteilungsschlüssel wieder auf die Höhe des Jahres 2003 zu setzen, blieben Sie dabei, den Kommunen jedes Jahr mehr als 100 Millionen Euro vorzuenthalten.

Meine Damen und Herren, nehmen wir ein anderes Thema, nämlich den Umgang dieser Landesregierung mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Erst werden Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld wegrasiert, dann gibt es ausgerechnet im Monat vor der Landtagswahl eine sogenannte Einmalzahlung in Höhe von 860 Euro. Wenn Sie glauben, die niedersächsischen Beamtinnen und Beamten würden darauf reinfallen und jetzt freudig dazu beitragen, dass dieser Ministerpräsident im Amt bestätigt wird, dann haben Sie sich getäuscht.

(Beifall bei der SPD)

Die Beamtinnen und Beamten wissen, dass es mit den Sozialdemokraten nicht nur Wahlkampfeinmalzahlungen, sondern einen verlässlichen und dauerhaften Wiedereinstieg in die sogenannte

Jahressonderzahlung geben wird.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nur ein Ausschnitt, meine Damen und Herren. Ich komme noch zu weiteren für mich sehr wichtigen Themen. Ich möchte den Bereich öffentlicher Dienst jetzt verlassen, obwohl ich dazu noch eine ganze Menge sagen könnte. Ich habe das auch an anderer Stelle schon getan.

(Heinz Rolfes [CDU]: Was kommt denn jetzt?)

- Jetzt komme ich zur Integration, Herr Kollege Rolfes. Hören Sie einmal zu; denn dann können Sie davon vielleicht auch noch ein bisschen etwas mitnehmen.

Um ein Haar wäre das Innenministerium in „Integrationsministerium“ umbenannt worden. Schon allein diese Überlegung macht deutlich, dass es der Landesregierung auch beim Thema Integration mehr um den schönen Schein geht als um tatsächliche Verbesserungen.

(Beifall bei der SPD)

Das zeigt sich übrigens auch daran, dass das zentrale integrationspolitische Vorhaben im aktuellen Haushalt die Bereitstellung einer viertel Million für die Programmierung einer Internetplattform zum Thema Integration ist. Ich möchte das jetzt nicht schlechtreden; damit Sie mich nicht falsch verstehen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das würde ich auch nicht tun!)

Ich denke aber, dass es für Migranten in Deutschland dringendere Probleme gibt als eine Internetplattform.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb verdoppeln wir mit unserem Änderungsantrag die Integrationsmittel im Haushalt des Innenministeriums, damit z. B. auch die Migrationserstberatung aufrechterhalten werden kann, wenn der Bund seinen Zuschuss kürzen sollte.

Meine Damen und Herren, seit 2005 hat die Landesregierung unter Herrn Wulff dem Bereich Integration jedes Jahr 1 Million Euro vorenthalten. Wir halten diese Kürzung nach wie vor für falsch und sehen in unserem Haushaltsantrag deshalb die Wiedereinsetzung der Integrationsmittel vor. Ich kann nur wiederholen, was ich seit 2005 jedes Jahr an dieser Stelle gesagt habe: Wer Integration fordern will, der muss auch Integration fördern.

(Beifall bei der SPD)

Das ist übrigens eine gute Überleitung zu einem Thema, das die Landesregierung erst jetzt, kurz vor der Landtagswahl, entdeckt zu haben scheint, dass man sich nämlich intensiv um den Einstieg von Migranten und Migrantinnen in unsere Polizei bemühen muss. Die Vorgängerregierung war da ein bisschen weiter. Wir haben uns damals sehr aktiv um die Einstellung von Migrantinnen und Migranten in Polizei und Justiz bemüht. Hätten Sie daran angeknüpft, brauchten wir heute keine

Handlungsprogramme.

Meine Damen und Herren, eines der zentralen Wahlversprechen der Landesregierung war die Einstellung von 1 000 zusätzlichen Polizeibeamtinnen und -beamten. Von dieser Zahl ist man nach und nach vorsichtig abgerückt. Jetzt sollen es echt nur noch 800 sein.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

Bis heute sind ca. 500 im Vollzugsdienst angekommen. Wir haben uns vor der letzten Wahl immer anhören müssen - das war die wichtigste Begründung für Ihre Aussage -, Niedersachsen habe die niedrigste Polizeidichte im Bundesvergleich.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das stimmt ja auch!)

- Das ist so. Das kann ich gar nicht verneinen, Herr Coenen.

(Minister Bernhard Busemann: Da wa- ren Sie Innenminister!)

- Ja, damals war ich Innenminister, und ich bekenne mich auch dazu, warum das so war, Herr Busemann. Das können Sie ruhig zur Kenntnis nehmen.

Ich will noch etwas hinzufügen, was damals wesentlicher Inhalt Ihres Wahlprogramms war. Sie haben den Leuten erzählt: Wenn wir drankommen,

werden wir die Polizeidichte so verstärken, dass die Präsenz bei der Bevölkerung auch deutlich wird. - Ich lasse einmal die Zahlen sprechen. Wir hatten bei der sogenannten Polizeidichte ein Verhältnis von 1 zu 459. Heute ist das Verhältnis 1 zu 456. Wenn Sie glauben, mit diesen drei Menschen weniger auf einen Polizeibeamten mehr Sicherheit produziert zu haben, wenn auch nur subjektive Sicherheit, ist das einfach Augenwischerei und nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Auch diese Zahl bedeutet übrigens im bundesweiten Ranking immer noch die geringste Polizeidichte bei den Flächenländern.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das stimmt nicht!)

- Es mag sein, dass Sie aktuellere Zahlen haben. Herr Schünemann wird uns das ja gleich sagen.

Ich will auf eines hinweisen, meine Damen und Herren: Für uns ist die Anzahl der Polizeibeamtinnen und -beamten nie das Entscheidende gewesen, sondern das Entscheidende war die Qualität der Ausbildung. Nicht die Zahl der Köpfe ist entscheidend, sondern das, was in den Köpfen ist.

(Beifall bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Wollen Sie damit sa- gen, dass in den Köpfen nichts drin ist?)

- Nein. Da ist eine Menge drin, und das ist auch gut so. - Ich halte übrigens im Unterschied zur CDU nichts von den Zahlenspielen mit irgendwelchen Polizeidichtestatistiken. Die Qualität der Arbeit lässt sich nicht an den Köpfen messen, sondern entscheidend ist, was in den Köpfen ist. Auf die Ausbildung kommt es an, und in diesem Zusammenhang bin ich sehr froh, dass wir Sie von Ihrem Plan abbringen konnten, Polizeibeamte im mittleren Dienst anzustellen, wie es in Ihrem Wahlprogramm zu lesen war.

Die niedersächsische Polizei - das weiß jeder, meine Damen und Herren - leistet nach wie vor hervorragende Arbeit. Ich sorge mich allerdings um die Polizeiausbildung, die von dieser Landesregierung qualitativ abgewertet wurde, und um die Fortbildung, die so gut wie gar nicht mehr stattfindet, weil das Bildungsinstitut der Polizei aufgelöst wurde und ein neues Fortbildungskonzept nach wie vor nicht vorliegt. Nur eine gut ausgebildete und

ständig fortgebildete Polizei kann qualitativ gute Arbeit leisten.

(Beifall bei der SPD)

Das ist umso wichtiger, als ständig neue Aufgaben auf die Polizei zukommen. Ich muss mir nur ansehen, was eine hannoversche Tageszeitung, abgeleitet aus anderen Tageszeitungen, heute meldet. Unter der Überschrift „Der Notstand der Terrorfahnder“ wird berichtet, dass sich ein jetzt bekannt gewordener interner Bericht der beteiligten Polizeieinheiten an einem erfolgreichen Polizeieinsatz - es geht um einen Polizeieinsatz, der stattgefunden hat und den ich auch um Gottes willen nicht schlechtreden will; das war ein Erfolg - nicht wie eine Erfolgsgeschichte liest. Darin berichten Ermittler von schweren Mängeln und schier unfassbaren Hindernissen bei der Fahndung, von schlechter Ausrüstung und zu wenig Personal. So lässt sich die Manöverkritik zusammenfassen.