Protocol of the Session on October 19, 2007

(Unruhe)

- Wenn wir etwas aufmerksamer sind, dann geht es sicherlich einfacher.

Ich rufe zunächst die Eingabe 3884 auf, betreffend Durchsetzung des Lkw-Durchfahrverbotes auf der B 4.

Zu dieser Eingabe liegen gleichlautende Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD vor, die diese Eingabe mit „Berücksichtigung“ beschieden wissen möchten. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Damit sind die Anträge abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Material“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Wir kommen zur Eingabe 3905, betreffend BAB 22, Trassenführungsabschnitte 502 und 517.

Zu dieser Eingabe liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, „Berücksichtigung“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Sach- und Rechtslage“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimm

enthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Wir kommen zur Eingabe 3946, betreffend Bearbeitungsdauer in einem Berufungsverfahren beim Landessozialgericht in einer Schwerbehindertenangelegenheit, hier: rückwirkende Erhöhung des GdB.

Zu dieser Eingabe liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor, „Berücksichtigung“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag der Fraktion der SPD ist abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Material“ und im Übrigen „Sach- und Rechtslage“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Ich rufe dann die Eingabe 3983 auf. Sie betrifft die Studiengebühren, über die eben diskutiert wurde.

Zu dieser Eingabe liegt ein Antrag der Fraktion der SPD vor, „Berücksichtigung“ zu beschließen. Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag der SPD-Fraktion ist abgelehnt.

Wir kommen demzufolge zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Sach- und Rechtslage“ zu beschließen. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Es ist so beschlossen.

Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: In Würde altern - Selbstständigkeit stärken - Altersdiskriminierung bekämpfen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/4106

Herr Kollege Schwarz hat das Wort. Bitte schön!

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, können Sie bitte den Plenarsaal etwas geräuschloser verlassen, wenn Sie etwas anderes vorhaben! - Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem demografischen Wandel in unserer Gesellschaft steigt der Bevölkerungsanteil der über 60-Jährigen von heute 23 % auf bis zu 40 % im Jahre 2050 an. Das heißt, er wird sich in den nächsten 40 Jahren verdoppeln. Dieser wachsende Anteil älterer Menschen ist eine Chance für die Gesellschaft und nicht nur eine Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme.

Die meisten älteren Menschen streben keineswegs einen völligen Rückzug aus ihren gesellschaftlichen Aktionsfeldern an. Viele Seniorinnen und Senioren sind vielmehr und glücklicherweise zu einer Fortsetzung ihres Engagements in Familie, Beruf, Wirtschaft und Gesellschaft bereit. Das wird vor allem dadurch möglich, dass es in Deutschland noch nie so viele gesunde, mobile und gut ausgebildete ältere Menschen gab wie heute. Unsere Gesellschaft kann heute und erst recht in Zukunft nicht auf die Mitwirkung und Gestaltungskraft der älteren Generation verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Das bürgerschaftliche Engagement älterer Menschen hat einen hohen gesellschaftlichen Nutzen. Die Politik hat für dieses Engagement geeignete Rahmenbedingungen und Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen. Wir müssen das Spektrum von Angeboten für die Teilhabe und Mitwirkung der älteren Generation weiterentwickeln und auf deren Erfahrungen und Interessen ausrichten.

Die Seniorinnen und Senioren sind die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe. Sie verfügen zum Teil über eine bedeutende Kaufkraft. Erstaunlicherweise - oder man könnte auch sagen: erschreckenderweise - hat die Wirtschaft diesen Wachstumsmarkt mit seinen Ansprüchen und Bedarfen an Produkten und Dienstleistungen für ältere Menschen immer noch nicht ausreichend erkannt. Insofern ist es auch eine Aufgabe der Wirtschaft, verstärkt für altersgerechte Produkte zu sorgen. Ich nenne hier beispielhaft nur die Kommunikationstechnik, Handys, Lesegeräte, Computer oder natürlich auch Mobilitätshilfen.

Es gibt leider aber auch die andere Seite des Alterns, nämlich die Altersdiskriminierung. Begriffe wie „Rentnerschwemme“, „Alterslawine“, „Überalterung“ oder „sozialverträgliches Frühableben“ erwecken den Eindruck, als wären ältere Menschen für unsere Gesellschaft bedrohlich. Negative Altersbilder wie die, Ältere seien stets krank, pflegebedürftig oder nicht ganz ernst zu nehmen, führen zur Verfestigung von Vorurteilen und begünstigen die Entstehung von Vorurteilen und Diskriminierung. Dabei gibt es vielfältige Formen der Altersdiskriminierung, wobei die Altersgrenzen zwischenzeitlich sehr unterschiedlich gesehen werden und auch schwimmend sind. So lehnte beispielsweise die Lufthansa im Frühjahr dieses Jahres die unbefristete Einstellung - man höre und staune - einer 48jährigen Stewardess ab. Die Lufthansa begründete diese Ablehnung mit dem altersbedingt höheren Krankheitsrisiko. Die Frau klagte und bekam im Juni 2007 Schadenersatzansprüche vom Frankfurter Arbeitsgericht zugesprochen. Ihren Arbeitsplatz bekam sie allerdings nicht. Über 50-Jährige finden nur schwer einen Arbeitsplatz, es sei denn, diese werden staatlich subventioniert.

Es gibt immer noch Unternehmen, die Stellenanzeigen mit unbegründeten Altersangaben versehen oder ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei betrieblich organisierten Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen ausgrenzen. Dieses Verhalten von Industrie und Handel ist kurzsichtig, und es ist auch ein Irrweg.

(Beifall bei der SPD)

Sie können nicht auf der einen Seite Fachkräftemangel beklagen, auf der anderen Seite unzureichend ausbilden und drittens ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor die Tür setzen. Damit schaden sich die Unternehmen ausgesprochen nachhaltig, und sie schaden im Übrigen auch unserer Volkswirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Solange die Wirtschaft auf diesem Wege nicht umkehrt - sie wird umkehren müssen -, ist übrigens die Forderung von Kurt Beck nach einer verlängerten Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unverzichtbar.

(Beifall bei der SPD)

Alles andere kann unverschuldete Armut oder Altersarmut bedeuten. Altersarmut und die zuneh

mend verschämte Armut sind jedoch mit dem damit verbundenen Verzicht auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eine schwerwiegende Form der Diskriminierung, die die Menschenwürde tief verletzt. Dieses ist für uns völlig unakzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt viele andere Beispiele der Altersdiskriminierung; dies sind keine Einzelfälle. Ich will hier nur einige nennen. Da verweigert eine Bausparkasse einem langjährigen Kunden mit Beginn des 65. Lebensjahres den Abschluss einer Restschuldversicherung wegen seines Alters. Da werden von Banken Darlehen mit Hinweis auf das Alter abgelehnt, und die Kreditwürdigkeit von Seniorinnen und Senioren wird von den Banken auf ein Minimum begrenzt. Da werden notwendige, aber kostspielige medizinische Behandlungen, präventive, physiotherapeutische, psychotherapeutische Leistungen sowie Rehabilitationsleistungen mit dem Hinweis auf das Alter verweigert. So wird z. B. einer 69-Jährigen eine Rehamaßnahme mit der Begründung verweigert, als Rentnerin habe sie ausreichend Zeit, alles selbst auszukurieren. Für eine 72-Jährige wurde ohne deren Wissen und gegen ihren Willen der Pflegedienst eingeschaltet, ohne dass vorab ihre Kompetenzen und ihr privates Umfeld erfragt oder berücksichtigt wurden.

Es gibt eine Reihe solcher Beispiele. Teilweise werden die Debatten aus dem politischen Raum noch angeheizt. Ich erinnere nur an den CDUBundestagsabgeordneten Philipp Mißfelder, der nichts davon hält, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelände auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen.

Angesichts all dieser Beispiele ist es gut, dass unter der rot-grünen Bundesregierung in Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz bzw. ein, wie es jetzt heißt, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz auf den Weg gebracht wurde. Es hätte übrigens schon deutlich früher in Kraft treten können, wenn es nicht u. a. durch den Niedersächsischen Ministerpräsidenten und die CDU auf Bundesebene so lange blockiert worden wäre.

(Beifall bei der SPD)

Wir erwarten von dieser Landesregierung, dass sie das Antidiskriminierungsgesetz konsequent umsetzt und bestehende Diskriminierungen und Benachteiligungen vorbehaltlos aufdeckt, um so die Interessen älterer Bürgerinnen und Bürger angemessen vertreten zu können. Wir erwarten von der

Landesregierung, dass sie in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen ein Miteinander der Generationen fördert, dass alle Altersgruppen miteinander vom Erfahrungsschatz profitieren und dass einem Generationenkonflikt vorgebeugt wird. Wir erwarten die flächendeckende Einrichtung von Seniorenvertretungen, um so die Hilfe zur Selbsthilfe zu stärken.

Meine Damen und Herren, wir beantragen, ein Landesprogramm zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung vorzulegen und dieses Programm gemeinsam mit Seniorenvertretungen, Kirchen, Verbänden und Vereinen weiterzuentwickeln. Wir beantragen ferner: Dieses Programm soll die Altersdiskriminierung systematisch erfassen, den Abbau von Altersdiskriminierung fördern sowie Wirtschaft und Gesellschaft stärker für die Belange älterer Menschen sensibilisieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Mundlos, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bedeutung der älteren Generation wächst, gerade unter dem Aspekt des demografischen Wandels. Deshalb haben wir nicht nur auf ein Antidiskriminierungsgesetz geschielt, sondern auch als eine unserer ersten Maßnahmen eine Enquete-Kommission auf den Weg gebracht, die sich zielgerichtet mit dieser Thematik befasst hat.

Diese Entwicklung stellt unsere Gesellschaft zwar vor vielfältige Herausforderungen; aber wir begreifen diese Herausforderungen nicht als unüberwindbare Probleme. Denn wir haben eine sehr vorbildliche, aktive, engagierte ältere Generation. Sie ist durchaus selbstbewusst und eine Bereicherung für unsere Gesellschaft insgesamt. Um diese Chancen wahrnehmen zu können, ist erforderlich, sich ein neues Bild vom Alter und vom Altern zu machen und die angeblichen Defizite durch ein differenziertes und realistisches Bild zu ersetzen, welches die vielfältigen Potenziale und Bedürfnisse des Alters hervorhebt.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Bemerkenswert ist: Niedersachsen ist hier schon auf vielfältige Weise aktiv geworden. Ich will in der Kürze der Zeit nur einige Beispiele nennen.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Erstens. Wir fördern seit 2003 den Bau von Mehrgenerationenhäusern, Häusern, die als Kumulationspunkt dienen, um ein gemeinsames Leben und Erleben, einen generationenübergreifenden Erfahrungsaustausch möglich zu machen. Das hat mittlerweile Schule gemacht. Unsere niedersächsischen Mehrgenerationenhäuser sind bundesweit zu einem echten Erfolgsprojekt geworden.