Protocol of the Session on October 17, 2007

(David McAllister [CDU]: Wir führen 1 : 0!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Althusmann, die Nervosität in Ihrer Fraktion muss schon sehr groß sein,

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

wenn Sie in dieser Art und Weise und in dieser Aufgeregtheit hier vortragen müssen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das war ei- ne gute Rede!)

Herr Ministerpräsident, zuerst hatten Sie kein Glück mit Ihrem Umweltminister. Dieser hat nämlich dafür gesorgt, dass das Projekt um zwei Jahre verzögert wurde.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Was sind denn das für Märchen?)

Daraufhin hatten Sie Pech mit Ihrem Wirtschaftsminister. Dann gab es noch massive Fehler in der Stabsstelle, mit denen Sie zu kämpfen hatten. Alles in allem ein beispielloses Missmanagement!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD Deshalb beantragen wir einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung des letzten Aktes dieses Projektes, und zwar der Ver- gabe des Bauloses 1. Wir haben den ernsthaften Willen, diesen Untersuchungsausschuss im Januar 2008 zu einem Abschluss zu bringen. (Bernd Althusmann [CDU]: Wie soll das gehen?)

- Das Parlament kann im Januar und sogar noch im Februar tagen, Herr Althusmann. Offiziell endet die Sitzungszeit erst zu jenem Zeitpunkt.

Wir haben die Alternativen sehr intensiv geprüft. Aber mit dem Landesrechnungshof wären wir am Ende zu kurz gesprungen. Der Landesrechnungshof hat sehr deutlich gesagt, er sähe sich nur dazu in der Lage, im Rahmen des § 99 der Landeshaushaltsordnung zu prüfen. Er müsste das Benehmen mit der geprüften Behörde jeweils herstellen. Er könnte nur einen Termin für den Bericht über den Stand des Verfahrens, nicht aber über

den Inhalt des Verfahrens nennen. Er könnte die Punkte 1 bis 4 nur eingeschränkt prüfen, weil die Bewertung politischer Verantwortung dem Rechnungshof naturgemäß schwerfalle. Er könnte keine Zwischenberichte liefern.

Sie, Herr Althusmann und Herr Bode, haben den Vorschlag meiner Kollegin Ursula Helmhold vehement zurückgewiesen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Gleichwohl danke ich an dieser Stelle dem Rechnungshof für die grundsätzliche Bereitschaft und das konstruktive Gespräch.

Aber genau aus diesem Grund, meine Damen und Herren, wählen wir die Alternative. Wir haben den Untersuchungsbereich eingegrenzt, um in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum zu einem Ergebnis zu kommen. Wir werden eine übersichtliche Anzahl von Zeugen hören und genau sagen, welche Akten wir brauchen. Die CDU-Fraktion hingegen will ausweiten. Sie wollen die letzten fünf bis sechs Jahre untersuchen. Das ist verfassungsrechtlich bedenklich!

(Bernd Althusmann [CDU]: Überhaupt nicht! - Weitere Zurufe)

Ziel dieses PUA ist die Aufklärung der merkwürdigen Vorgänge im Ministerium und in der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft, die dazu führten, dass das Vergabeteam, das zunächst das Angebot von Bunte favorisierte, ausgetauscht wurde, dass das Hochtief-Angebot als unvollständig klassifiziert wurde, dass der Chefplaner entlassen wurde, dass das Vergabeteam sogar in Gänze, nicht nur in Teilen, neu besetzt wurde, dass das Hochtief-Angebot wieder auf den Tisch kam, dass das Hochtief-Angebot möglicherweise nachgebessert wurde und dass nicht öffentliche Informationen nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen anderen Bietern bekannt wurden. Zu klären ist, ob es möglicherweise Koppelgeschäfte gab und warum beteiligte Bieter klagen, dass sie unter Druck gesetzt wurden. Dabei ist auch zu klären, welche Entscheidungsträger und welche Gremien beteiligt waren und welche Folgen dies für die Bauplanung und die Zeitplanung hatte. Zu klären ist weiterhin, wie mögliche Motive und Erklärungen für das Missmanagement einzuschätzen sind und wer die politische Verantwortung trägt. - So weit der Kern des Untersuchungsauftrags.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, die Erweiterung des Untersuchungsauftrages und Ihre Nervosität an diesem Punkt sprechen für sich. Die Frage nach der Gesellschafterstruktur ist sinnvoll. Aber das mit der historischen Exegese ist fragwürdig. Herr Wulff, wollen Sie uns etwa weismachen, dass Sie ein Opfer der Gesellschafterstruktur geworden sind, die vor fünf Jahren auf den Weg gebracht wurde? Wollen Sie sich hier wirklich so aus der Verantwortung ziehen? - Das wäre meines Erachtens eine sehr schwache Leistung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie hätten genug Zeit gehabt, um Verhandlungen zu führen, wenn Ihnen die Gesellschafterstruktur nicht richtig erschienen wäre. Aber im Nachhinein zu sagen, Sie seien ein Opfer der Bremer Interessen oder wessen Interessen auch immer, und in dieser Art und Weise zu versuchen, den Untersuchungsauftrag zu verändern, das ist wirklich ein Zeichen von Schwäche, Herr Wulff. Das werden wir nicht zulassen!

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Sie haben keine Probleme, nicht wahr?)

Sie tragen die Verantwortung dafür, dass der Zeitplan aus dem Ruder gelaufen ist!

(David McAllister [CDU]: Was sagen Sie zu Karo Linnert?)

Herr McAllister, es wäre wirklich zu einfach, nur die Aufsichtsratsprotokolle zu lesen, um zu wissen, was hier passiert ist. Glauben Sie ja nicht, dass wir Ihnen auf den Leim gehen!

(David McAllister [CDU]: Dann kritisie- ren Sie ja Ihre Finanzsenatorin!)

Wir werden eine übersichtliche Zahl von Zeugen hören. Dann wird man sehen, was hier auf den Tisch kommt. Sie hätten Frau Linnert vielleicht einmal in Gänze hören sollen. Frau Linnert hat nämlich ganz deutlich gesagt: Wenn es zu Fehlern gekommen ist, dann müssen sie geahndet werden.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Aber sie hat keine gefunden!)

Sie hat auch gesagt, sie wehre sich dagegen, wenn die CDU und die FDP Wahlkampf gegen Bremen machten.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Was?)

Herr McAllister, hier geht es um die Aufklärung der Verantwortlichkeit Einzelner. Das ist der Kern des Untersuchungsauftrages.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie, meine Damen und Herren, haben noch Ende 2005 gesagt, Sie wollten bis zum Jahr 2007 mit dem Gros der Arbeiten fertig werden. Im letzten Jahr wollten Sie Ende 2008 fertig werden. Noch im letzten Sommer haben Sie gesagt, Ende 2009 werde der Hafen fertig. Jetzt wird das Jahr 2010 genannt. Das ist Ihr Missmanagement! Das wird am Ende möglicherweise dazu führen, dass ein Teil der EU-Zuschüsse verloren geht

(David McAllister [CDU]: Das ist be- reits widerlegt worden!)

und im schlimmsten Fall sogar Konventionalstrafen für Eurogate fällig sind. Das wollen wir verhindern, meine Damen und Herren! Deswegen muss jetzt dafür gesorgt werden, dass dieses Missmanagement abgestellt wird und dass all das, was zu diesen Verzögerungen geführt hat, aufgeklärt wird!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden nicht zulassen, dass Sie diesen PUA zu einem Klamaukausschuss machen

(Christian Dürr [FDP]: Wer macht denn hier Klamauk?)

und dass Sie verzögern. Herr Dinkla lässt schon jetzt wissen, dass er vor dem 29. Oktober zu keinem Termin bereit sei. Herr Althusmann sagt, schon am 6. Dezember wolle er die Bücher wieder zuklappen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Dann ist Ältestenratssitzung!)

- Lesen Sie einmal die Verfassung, Herr Althusmann! Das Parlament ist noch länger im Amt. Wir haben alle Möglichkeiten, diesen Zeitraum auszuschöpfen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Was planen Sie denn?)

Wir werden jedenfalls dafür sorgen, dass dieses Missmanagement aufgeklärt wird, und wir werden

Ihnen rechtzeitig einen Abschlussbericht vorlegen. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Bode. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im November 2002 wurde zwischen den Ländern Bremen und Niedersachsen in einer Grundsatzerklärung der Bau des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven vereinbart. Ministerpräsident Sigmar Gabriel und der regierende Bürgermeister Henning Scherf, beide übrigens von der SPD, verständigten sich damals darauf, dass Niedersachsen einen Finanzierungsanteil von 80 % der Projektkosten trägt, aber Bremen zur Hälfte mitbestimmen darf und in allen entscheidenden Fragen ein Vetorecht hat. Wie wir gerade von Herrn Jüttner gehört haben, ist er noch stolz darauf, dass er daran mitwirken durfte. Herr Jüttner, für mich haben Sie sich damals über den Tisch ziehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Gerd Ludwig Will [SPD]: Was habt ihr denn geändert?)

Herr Jüttner, es ist übrigens interessant, dass die Landesregierung damals zu dem Zeitpunkt, als Sie, wie Sie gerade erklärt haben, das Projekt angeschoben haben, in den Plänen davon ausging, dass der Tiefwasserhafen bis Ende 2010 fertiggestellt sein wird. Dieser Zeitplan ist übrigens heute immer noch realistisch, und er wird auch weiter verfolgt, obwohl bei Projekten dieser Größenordnung deutliche Zeitüberschreitungen eher die Regel als die Ausnahme sind. Denken Sie nur einmal an den Digitalfunk und dessen immer noch ausstehende Einführung. Von daher geht der Vorwurf, es habe Zeitüberschreitungen gegeben, von jemandem, der sich noch dafür loben lässt, dass er das Projekt angeschoben hat, völlig ins Leere.

Die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft hat den Auftrag für das erste Baulos nicht leichtfertig vergeben. Es ist völlig unstrittig, dass es einen weiten Ermessensspielraum bezüglich der Frage gab, ob es die sogenannte Ankerlösung geben kann oder nicht. Die Frage allerdings, ob das Angebot von Hochtief zu werten war oder ob es auszuschließen war, ließ sich nicht so leicht beantwor

ten. Es gab gute Argumente für beide Entscheidungen: für den Ausschluss oder die Wertung. Den Entscheidungsträgern der Gesellschaft war klar, dass man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in jedem Fall eine Klage der unterlegenen Seite bekommen würde, die die Entscheidung überprüfen lassen würde. Man brauchte daher gute Argumente für den rechtssichersten Weg. So wurden neben den eigenen Fachleuten Rechtsanwälte und - das ist das Entscheidende - der wahrscheinlich renommierteste Vergaberechtler Deutschlands, Herr Dr. Otting von der Kanzlei Gleiss Lutz, den wir hier auch im Wirtschaftsausschuss gehört haben, mit hinzugezogen. Er erklärte nach Studium aller Akten - ich zitiere -: