Protocol of the Session on July 11, 2007

Mit dieser Entscheidung folgen wir der Entwicklung des Einzelhandels in Deutschland der letzten Jahre, von denen auch Niedersachsen als Bundesland betroffen ist. Der Einzelhandel in Deutschland hat sich wesentlich verändert. Er ist Trends und Shoppinggewohnheiten wie dem Erlebniseinkauf unterworfen. Auch die Einkaufsmöglichkeiten im Internet beeinflussen den konventionellen Einzelhandel maßgeblich. Wenn wir von „Hersteller-Direktverkaufszentren“ sprechen, dürfen wir nicht mehr unweigerlich nur an FOCs und DOCs denken, um die es in dieser Debatte geht; wir müssen auch an Einrichtungen wie Ikea und Dodenhof denken, die nur wegen ihrer Ausgestaltung heutzutage nicht auf innenstadtrelevante Sortimente verzichten und in ihrer Verkaufsfläche die von uns diskutierten Größenordnungen von möglichen Hersteller-Direktverkaufszentren oft weit übersteigen.

Meine Damen und Herren, die heutigen Ansiedlungsersuchen richten sich vorrangig auf Standorte auf der grünen Wiese in der Nähe von Autobahnanschlüssen oder Raststätten, in der Nähe touristischer Zentren sowie in Zwischenlagen von großen Verdichtungsräumen. Es sollen Käuferschichten aus einem Einzugsbereich von bis zu 200 km und bis zu zwei Autostunden angezogen werden.

Mit dem FOC-Standort in der Lüneburger Heide werden diese Auswirkungen durch die Ausrichtung an dem Gedanken des Tourismus-Shopping abgemildert. Die räumliche Nähe und die funktionale Vernetzung mit touristischen Angeboten und Einrichtungen wird die Frequenz der touristischen Einrichtungen steigern und die touristische Attraktivität einer Region insgesamt erhöhen.

(Beifall bei der CDU)

Damit vermeiden wir die aktive Umlenkung von Kaufkraft aus der umliegenden Region.

Meine Damen und Herren, dieser Gefahr begegnen wir mit grundsätzlichen Festlegungen zur Ansiedlung großflächigen Einzelhandels raumordnerisch. Dennoch soll das touristische Angebot der überregional bedeutsamen Tourismusregion Lüneburger Heide weiter verbessert und im internationalen Wettbewerb noch effizienter vermarktet werden. Mit einem Warensortiment, das die touristischen Besonderheiten gegenüber dem regulären Einzelhandel herausstellt, sollen die bestehenden Strukturen zur verbrauchernahen Versorgung nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Die besonders große räumliche Konzentration zahlreicher Tourismuseinrichtungen wie des Heide-Parks Soltau, des Vogelparks Walsrode, des Center Parcs, des Snow-Dome oder der Kartbahn in Bispingen unterscheidet die Lüneburger Heide deutlich von anderen Tourismusregionen in Niedersachsen und schafft optimale Rahmenbedingungen für ein Hersteller-Direktverkaufszentrum mit touristischer Verknüpfung. Das Vorhaben zielt mit seinen Versorgungsfunktionen entsprechend den örtlichen touristischen Angeboten ganz überwiegend nicht auf die Versorgung der örtlichen und regionalen Bevölkerung.

Meine Damen und Herren, der ehemalige niedersächsische Innenminister Heiner Bartling sagte am 21. Januar 1999 im Rahmen einer Debatte zum FOC, dass sich die Landesregierung neueren Entwicklungen und Standortanforderungen im Einzelhandel, die durch einen notwendigen Strukturwandel im Einzelhandel entstehen, nicht verschließt. Und so möchten auch wir verstanden werden. Es gibt eben Entwicklungen, denen wir uns nicht verschließen dürfen. In unseren Nachbarländern werden nämlich Hersteller-Direktverkaufszentren sowohl vergrößert als auch neu geplant. Exemplarisch möchte ich nur das geplante FOC in Neumünster nennen, das 2008 eröffnet werden soll.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen aufzeigen, dass es durchaus auch andere Meinungen, beispielsweise innerhalb der SPD, gibt. 2001 wurde am Flughafen Zweibrücken in RheinlandPfalz ein Designer-Outlet-Center eröffnet. Bei der Erweiterungsfeier des DOC im September 2006 war auch der SPD-Vorsitzende Kurt Beck in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident zugegen. Er äußerte sich wie folgt:

„Mit dem DOC wollten wir Käuferströme umkehren und zurück nach Zweibrücken holen. Um gegenzusteuern, dass Menschen und Geld über viele Jahre aus der Grenzregion abgeflossen sind, hat man neue Perspektiven entwickelt.“

Er machte u. a. deutlich:

„Für den gut aufgestellten Einzelhandel sind diese Center keine Konkurrenz, sondern ein wichtiger Impuls, weil Arbeitsplätze und Besucher angelockt werden, von denen die gesamte Region profitiert.“

Besonders freut es mich aber, meine Damen und Herren, dass die Kreistags-SPD Soltau-Fallingbostel die mögliche Ansiedlung eines FOC/DOC unterstützen würde.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Ich wusste, dass das noch kommt!)

Eine entsprechende Pressemeldung ist uns bekannt.

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass ich Sie weiter beunruhige. Deshalb will ich nicht weiter aus Ihren Reihen zitieren.

Herr Biestmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Sie dürfen den letzten Satz sagen.

Danke schön, Frau Präsidentin. Das werde ich gerne tun.

Ich hoffe, dass wir am Ende mit allen Beteiligten Entwicklungen auf den Weg bringen werden, die Niedersachsen und die Tourismusregion Lüneburger Heide nach vorne bringen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat Herr Oetjen das Wort.

(Heinrich Aller [SPD]: Machen Sie nicht das kaputt, was der Vorredner aufgebaut hat!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Klein hat sehr schön dargestellt, wie die Vergangenheit aus seiner Sicht gewesen ist. Ich hingegen möchte in die Zukunft schauen. Das ist eben der Unterschied zwischen den Grünen und der FDP, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Rolf Meyer [SPD]: Sie haben die Zukunft doch schon hinter sich!)

Ich möchte an dieser Stelle sehr deutlich machen: Es gibt keine generelle Ausnahmeregelung für große Hersteller-Direktverkaufszentren auf der grünen Wiese. Das, was diskutiert worden ist, ist in dem von der Landesregierung vorgelegten Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms längst passé. Am Dienstagmorgen haben wir diesen Entwurf im Agrarausschuss öffentlich erörtert.

(Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

- Selbstverständlich ist die öffentliche Erörterung des Entwurfs durchgeführt worden, Frau Kollegin Stief-Kreihe. Ich erinnere mich genau, dass Sie dabei waren. Ob Sie allerdings aufnahmefähig waren, Frau Kollegin, weiß ich nicht genau.

Also: Es gibt keine generelle Ausnahmeregelung für Factory-Outlet-Center auf der grünen Wiese. Großflächiger Einzelhandel soll weiterhin in den Oberzentren stattfinden. Das ist in dem Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms sehr eindeutig geregelt, meine Damen und Herren.

Es gibt eine einzige Ausnahmemöglichkeit - keine Ausnahme, sondern eine Ausnahmemöglichkeit für ein Hersteller-Direktverkaufszentrum, nämlich in der Lüneburger Heide. Der Auftrag ist klar formuliert: Es soll geprüft werden, ob es einen raumverträglichen Standort in der Lüneburger Heide gibt, bei dem, auf dem, in dem ein Zentrum mit maximal 10 000 m2 Verkaufsfläche entstehen kann. In dieser Prüfung soll festgelegt werden, wie die Sortimentsstruktur aussehen und wo ein solcher Standort sein kann. Dieser ist in einem Raumordnungsverfahren im Jahr 2008, also nach dem Inkrafttreten des Landes-Raumordnungsprogramms, abzuprüfen. Die Einbettung in ein touristisches Konzept und in eine städtebaulich integrierte Lage muss gewährleistet sein.

Dann, meine Damen und Herren, werden wir herausfinden, ob es einen solchen Standort in der Lüneburger Heide gibt. Im Entwurf des LandesRaumordnungsprogramms gibt es einen sehr wichtigen Hinweis, nämlich dass wir darauf achten müssen, wie die Situation des Einzelhandels in den umliegenden Mittelzentren ist. Ich sage sehr deutlich: Auch wir als FDP haben Sorge um den mittelständischen Einzelhandel in den Mittelzentren, meine Damen und Herren. Wir tun aber auch viel für den mittelständischen Einzelhandel.

(Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Was denn?)

Walter Hirche und das Projekt „Ab in die Mitte!“ sind das beste Beispiel dafür. Dieses Projekt, das immer mit Walter Hirche verbunden sein wird, macht deutlich, dass wir uns um die Innenstädte in Niedersachsen kümmern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Dr. Philipp Rös- ler [FDP]: Sehr richtig!)

Wie gesagt, wir prüfen ab: Hat ein FOC negative Auswirkungen auf den mittelständischen Einzelhandel? - Nur wenn dies nicht der Fall ist, können wir aus meiner Sicht eine solche Ausnahme in der Lüneburger Heide zulassen. Das wird in einem gesonderten Raumordnungsverfahren abgeprüft, in dem sich alle einbringen können. Meine Damen und Herren, erst dann kann entschieden werden, ob es einen Standort in der Lüneburger Heide gibt oder nicht. Das werden wir abwarten.

Zum Schluss möchte ich noch auf den Kollegen Klein antworten. Bei „Tom und Jerry“ heißt es: „Und traurig klingt der Schlussakkord in Moll. Wir sagen Danke schön und Auf Wiedersehen.“

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Frau Stief-Kreihe von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin ganz ehrlich: Der „Sommernachtstraum“ von Hans-Jürgen Klein ist nicht zu toppen. Ich gebe mir auch gar nicht erst die Mühe.

Ich bin davon überzeugt: Wenn wir den Antrag gleich zum Parlamentarischen Abend des Städte

tags mitnehmen, dann brauchen wir hier gar nicht mehr zu reden. Die sagen uns dann schon, wie der Hase läuft, und das ist sicherlich überzeugender.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von mir daher nur eine kurze Anmerkung: Wir haben im Rahmen des Landes-Raumordnungsgesetzes einen Antrag mit fast gleichlautendem Wortlaut eingebracht - diesmal also einmal umgekehrt -, weil wir im Landes-Raumordnungsprogramm nicht die alte Regelung haben wollten. Für uns wäre es schöner gewesen, wenn man eine verbindliche gesetzliche Regelung geschaffen hätte. Diese ist nicht durchgekommen - wenn wundert das? -, obwohl ich der festen Überzeugung bin, bei vielen Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion mit der Faust in der Tasche. Ich glaube nicht, dass Herrn Stumpf die Rede von Herrn Biestmann so gut gefallen hat.

Wir werden aber den Versuch nicht aufgeben. Das heißt, im Rahmen der Beratung zum LandesRaumordnungsprogramm werden wir selbstverständlich mit einem weiteren eigenen Antrag kommen, der genau die gleiche Zielrichtung hat, nämlich die Beibehaltung der alten gesetzlichen Regelung.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Wenn der genauso ist, dann brauchen wir ihn nicht!)

- Herr Oetjen, ein FOC auf der grünen Wiese ist auch schon zu viel. Von daher machen wir jetzt noch die dritte Variante: Wir lassen den alten Zustand. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Minister Ehlen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung befasst sich im Rahmen der Novellierung des Landes-Raumordnungsprogramms eingehend mit den befürchteten Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren, besser bekannt als FOCs. Am 26. Juni hat das Kabinett den Weg

für die Beratung des Entwurfs des LROP im Landtag frei gemacht.

Einwände gegen FOCs, wie sie in dem Antrag der Fraktion der Grünen formuliert worden sind, sind der Landesregierung seit Langem bekannt. Befürchtungen wie ein neues FOC-Wettrüsten, die Schaffung eines Präzedenzfalles, die Bindung von Kräften oder das Blockieren von Entwicklungen wurden bei der Erstellung des Entwurfs des Landes-Raumordnungsprogramms sehr ernst genommen.

Deshalb will der neue Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms FOCs nur in sehr begrenztem Umfang zulassen. FOCs sollten, wie bisher, in aller Regel nur in Oberzentren und dort nur in städtebaulich integrierten Lagen zulässig sein. Die Landesregierung ist froh darüber, dass diese Grundausrichtung auch auf höchstrichterlicher Ebene bestätigt worden ist. Die beabsichtigte Ausnahmeregelung soll deshalb nur ein einziges FOC in der Lüneburger Heide ermöglichen. Somit wird es keinen Präzedenzfall geben. Ein FOC-Wettrüsten ist von vornherein ausgeschlossen.