Protocol of the Session on July 11, 2007

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann könnten wir mit den anderen Ländern und mit der Bundesregierung darüber reden, welcher Teil der Strecken - möglichst alle sensiblen Bereiche, vielleicht perspektivisch sogar die Gesamtstrecken in Jahrzehnten, wie Sie dies im AprilPlenum erzählt haben - umlagefähig wird sowie von den Netzbetreibern beantragt und von den zuständigen Stellen dann auch genehmigt werden kann.

Meine Damen und Herren, bringen Sie eine Bundesratsinitiative auf den Weg. Das würde uns voranbringen. Hören Sie endlich auf, der Bevölkerung in Niedersachsen Sand in die Augen zu streuen. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Althusmann, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war etwas überrascht; als der Kollege Jüttner gleich zu Beginn sagte: Es grummelt in Niedersachsen. Ich habe, gerade nach den Plenarsitzungen, aber eher den Eindruck gewonnen: Es gibt eigentlich nur einen, bei dem es wirklich grummelt, und das sind Sie, Herr Jüttner.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dieser Antrag der SPDFraktion kommt aus der Abteilung Wahlkampf, und er ist an Populismus nicht zu überbieten. Ich will Ihnen auch beweisen, warum.

Sie müssen schon klären, ob Sie die Kompromisse, die Sie selber mitgetragen haben, am Ende auch durchtragen wollen. Auf der einen Seite erleben wir, dass ein SPD-Landtagskandidat, dessen

Name mir zumindest bisher noch nicht bekannt ist - ein Herr Siebels aus dem Raum Aurich - erklärt: „CDU und FDP blockieren die Erdkabellösung.“ Auf der anderen Seite erklärte einen Tag vorher der Bundesumweltminister - ich glaube, er ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei - in Seesen, dass tatsächlich kaum Hoffnung auf durchgängige Erdverkabelung in Deutschland gemacht werden könne.

(Widerspruch bei der SPD)

Herr Gabriel sagte weiter, wohl kein Weg gehe an der Ausweisung von Freileitungen vorbei; einzig in der Nähe von Siedlungsgebieten sei eine Erdkabellösung denkbar.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich habe irgendwie den Eindruck - ich glaube, viele hier im Raum haben den gleichen Eindruck -, dass Sie inzwischen, so wenige Monate vor einer Wahl, wirklich zu den allerletzten Strohhalmen greifen. Sie diffamieren. Sie bezichtigen den Ministerpräsidenten der Lüge. Das ist stillos, das ist haltlos, das ist geschmacklos, und das ist nicht niedersachsengerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn wir die Versorgungssicherheit beim Strom für die Menschen in unserem Land erhöhen wollen, werden wir das Stromnetz in Deutschland ausbauen müssen, und wir werden es auch in Niedersachsen ausbauen müssen. Wenn wir es mit den Klimaschutzzielen in Europa und weltweit ernst meinen, dann kann es doch überhaupt keinen Streit darüber geben, wer nun besser oder stärker oder mehr für Erdkabel ist und wer nicht. Ich denke, wir sollten einen ökonomisch vertretbaren und einen ökologisch vernünftigen Weg gehen, und dieser liegt zwischen Freileitungen und der technischen Verbesserung für mehr Erdkabel in Zukunft in Deutschland und in Niedersachsen.

Meine Damen und Herren, der Marktzugang neuer Anbieter bei der Stromversorgung, die zunehmende Distanz zwischen der Stromproduktion und den Orten des Verbrauchs, der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere von Offshorewindparks, der Umbau der Kraftwerkparks, die Errichtung von neuen, effizienteren Kraftwerken in Deutschland und in Niedersachsen - dies alles macht den Ausbau des deutschen Stromnetzes auf neuestem technischen Niveau erforderlich. Sie wissen, dass allein E.ON für rund 500 km Trassenleitungen Genehmigungsverfahren plant bzw.

betreibt. Die Deutsche Energie-Agentur hat uns ins Stammbuch geschrieben, dass bis 2015 voraussichtlich 850 Trassenkilometer notwendig sind, um Lücken in der Netzversorgung tatsächlich zu schließen. Für Niedersachsen sei exemplarisch das Beispiel der Trasse Vahle - Mecklar genannt.

In den letzten Monaten ist bei den betroffenen Menschen entlang der geplanten Trassen natürlich Unruhe darüber entstanden: Sind es nun Freileitungen, oder besteht nicht doch die Möglichkeit, Erdkabel zu verlegen? Diese Ängste sollten wir ernst nehmen. Ich sage sehr deutlich in Richtung von Herrn Jüttner: Hier nach Lösungen für die betroffenen Menschen zu suchen, anstatt mit unwahren Behauptungen über Abstimmungen im Bundesrat oder Bundestag die Menschen zu verunsichern - das ist die wahrlich verantwortungsvolle Aufgabe von Politik, und nichts anderes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Es geht Ihnen nicht um die Lösung eines Problems;

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Vorsicht! Da wird auch Protokoll geführt, Herr Alt- husmann!)

es geht Ihnen nicht um die Menschen vor Ort; es geht Ihnen einzig und allein darum, aus einem solchen Thema politisches Kapital zu schlagen. Das wird den Sorgen und Nöten der Menschen vor Ort überhaupt nicht gerecht, um das einmal ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hätte - ich habe es extra einmal mitgebracht eines relativ großen Stapels von Unterlagen, vielleicht noch einiger Gramm Papier mehr, bedurft, um sich die Historie des sogenannten Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes anzueignen und sich in diese Materie einzuarbeiten. Die SPDFraktion und insbesondere Sie als ehemaliger Umweltminister haben sich offensichtlich dieser Arbeit nicht unterzogen oder zumindest nicht unterziehen wollen.

Ich komme zur Bewertung Ihres Antrages im Detail.

Erstens. Sie behaupten, Niedersachsen habe als einziges Bundesland am 2. Juni 2005 im Bundesrat einen Antrag eingebracht,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Umweltaus- schuss!)

der - lassen Sie mich zitieren - „die ersatzlose Streichung der im Gesetzentwurf enthaltenen Regelung zur Erdverkabelung forderte“. Gemeint ist das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben. Die Wahrheit ist: Niedersachsen hat lediglich die Streichung des Artikels 8 und des Artikels 10 Nr. 1 betreffend alle im Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz vorgesehenen Neuregelungen des Energiewirtschaftsgesetzes beantragt,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war das Erdkabel! Das genau war das Erdka- bel!)

und zwar aus einem einzigen Grund, Herr Jüttner - ich werde es Ihnen erläutern -: Niedersachsen wollte ein auf Bundesebene geordnetes Beratungsverfahren

(Widerspruch bei der SPD - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Da war zufällig das Erdkabel mit dabei!)

des sich zum damaligen Zeitpunkt in der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes befindlichen Gesetzes gewährleisten. Einzig und allein darum ging es.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In unserem Antrag aus Niedersachsen - das mag Ihnen nicht gefallen - wurde das Wort „Erdkabel“ überhaupt nicht erwähnt. - Das war die erste Falschbehauptung der SPD.

Zweitens. Sie behaupten, der Gesetzentwurf aus dem Frühjahr 2005 aus dem Hause Trittin habe eine generelle Verkabelungsmöglichkeit vorgesehen. Das ist so. Aber die Wahrheit - Sie haben es im Prinzip auch schon eingeräumt - ist auch, dass dieser Gesetzentwurf der Grünen in einem rotgrünen Bundeskabinett an Herrn Clement, wahrlich SPD-Mitglied und SPD-Wirtschaftsminister zu damaliger Zeit, gescheitert ist. - Meine Damen und Herren, wer im Glashaus sitzt, der sollte bei einem solchen Thema nicht mit Steinen werfen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Grund ist relativ einfach. Sie haben mit Blick auf das, was da noch kommen möge, natürlich eine Debatte gefürchtet wie der Teufel das Weihwasser: die Debatte über die schier endlos stei

genden Energiepreise in Deutschland. Wenn wir den Bürgern in unserem Land einmal eines klar und deutlich machen dürfen, dann ist das die Tatsache, dass unter Rot-Grün in Deutschland die Energiepreise zulasten der Verbraucher und der Menschen exorbitant gestiegen sind. Dafür tragen Sie die Verantwortung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das sind doch Nebelkerzen!)

Sie haben die Beschlussvorlage des Bundeswirtschaftsministeriums erwähnt, wonach für höchstens 10 % der Neubaustrecken für Höchstspannungsleitungen ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden kann. Dazu gab es eine Anhörung im Deutschen Bundestag. In dieser Anhörung haben die Experten Ihnen eines klar und deutlich gemacht: Das, was dort geplant ist, ist verfassungsrechtlich nicht machbar, ist bedenklich und ist so nicht umsetzbar. Und jetzt schreiben Sie in Ihren Antrag hinein, Sie wollen über die 10-%Kompromisslösung hinausgehen. - Meine Damen und Herren, die SPD im Landtag von Niedersachsen muss irgendwann einmal erklären, wohin sie denn überhaupt will, wenn sie dieses Problem wirklich lösen will.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Herr Wulff will 100 %!)

Nach der Anhörung im Mai 2006 hat sich der Bundestag am 25. Oktober 2006 abschließend mit diesem erwähnten Gesetz befasst. In der Zwischenzeit wurde die Länderkammer, der Bundesrat, überhaupt nicht beteiligt, ergo auch nicht Niedersachsen. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz enthält keinerlei Sonderregelungen für Erdkabel der 380-kV-Spannungsebene mehr, um die es aber in Niedersachsen geht.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Ja, warum wohl?)

Im Hinblick auf eine angebliche Erdkabellüge komme ich zu folgendem Schluss:

(Brigitte Somfleth [SPD]: Was will die CDU?)

Erstens. An einem SPD-Bundesminister ist der Totalverkabelungsvorschlag vom damaligen Bundesumweltminister der Grünen im Frühjahr 2005 gescheitert.

Zweitens. Der Kompromissvorschlag im Mai 2005 wurde um einen Formulierungsvorschlag aus dem Hause Tiefensee bereichert, der in einer Anhörung als rechtswidrig eingestuft wurde.

Drittens. Im Laufe der Beratungen im Deutschen Bundestag wurde die Gesamtthematik der 380-kVSonderregelung am Ende herausberaten.

Viertens. Das Land Niedersachsen ist erst im Rahmen der Bundesratsberatungen im November 2006 erneut beteiligt worden.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Hat es überhaupt erst davon erfahren!)

Das beweist: Sie haben sich nicht einmal die gesamte Historie dieses Gesetzes angeschaut. Sie behaupten dreist und frech die Unwahrheit, Herr Jüttner.