Protocol of the Session on June 6, 2007

Die Anfrage wird von dem Abgeordneten Oetjen eingebracht. Herr Oetjen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen haben sich die Pressemeldungen zu Ernteausfällen bei der Spargelernte gehäuft. So war beispielsweise in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 29. Mai 2007 zu lesen, dass den niedersächsischen Spargelbauern die benötigten Erntehelfer fehlen und die Betriebe aus diesem Grund bis zu 30 % ihrer Ernte verlieren.

Diese Ausfälle sind u. a. durch die Eckpunkteregelung der Bundesregierung für Saisonarbeitskräfte verursacht. Es ist zu erwarten, dass sich diese Situation in den kommenden Monaten noch verschärfen und sich auch negativ auf die weiter folgende Obsternte auswirken wird.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie viele deutsche Erntehelfer kamen auf niedersächsischen Betrieben in der Spargelernte in diesem Jahr bisher zum Einsatz?

2. Wie beurteilt die Landesregierung die Eckpunkteregelung im Hinblick auf das Ziel, deutsche Arbeitskräfte in der Landwirtschaft einzusetzen und so einen signifikanten Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu leisten?

3. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um die Verfügbarkeit von ausländischen Erntehelfern zu verbessern und so Engpässen im Ernteverlauf bei Erdbeeren, Kirschen und Äpfeln im Verlauf dieses Jahres entgegenzuwirken?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bevor Herr Minister Ehlen die Anfrage beantwortet, stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Herr Minister Ehlen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich die Fragen der Fraktion der FDP beantworte, lassen Sie mich vorweg Folgendes anmerken:

Der zitierte Artikel in der HAZ vom 29. Mai 2007 informiert darüber, dass sich die Beschäftigungslage von Saisonarbeitern in den Spargelbetrieben weiter verschärft und zu gravierenden Ernteausfällen geführt hat. Das Fehlen von Erntehelfern soll demnach in einzelnen Betrieben bereits zu Ernteverlusten von bis zu 30 % geführt haben.

Nach unseren Recherchen ist diese Größenordnung allerdings nicht ganz zutreffend. Wie wir von dem Vorsitzenden der Vereinigung der Spargelbauern in Niedersachsen wissen, ist er in diesem Zusammenhang falsch zitiert worden. Gemeint ist, dass die 30 % sich auf die Zahl der Erntehelfer beziehen, die insbesondere aus Polen derzeit nicht zur Verfügung stehen.

Die Eckpunkteregelung selber bringt dagegen kaum Probleme mit sich. Dank eines wesentlich flexibleren und langfristig angelegten Vorgehens der Agenturen für Arbeit können die Betriebe mit den Rahmenbedingungen gut umgehen. Diesbezüglich liegt mir auch keine konkrete Beschwerde eines Betriebes vor, was ich als Zeichen dafür werte, dass sich die Schwierigkeiten, die in der vergangenen Saison entstanden sind, entschärft haben.

Probleme hinsichtlich der Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften ergeben sich aktuell aus dem Umstand, dass in einer Reihe von EU-Staaten bereits die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt. Eine Vielzahl von ausländischen Arbeitskräften steht unseren landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr zur Verfügung, weil sie in anderen Ländern eine Beschäftigung gefunden haben. Dabei spielt neben der Frage der Höhe der Entlohnung auch die Tatsache eine Rolle, dass ausländische Arbeitskräfte in anderen Ländern zwölf Monate am Stück arbeiten können. Diese Rahmenbedingungen tragen zur Attraktivität bei. Hier gilt es nach unserem Dafürhalten anzusetzen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt.

Zu Frage 1: Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen, konnten bis Mitte Mai 2007 rund 250 einheimische Arbeitsuchende in die landwirtschaftlichen Betriebe vermittelt werden. Zahlen darüber, wie viele deutsche Erntehelfer - dazu zählen natürlich auch diejenigen, die sowieso bei der Spargelernte mitarbeiten, z. B. Schüler, Studenten, Hausfrauen usw. - bisher insgesamt in niedersächsischen Betrieben bei der Spargelernte tätig waren, liegen der Landesregierung nicht vor.

Zu Frage 2: Das Ziel der Landesregierung ist es, zum einen den Anteil der inländischen Arbeitskräfte bei der Saisonbeschäftigung im Gartenbau und in der Landwirtschaft zu erhöhen. Zum anderen müssen den Betrieben weiterhin ausreichend Saisonarbeitskräfte zur Verfügung stehen, um die Ernten einbringen zu können. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Umsetzung der Eckepunkteregelung in der jetzigen Form dazu geführt hat, dass jeder Deutsche, der bereit ist, als Erntehelfer zu arbeiten, auf den Spargelfeldern auch schon tätig ist.

Zu Frage 3: Nach § 18 der Beschäftigungsverordnung wird die Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung in der Landund Forstwirtschaft für ausländische Saisonarbeitskräfte für die einzelne Arbeitskraft bis zu insgesamt vier Monaten erteilt. Die Arbeitserlaubnis gilt nur für den jeweiligen Betrieb. Eine Übertragung ist nicht möglich. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass über eine Erweiterung der bisherigen Aufenthaltsdauer die Arbeitsplätze in unseren landwirtschaftlichen Betrieben auch für unsere ausländischen Saisonarbeitskräfte wieder attraktiver werden.

Das sich abzeichnende Fernbleiben von rund 30 % ausländischer Saisonarbeitnehmer in dieser Saison kann nicht durch deutsche Arbeitskräfte aufgefangen werden. Die Landesregierung fordert daher eine Ausweitung der Beschäftigungszeit und unterstützt die Regelung für flexiblen Arbeitgeberwechsel.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sehr gut!)

Niedersachsen hat auf der Sonder-Agrarministerkonferenz am letzten Freitag einen entsprechenden Antrag eingebracht, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, die Beschäftigungsdauer von Saisonarbeitnehmern von vier auf

neun Monate - analog der Beschäftigung im Schaustellergewerbe - zu verlängern. Obwohl keine stichhaltigen Gründe vorgetragen wurden, die diesem Anliegen entgegenstehen, hat der Antrag bei meinen Länderkollegen bisher noch keine Mehrheit gefunden. Aktuell sind wir dabei, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu prüfen. Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Johannßen.

Herr Präsident! Die Erntehelferregelung war schon mehrfach Thema hier im Plenum. Ich hatte schon sechsmal das Vergnügen, dazu sprechen zu dürfen. Es zeichnet den Minister aus, dass er in seiner Einleitung zahlreiche Argumente von mir übernommen hat.

(Oh! bei der CDU)

Es bestätigt sich, was ich hier schon gesagt hatte, dass bereits im vergangenen Jahr über 20 % der polnischen Erntehelfer ihre Arbeitsstellen in Deutschland nicht angetreten haben.

Ich frage die Landesregierung: Erstens. Wie hoch ist der Stundenlohn, der in Deutschland durchschnittlich gezahlt wird? Zweitens. Viele Erntehelfer, die eine Arbeitsgenehmigung für Deutschland haben, sind nach England oder in die Niederlande gegangen. Wie hoch sind dort die Mindestlöhne?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Ehlen.

In der Zwischenzeit lese ich die Rednerliste vor. Als Nächster ist der Abgeordnete Bode dran, dann der Abgeordneter Oetjen, die Abgeordnete Meißner, der Abgeordnete Hagenah, der Abgeordnete Rickert und der Abgeordnete Schwarz von der FDP.

Herr Minister, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Herr Kollege Johannßen, wenn Sie darauf abheben, dass wir Ihre Argumente übernommen haben: Ich finde, wir sollten Sie in den Club der Klügsten hier im Raum aufnehmen.

(Zustimmung bei der SPD)

Nun aber ernsthaft. In Deutschland ist der Mindestlohn bei 5,42 Euro je Stunde angesetzt. Die Löhne gehen aber bis 9 oder 10 Euro hoch. Dazwischen ist also sehr viel Platz. Es ist nicht festgeschrieben, wie viel man freiwillig bezahlen darf.

Wie hoch die in den Nachbarländern gezahlten Löhne sind, wissen wir nicht.

Wir müssen allerdings berücksichtigen, dass die Möglichkeit, in anderen Ländern länger als in Deutschland zu bleiben, sicherlich dazu beiträgt, dort mit anderen Löhnen zufrieden zu sein.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: So ist es!)

Herr Abgeordneter Bode!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Johannßen hat richtig gesagt, dass dieser Punkt schon mehrfach Thema im Plenum war. Das liegt natürlich auch daran, dass dieses Problem schon über mehrere Jahre ungelöst im Raum steht bzw. auf den Feldern in Niedersachsen liegt.

Es ist verständlich, dass die Bundesregierung versucht, deutsche Arbeitsuchende zu bewegen, bei der Ernte zu helfen. Um den Anteil deutscher Saisonarbeitskräfte weiter zu erhöhen, hat es im letzten Jahr das Bemühen gegeben, die Erntehelferregelung zu flexibilisieren. Herr Minister, Sie haben in Ihrer Antwort gesagt, dass bis Mitte Mai 2007 ca. 250 deutsche Saisonarbeitskräfte tätig waren. Um zu vergleichen, wie erfolgreich die Flexibilisierung war, würde mich interessieren, wie viele deutsche Saisonarbeitskräfte im Vorjahr, bis Mai 2006, im Einsatz waren.

Herr Minister Ehlen antwortet für die Landesregierung.

Herr Kollege Bode, es ist sehr kompliziert, diese Frage zu beantworten, weil wir nicht gesondert erfassen, wie viele Deutsche ohnehin als Saisonarbeitskräfte bei der Ernte tätig sind; ich bin vorhin schon kurz darauf eingegangen. Für dieses Jahr liegt uns die Zahl 250 vor. Die Zahl für das letzte Jahr kann ich Ihnen jetzt nicht nennen. Die 250 Arbeitskräfte in diesem Jahr rekrutieren sich sozusagen aus einem Pool von 4 500 Personen, die theoretisch dabei sein könnten. Die Anzahl derer, die vermittelt und positiv aufgenommen wurden und die noch arbeiten, entspricht also über den Daumen gepeilt 5 % dessen, was eigentlich möglich wäre.

Die Frage nach der Vorjahreszahl kann ich im Moment also nicht detailliert beantworten. Wir können die Antwort aber gerne nachliefern.

Herr Abgeordneter Oetjen!

Herr Präsident! Die Nachrichtenagentur ddp hat am 25. Mai, also vor nicht allzu langer Zeit, gemeldet, dass bis Mitte Mai dieses Jahres nach Auskunft der Agentur für Arbeit etwa 250 Arbeitkräfte als Saisonarbeiter in die Landwirtschaft vermittelt worden sind. Im gleichen Zeitraum im Jahr 2006, also im vergangenen Jahr, sind es der Meldung nach fast 800 gewesen. Das heißt, die Zahl ist um etwa zwei Drittel gesunken.

Ich hätte von der Landesregierung gerne gewusst - auch vor dem Hintergrund des großen bürokratischen Aufwands, den die Betriebe leisten müssen, um die deutschen Arbeitskräfte zu finden -, ob sie diese Zahl von 250, die von der Agentur für Arbeit für das Jahr 2007 genannt wurde, als einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung des niedersächsischen Arbeitsmarktes betrachtet.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das hat er schon gesagt!)

Herr Minister Ehlen!

Herr Kollege Oetjen, ich könnte es mir einfach machen und sagen: Nein.