Protocol of the Session on June 6, 2007

Frau Kollegin Kuhlo, ich habe angedeutet, dass dieser Vorschlag recht neu ist. Er wird erst seit Kurzem diskutiert. Wir haben ja sowieso eine Überprüfung der Freizügigkeitsregelung auf 2009

terminiert. Wenn man das Thema gesamtwirtschaftlich und gesamtpolitisch betrachtet, dann spielen natürlich auch andere Überlegungen mit hinein, z. B. dass dabei auch all das betroffen wäre, was mit dem mittelständischen Handwerk und Gewerbe zu tun hat. Ich habe den Eindruck, dass das mit ein Grund ist, weshalb sich andere Bundesländer - das will ich abgeschwächt sagen etwas reserviert verhalten.

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Klein.

Ich möchte vor allem noch einmal darauf hinweisen, dass Ernteausfälle nicht unbedingt mit Einkommensausfällen gleichbedeutend sind. Mitunter kann es bei einer sehr guten Ernte sinnvoll sein, bestimmte Teile der Ernte nicht auf den Markt zu bringen, um die Preise zu halten. Das ist natürlich sehr spekulativ, weshalb ich nicht danach fragen möchte.

Aber etwas anderes interessiert mich: Neben der Erhöhung der Attraktivität für ausländische Erntehelfer durch höhere Löhne und eine Erweiterung der Freizügigkeit bleibt es ja auch das Ziel, deutsche Arbeitnehmer vermehrt in die Erntehelfertätigkeit zu vermitteln. Inzwischen ist festgestellt worden, dass die Eckpunkteregelung kaum Erfolge bringt. Es gibt aber gute Beispiele dafür, wie man es machen kann, z. B. indem man Beschäftigungsgesellschaften, also Pools, bildet, die auf freiwilliger Basis entsprechend qualifizieren und unbürokratisch vermitteln. Das hat vor allem den Vorteil, dass eine längerfristige Beschäftigung in verschiedenen Erntehelferfunktionen möglich wird und die Chance eröffnet wird, diese Menschen so zu qualifizieren, dass sie als landwirtschaftliche Facharbeiter den zukünftigen Bedarf, der bereits feststeht, decken können. Gibt es solche Projekte auch in Niedersachsen? Beabsichtigt Niedersachsen, solche Projekte voranzutreiben?

Herr Minister Ehlen antwortet für die Landesregierung.

Herr Kollege Klein, auch wenn Sie nicht spekulieren wollen: Ich gebe Ihnen in Bezug auf Ihre nicht gestellte Frage recht. Es ist klar, dass dann, wenn Übermengen am Markt sind, der Preis fällt. Aber darauf sollte man nicht spekulieren, und das sollte auch nicht Sache der Arbeitsmarktpolitik sein.

Zu Ihrer Frage, inwieweit man über eine Qualifizierung deutscher Arbeitnehmer dazu beitragen kann, dass Saisonarbeitsplätze nicht nur Saisonarbeitsplätze bleiben, sondern solche Arbeitsplätze aneinandergereiht eventuell auf das ganze Jahr ausgedehnt werden können - so habe ich es jedenfalls verstanden -: Dazu gibt es Aktivitäten im süddeutschen Raum, und dort existieren entsprechende Modelle. In Norddeutschland gibt es im Moment noch keine solchen Aktivitäten. Wir sind aber in Vorgesprächen mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft „Nienburger Spargel“, Herrn Bormann, und auch mit der Nienburger Deula, um eventuell in die Richtung, die Sie angesprochen haben, tätig zu werden. Dazu müssen natürlich sehr viele Dinge bedacht werden, z. B. wie die Finanzierung für die Zeit geregelt wird, in der sich die potenziellen Arbeitnehmer in der Qualifikation befinden, und inwieweit es Betriebe gibt, die mit einbezogen werden können, um die Arbeiten in der Praxis üben zu können.

Der Vorschlag liegt also auf dem Tisch, aber konkret ist noch nichts passiert. Wir würden uns freuen, wenn die Wirtschaft - also die Spargel-, Obstund Gemüseanbauerverbände - mitmacht. Wir stehen bereit, um zu helfen.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Mit den Arbeitsgemeinschaften!)

- Ja, sicher. - Wir haben schon einmal versucht, die Ausbildung von Spargelerntern bei der Deula sozusagen auf Theorieebene durchzuführen. Das bringt aber nichts. Dies muss schon in ein ordentliches Konzept eingebunden sein.

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Dürr.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Sind nicht bald alle durch?)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Hagenah hat vorhin angedeutet, dass aus seiner Sicht die Eckpunkteregelung gar nicht mehr das Problem sei, weil die Erntehelfer in dieser Saison ohnehin weiter gen Westen Richtung Niederlande gereist seien, weil dort höhere Löhne gezahlt würden.

Ich habe mir die Mühe gemacht, mit den Landwirten zu sprechen, und ich habe ihnen die Fragen gestellt, wie sie zu der Eckpunkteregelung stehen

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das ist toll, Herr Dürr! Wir sind stolz auf Sie!)

und wie sie die Problematik sehen, dass Arbeitnehmer weiter gen Westen gezogen sind. Die Landwirte haben ja Kontakt zu den Erntehelfern, weil die Erntehelfer oftmals über viele Jahre auf die Betriebe gekommen sind. Die Landwirte haben geantwortet, dass sie schon mit den Erntehelfern gesprochen haben und dass diese schon angedeutet haben, dass sie vorhaben, im kommenden Jahr, also in 2008, durchaus wieder nach Deutschland zu kommen, und zwar gerade weil hier die Unterbringung, Verpflegung usw. oft viel besser sind als im Ausland. Die Landwirte haben uns aufgefordert, bei der Eckpunkteregelung etwas zu unternehmen. Aus meiner Sicht wäre es wahrscheinlich das Beste, die Eckpunkteregelung komplett abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP)

Ich frage die Landesregierung: Wenn dies aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bund nicht gelingt, sieht sie - abgesehen von der Erweiterung bei der Aufenthaltsdauerregelung - zumindest Ansatzmöglichkeiten - beispielsweise über den Bundesrat -, um eine unbürokratische und wesentlich praxistauglichere Eckpunkteregelung durchzusetzen?

(Rolf Meyer [SPD]: Wie war noch mal die Frage?)

Bevor Herr Minister Ehlen diese Frage beantwortet, möchte ich die Rednerliste bekannt geben: Als Nächster ist der Abgeordnete Oetjen an der Reihe, dann der Abgeordnete Bode, Frau Philipps, Frau Meißner, Herr Schwarz, Herr Rickert und Frau

Kuhlo. - Wie ich höre, zieht Herr Rickert zurück. Nun beantwortet Herr Minister Ehlen die Frage.

Herr Kollege Dürr, seitens der Bundesregierung bzw. seitens des für Arbeit zuständigen Ministers, Herrn Müntefering, gibt es ganz klare Signale, dass die Eckpunkteregelung nicht angetastet wird. Das haben Sie richtig erkannt. So hat sich das Arbeitsministerium positioniert.

In der Eckpunkteregelung heißt es, dass die Zahl der Saisonarbeiternehmer aus dem Jahre 2005 als Grundlage der Berechnung dient. Wie ich vorhin sagte, gab es damals rund 45 000. Legt man die 90-%-Regelung zugrunde, befinden wir uns mit derzeit 30 000 sehr weit unterhalb dieses Werts; das entspricht rund 66 % der in Niedersachen bzw. in Deutschland möglichen Zahl von Saisonarbeitskräften.

Zu der Frage, welche Möglichkeiten die Bundesländer haben, muss ich sagen: Die Äußerungen der Bundesländer haben nur empfehlenden Charakter. Dieses Thema ist eine Angelegenheit des Bundes, weshalb es auf Bundesebene geregelt werden muss, und wir müssen die Vorgaben der Bundesregierung einhalten.

Seine zweite Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Oetjen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Ehlen, Sie haben dargestellt, dass auf der einen Seite die Zahl der ausländischen Saisonarbeitskräfte im Zeitverlauf gesunken ist; in der Spitze gab es 49 000, heute sind es noch 30 000. Auf der anderen Seite vergrößert sich die Anbaufläche, sowohl für Spargel als auch für Erdbeeren.

Sehr geehrter Herr Minister Ehlen, da die niedersächsische Landwirtschaft in diesem Bereich sehr viel Geld verdienen kann, würde ich gern wissen, welchen Weg die Landesregierung für den richtigen hält, um diesen Wirtschaftssektor in Niedersachsen zukunftsfähig zu halten. Ist die Landesregierung der Meinung, dass ein Drittstaatenabkom

men mit einem Land außerhalb der Europäischen Union der richtige Weg wäre, nachdem Polen und Rumänien mittlerweile Mitglieder der EU geworden sind?

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Ehlen.

Herr Kollege Oetjen, wir sollten froh sein, dass sich der Umfang der Anbauflächen vergrößert. Bei diesen Früchten gibt es in der Regel einen Selbstversorgungsgrad zwischen 30 und 45 %. Die Wertschöpfung, die die niedersächsische Landwirtschaft aus dem Anbau dieser Früchte erfährt, ist nicht zu unterschätzen.

Beim Spargel hat die Wertschöpfung eine Größenordnung von rund 100 Millionen Euro. Von daher ist das eine Hausnummer, auf die wir nicht verzichten können und die wir auch nicht gefährden dürfen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: So ist es!)

Wir müssen uns bemühen, diese Wertschöpfung noch zu erhöhen. Wie die gesamte Diskussion gezeigt hat, müssen wir die Möglichkeiten zur Beschäftigung von Saisonarbeitskräften verbessern. Aber, Herr Kollege Oetjen, wir müssen auch überlegen, ob es an der einen oder anderen Stelle vielleicht bessere technische Möglichkeiten gibt, um die Arbeit zu erleichtern, damit die Tätigkeit als Erntehelfer auch für Leute, die diese Arbeit nicht gewohnt sind, attraktiv wird. Darüber hinaus müssen wir versuchen, eventuell vorhandene Engpässe bei der manuellen Ernte durch den Einsatz von Technik auszugleichen. Es sind sehr viele Entwicklungen im Gange, um hier etwas in Bewegung zu setzen. Man muss allerdings bedenken, dass diese Früchte sehr sensibel sind und eine robuste Ernte durch Maschinen in der Regel nicht vertragen.

Seine zweite Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Bode.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vielzahl von Experten hat gefordert, die Erntehelferregelung auszusetzen und zu einer anderen Lösung zu kommen, und das nicht nur für Niedersachsen, sondern auch für andere Bundesländer. Dieses Problem ist nämlich nicht auf Niedersachsen begrenzt. So hat beispielsweise die CDU-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz laut einer Pressemitteilung vom 3. Mai dieses Jahres die dortige Landesregierung erneut aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Abschaffung der Erntehelferregelung einzusetzen. In dieser Pressemitteilung heißt es - ich zitiere -:

„Die Erntehelferregelung hat unseren Bauern und Winzern schon genug Sorgen bereitet. Aber jetzt verschärft sich die Lage dramatisch. Bisher bestand vor allem das Problem, dass der Landwirt nicht so viele ausländische Arbeitnehmer einstellen durfte, wie er benötigte. Die Nachfrage war da, das Angebot auch, aber dazwischen stand die Erntehelferregelung als bürokratisches Hemmnis. Das ist für unsere rheinland-pfälzischen Bauern und Winzer ein Katastrophe.“

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie diese Forderung und diese Einschätzung durch die CDU-Fraktion aus dem Landtag von RheinlandPfalz?

Herr Minister Ehlen antwortet für die Landesregierung.

Herr Kollege Bode, vorhin hat der Kollege Johannßen erwähnt, dass er schon sechsmal zu diesem Thema geredet hat.

Ich meine, wir sind unserer Pflicht laufend nachgekommen. Wir haben Anträge eingebracht, um genau das zu erreichen, was auch die CDU in Rheinland-Pfalz auf den Weg gebracht hat. Wir sind froh, dass es hierfür eine breite Mehrheit gibt. Ich gehe davon aus, dass unseren Initiativen zugestimmt wird. Letztendlich ist allerdings klarzustellen, dass das, was wir machen, nur empfehlen

den Charakter hat. Eine Änderung der Gesetzeslage muss von der Bundesregierung bzw. vom Bundesarbeitsministerium, also von Herrn Müntefering, eingeleitet werden.

Ihre zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Meißner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, in Ihrer Antwort auf die Frage von Herrn Oetjen haben Sie darauf hingewiesen, dass tatsächlich ein steigender Bedarf zu verzeichnen ist, weil es mehr Anbauflächen gibt. Darüber hinaus haben Sie deutlich gemacht, dass die technischen Möglichkeiten verbessert werden können, dass aber auch das Grenzen hat, weil es um sehr sensible Früchte geht. Sie haben gesagt, man müsse generell darüber nachdenken, wie man die Möglichkeiten der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften verbessern kann.

Natürlich ist es wichtig, auch die unterschiedliche regionale Entwicklung im Blick zu haben. Darum frage ich Sie: Wo gibt es, bezogen auf die Arbeitsämter, den größten Bedarf an Saisonarbeitskräften? Liegen Ihnen überhaupt Zahlen dazu vor, wie der Bedarf im Land ausgeprägt ist? Wie wollen Sie vor allem auf die höchsten Zahlen reagieren?

Großzügigerweise wird der Minister antworten. Insgesamt haben Sie allerdings drei Fragen gestellt, Frau Meißner. - Herr Minister Ehlen!

Herr Präsident, ich werde so antworten, als sei nur eine Frage gestellt worden.

(Heiterkeit)

Frau Meißner, natürlich gibt es in den verschiedenen Regionen Unterschiede, was die Anbauflächen von Spargel, Erdbeeren und Preiselbeeren betrifft. Deshalb gibt es in den Regionen unterschiedlich hohe Bedarfe. Insgesamt muss ich sagen, dass die vor Ort zuständigen Institutionen, also die Arbeitsagenturen und die von den Landkreisen betriebenen Institutionen, sehr flexibel