Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung: Regionale Wirtschaftsförderung - Für den Fortbestand der GA-Mittel in Niedersachsen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP- Drs. 15/393
Die Redezeiten sind wie folgt festgelegt: CDU und SPD jeweils 45 Minuten, FDP und Grüne jeweils 22,5 Minuten, Landesregierung 45 Minuten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat mit dem Haushaltsplanentwurf 2004 einen klaren und berechenbaren Kurs eingeschlagen.
Dies zeigt sich schon daran, dass wir trotz Regierungswechsel und schwierigsten Rahmenbedingungen den vorgefundenen Zeitplan zur Aufstellung des Haushaltsplanes für 2004 übernommen und eingehalten haben.
Unmittelbar nach der haushaltswirtschaftlichen Standortbestimmung und der Erarbeitung des Zweiten Nachtragshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 wurden die entscheidenden Weichenstellungen für das Haushaltsjahr 2004 in Angriff genommen. Diesem entschlossenen Vorgehen ist es zu verdanken, dass heute - wie im Landtagskalender vorgesehen - die Beratung des Haushaltes 2004 beginnen kann. Damit ist zugleich der Grundstein für die rechtzeitige Verabschiedung im Dezember-Plenum gelegt. Auf dieses hohe Tempo bin ich übrigens genauso stolz wie auf die in der Sache erzielten Erfolge.
Wie Sie wissen, habe ich bereits zweieinhalb Monate nach meinem Amtsantritt den Zweiten Nachtragshaushaltsplan 2003 eingebracht. Noch im Juni wurde er hier im Landtag verabschiedet. Er bildet inzwischen für alle am Haushaltsvollzug Beteiligten eine neue und vor allen Dingen verlässliche Grundlage. Der neuen Landesregierung ist es damit quasi aus dem Stand heraus gelungen, den schlingernden Landeshaushalt wieder auf Kurs zu bringen und in einem ersten Schritt die Verhältnisse für 2003 vernünftig zu ordnen.
Diesen Prozess hat die Landesregierung von Anfang an mit verschiedenen Maßnahmen flankiert, die einen Beitrag dazu leisten können, die notwendige strategische Neuausrichtung des Landes herbeizuführen. Hierzu zähle ich die Verschärfung der Haushaltsführung ebenso wie die Neuausrichtung der Verwaltungsmodernisierung und die unverzügliche Berufung einer Haushaltsstrukturkommission. Ich meine, es hat dem Land gut getan, dass wieder eine Mannschaft an Bord ist, die nicht nur weiß, wohin sie will, sondern auch, wie sie dorthin kommt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dieter Möhrmann [SPD]: Sie sollte aber auch nicht vergessen, wo sie her- kommt!)
- Herr Möhrmann, das Schiff kommt aus Ihrer Richtung und war ziemlich am Schlingern. 13 Jahre lang sind wir unter Wasserlinie gefahren. Wir
versuchen jetzt, das Schiff langsam wieder auf über Wasserlinie zu bringen. Ich wäre dankbar, wenn ich nachher Ihre Vorschläge dazu hören könnte.
Erste Ergebnisse dieser Neuorientierung haben wir im Entwurf des Haushaltsplans 2004 umgesetzt. Weitere werden wir Ihnen in der Mipla 2003 bis 2007 vorstellen, die wir Ihnen rechtzeitig vor der Schlussberatung des Haushaltsplanes im Haushaltsausschuss vorlegen werden.
In der Tat stellte die Erarbeitung eines ausgeglichenen Haushaltsplanentwurfs für 2004 eine Aufgabe dar, die in der Geschichte Niedersachsens ohne Beispiel war. Auch wenn es sich hierbei um den ersten Grundhaushalt der neuen Landesregierung handelt, konnten wir leider nicht auf der grünen Wiese beginnen.
- Herr Aller, wir mussten auf Ihren katastrophalen Zahlen aufbauen. Das sind unsere Grundlagen. Deshalb hätte ich an Ihrer Stelle hier keinen Zwischenruf gemacht.
Ich habe das alles extra aus meiner Rede herausgestrichen, aber Sie waren der erste und hoffentlich der letzte Finanzminister, der in einem Jahr 3,8 Milliarden Euro mehr ausgegeben hat, als er eingenommen hat.
Auf Basis des für 2003 entwickelten Datenstandes und der bestehenden Vorbelastungen und Neuanmeldungen ergab sich für 2004 insgesamt eine Deckungslücke von sage und schreibe 1,45 Milliarden Euro. Das sind fast 3 Milliarden DM.
Dass das Problem der Haushaltsdeckung eine solche Größenordnung erreicht, hat auch mit dem für das Jahr 2002 festgestellten Soll-Fehlbetrag von gewaltigen 233,7 Millionen Euro zu tun - und das, obwohl die von der alten Landesregierung erst
Mitte Dezember 2002 mehr als verdoppelte Kreditermächtigung von nahezu 3 Milliarden Euro voll ausgeschöpft wurde. Der Ist-Fehlbetrag lag mit 386 Millionen Euro übrigens noch darüber. Weil wir einen Soll-Haushalt fahren, wird diese Differenz übrigens nicht beseitigt, sondern wird uns die Differenz von über 152 Millionen Euro beim nächsten Haushalt einholen. Das muss man immer noch sagen. Wir haben also noch mehrere Jahre lang an Ihrem Defizit zu tragen.
Diese gewaltige Lücke ist ganz wesentlich auf das Zusammentreffen ungünstiger struktureller wie konjunktureller Faktoren und die sich daraus ergebende gesamtwirtschaftliche Wachstumsschwäche in Deutschland zurückzuführen, aus der erhebliche Steuerausfälle resultieren,.
Die entscheidende Voraussetzung für einen nachhaltigen Abbau der öffentlichen Defizite besteht daher in einer Wiedergewinnung wirtschaftlicher Dynamik. Der Schlüssel hierzu liegt in der Gestaltung der bundespolitischen Rahmenbedingungen der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik; darüber haben wir bereits heute Morgen diskutiert. Deren Aufgabe ist es - insbesondere durch eine tiefgreifende Reform der sozialen Sicherungssysteme sowie des Arbeitsmarktes -, Wettbewerb und Flexibilität zu fördern, Effizienzreserven zu mobilisieren, Lohnnebenkosten zu senken und auf diese Weise unverzichtbare Grundlagen für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum und in dessen Gefolge für eine Belebung des Wachstums der Steuereinnahmen zu legen.
Wie wir alle wissen, ist ohne nachhaltiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Defizitabbau im notwendigen Maße nicht möglich. Gleichwohl ist die Landesregierung entschlossen, zumindest im Rahmen dessen, was aus eigener Kraft möglich ist, den dringend erforderlichen Kurswechsel bei der Schuldenaufnahme einzuleiten. Der Haushaltsplanentwurf 2004 sieht deshalb trotz aller damit verbundenen schmerzlichen Kürzungsentscheidungen eine im Vergleich zu diesem Jahr um 350 Millionen Euro abgesenkte Kreditaufnahme von 2,5 Milliarden Euro vor. Wie Sie wissen, hat die Landesregierung im Rahmen ihrer Klausursitzung vor 14 Tagen festgelegt, diese Absenkung der
Die weiter ausbleibende konjunkturelle Belebung schlägt also unmittelbar auf die für Niedersachsen zu erwartenden Steuer- und steuerinduzierten Einnahmen des Jahres 2004 durch. Basis für ihre Veranschlagung sind die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung im Mai 2003. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt erneut verringerten Wachstumserwartungen mussten die Einnahmeprognosen für das Jahr 2004 massiv reduziert werden.
Für Niedersachsen heißt das: Nach den Minusjahren 2001 und 2002 mit Rückgängen von 4,5 % und 8,3 % der Steuereinnahmen gegenüber dem jeweiligen Vorjahr kommt es zwar in den Jahren 2003 und 2004 wieder zu einem absoluten Ansteigen der Einnahmeerwartungen. Die Einnahmeerwartungen liegen aber für 2004 um 1,3 Millionen Euro oder um rund 8 % unter dem Niveau der vorherigen Schätzung vom Mai 2002.
- 1,3 Milliarden Euro. Sonst ginge es, sonst hätten wir kein Problem damit, da gebe ich Ihnen Recht. Nur wenn man sieht, dass die Steuereinnahmen um 4,5 % und 8,3 % zurückgehen, macht man eine eigene Schätzung, dass man um 1,3 Milliarden Euro höher liegt. Man muss natürlich von der Basis schätzen, von der man auszugehen hat; und das hat die alte Landesregierung leider versäumt.
Wenngleich das erwartete Einnahmeniveau aus Steuern, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen im Haushaltsplanentwurf 2004 immerhin noch um etwa 0,5 Milliarden Euro über dem des Jahres 2003 liegt, darf bei der Gesamtbetrachtung nicht vergessen werden, dass sich die Einnahmen damit gerade einmal auf dem Niveau des Jahres 1999 bewegen. Welche Ausgabesteigerungen sich für den Landeshaushalt in dieser Zeit ergeben haben, dürfte allen in diesem Hause hinlänglich bekannt sein. Während mit den Steuereinnahmen von rund 15,5 Milliarden Euro im Jahre 1999 ein Haushaltsvolumen von 20,6 Milliarden Euro bewältigt werden musste, liegt dieses im Jahre 2004 mit 22,6 Milliarden Euro 2 Milliarden Euro darüber.
Voraussetzung dafür, dass die aus der zentralen Schätzung vom Mai 2003 abgeleiteten Erwartungen erfüllt werden, ist eine schnelle und deutliche
Belebung der wirtschaftlichen Aktivitäten. Ohne kräftiges Wachstum wird auch die Belebung der Steuereinnahmeentwicklung nicht stattfinden; und Wachstum wird nur stattfinden, wenn wir alle mehr arbeiten.
Keine Risiken, aber klare Grenzen sind hinsichtlich möglicher Vermögensaktivierung zu erkennen. Wir haben die Entnahmen aus dem Landesliegenschaftsfonds mit 25 Millionen Euro, dem Agrarstrukturfonds mit 11 Millionen Euro und die 152 Millionen Euro Veräußerungserlöse für domänenfiskalische Flächen deshalb in dieser Höhe veranschlagt, weil wir sicher sind, entsprechende Einnahmen auch tatsächlich realisieren zu können. Ich habe auch nicht gehört, dass bisher irgendjemand behauptet hätte, ein solcher Betrag sei mit der Wertigkeit unserer Domänen nicht zu vereinbaren. Glauben Sie mir, mein Bedürfnis nach Luftbuchungen ist nicht sehr ausgeprägt; denn ich möchte noch eine lange Zeit als Finanzminister vor Ihnen stehen.
Auch auf der Ausgabenseite des Haushalts haben wir deshalb größten Wert darauf gelegt, Ausgabeansätze realistisch zu bemessen und Globalbuchungen so weit wie möglich zu begrenzen. Im Ergebnis ist es uns gelungen, durch ein Bündel von Einsparauflagen unter anderem im Bereich der Subventionen und Zuwendungen diese gewaltige Deckungslücke zu schließen. Dass dieses Manöver erfolgreich war, hatte vor allem damit zu tun, dass sich das Kabinett auf anteilige Einsparauflagen für alle Ressorteinzelpläne verständigen konnte, die in vielen Fällen bis an die Grenzen des Machbaren gehen mussten. Ich darf hier einmal allen Kolleginnen und Kollegen des Kabinetts danken, dass sie mit an der richtigen Seite des richtigen Strickes gezogen haben. Eine Einzelmaßnahme kann das nicht sein. Ein derartiger Haushaltsentwurf ist immer eine Kollegialvorlage.
Ich will Ihnen hier nicht alle Einzelheiten aufführen. Zusammenfassend möchte ich aber feststellen, dass Mehrforderungen im Umfang von 207 Millionen Euro abgelehnt und in den Ressorthaushalten zugleich Einsparungen von über 530 Millionen Euro realisiert werden mussten. Damit Sie nur einmal sehen, vor welchen Problemen wir stehen: Wenn der Kollege in Bayern 530 Millionen Euro streichen würde, könnte er 200 Millionen Euro aufs Sparbuch legen. So gering ist dessen Nettokreditaufnahme. Sie sehen, mit welchen Problemen wir hier zu kämpfen haben.
Mit Augenmaß - ich habe das eben schon erläutert - wurde eine Vermögensaktivierung im Umfang von 188 Millionen Euro eingestellt. Durch die Nutzung der Öffnungsklausel im Besoldungsrecht und sonstiger Einsparungen musste mit fast 290 Millionen Euro zudem ein ganz erheblicher Beitrag im Bereich der Personalausgaben mobilisiert werden. Hieran haben die Einsparungen bei der Beamtenbesoldung mit allein 210 Millionen Euro den größten Anteil. Daneben nenne ich noch die Kürzung der Personalausgabenbudgets, Einstellungsstopps, Zahlungstermin, Sozialversicherungsausgaben von 77 Millionen Euro.
Nehmen Sie mir ab, dass dem Kabinett diese Kürzungsentscheidung sehr, sehr schwer gefallen ist. Aber solange wir einen Landeshaushalt haben, der die Verschuldungsgrenze der Niedersächsischen Verfassung nicht einhalten kann, muss man auch schwere Entscheidungen treffen.
Eines darf man nicht aus dem Auge verlieren: Wir haben keinen Sparhaushalt vorgelegt. Sparen kann man nämlich nur, wenn man Geld hat und es nicht ausgibt.