Die SPD-Fraktion hat mich wissen lassen, dass sie darum bittet, über diesen Antrag sofort abstimmen zu lassen. - Ich sehe keine andere Meinung dazu im Hause. Dann werde ich das jetzt also machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer also dem Antrag der Fraktion der SPD, Herrn Umweltminister Sander zu entlassen, zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Mit Sofortprogramm Chancen des Biobooms für Niedersachsen nutzen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3707
Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: Sofort Handeln: Marktchancen des Ökolandbaus für Niedersachsen nutzen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3713
Wenn Sie die Gespräche einstellen könnten, könnten wir auch in der Arbeit fortfahren. Sonst behindern wir uns nur selbst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ziel unseres Antrages ist ein Sofortprogramm, das auf den Bioboom reagiert.
Bitte fahren Sie fort, Herr Kollege. - Aber diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die sich unterhalten möchten, wofür ich durchaus Verständnis habe, bitte ich, aus dem Saal zu gehen, damit wir hier weiterarbeiten können. - Bitte schön!
Wir möchten, dass die niedersächsische Land- und Lebensmittelwirtschaft dabei unterstützt wird, von der dynamischen Marktentwicklung, die wir gegenwärtig haben, zu profitieren. Wir möchten, dass die Erzeuger in Niedersachsen in die Lage versetzt werden, mit den Verbraucherwünschen Schritt zu halten. Zusammengefasst kann man sagen: Wir möchten, dass das Agrarland Nummer eins auch bei der Ökolandwirtschaft die Nummer eins wird und endlich die rote Laterne in Deutschland abgibt.
Meine Damen und Herren, es hatte doch mit diesem Antrag so schön angefangen. Wir sind mit dem Ausschuss, zusammen mit dem Landwirtschaftsminister und seinen Fachbeamten, nach Nürnberg zur BioFach gefahren. Wir konnten uns dort über die positive Entwicklung der Biobranche insgesamt und nicht zuletzt auch über die gute Aufstellung der niedersächsischen Firmen in diesem Sektor informieren. Wir haben gute Gespräche geführt. Wir haben eine einhellige Botschaft gehört: Es gibt im Moment eine wirklich gute Situa
tion in der biologischen Lebensmittelwirtschaft, aber es gibt nicht nur die gute Situation, sondern es gibt auch hervorragende Perspektiven.
Aber bei allen Gesprächen ist immer wieder ein Problem genannt worden: Die Rohstoffbasis niedersächsischer Erzeuger wird knapp, ausländische Biobauern müssen einspringen. Dazu gab es eine ganze Reihe von Erklärungen, aber eine war eigentlich immer dabei: Die Abschaffung der Umstellungsprämie verhindert stärkere Umstellungsaktivitäten. Es ist erforderlich, dass das Land mit seinen Fördermöglichkeiten auf diese Entwicklung reagiert, hier quasi eine Katalysatorfunktion übernimmt.
Angesichts dieser Umstände war es nur folgerichtig, dass sich dann beim abendlichen Empfang - mit einem übrigens hervorragenden Bio-Büfett fraktionsübergreifend der Gedanke durchsetzte: Da muss man doch etwas machen! - Es wurde verabredet, gemeinsam zu prüfen, ob es nicht möglich ist, eine Landtagsinitiative zu erarbeiten und zu starten. Ich habe gerne die Aufgabe übernommen, dafür eine Diskussions- und Verhandlungsgrundlage zu schreiben. Ich danke in diesem Zusammenhang dem Ausschussvorsitzenden für sein Wohlwollen, ich danke dem Kollegen Oetjen für seine Unterstützung und für seinen Einsatz in diesem Bereich, und ich danke auch der Kollegin Karin Stief-Kreihe für ihre Bereitschaft, eigene Initiativen zurückzustellen.
Ich bedauere, dass das alles bis heute nicht zum Erfolg geführt hat. Ich bedauere, dass die Notwendigkeit und die Dringlichkeit des Anliegens mit zeitlichem Abstand zur BioFach offensichtlich verblasst sind. Ich bedauere auch, dass sich das Ministerium anders entschieden und dem agrarpolitischen Sprecher der CDU offensichtlich nicht den Freiraum zugestanden hat, hier etwas Vernünftiges zu tun.
Unser Antrag orientiert sich an der gemeinsamen Schnittmenge, von der wir nach der BioFach ausgegangen sind. Er basiert vor allem auf den kurzfristigen ökonomischen Aspekten und Vorteilen einer verbesserten Förderung des Biolandbaus. Rahmenbedingungen haben wir im Feststellungsteil dargestellt: zweistellige Wachstumsraten bei der Verbrauchernachfrage, gute Ausgangspositionen bei niedersächsischen Erzeugern, bei den
Verarbeitern und im Handel, leistungsfähige Beratungsstrukturen und vergleichsweise gute finanzielle Voraussetzungen durch die aufgewachsenen EU-Mittel dank Ziel 1.
Im Mittelpunkt unseres Sofortprogramms, das wir vorstellen, steht die Wiederaufnahme der Umstellungsprämie. Es geht darum, dass Umstellungsbetriebe zwei Jahre nicht über die Bioschiene vermarkten können. Das heißt, zwei Jahre mit zusätzlichen Investitionen und sicherlich auch mit Ertragsrückgängen können nicht entsprechend kompensiert werden. Da müssen wir ausgleichen. Andere Bundesländer handeln hier ganz anders. Sie stocken ihre Förderung in diesem Bereich auf, um die Chancen zu nutzen. Wenn man ins europäische Ausland sieht, merkt man, dass dort überall viele Aktivitäten eingeleitet werden, um nicht zuletzt auf dem deutschen Biomarkt Fuß zu fassen.
Der zweite Schwerpunkt ist die Lösung des Kapazitätsengpasses bei der ökologischen Schweinemast. Der Handel könnte hier ein Vielfaches verkaufen. Wir dürfen nicht warten, bis er sich im Ausland feste Bezugsquellen aufgebaut hat. Wir müssen jetzt handeln. Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass es keine Förderung für die Aufstockung im Bereich der konventionellen Schweinemast gibt, um nicht weitere Überkapazitäten zu fördern. Im Biobereich ist es aber genau umgekehrt. Dann muss man doch in der Lage sein, differenziert zu handeln! Dass das Ganze dann auch noch zu einem unschönen Ferkeltourismus führt, weil wir in Niedersachsen viele Bioferkel, aber wenig Mastplätze in diesem Bereich haben, ist nur ein Randpunkt.
Meine Damen und Herren, die Förderwürdigkeit des Biolandbaus beruht ja nicht allein auf der aktuellen Marktposition und auf guten wirtschaftlichen Perspektiven. Uns ist auch wichtig, dass Biolandbau einen erheblichen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels leisten kann. Die Landwirtschaft in Deutschland hat einen Anteil von 7 % an den Treibhausgasemissionen. Da wirken Kohlendioxyd, Methan, Lachgas und CO2 aus landwirtschaftlichen Böden und aus dem Energieeinsatz in der Landwirtschaft. Wir wissen: Im Vergleich zum konventionellen Landbau entstehen beim Biolandbau 40 bis 60 % weniger CO2 pro Fläche, 20 bis 50 % weniger sind es immer noch bezogen auf den Ertrag. Für die Herstellung von 1 kg Ökobrot braucht man nur 66 % der Primärenergie bei der Herstellung eines konventionellen Brotes. Die Biolandwirtschaft sorgt für hohe Humusgehalte, für höhere
Wasserspeicherung in den Ökoböden und für Schadensminderung bei Wetterextremen. Deshalb muss die biologische Landwirtschaft eine Leitfunktion für die Landwirtschaft in Niedersachsen und auch für die Landwirtschaftsförderung in Niedersachsen bekommen.
Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau in der Schweiz, FiBL, kann als wohl einziges Institut in der Welt auf 30 Jahre umfassende Langzeituntersuchungen zurückgreifen. Es hat 90 Argumente zusammengetragen, die belegen, warum Biolandbau wichtig ist und warum Biolandbau besser ist als der konventionelle. Ich habe leider keine Zeit, hier alle Argumente breit darzustellen, empfehle Ihnen aber die Lektüre. Es gibt viele Punkte, nicht nur die Gesundheit. Biomilch enthält mehr Omega-3-Fettsäuren, Blattgemüse weniger Nitrat. Es gibt keine Pestizidrückstände über die allgemeine Umweltbelastung hinaus, keine Farbstoffe, keine Aromastoffe. Bio fördert Nützlinge und Vögel.
Die artgerechte Tierhaltung im Biobereich ist hervorzuheben. Es gibt also viele Gründe, hier eine gute Förderung einzuleiten und die Förderung insgesamt zu verbessern.
Meine Damen und Herren, wir waren schon nahe an einer gemeinsamen Initiative. Deshalb glaube ich, dass es im Ausschuss vielleicht noch eine Chance gibt, wieder zusammenzukommen. Zumindest hätten wir hier die Chance, zu zeigen, dass Politik durchaus fähig ist, gute Problemlösungen auch ohne eine parteipolitische Profilierung zu produzieren. Ich würde es mir jedenfalls wünschen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klein hat die Ausgangssituation geschildert, die zu den beiden heutigen Anträgen geführt hat. Er hat den Besuch des Ausschusses auf der Messe BioFach in Nürnberg angesprochen. Er hat eigentlich das geschildert, was wir alle damals empfunden
haben, und zwar fraktionsübergreifend. Wir waren alle begeistert von der Messe. Wir waren beeindruckt von dem, was wir da gesehen haben, von dem großen Engagement und der Arbeit der Betriebe, von der Leistung der niedersächsischen Betriebe - keine kleinen Krauter in einer ökologischen Nische, sondern wettbewerbsfähige Betriebe mit zum Teil weit über 100 Beschäftigten, mit guter Auftragslage und starken Entwicklungspotenzialen.
An jedem Stand - da dies an jedem Stand so war, wiederhole ich das, was Herr Klein gesagt hat -, Herr Minister Ehlen, wurden uns die aktuellen Probleme des Ökolandbaus und der verarbeitenden Wirtschaft vorgetragen. Die Botschaft war in der Tat klar und deutlich. Wir konnten eigentlich beim Besuch eines jeden Standes schon im Chor die Botschaft vorbringen, ohne dass der Aussteller überhaupt seinen ersten Satz gesagt hatte. Die Botschaft war klar: Es fehlt an Rohstoffen. Es fehlt an umstellungswilligen Betrieben. - Der Biomarkt boomt. Angebot und Nachfrage - ich glaube, das ist mittlerweile auch dem Letzten klar geworden klaffen immer weiter auseinander. Weil es an Rohstoffen und umstellungswilligen Betrieben in Niedersachsen fehlt, werden Tür und Tor für ausländische Erzeuger und Lieferanten geöffnet. Der Import ökologischer Erzeugnisse steigt rasant. Der Nachbar freut sich!
Anstatt die Anreize für die Umstellung auf den Ökolandbau zu erhöhen, hat diese Landesregierung genau das Gegenteil getan. Sie haben die Umstellungsprämie gekürzt, für die ersten zwei Jahre die erhöhte Umstellungsprämie abgeschafft. Gerade diese Umstellungsprämie für die ersten zwei Jahre - das ist doch nun wohl auch wirklich dem Letzten deutlich geworden - ist aber von existenzieller Bedeutung.
Wir haben gerade die Worte des Ministerpräsidenten gehört. Er hat gesagt, dass der Landwirtschaftsminister und der Umweltminister eigentlich in allen Bereichen dafür sorgen, dass Niedersachsen die Nummer eins wird, an der Spitze der Bewegung steht. Wo sind Sie denn im Ökolandbau? An der Spitze der Bewegung sind Sie auf jeden Fall nicht.
Das Wissen und Können, die Leistungsstärke der Betriebe in Niedersachsen sind vorhanden. Davon konnten wir alle uns überzeugen. Um den Bedarf,
die Nachfrage zu decken, ist schnelle Hilfe gefordert. Darum stehen heute diese beiden Anträge auf der Tagesordnung.
Herr Minister Ehlen lobte die Aussteller, seine Ohren hatte er allerdings auf Durchzug gestellt. Reaktionen auf die Bitten der Wirtschaft - bis heute gleich null. Es ist eigentlich wie immer, Herr Minister Ehlen: Den Worten folgen keine Taten.
Damit - das konnten wir in den letzten Wochen und Monaten verstärkt feststellen - sind Sie ja im Landeskabinett nicht alleine. Meine Damen und Herren, die größte Kunst dieser Landesregierung ist, so zu tun als ob und nichts umzusetzen.
Bioland hat im Nachklang zu dem Messebesuch allen Ausschussmitgliedern einen Brief geschrieben. Ich zitiere aus dem Inhalt:
„Nach dem intensiven Austausch auf der BioFach gilt es für Niedersachsen, auf die aktuelle Entwicklung im Biolandbau zu reagieren. Wie auf der BioFach deutlich geworden ist, sollten jetzt Maßnahmen im Ökolandbau initiiert werden, damit niedersächsische Betriebe in Erzeugung, Verarbeitung und Handel verstärkt an der positiven Entwicklung partizipieren. Ein Sofortprogramm zur Förderung des Ökolandbaus wäre jetzt ein wichtiges Signal. Kernstück ist dabei die Wiederaufnahme der erhöhten Umstellungsprämie.“
Herr Klein hat die Versuche geschildert, die wir im Ausschuss unternommen haben, um zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Bei der CDUFraktion - ich bedaure das sehr - war die Begeisterung, die sie noch auf der Messe gezeigt hat, verflogen.