Protocol of the Session on April 27, 2007

Meine Damen und Herren, bevor wir in der Reihenfolge der Rednerliste fortfahren, wende ich mich an Frau Steiner. Sie haben gesagt - ich habe das eben von der Verwaltung prüfen lassen -, dieser FDP-Klotz am Bein sollte entsorgt werden. Ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich halte viel davon, dass wir uns streitig auseinandersetzen, aber ich halte nichts davon, dass wir uns menschlich verächtlich machen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN - Gegenrufe von der FDP)

Jetzt sind zwei Kurzinterventionen beantragt worden, eine davon aus der SPD-Fraktion, die ich aber nicht richtig verifizieren konnte. - Herr Möhrmann, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben eine Verteidigungsrede gehört, die jemand im Schweiße seines Angesichts abgegeben hat. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum jetzt eigentlich Herr Althusmann redet. Es ist ihm sehr schwer gefallen; anderenfalls wäre er nicht so ins Schwitzen geraten. Dies zeigt doch ganz deutlich, dass zumindest in der CDUFraktion die Zweifel stärker werden. Wenn man sich die Gesichtszüge von Herrn Wulff anschaut, dann weiß man spätestens seit gestern Abend, wie er innerlich zu Herrn Sander steht. Möglicherweise wird er gleich noch dazu reden, und ich bin gespannt, ob ihm auch so heiß dabei wird, wie es Herrn Althusmann eben geworden ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich sage noch etwas zu dem Problem, ob Herr Sander nahe bei den Menschen ist oder nicht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie hat der Landrat das noch genannt?)

Am 15. April 2007 ist in der Rotenburger Rundschau etwas zu lesen, was sich auf die inzwischen berühmt gewordene Mulmshorner Rede bezieht:

„Die heftige Kritik von Umweltverbänden an seiner Politik nimmt Sander nicht sehr ernst. Auch an der Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung ist Sander nach eigenen Aussagen wenig gelegen.“

So viel zur Politik mit den Menschen! Was hier gemacht wird, ist reine Klientelpolitik.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock gemeldet.

(Heiner Bartling [SPD]: Jetzt kommt der Höhepunkt der Woche! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Althusmann hat zu Recht den Schutz der Menschen und die Sicht vor Ort hervorgehoben. Genau dazu möchte ich etwas ganz Wichtiges sagen.

(Ulrich Biel [SPD]: Herr Präsident, das geht nicht!)

- Darf ich reden?

(Heiner Bartling [SPD]: Nein!)

Bitte fahren Sie fort.

Genau diese Sicht vor Ort muss hier unbedingt genannt werden. Die Menschen verstehen diese katastrophal einseitige Diskussion über das Handeln von FDP und CDU zur Verbuschung - natürlich mit Unterstützung des SPD-Landrats aus Lüneburg - überhaupt nicht, weil sie verantwortungslos ist. Seit Wochen halten die Beschwerdeführer an nahezu jedem Tag das Wasser am Kochen, indem sie immer wieder etwas an die EU nachschieben.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist ein Redebeitrag! Sie beziehen sich doch gar nicht auf Herrn Althusmann! - Ka- rin Stief-Kreihe [SPD]: Was hat das mit Althusmann zu tun? - Unruhe)

- Ich kann nicht reden.

(Glocke des Präsidenten)

Bitte fahren Sie fort.

Das Wesentliche an dieser Sache ist, dass manches falsch gesagt wird, aber alles aufgebauscht wird. Das jedoch wollen die Menschen an der Elbe nicht. Sie haben das Absägen - übrigens nur eines einzigen Stammes eines Weidenbusches - als symbolische Unterstützung derer empfunden, die seit Jahren für den Hochwasserschutz eingetreten sind und nicht entbuschen durften. Weil diese Situation so unerträglich ist - -

(Unruhe)

Herr Präsident, ich kann mein eigenes Wort nicht verstehen.

Meine Damen und Herren, wir können die Sitzung gern unterbrechen, bis es ruhig wird. Ich habe damit kein Problem. Die Zeit, in der nicht geredet werden kann, wird dann natürlich auf die Debattenzeit angerechnet; das ist klar. - Bitte schön, fahren Sie fort.

Herr Jüttner, jetzt dürfen Sie zuhören, Sie erfahren nämlich etwas Neues. - Weil diese Situation so unerträglich ist, haben alle Deichverbände von Schnackenburg bis Geesthacht, am gesamten Streifen Lüchow-Dannenberg/Lüneburg heute ihrerseits eine Beschwerde an die EU geschickt, in der sie die Sachverhalte, die Sie falsch und überbordend darstellen, richtig stellen. Diese Deichverbände, die im Interesse des Hochwasserschutzes - und das heißt: der Menschen - arbeiten, haben sich ihr Tun genauestens überlegt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie sagen eindeutig - ich habe die Information gerade bekommen -: Naturschutz ja, Menschenschutz genauso, und wenn beides an bestimmten Punkten nicht miteinander vereinbar ist, muss der Schutz der Menschen Vorrang haben. Dem wollen Sie doch hoffentlich nicht widersprechen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist jetzt abgelaufen.

Meine Damen und Herren, deshalb sage ich eindeutig: Der von Ihnen angedeutete GAU ist nicht der Minister, sondern die Untätigkeit in der Entbuschung an der Elbe. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das war ja toll!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Ministerpräsident hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Möhrmann, einige Worte zur seelischen Verfassung. Ich habe bereits feuchte Hände bekommen, als ich Ihren Antrag gelesen habe. Die Debatte musste ich gar nicht erst abwarten.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass derjenige, der mit dem Schaum vor dem Mund agiert, schnell den politischen Instinkt verliert.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Darin ken- nen Sie sich ja zurzeit aus!)

Insofern haben Sie das Problem, dass Sie hier das Maß verloren haben; denn Sprache ist verräterisch. Es ist auch die Frage, wie Sie sich hier aufführen und ob es Ihnen um die Sache, um den Minister und um das Land oder um Klamauk geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Norbert Böhlke [CDU]: Klamauk!)

Ich kann dazu nur sagen: Ich halte es für völlig unverantwortlich, für eine Baumfällaktion im Bereich des Überschwemmungsgebietes der Elbe den Begriff „Massaker“ einzuführen. Das zeigt schon, dass Sie jedes Augenmaß zur Beurteilung der Situation verloren haben und es Ihnen mit Begriffen wie „Kettensägenmassaker“ ausschließlich um Effekthascherei und Wahlkampfpolemik und nicht um die Lösung der gravierenden Probleme des Hochwasserschutzes in der Elbtalaue geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das ist ja Journalistenschelte!)

Herr Wernstedt hat vor einigen Jahren, kurz vor der Wahl, in einem Vortrag über politische Kultur gesagt, polemische Debatten seien wahrscheinlich der Preis der Freiheit. Je polemischer die Auseinandersetzung, desto gefährdeter sei die innere Liberalität eines Staates. Rücktrittsforderungen würden mittlerweile so inflationär gebraucht, dass sie zu einer stumpfen Waffe geworden seien. Wer das als Minister nicht erlebt habe, der müsse etwas falsch gemacht haben, hat Herr Wernstedt gesagt. Deshalb sollte man schon fragen, wer die Entlassung eines Ministers mit welchen Argumenten verlangt. Sie sagen: Wie konnte man die weiße Weste von Angela Merkel durch ein Vertragsverletzungsverfahren während der deutschen Ratspräsidentschaft beschädigen?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ist Ihnen das nicht peinlich?)

Herr Jüttner, ist Ihnen eigentlich bekannt, dass Herr Tiefensee während der Ratspräsidentschaft zwei Vertragsverletzungsverfahren ausgelöst hat? Ist in Berlin irgend jemand von der Opposition oder hier von uns auf die Idee gekommen, deshalb den Rücktritt oder die Entlassung von Herrn Tiefensee zu fordern? - Mir ist das nicht bekannt. Insofern müssen Sie schon überlegen, wie Sie Ihre Argumente wenden.

Sie behaupten, die Kommission habe erstmals - das sei einzigartig - ein Verfahren wegen der Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit eröffnet. Wenn Sie in die Datenbank schauen, dann können Sie dazu eine Vielzahl von Einträgen finden. Ich erinnere hier nur an Punkt 8 der Entschließung der Regierungsfraktionen in diesem Parlament, in dem die zielgerichtete Entbuschung des Deichvorlandes an der Elbe gefordert wurde. Sie behaupten, mit Schreiben vom 16. Januar 2007 habe das Umweltministerium die Grundeigentümer aufgefordert, weitere Abholzungen bis zum 28. Februar 2007 vorzunehmen. Meine Nachprüfung Ihres Entlassungsantrages ergibt, dass es ein solches Schreiben gar nicht gibt. Es gibt lediglich ein Schreiben Ihres Landrates, der Landkreisverwaltung mit dieser Aufforderung. Von daher müssen Sie sich schon fragen lassen, ob Sie jetzt die Entlassung Ihres Landrates oder die Entlassung des Umweltministers betreiben wollen. Jedenfalls müssen die Fakten in Ihrem Antrag stimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Landkreis Lüchow-Dannenberg fordert seit Oktober 2006 kontinuierlich die Grundeigentümer von Vorland- und Ufergrundstücken auf, im Bereich des Landkreises Gehölze aus Gründen des Hochwasserschutzes zurückzuschneiden. Dabei geht es nicht - um wieder Sie zu zitieren - etwa um eine Aufforderung, Auenwälder abzuholzen. Sie haben Ihren Antrag schlicht schlampig formuliert. In der Auseinandersetzung mit der Europäischen Union geht es darum, ob FFH-Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt worden sind und ob deren Ergebnisse ordnungsgemäß dokumentiert worden sind. Außerdem geht es um die Frage, ob Entbuschungsmaßnahmen in der Elbtalaue als Hochwasserschutz mit dem EU-Recht vereinbar sind. Vor Ort wurden die Maßnahmen in gemeinsamen Bereisungen von Fachleuten der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes fachlich festgelegt. Das genügt der EU-Kommission nicht. Das hat sie bisher so nicht akzeptiert. Darüber sprechen wir mit der EU-Kommission. Darüber kann man sogar verschiedener Meinung sein. Aber Ihre diesbezüglichen Angriffe sind völlig überzogen und maßlos. Inzwischen, am 19. April 2007, hat die Bundesrepublik Deutschland die offenen Fragen beantwortet und einen Vorschlag zur einvernehmlichen Lösung des Problems unterbreitet. Wir gehen davon aus, dass wir mit der EU zu einer einvernehmlichen Lösung kommen können. Das ist das Ziel eines Vertragsverletzungsverfahrens. Mit Erlass vom 5. April hat das Ministerium sichergestellt, dass bis zur Klärung der Angelegenheit keine weiteren Rückschnittmaßnahmen vorgenommen werden.