Protocol of the Session on March 7, 2007

Schließlich zum Thema Kindertagesstätten. Mit dem 100-Millionen-Programm, das Sie zu Recht ärgert und uns sehr freut, haben wir bereits einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Tagesmüttermodellen, zur Förderung von Betreuungseinrichtungen mit flexibleren Öffnungszeiten und die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet.

Jetzt führen wir das dritte beitragsfreie Kindergartenjahr für alle fünfjährigen Kinder bereits zum 1. August 2007 ein. Damit setzen wir etwas um, die wir vor der Wahl angekündigt haben. Wir beweisen, dass wir verlässlicher Partner für die Familien in Niedersachsen sind und dass uns die frühkindliche Erziehung und Bildung ausgesprochen wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, ich habe mich heute Morgen, als Sie über den Schulkindergarten und das Brückenjahr geredet haben, darüber geärgert, dass Sie das an Begrifflichkeiten festmachen und versuchen, hier einen Dissens herauszuarbeiten. Sie haben in Ihrer Regierungszeit, nämlich 1993, ein sehr gut ausgebautes Netz an Vorschulen ersatzlos abgeschafft.

(Lothar Koch [CDU]: So ist es!)

Sie haben als Allerletzter das Recht, sich bei diesem Thema aufzuspielen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das dritte beitragsfreie Kindergartenjahr in Niedersachsen kommt ohne zusätzliche Schulden und ohne zusätzliche Steuern; denn auf Schuldenbergen können Kinder bekanntlich nicht spielen. Wir haben immer gesagt: Solange wir es nicht finanzieren können, können wir es nicht umsetzen, auch

wenn es wünschenswert ist. Jetzt haben wir die finanziellen Möglichkeiten, und jetzt werden wir es umsetzen.

Abschließend will ich auf den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion in der Drucksache 3581 eingehen, den wir ja auch beraten: Das ist nun wirklich ein Sammelsurium an familien- und kinderpolitischen Vorstellungen. Manches ist wünschenswert. Manches halte ich für weniger sinnvoll. Sie haben diesmal auch einen Finanzierungsvorschlag präsentiert, wenn auch nicht landespolitisch, sondern bundespolitisch. Sie jonglieren hier mit Milliarden, die Ihnen gar nicht zur Verfügung stehen. Aber ich will meine Kritik wiederholen. An den Vorschlägen der SPD ärgert mich, dass Sie einen Ausbau der staatlichen Krippenangebote fordern, dass zur Finanzierung dessen jedoch Eltern und Familien herhalten müssen, indem Sie das Kindergeld einfrieren, das Ehegattensplitting abschmelzen und Ähnliches durchführen wollen.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das hat er gar nicht gesagt!)

- Natürlich steht das in Ihrem Entschließungsantrag. Sie sollten ihn einmal lesen, Frau Kollegin. Ich muss es ja tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bleibe dabei: Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat vom größten Kürzungsprogramm für Familien in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gesprochen. Das muss man sich einmal vorstellen. So gehen die Paritätischen - zu Recht - mit der unsozialen und ungerechten Politik der Sozialdemokraten um, bei der Kinder gegen Kinder und Familien gegen Familien ausgespielt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr McAllister, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. - Der weitere Zeitplan sieht vor, dass wir im April-Plenum das Haushaltsbegleitgesetz beraten. Darin werden Sie auch die gesetzlichen Grundlagen für das dritte beitragsfreie Kindergartenjahr und für den Innovationsfonds sowie für den KFA finden. Im

Juni-Plenum werden wir den Nachtragshaushalt beschließen. Die Fraktionen behalten sich vor, hier und dort noch eigene Schwerpunkte zu setzen.

Letzte Anmerkung. Wir sind auf einem guten Weg. Herr Jüttner ist auf dem Holzweg. - Herzlichen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr McAllister, wenn ich mich recht erinnere, dann war die Konnexität doch in Ihrem 100-TageProgramm vorgesehen.

(Unruhe bei der CDU)

Wir haben hier im Landtag ein Jahr gewartet und haben uns das Theater angeguckt. Dann haben wir als Grüne-Fraktion den ersten Gesetzentwurf eingebracht. Wir haben dann noch zwei Jahre gearbeitet, bis es soweit war, dass wir das Gesetz einmütig hier verabschiedet haben. Sie wurden also zum Jagen getragen. Insofern kann ich nicht verstehen, was Sie eben vorgetragen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der heute vorgelegte Nachtragshaushalt 2007 ist der dritte Landtagswahlkampfhaushalt der CDU/FDP-Landesregierung in Folge. Erst kam der Nachtragshaushalt 2006 mit Mehrausgaben z. B. für die Polizei, dann der Haushalt 2007, der etwas mehr für Kinder, mehr Geld für Beamtinnen und Beamte und jede Menge kleine Präsente vorsah, mit denen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen dann durch die Wahlkreise ziehen können. Schon ein Vierteljahr nach Verabschiedung des diesjährigen Haushalts gibt es jetzt den ersten Nachtrag: weniger Kita-Gebühren, mehr für manche Kommunen und für die FDP endlich auch einen kleinen sogenannten Innovationsfonds. Ob als Nikolaus, Weihnachtsmann oder Osterhase: Herr Möllring ist diesen Tagen immer mit Geschenken unterwegs.

Einiges davon wäre durchaus begrüßenswert, wenn denn die Finanzierung stimmen würde. 2007 werden unter Einbeziehung der Kapitalmaßnah

men bei der NORD/LB Ausgaben in Höhe von insgesamt 2,7 Milliarden Euro nicht aus regulär fließenden Einnahmen, sondern durch neue Schulden und aus einmaligen Verkaufserlösen finanziert, und das trotz Mehrwertsteuererhöhung, trotz guter Konjunktur. 2,7 Milliarden Euro, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das sind 5,4 Milliarden DM. Die offizielle Neuverschuldung beträgt immer noch 1,3 Milliarden Euro. Über den Schattenhaushalt Landestreuhandstelle werden weitere 200 Millionen Euro neue Schulden aufgenommen. Zusätzlich müssen 222 Millionen Euro nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen, die beim Ausschöpfen natürlich zu neuen Schulden werden, als sogenannte Entnahme aus der allgemeinen Rücklage zum Haushaltsausgleich eingebucht werden.

Von den Verkaufserlösen in Höhe von fast 1 Milliarde Euro werden abzüglich der Kapitalzuführung an die NORD/LB 260 Millionen Euro benötigt, um den Haushalt zu decken. 80 % des mit dem Nachtragshaushalt gestiegenen Ausgabevolumens werden durch bisher noch nicht genutzte Kreditermächtigungen und den Verkauf von stillen Einlagen der NORD/LB finanziert. Einsparungen gibt es lediglich bei den Zinsausgaben. Das ist zwar schön, aber auch nicht besonders solide, weil steigende Zinssätze das in kürzester Zeit wieder zunichte machen können.

Herr Wulff hat sich nach der Klausur zu Äußerungen verstiegen, die wohl nur in Teilen der Wahrheit entsprachen. Fakt ist, Ihre neuen Versprechungen werden mit Krediten finanziert.

Meine Damen und Herren, mit dem Nachtragshaushalt sollen zum überwiegenden Teil Ausgaben beschlossen werden, die dauerhaft finanziert werden müssen. Bislang haben Sie den Menschen nicht erklärt, wie Sie dies in den kommenden Jahren in den Haushalten zu finanzieren gedenken, wenn Sie denn in die Verlegenheit kämen. Das gilt sowohl für den kommunalen Finanzausgleich als auch für die Einführung des dritten beitragsfreien Kita-Jahres. Neben der Tatsache, dass beide Maßnahmen etliche ungelöste Detailprobleme und Verwerfungen mit sich bringen, werden sie in den kommenden Jahren zu Mehrausgaben führen. Das ist bei den in der mittelfristigen Finanzplanung angegebenen Haushaltslöchern von 750 Millionen Euro für 2008, 1 Milliarde Euro für 2009 und 1,2 Milliarden Euro für 2010 noch nicht berücksichtigt.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Die Einnahmeausfälle durch die geplante Unternehmenssteuerreform sind ebenfalls noch nicht berücksichtigt, und es gibt in Niedersachsen keine Vorsorge für die wachsenden Pensionslasten und auch keinerlei neue Vorschläge zur weiteren Eindämmung der Beihilfelasten. Das ist die Situation heute, ein Dreivierteljahr vor der nächsten Wahl.

Meine Damen und Herren, für Investitionen im Bildungsbereich muss es, damit nicht neue Lasten für künftige Generationen aufgehäuft werden, Gegenfinanzierungen durch Einsparungen an anderer Stelle geben. Meine Fraktion hat daher Vorschläge dazu gemacht, wie die Betreuungs- und Ganztagsangebote bedarfsgerecht sichergestellt werden können, und zwar ab einem Jahr und auch ganztags. Wohlgemerkt, wir haben erst mit zweiter Priorität auch Kostenfreiheit angestrebt.

Eine Umwandlung des Ehegattensplittings hin zu einer verfassungskonformen Individualbesteuerung zur Finanzierung von Betreuungsplätzen für Kleinkinder ist sozial gerecht, kinderfreundlich und kommt den Bedürfnissen von Frauen entgegen, die erwerbstätig sein wollen oder sein müssen. Mittlerweile sind mehr als 43 % der Ehen, die vom Splitting profitieren, entweder kinderlos oder sie haben Kinder, die so alt sind, dass für sie kein Kindergeld mehr bezahlt wird.

(David McAllister [CDU]: Dann müs- sen sie bestraft werden!)

Das ist doch tatsächlich eine Fehlsteuerung bei dieser Subvention, die uns nachdenklich machen muss.

(David McAllister [CDU]: Warum? Ar- tikel 6: Grundgesetz, Ehe und Fami- lie!)

- Ja, aber wir wollen das Leben mit Kindern fördern. Hinzu kommt, dass es an den Alleinerziehenden gänzlich vorbeigeht. Das kann doch heute nicht mehr Stand der Gesetzgebung sein. Da müssen Sie doch ehrlich zugeben, dass es hier Sanierungsbedarf gibt.

Meine Damen und Herren, das, was die Landesregierung mit dem Haushalt und dem Nachtragshaushalt 2007 im Bereich der Kinderbetreuung anfängt, ist unzureichend und löst die wirklichen Probleme nicht. Es wird der tatsächlichen Nachfra

ge im Bereich der Kita-Plätze bei unter Dreijährigen nicht gerecht. Wir haben es heute Morgen festgestellt: Je nach Berechnung fehlen Zehntausende von Plätzen, egal, ob man die Zahlen des Kultusministers nimmt oder ob man die von uns ermittelten Plätze nimmt. Nach unserer Rechnung würden 50 000 fehlen, nach Ihrer Rechnung immer noch 40 000.

Das, was Sie vorhaben, ist weder vernünftig durchdacht noch vernünftig finanziert. Die 20 Millionen Euro, die in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden, dienen ja auch nur zur einem kleinen Teil zum Ausbau der Versorgung der unter Dreijährigen in Tageseinrichtungen.

Auch für das, was Sie jetzt mit dem Nachtragshaushalt eingeleitet haben, um das kostenfreie Kita-Jahr darzustellen, haben Sie als Landesregierung kein vernünftiges Konzept. Soll es eine Pauschale für die Kommunen geben, und in welcher Höhe? Welche Betreuungsqualität und -quantität soll damit abgegolten sein? Wie sollen die zusätzlichen Ausgaben dauerhaft finanziert werden? Bisher gibt es von der Landesregierung keine konstruktive Antwort. Wozu auch? Während man sich im Bund mit Gegenfinanzierungskonzepten für mehr Betreuungsplätze herumquält, sagt Herr Wulff: Wenn man etwas zusätzlich tun will, muss man auch zusätzliches Geld aufwenden.

(David McAllister [CDU]: Richtig!)

Wer genauer nach Niedersachsen schaut, der sieht und der weiß: Das sind dann zusätzliche Schulden. So macht es Herr Wulff.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Was Herr Wulff heute in der FAZ zur Finanzsituation des Landes zum Besten gibt, ist leider - so muss ich es hier sagen - bestenfalls Anscheinserweckung. Der vermeintliche Spareifer der Regierungsfraktionen ist mit dem näher rückenden Landtagswahltermin völlig zum Erliegen gekommen. CDU und FDP wollen sich einfach nicht mehr mit mühsamen und unbequemen Einsparvorschlägen herumschlagen. Nein, die Landesregierung hofft auf eine weiterhin gute Konjunktur mit erheblichen Steuermehreinnahmen. Notfalls soll zur Finanzierung auf bisher noch nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen und weitere Verkaufserlöse zurückgegriffen werden. Es gibt offenbar keinen dauerhaften Konsolidierungswillen bei CDU und FDP. Es gibt nur noch Innovationskampagnen aus

dem Hause Hirche, Hochglanzbroschüren zur Verwaltungsreform und eben Landeshaushalte aus dem Ministerium von Herrn Möllring. Das ist zu wenig, um die nächste Wahl zu gewinnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Rickert das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe erneut das Schicksal, als Letzter zu einem Tagesordnungspunkt sprechen zu müssen.