Herr Wulff hat vor wenigen Wochen erklärt - ich zitiere -: Für ein beitragsfreies Kindergartenjahr reiche das Geld 2007 jedoch nicht. Herr Busemann lässt sich im Dezember hier noch mit dem Satz zitieren:
„Noch sind wir nicht in der Lage, das dritte beitragsfreie Kita-Jahr zu organisieren. Mir wäre auch nicht wohl dabei, wenn wir das nur über Neuverschuldung finanzieren können.“
Meine Damen und Herren, in der Ausgabe der FAZ von heute - der Ministerpräsident Wulff ist ja gerade aushäusig - wird er in Brüssel mit dem Satz zitiert: Wir in Niedersachsen hatten ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr erst für die fernere Zukunft angekündigt, ziehen es aber vor, weil wir uns die finanziellen Spielräume erarbeitet haben.
(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Richtig! - Das geht von meiner Zeit ab. Sie haben wohl Angst vor den Argumenten? - Sie müssen wohl deshalb so lange klatschen, damit mir die Zeit fehlt? (Bernd Althusmann [CDU]: Sie wer- den unser bester Mann, Herr Jüttner!)
Finanzsituation über Weihnachten oder über Neujahr eingearbeitet haben. Das müssten Sie uns einmal erzählen, meine Damen und Herren.
Wenige Wochen später, als klar war, dass das nicht finanzierbar ist, trifft sich das Kabinett im Landkreis Lüneburg.
Da soll eine Haushaltsklausur stattgefunden haben. Ich sage Ihnen einmal, was das war: Das war eine Befehlsausgabe, meine Damen und Herren!
Sämtliche Teile, die dort verabredet worden sind, sind auf Zuruf geschehen. Ohne Vorarbeit in den Ministerien, ohne Kenntnis der beteiligten Ressortchefs hat die Staatskanzlei, hat der Ministerpräsident verordnet, was in Niedersachsen in den nächsten Monaten gemacht werden soll, meine Damen und Herren - in großer Hektik, wenig durchdacht, mit dem Ziel, Stillstand zu erzielen und sich Ärger vom Hals zu halten.
Der Grund ist der näherrückende Wahltermin. Sie wollen mit aller Macht an der Macht bleiben. Alles, jedes Mittel ist Ihnen dazu recht, vom Plagiat bis zur Prinzipienlosigkeit.
Alles, was vor Wochen angeblich wichtig war, wird nun über Bord geworfen. Überall, wo sich Unmut äußern könnte, wird Geld draufgeworfen, und zwar in der Hoffnung, im Lande alles stillstellen zu können. Herr Möllring, Sie haben es doch gespürt: Der Wahlkampf naht, der Stern des Finanzministers sinkt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Das Motto im Wahlkampf heißt: Finanzminister, Mund halten! Wegtreten, Herr Möllring! - Das ist Ihr Job in den nächsten Monaten, und das wissen Sie.
(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Sie werden sich noch wundern!)
Was unverschämt gegenüber diesem Plenum ist, ist die Tatsache, dass Sie hier mit einem Nachtragshaushalt kommen, der auf zwei Gesetze rekurriert, Sie die entsprechenden Gesetzentwürfe aber nicht vorlegen. Das ist unverschämt.
Genauso unverschämt ist im Übrigen, dass Sie den Eindruck erwecken, Haushaltsberatungen seien Ihnen wichtig, aber der Ministerpräsident dieses Landes heute bei den Haushaltsberatungen nicht einmal anwesend ist.
(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Das haben wir Ihnen im Äl- testenrat erklärt!)
- Ich weiß, er ist bei einer Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten in Brüssel. Das ist uns am Ende der Ältestenratssitzung mitgeteilt worden. Daraufhin haben wir beantragt, die Tagesordnung so zu ändern, dass über diesen Tagesordnungspunkt in Anwesenheit des Ministerpräsidenten diskutiert werden kann. Das haben Sie abgelehnt, meine Damen und Herren.
Die finanztechnischen Details, mit denen Herrn Möllring sein Zahlenwerk hier vorgeblich gerade gerückt hat, erspare ich mir. Darauf kann im Aus
schuss eingegangen werden. Herr Möllring, nur einen Satz dazu: Der Rückgriff auf Rücklagen - das sollten Sie hier durchaus einmal sagen - ist nichts anderes als die Aufnahme von neuen Schulden. So einfach ist das. Das wissen Sie auch.
Wir werden zur abschließenden Beratung einen eigenen Änderungsantrag vorlegen. Ich erspare mir das jetzt.
Der erste Punkt ist das Thema kommunaler Finanzausgleich. Dass der Innenminister hier als Lügner dasteht, interessiert Herrn Wulff übrigens nicht. Wir haben hier im Januar eine Dringliche Anfrage eingereicht. Herr Schünemann hat auf diese Anfrage hin ausgeführt, es sei vorgesehen, einen Gesetzentwurf einzubringen, in dem nur die Folgen von Hartz IV angesprochen werden. Wir haben ihn damit konfrontiert, dass Herr Wulff gegenüber Herrn Bröring Zusagen gemacht hat, was die Flächenkomponente angeht. Herr Schünemann hat hier ausgeführt, eine Flächenkomponente sei verfassungsrechtlich sehr schwierig, man müsse sehr sorgfältig prüfen, ehe man an so etwas herangehe. Herr Schünemann hat hier erklärt, das Thema Flächenkomponente setze umfangreiche Modellrechnungen voraus,
die frühestens Mitte März vorgelegt werden könnten. Erst dann könne man sagen, ob das überhaupt geht und wie es geht.
Ich habe dem Innenminister einen Brief geschrieben und ihn gebeten, uns die Modellrechnungen - ich habe alles aufgelistet - zur Verfügung zu stellen. Dieser Brief ist vom 26. Februar.
- Das war genau zu dem Zeitpunkt, als die Debatte anstand. - Herr Schünemann hat mir mitgeteilt, dass die vielen Modellrechnungen, die ich erbeten habe, nicht vorlägen, dass er das Landesamt für Statistik aber beauftragen würde, diese Rechnungen in den nächsten Wochen auszuarbeiten. Das
ist eine ganz interessante Geschichte: Niemandem liegt etwas vor, aber der Gesetzentwurf mit dem konkreten Zahlenwerk ist da. Wissen Sie, was das ist? - Das ist Politik auf Zuruf ohne jede inhaltliche Substanz.
Auch wir lesen Zeitung. Wir wissen um den Unmut der CDU in der gesamten Region Braunschweig. Dort ist man hoch verärgert. Wir haben den Briefwechsel von Herrn Schünemann mit dem CDUKämmerer der Stadt Osnabrück gelesen, in dem Letzterer genau ausrechnet, wie Osnabrück bluten muss, und Herr Schünemann ihm antwortet, das könne man noch gar nicht wissen, weil es noch keine Modellrechnungen gibt. Meine Damen und Herren, Sie müssen sich schon entscheiden: Gibt es Modellrechnungen, oder gibt es keine? Ich glaube, es gibt keine. Insofern hat Herr Schünemann an dieser Stelle recht. Der Ministerpräsident hat ihm aber nicht gesagt, was er vorhat, und hat ihn ins Messer laufen lassen. Deshalb hat er uns hier, wenn möglicherweise auch unwissentlich, mehrfach die Unwahrheit gesagt.
In der Konsequenz heißt das: Wir können die Verteilungsmechanismen und -wirkungen im Moment überhaupt nicht ermessen. Deshalb können wir dazu auch nicht Stellung nehmen. Eines können wir Ihnen aber schon sagen: In unserem Änderungsantrag wird der alte Satz wieder zu finden sein. Wir waren dagegen, dass Sie den Kommunen 2005 und 2006 314 Millionen Euro weggenommen haben. Wir waren dagegen, dass Sie den Kommunen in diesem Jahr 164 Millionen Euro weggenommen haben. Was Sie tun, ist nichts anderes, als diesen Parforceritt, diesen Raubzug durch die Kassen der Kommunen zu verlangsamen. Nichts anderes haben Sie gemacht! Das Prinzip ist beibehalten worden.